Gründe für die Kreuzzüge ins heilige Land

 Die Gründe für die Kreuzzüge ins heilige Land

Die Kreuzzüge ins heilige Land haben ihren tiefsten Grund in der Sehnsucht der Christen, die Stätten zu besuchen, welche durch den Erdenwandel des göttlichen Stifters ihrer Religion geheiligt waren. Diese Sehnsucht reicht, weil sie dem natürlichen Zug des christlichen Herzens entsprungen ist, in ferne Zeiten zurück.

Schon im 4. Jahrhundert ist sie vielfach bezeugt, und es haben sich sogar Aufzeichnungen über Pilgerfahrten aus diesem Jahrhundert erhalten. Erwähnt sei das Itinerarium des Pilgers von Bordeaux vom Jahre 333 und die jüngst aufgefundene Peregrinatio Sylviae vom Ende dieses Jahrhunderts (ed. Gamurrini 1887). Die Wallfahrten hörten auch nicht auf, als Palästina 637 den Sarazenen anheim fiel, und bei der Stellung, welche den Christen unter der neuen Regierung zu Teil wurde, konnten sie ungehinderten Fortgang nehmen. Der Eroberer, der Kalif Omar, verwandelte wohl einige Kirchen in Moscheen und legte dem christlichen Kult einige Beschränkungen auf, ließ aber die Christen im Übrigen gewähren. Das christliche Gefühl mochte den Wechsel der Herrschaft schmerzlich empfinden, aber man fügte sich in die Verhältnisse, weil sie erträglich waren, und man nahm sie um so eher hin, je schwerer es war, eine Änderung herbei zu führen. Diese Lage dauerte 3 ½ Jahrhunderte.

Als aber 969 die Dynastie der Fatimiden zur Herrschaft über Ägypten und Palästina gelangte, trat eine Verschlimmerung ein. Der Sultan Moez verwarf den Vertrag, den Omar mit den Christen geschlossen. Diese erfuhren zahlreiche Misshandlungen und Bedrückungen; der Besuch der heiligen Stätten wurde mit einer Steuer beschwert. Der Umschlag wurde tief empfunden, wie der Aufruf zur Befreiung des heiligen Landes zeigt, welcher durch Papst Silvester II. (999 bis1003) erlassen wurde. Doch hatte die Aufforderung noch keine Folge. Das Unternehmen war zu gewaltig, um sofort ins Werk gesetzt zu werden. Auch wandten sich die Dinge in Jerusalem nach einiger Zeit wieder zum Besseren.

Nach einem Jahrhundert kam aber wieder eine Wendung von der Art, daß ein Einschreiten angezeigt erschien. Die Turkomanen, nach ihrem ersten Häuptling Seldschuken genannt, welche im 11. Jahrhundert von ihren alten Sitzen am Kaspischen Meer und am Aralsee in das Kalifat von Bagdad vordrangen, gingen in ihrem Siegeslauf immer weiter. Im Jahre 1071 brachten sie dem Kaiser Romanus Diogenes von Konstantinopel bei Manzekert in Armenien eine gewaltige Niederlage bei und nahmen ihn selbst gefangen. Im Jahre 1073 fiel ihnen Palästina anheim. Sofort erneuerten sich die Leiden der Christen, und auf den Hilferuf, der von Osten herüber drang, forderte Gregor VII. die Abendländer in mehreren Schreiben 1074 zur Unterstützung der dortigen Brüder auf. In dem Brief an König Heinrich IV. bemerkt er, daß schon 50000 Mann bereit seien, ihm mit bewaffneter Hand zu folgen. Dabei bestand die Hoffnung, die kirchliche Einheit mit dem Morgenland wieder herzustellen. Durch den Kampf, der eben damals zwischen dem Papst und dem deutschen König ausbrach, wurde die Angelegenheit zwar wieder in den Hintergrund gedrängt, allein nicht für lange Zeit. Als 1086 der türkische Häuptling Orthok die heilige Stadt eroberte, kam noch größere Bedrängnis über sie. Die Kirchen wurden wiederholt verwüstet, die Priester mißhandelt, der Patriarch ins Gefängnis geworfen. Die Klagen drangen mit der Bitte um Hilfe auf`s Neue in den Westen, und dieses Mal sollten sie endlich erhört werden. Die Feindseligkeiten der Ungläubigen an heiliger Stätte hatten schon zu lange gedauert, und dem damaligen Abendland schienen sie um so weniger noch länger erträglich zu sein, je mehr es von mächtigem Tatendrang beseelt und von hohen Idealen erfüllt war.

Die Befreiung des heiligen Landes erschien als christliche Ehrensache und zugleich als ein gutes Werk. Auch konnte man sich nach dem Gang der Ereignisse nicht verhehlen, daß die Feinde, wenn sie nicht im Osten zurück geworfen würden, zuletzt auch den Westen angreifen würden. Dazu kam, daß die innere Lage des Abendlandes damals keine glückliche war. Die niederen Klassen wurden vielfach durch die höheren bedrückt. Die Ernte fiel in mehreren Jahren wenig ergiebig aus; das Jahr 1095 wird insbesondere als ein Missjahr geschildert. Der Entschluss zu dem Zug in die Ferne war daher um so leichter zu fassen; man konnte hoffen, in dem Osten sich eine neue und bessere Heimat zu begründen. Das Abendland brauchte unter diesen Umständen nur mit der erforderlichen Energie und Autorität auf den Osten hingewiesen zu werden, und es beeilte sich, das heilige Land zu befreien.

Die Aufgabe fiel dem Papsttum zu als der Behörde, deren Macht und Ansehen sich über die Gesamtheit der abendländischen Völker erstreckte. Da es aber mit der bloßen Eroberung des heiligen Landes nicht getan war, da dasselbe gegen die Angriffe, die ihm von den Ungläubigen naturgemäß später drohten, auch zu behaupten war, so genügte nicht ein Zug; wiederholt mussten Streiter in den Osten abgehen. Sieben unter den Zügen haben eine größere Bedeutung und gelten als die eigentlichen Kreuzzüge. –
aus: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 7, 1891, S. 1141-1143

Tags: Religion

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