Heiligenkalender
18. Mai
Der heilige Felix von Cantalice Kapuziner
Felix wurde im Jahre 1515 zu Cantalice im Kirchenstaat als Sohn armer, aber gottesfürchtiger Eltern geboren. Als Knabe musste er die Herde auf dem Felde hüten, wußte aber die Gelegenheit zum Guten wohl zu benützen. Wenn nämlich andere Knaben Mutwillen trieben, sonderte er sich von ihnen ab, begab sich in den nächsten Wald zu einer Eiche, in welche er ein Kreuz eingeschnitten hatte, und brachte da viele Zeit mit Gebet zu. Im zwölften Jahr verdingte er sich bei einem adeligen Herrn, der ihm anfangs die Aufsicht über die Ochsen, dann über den Feldbau anvertraute. Niemals begann er früh morgens seine Arbeit, als nach verrichtetem Gebet, und mit diesem beschloß er auch den Tag. Während der Arbeit war sein Herz mit Gott vereinigt, und sang er geistliche Lieder. Einst hörte er die Lebensgeschichte der heiligen Einsiedler vorlesen, und es entstand in ihm der Wunsch, auf ähnliche Weise Gott zu dienen. In dieser Absicht begab er sich 1543 in die Stadt Città-Ducale, wo die Kapuziner ein Kloster hatten. Von diesen begehrte er inständigst, in ihren Orden aufgenommen zu werden. Der Obere des Klosters stellte ihm alle Strengheiten des Ordens vor und zeigte ihm endlich ein mit Blut überronnenes Kruzifixbild mit dem Beisatz: diesem müsse ein Ordensmann sich gleichförmig machen. Felix fiel dem Oberen zu Füßen und sprach mit weinenden Augen: „Ich nehme Gott zum Zeugen, daß ich nichts anderes suche, als ein gekreuzigtes Leben zu führen.“ Der Obere nahm ihn in die Zahl der Novizen auf, und Felix bewies in der Tat, was er mit Worten bezeugt hatte.
Im vierten Jahre seines Eintrittes in den Orden wurde er nach Rom geschickt, um dort das Amt eines Almosen-Sammlers zu versehen, und diesem oblag er 42 Jahre so erbaulich, daß er bei allen den Namen eines Heiligen erwarb, und sowohl von Niederen als Hohen, selbst auch von Kardinälen und Päpsten in großen Ehren gehalten wurde. Er ging täglich, wie immer das Wetter beschaffen war, mit bloßen Füßen durch die Stadt und sammelte das Almosen. Wenn er aus dem Kloster ging, sagte er zu seinem Begleiter: „Lieber Bruder! Den Rosenkranz in die Hand, die Augen niedergeschlagen und mit dem Geist in den Himmel hinauf.“ Auf diese Weise brachte er den Weg mit größter Eingezogenheit und in beständiger Vereinigung mit Gott zu. Viele hundert Male wiederholte er die Worte: „Deo gratias!“ (Gott sei Dank!), nicht nur, wenn er Almosen bekam, sondern auch in Schmerzen, Verfolgungen und anderen Begebenheiten; denn er war gewohnt, Gott in allem zu loben und ihm zu danken. Er ermahnte die Kinder auf den Gassen, daß sie diese Worte oft wiederholen sollten. Von dem Almosen, welches er reichlich bekam, genoß er das wenigste; denn er fastete beinahe beständig. Die gewöhnlichen Ordensfasten hielt er bei Wasser und Brot. Sein Bett war eine Binsendecke auf bloßen Brettern, anstatt des Kopfkissens hatte er einen Bündel Rebenholz. Niemals schlief er länger als zwei Stunden; er geißelte sich jede Nacht, und das Cilicium legte er fast niemals ab. Einst fragte ihn ein Kardinal, ob er nicht gesinnt wäre, in seinem Alter sein so beschwerliches Amt abzulegen. Felix gab zur Antwort: „Ein Soldat muss mit dem Degen in der Faust sterben, und ein Esel unter seiner Last. Behüte mich Gott, daß ich meinem Leibe eine Ruhe gestatte, der zu nichts anderem nütze ist als zum Leiden und Arbeiten.“
