Die Wahl des Apostels Matthias

Die Kirche Jesu Christi in den Tagen der Apostel

I. Die Gründung der Kirche in Jerusalem

Die Wahl Matthias als Nachfolger des Judas

Als die Apostel vom Ölberg in das Cönakulum zurück gekommen waren, begaben sie sich in den oberen Saal. (1) Hier verharrten sie einmütig im Gebet (2) mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern (3) (es waren ungefähr 120 Personen beisammen) und sprach: „Ihr Männer, Brüder! Jene Schriftstelle, die der heilige Geist durch den Mund Davids vorhergesagt (4), musste in Erfüllung gehen an Judas (5), der denen, die Jesus gefangen nahmen, zum Führer diente, der uns beigezählt war und Anteil an diesem Amt hatte. Dieser hat nun einen Acker aus dem Lohn der Ungerechtigkeit erworben (6), und dann hat er sich erhängt, ist mitten entzwei geborsten, und alle seine Eingeweide sind ausgeschüttet worden. (7) Denn es steht im Buche der Psalmen (8) geschrieben: Ihre Stätte werde öde und nicht mehr bewohnt. Und: Sein Amt erhalte ein anderer! Es muss also einer aus den Männern, die uns beigesellt waren während der ganzen Zeit, da der Herr Jesus unter uns wandelte, von der Taufe des Johannes an bis zum Tage seiner Himmelfahrt, mit uns Zeuge seiner Auferstehung werden.“ (9)

Da stellten sie zwei vor, Joseph, genannt Barsabas (10), mit dem Zunamen Justus (11), und Matthias. (12) Und sie beteten: „Herr, der du die Herzen aller kennst, zeige an, welchen von diesen beiden du erwählt hast, die Stelle dieses Apostelamtes zu empfangen, die Judas verlassen hat, um hinzugehen an seinen Ort.“ (13) Da warfen sie das Los über sie (14); und es fiel auf Matthias, und er ward den elf Aposteln beigezählt.

(1) Der Obersaal auf dem flachen Dach, wohin man sich auch zum Gebet und vertraulichen Gespräch zurückzog.
(2) Um die Herabkunft des Heiligen Geistes zu erflehen und sich darauf vorzubereiten.
(3) Er tat dies, sagt der hl. Chrysostomus, als derjenige, dem von Christus die Herde anvertraut worden, und „als der Erste des Chores der Apostel“. Wie im Evangelium, so erscheint von nun an auch in der Apostelgeschichte Petrus unbedingt als der Erste, das Haupt der Apostel, das Oberhaupt der ganzen Kirche Christi. Er leitet die Wahl des neuen Apostels. Er verkündet zuerst die Lehre vom gekreuzigten, auferstandenen und zur rechten Gottes erhöhten Heiland, außer dem kein Heil ist, und nimmt die ersten Gläubigen in die Kirche auf. Er ergreift bei jeder Gelegenheit vor den andern Aposteln das Wort. Er wirkt an dem Lahmgeborenen das erste Wunder. Er verhängt die erste kirchliche Strafe über Ananias und Saphira. Er weist den ersten Häretiker, den Zauberer Simon, aus der kirchlichen Gemeinschaft. Er hält eine allgemeine Kirchenvisitation. Er ist es auch, der auf göttliche Offenbarung hin die ersten Heiden in die Kirche aufnimmt und die Frage der Aufnahme der Heiden auf dem Apostelkonzil, das er berufen hat und leitet, zur Entscheidung bringt. Zu ihm kommt der vom Herrn selbst berufene und bekehrte Saulus, ehe er seine Missionstätigkeit beginnt, um sich darüber mit ihm, dem Oberhaupt der Kirche, zu besprechen. Und für Petrus betet, da er im Gefängnis ist, unablässig die Kirche. (Vgl. Hundhausen, Das erste Pontifikalschreiben des Apostelfürsten Petrus 7ff)
(4) Ps. 40,10 und in den gleich folgenden Stellen aus Ps. 68 und 108.
(5) Der allwissende Gott sieht die zukünftig freien Handlungen des Menschen voraus. Weil er aber nicht irren und lügen kann, muss das, was er auf Grund seiner Voraussicht vorher verkündet, auch sicher eintreffen.
(6) Statt des herrlichen Loses eines Apostels gedachte er mit dem Verräterlohn sich ein irdisches Gut zu kaufen; doch er musste das Geld zurückbringen und dadurch Veranlassung werden, daß ein „Blutacker“ gekauft wurde, während er selbst ein schauerliches Ende nahm, von der höchsten Höhe der apostolischen Würde in den tiefsten Abgrund stürzte.
(7) Schon sehr frühe (Papias, siehe Funk, Patres apostolici I 361) wurde die grauenvolle Geschichte des Todes des Verräters durch die Legende erweitert.
(8) Ps. 68,26 und 108,8. In den beiden Stellen ist zunächst den verräterischen Feinden des David, des Vorbildes Jesu, dann den Feinden Jesu selbst als gerechte Vergeltung geweissagt, daß sie von dem wichtigsten Platz, den ihnen Gott anvertraut, würden hinweg genommen werden.
(9) Einer der Jünger, die durch den Umgang mit Jesus während seines öffentlichen Wirkens Zeugen aller seiner Lehren und wunderbaren Taten waren und sich hierdurch zugleich als seine treuen Anhänger bewährt haben, soll gleich uns ein Apostel werden und als solcher in Wort und Tat von Jesus und seinem ganzen Erlösungswerk, insbesondere aber von der glorreichen Verherrlichung Zeugnis geben, die Jesus in seiner Auferstehung und Himmelfahrt gefeiert hat, und welche die Göttlichkeit seiner Person und Lehre auf das augenfälligste bestätigt.
(10) D. i. Sohn des Sabas. Danach scheint er nicht eine und dieselbe Person mit Joseph oder Joses, dem Sohn der Maria Kleophä, also nicht einer der sog. „Brüder Jesu“ gewesen zu sein.
(11) Ein römischer Beiname, wie es damals vielfach Sitte war. Der Name bedeutet „der Gerechte“.
(12) Das hebräische Mattijah, wie Mattai eine Abkürzung von Mattithjah, bedeutet soviel als das griechische Theodoros, „Geschenk Gottes“. Er war wohl einer der 72 Jünger. Über sein früheres Leben ist uns nichts bekannt.
(13) An den ihm gebührenden Ort, die Hölle. Schrecklicher Tausch!
(14) Wie bei den übrigen Aposteln, so sollte auch hier Gott unmittelbar kundgeben, wen er zum Apostelamt berufen. (Vgl. Gal. 1,1) (14) Daher bemerkt der hl. Augustinus: „Im Los war (hier) keine Erwählung, sondern der Wille Gottes (entschied).“ –
aus: Schuster u. Holzammer, Handbuch zur Biblischen Geschichte, Zweiter Band, Das Neue Testament, 1910, S. 623 – S. 625

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