Der dritte von der Firma, der „Chef des Hauses“ vom Geschäft der Versuchung, ist der Teufel.
Die Geschichtsschreiber mögen die Weltgeschichte noch so ausführlich schreiben und in noch so vielen Bänden abhandeln, sie bleibt so lange unvollständig, bis nicht auch der Anteil geschildert und geschrieben ist, den der Teufel daran hat. Was gäbe doch aber das ein großes, interessantes Kapitel, wenn einer das erzählen könnte und erzählen wollte, was der Teufel schon alles angerichtet hat, seitdem er – Teufel ist und als solcher mit den Menschen in Verkehr getreten, um so mehr, als seine ganze Tätigkeit und Geschäftigkeit unter den Menschen immer nur auf Versuchung zur Sünde gerichtet ist. Wir werden uns also vorerst in der Weltgeschichte mit einem Stückwerk begnügen müssen, bis wir eine vollständige Biographie des Teufels und seines Anhanges bekommen. Auf diese Biographie werden wir freilich noch lange warten müssen, da sie erst am Jüngsten Tage im Weltgericht wird offenbar werden. Daher mögen hier bloß einige Bruchstücke folgen, um den Teufel und seine Kunstgriffe bei der Versuchung kennen zu lernen, wenigstens so viel, als man nötig hat, um sich vor ihm hüten zu können…
Niemand hat solches Interesse, das Herz, das ganz und gar Gottes Eigentum ist, uns abzujagen, als der Teufel; um seiner habhaft zu werden, ist es ihm nicht zu viel, wie ein brüllender Löwe umherzugehen und zu suchen, wo er eins zu verschlingen bekomme. Jetzt also ist es klar, worauf es der Teufel abgesehen hat, nämlich auf unser Herz.
Denn nichts in der Welt hat so viele Bewerber, als unser Herz. Gott ruft uns zu: „Mein Kind, gib mir dein Herz!“ Die Welt ruft gleichermaßen: „Schenk mir dein Herz!“ Das Fleisch schmeichelt und spricht: „Gib mir dein Herz!“ Um nichts und wieder nichts aber mag weder Welt noch Fleisch, weder Himmel noch Hölle, weder Gott noch Teufel so lange und beharrlich werben als sie tun…
Von all den Bewerbern aber hat keiner ein Recht darauf als Gott, und sein Recht ist unumstößlich, ist unbestreitbar. Darum tun wir der Jagd des roten Jägers gegenüber schon wohl daran, uns den Spruch ins Gedächtnis zu schreiben:
Es muss das Menschenherz wohl etwas Großes sein,
Gott, Teufel, Welt und Fleisch und alles will hinein:
Drum wähle, weil du kannst, dir doch den besten Gast,
Und hast du ihn gewählt, behalte, was du hast!
Der selige Abt Moses, der zu Petra am Toten Meer wohnte, war aus einem Räuber ein Mönch geworden. An dieser Umwandlung hatte aber der böse Feind keine Freude. Daher suchte er dem bekehrten Räuber mit allerlei Versuchungen so sehr das Leben zu verbittern, daß der arme geplagte Mann in tiefe Betrübnis fiel und den heiligen Einsiedler Isidor aufsuchte, um ihm sein Leid zu klagen. Aber alle Trostsprüche, die Sankt Isidor aufbot, um den Mutlosen zu ermutigen, wollten nichts fruchten; der arme Mönch wollte nicht mehr in seine Zelle zurück. Was also anfangen, um Moses zu seiner Pflicht zurückzuführen? Da nahm Isidor den Mönch mit auf eine Anhöhe und sagte ihm: „Schaue nach Sonnenuntergang und siehe!“ Er schaute und sah eine große Schar böser Geister, voll Wut und Ingrimm zur Schlacht gerüstet. Und wiederum sagte Isidor zu seinem Begleiter: „Nun schaue gegen Sonnenaufgang und siehe!“ Da sah er ein Heer heiliger Engel, lichtumstrahlt und kampfbereit, aber größer und zahlreicher als das Heer der bösen Geister. Nun sagte ihm der Einsiedler Isidor: „Siehe, die du gegen Sonnenuntergang gesehen, kämpfen gegen die Heiligen Gottes auf Erden; jene aber, die du gegen Sonnenaufgang geschaut, kommen ihnen zu Hilfe. Erkenne also, daß, wie Eliseus gesagt, mehr mit uns sind, als wider uns, und wisse, daß, wie Sankt Johannes bezeugt, der in uns ist, mächtiger ist, als der in der Welt ist.“ Dieses Gesicht aber und des Einsiedlers Belehrung flößten dem versuchten Mönch frischen Mut ein. Daher kehrte er voll Zuversicht auf Gottes und der Engel Hilfe in seine Zelle zurück, um sich dem Teufel als Mann zum Kampf zu stellen. Was nun aber da der hl. Isidor dem Abt Moses zum Trost gezeigt und zur Belehrung gesagt, das gilt jedem Christen, den der böse Feind mit Versuchung belästigt und zur Sünde reizt: Die mit uns sind, sind mehr, als die wider uns sind, und der in uns ist, ist stärker, als der in der Welt ist. Also hat der Christ niemals Grund, den Mut sinken zu lassen und dadurch dem Teufel Freude zu machen, sondern, sobald er merkt, daß der Teufel ihm nachstellt, Gott und die Heiligen zu Hilfe zu rufen, indem er aus vollem Herzen betet: „Führe uns nicht in Versuchung!“ …
Diese drei also (Anm.: die Welt, das Fleisch, den Satan) hat der Christ zu bekämpfen, diese drei hat er zu besiegen, wenn er gekrönt werden will. Ist denn diese Zumutung nicht zu groß, ist denn dieser Kampf nicht zu schwer? O nein, für den wahren Christen nicht; er ist von Beruf ein Streiter, ein Kriegsmann Christi, zum Kampf des Heiles gesalbt und gestärkt. Für einen solchen wäre es aber geradezu eine Schande, auf seiner Kreuzfahrt durchs Leben jenen drei Feinden zu unterliegen… Möge also jedem, der die sechste Bitte im Vaterunser betet, zu Mute sein, wie dem, der also singt:
Was zagst du, Herz, wenn die Versuchung droht?
O fürchte nicht die feindlichen Gewalten!
Halt` aus! Halt` aus, wie dir dein Herr gebot,
Der Sieg ist dein, du wirst das Feld behalten.
Die Krone winkt, umwallt vom ew`gen Licht,
Dem Kämpfer, der zur Fahne treu gestanden,
Halt` aus, mein Herz, halt` aus und zage nicht –
Gott hält sein Wort und macht dich nicht zu Schanden!
aus: Philipp Hammer, Der Rosenkranz, eine Fundgrube für Prediger und Katecheten, ein Erbauungsbuch für katholische Christen, I. Band, 1896, S. 395 – S. 405