Welche Kirche hat den wahren Glauben

Welche Kirche hat den wahren, von Christus gelehrten Glauben?

Den wahren, von Christus gelehrten Glauben hat nur die katholische Kirche; denn sie allein hat ihn von Christus und den Aposteln empfangen und stets unverfälscht bewahrt. Alle anderen Religions-Gesellschaften haben ihre Glaubenslehre nicht von Christus oder den Aposteln empfangen, da sie erst lange nach Christus entstanden sind; auch haben sie das, was von der Lehre Christi aus der katholischen Kirche auf sie gekommen ist, nicht unverfälscht bewahrt, da sie bald so, bald anders lehren.

Zwei Fragen sind hier zu erörtern:

1. Welche Religions-Gesellschaft hat ihren Glauben von Christus empfangen?

2. Welche hat ihn unverfälscht bewahrt? Denn jene hat unleugbar die wahre Glaubenslehre Jesu Christi, welche sie von ihm selbst empfangen und stets unverfälscht bewahrt hat. (*)

Welche Religions-Gesellschaft hat ihren Glauben von Christus empfangen?

1. Es versteht sich von selbst, daß nur jene christliche Religions-Gesellschaft ihren Glauben von Christus empfangen hat, deren Bestehen bis zu Christus hinauf reicht, oder, was dasselbe ist, die unmittelbar von Christus und den Aposteln abstammt; denn durch die Apostel hat der Erlöser das Christentum begründet und von ihnen bis auf uns konnte es nie verloren gehen. Räumt man dies letztere nicht ein, so muss man Christus lästern und sagen, er habe auf Sand gebaut und die feierlichen Worte: „Ich werde meine Kirche auf einen Felsen bauen, und die Macht der Hölle soll sie nicht überwältigen“ wären eine Lüge. Eine Religions-Gesellschaft muss also heute noch bestehen, die von den Aposteln herstammt und von ihnen bis auf den heutigen Tag immerfort bestanden hat. Aber welche von den religiösen Gesellschaften, die sich christlich nennen, hat das Vorrecht, in gerader, ununterbrochener Linie von den Aposteln abzustammen? Wenn zwei Familien sich um die Ehre streiten, von einem gewissen Fürsten aus alter zeit abzustammen, so wird die Frage durch den Stammbaum gelöst. Diejenige, welche beweist, daß sie allein in gerader, fortlaufender, stets rechtmäßiger Linie vom fürstlichen Haus abstammt, diese hat eben dadurch vor jedem Gerichtshof den Prozeß gewonnen. Eine Religions-Gesellschaft, die also behauptet, von den Aposteln gegründet zu sein, muss nachweisen, daß sie durch eine wahre, stets fortlaufende Abstammung von den Aposteln bis auf unsere Tage existiert hat. Eine zweifelhafte oder eine mehrere Jahrhunderte hindurch unterbrochene Geschlechtsfolge kann nicht angenommen werden.

Schlagen wir nun einmal die Geschichte auf; denn die Frage ist rein historisch. Beginnen wir mit dem Papst Pius X. und gehen wir zurück bis zum Tage, an dem der göttliche Stifter des Christentums zu Simon, dem Sohne des Jonas, sagte: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen.“ Die Reihenfolge der Päpste ist ununterbrochen; der Name und die Regierungszeit eines jeden von den Nachfolgern Petri, den Statthaltern Jesu Christi, stehen vor unseren Augen da. Jene Religions-Gesellschaft also, welche von dem gegenwärtigen Oberhaupt der Kirche bis zum Apostelfürsten Petrus diese ununterbrochene Kette von 258 Päpsten aufzuweisen hat, stammt unstreitig von den Aposteln her. Und welche ist diese? Sicher keine andere als die römisch-katholische Kirche; denn jede andere protestiert ausdrücklich gegen den Papst und besteht hartnäckig darauf, der papistischen Kirche (wie sie die katholische nennen) nicht angehören zu wollen. – Da nun alle nicht-katholischen Religions-Genossenschaften förmlich erklären, daß sie der uralten den Papst anerkennenden Stammkirche nicht angehören, so ist damit auch schon der Beweis geliefert, daß sie nicht von Christus und den Aposteln abstammen. Dieser Beweis könnte uns auch genügen; jedoch wollen wir diese Frage noch genauer untersuchen.