Sehr viele hielt Felix durch sein geistliches Gespräch und liebevolles Zureden von Sünden ab, oder bewog sie nach begangener Sünde zur eifrigen Buße. Den letzteren stellte er besonders die Gefahr vor, in noch zahlreichere Sünden zu fallen und darin zu sterben. Als er einst vernommen hatte, daß einige Jünglinge zu ihren Bekanntschaften gehen wollten, eilte er ihnen nach, warf sich ihnen zu Füßen und sprach mit weinenden Augen: „Meine Brüder! Erbarmt euch doch über eure Sünden!“ Durch Gottes Gnade bewirkten diese Worte ihre Bekehrung. Ein anderes Mal war er bei einem Richter, als man demselben ein Kalb verehrte. Als dieses zu schreien anfing, sprach der heilige Felix mit lachendem Munde: „Höret, Herr, wie dieses Tier ein günstiges Urteil für den verlangt, der es geschickt hat!“ Mit diesen Worten brachte er den Richter zur Erkenntnis und Besserung seines Fehlers. Ein Advokat zeigte ihm viele Bücher in seiner Bibliothek und fragte ihn, was er davon halte. Felix deutete auf ein Kruzifixbild und sprach: „Wenn ihr nicht in diesem Buche fleißig studiert, so werdet ihr aus allen euren Büchern mehr Unrechtes als Rechtes lernen.“
Auf solche Weise wußte der Heilige bei jeder Gelegenheit eine heilsame Lehre zu geben. Nicht weniger wußte er auf sich selbst acht zu haben. Man weiß, daß er unter so vielen Gefahren, in denen er täglich schwebte, die Tugend der Reinigkeit unverletzt erhalten hat. Zu diesem Ende bediente er sich der strengsten Eingezogenheit seiner äußeren Sinne, der beständigen Abtötung seiner selbst, des öfteren Gebetes und der Andacht gegen die göttliche Mutter Maria.
Als er in einer Nacht seiner Gewohnheit nach in der Kirche dem Gebet oblag, fühlte er in seinem Herzen eine so heftige Inbrunst der Liebe gegen Christus den Herrn, daß er, gleichsam seiner nicht mehr mächtig, dem Hochaltar zueilte, wo das Bild Mariens mit ihrem göttlichen Kinde aufgestellt war, und diese inständig bat, sie sollte ihm doch ihr göttliches Kind nur auf einen Augenblick überlassen. Die göttliche Mutter würdigte sich, ihm zu erscheinen, und legte ihm das liebe Jesukindlein in seine Arme. Es war aber diese Gnade nicht die Einzige, welche ihm gewährt wurde. Gott verlieh ihm auch die Gabe, verschiedene Kranke durch ein kurzes Gebet wieder gesund zu machen und viele künftige Dinge vorher zu sagen. In der Demut und Geduld übte er sich, sowohl, wenn er verschiedene Schmach und Unbilden von anderen erlitt, als auch, wenn er mit schmerzhaften Krankheiten von Gott heimgesucht wurde. Es fragte ihn einst der Arzt, warum er in Schmerzen keine Linderung oder gänzliche Befreiung von Christus dem Herrn begehre? Felix antwortete: „Soll ich denn meinem Jesus sagen, daß er mir meine Schmerzen lindere und mich gesund mache? Ich beteuere, wenn ich auch versichert wäre, daß ich auf solche Weise gleich gesund würde, so wollte ich es doch nicht tun. Sucht mich mein Gott mit Schmerzen heim, warum soll ich ihm zuliebe solche nicht gerne und mit Freuden erleiden?“ Auch von denMenschen begehrte er in seiner Krankheit nicht das mindeste zur Linderung. Die größten Schmerzen nannte er kostbare Gaben Gottes, und die schwersten Widerwärtigkeiten sah er als wohl verdiente Strafen an, dieses munterte ihn zur Geduld auf. Im Gehorsam und in allen übrigen Tugenden diente er allen Mitbrüdern zum Vorbild.
In einem Alter von 72 Jahren nahm ihn Gott nach einer 18tägigen Krankheit zu sich nach dem Empfang der heiligen Sakramente. Als er vor seinem Hinscheiden lange an einen Ort hinblickte, fragte ihn ein Ordenspriester, was er denn sähe? Der Heilige sprach: „Sehet ihr denn nicht meine liebste Mutter, die seligste Jungfrau, umgeben mit einem Chor der Engel?“ Und bald darauf gab er mit einem ganz fröhlichen Angesicht den 18. Mai 1587 seinen Geist auf. Ungemein viele Wunder, welche gleich nach seinem Hinscheiden an Besessenen, Blinden, Lahmen und anderen Kranken geschahen, verbreiteten den Ruhm des Bruders Felix in der ganzen Christenheit. Er wurde vom Papst Klemens XI. 1709 heilig gesprochen. –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 367 – S. 370