Öffnen wir ebenfalls die Geschichte jener Sekten, die sich christlich nennen, und suchen wir dort eine ähnliche Geschlechtsfolge wie die der katholischen Kirche. Allenthalben ist es leer, erstaunlich leer; bei allein ist der Anfang ihrer Entstehung wohl bezeichnet, nämlich lange nach den Zeiten der Apostel. Wo warst du denn, lutherische Religion? Wo warst du, calvinische Religion, und wo waret alle ihr nicht-katholischen Genossenschaften, bevor eure bekannten Stifter das Banner der Empörung gegen die katholische Kirche erhoben hatten? Ihr waret gar nicht vorhanden; ihr kommt also nicht von den Aposteln her, ihr kommt also nicht von Christus her, ihr seid also nicht das wahre, von Christus gestiftete Christentum. Unmöglich habt ihr von ihm oder aus der Hand der Apostel euren Glauben empfangen; denn ihr seid erst tausend fünfhundert Jahre nach ihnen gekommen. „Ja doch“, erwidern unsere Glaubensgegner, „wir waren schon früher da, aber verborgen; wir waren unsichtbar unter den Kindern der römischen Kirche“ … Wie? Ihr waret verborgen, unsichtbar während vierzehn oder fünfzehn Jahrhunderten! Und wo denn, wenn ich fragen darf? Warum habt ihr denn während dieses ungeheuren Zeitraumes nie zum Vorschein kommen dürfen? Wie erdreistet ihr euch aber zu behaupten, daß ihr von Christus und den Aposteln abstammt, wenn ihr zum Beweis euch auf unsichtbare Zeugen beruft, wenn euer Stammbaum anderthalb Jahrtausend gar nicht zu sehen ist? Ist euer Beweis nicht ganz unhaltbar? Und wie könnt ihr die wahre Kirche sein, wenn ihr so lange Zeit unsichtbar waret? Beteuerte denn nicht Christus, daß seine Kirche nicht verborgen sein könne, daß sie sichtbar sei, „wie eine Stadt, die auf dem Gipfel des Berges liegt“? (Matth. 9, 14) Ihr waret, wie ihr sagt, unsichtbar; erst im sechzehnten Jahrhundert habt ihr es gewagt, ans Licht zu treten und euren Glauben öffentlich zu bekennen! Aber waren denn alle die Häupter eurer Reformation, bevor sie gegen die katholische Kirche auftraten, nicht selber Katholiken? Hatten sie nicht, wie alle anderen, selbst zuerst das geglaubt und geübt, was die römische Kirche glaubte und übte? Waren nicht sogar mehrere aus ihnen katholische Priester, Mönche, Doktoren? Oder wollt ihr behaupten, daß sie das, was sie lehrten, selbst nicht glaubten, daß sie die Sakramente, die sie wie andere empfingen, im Herzen verachteten? Aber dann wären sie ja verabscheuungswürdige Heuchler gewesen. – Bekennt es also nur unverhohlen: vor Luther war eure Religion weder sichtbar noch unsichtbar vorhanden; sie existierte gar nicht, und das Datum ihrer Geburt ist zugleich ihr Todesurteil. Sehr gut sagt ein bekannter Schriftsteller (Segur, Antworten auf die Einwürfe gegen die Religion, XVI): Soweit die Protestanten auch in der Geschichte nachgraben mögen, immer und überall werden sie die unauslöschliche Inschrift finden, welche ihre Verurteilung enthält: „Der Protestantismus ist 1500 Jahre später entstanden als das Christentum.“ Er ist also nicht das wahre Christentum, hat also auch nicht den wahren Glauben.

Welche Religions-Gesellschaft hat ihn unverfälscht bewahrt?

2. Da es nun am Tage liegt, daß die katholische Kirche allein von Christus und den Aposteln die wahre Glaubenslehre empfangen, so folgt nun die andere Frage, ob sie dieselbe auch unverfälscht bis auf den heutigen Tag bewahrt habe. Die Antwort ist nicht schwer. –

Schlagen wir das Evangelium auf! Als der Gottmensch das Christentum stiftete, was hat er da getan? Er hat eine seligmachende Lehre verkündet, diese hat er seiner Kirche hinterlassen, damit sie dieselbe als ein ihr anvertrautes himmlisches Gut unversehrt bis zum Ende der Zeiten bewahre. Denn so wenig Gott die Sonne bloß für unsere Stammeltern Adam und Eva schuf, eben so wenig hat er für die ersten Christen allein seine Lehre vom Himmel auf die Erde gebracht. Sie sollte rein und unverfälscht erhalten, rein und unverfälscht allen Völkern der Erde verkündet werden. Wie hätte er sonst sagen können: „Wer glaubt, wird selig, wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden“? Er, der das glänzende Sonnenlicht erhalten hat, hatte wohl auch die Macht, uns das Glaubenslicht ungetrübt zu erhalten. –

Wo ist aber nun diese reine, unverfälschte Lehre, die wir glauben müssen, um selig zu werden? Bei uns ist sie, rufen die Lutheraner; nein, bei uns, erwidern die Calviner; ihr habt beide unrecht, versetzen die Zwinglianer, wir allein besitzen die echte Lehre Christi. So treten Sekten ohne Zahl auf, von denen jede hartnäckig behauptet, daß bei ihr allein die wahre Lehre Christi zu finden sei. Die katholische Kirche hinwiederum spricht: „Ich allein bin die Kirche, welche der Herr von Anbeginn auf den Felsen gebaut und welcher er verheißen hat, daß die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen werden; ich bin jene, von der geschrieben steht, daß sie „die Säule und Grundfeste der Wahrheit“ ist; denn eine andere als mich gab es damals nicht. Ich allein habe von den Aposteln die wahre Lehre Jesu empfangen, und ich allein habe sie mit dem Beistand des Hl. Geistes rein und unversehrt bewahrt.“

(*) Die Glaubenslehre Jesu Christi ist in der Schrift und Überlieferung enthalten. Daß diese keiner anderen als der katholischen Kirche von Christus durch die Apostel übergeben und von ihr allein stets unverfälscht bewahrt worden seien, ist schon oben dargetan worden. Streng genommen dürfte es also genügen, hier an das bereits Gesagte wieder zu erinnern. Dennoch mag es nicht überflüssig sein, diese so folgenschwere Wahrheit noch von einem anderen Gesichtspunkt aus anschaulich zu machen. Wir entlehnen sie der Hauptsache nach aus Barthe, „Religiöse Wahrheit vor dem Richterstuhl der Vernunft“ (Kap. 11) und verweisen den Katecheten zur weiteren beliebigen Ausführung auf die Abhandlung von der Kirche im 9. Glaubensartikel. –
aus: P. Joseph Deharbes größere Katechismuserklärung, Bd. 1; 1911, S. 73 – S. 76

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