Gott ist ein eifersüchtiger Gott
Eiferer ist des Herrn Name, Gott ist ein eifernder Gott
„Hüte dich, daß du nie mit den Einwohnern jenes Landes Freundschaft schließest, die dir zum Untergang sein würden, sondern zerstöre ihre Altäre, zerbrich ihre Bildsäulen und rotte ihre Haine aus. Du sollst keinen fremden Gott anbeten. Eiferer ist des Herrn Name, Gott ist ein eifernder Gott.“ (2. Mose 34, 7. 10-14)
Was ist die Eifersucht Gottes?
Die Eifersucht ist eine heftige und ungeduldige Liebe, welche den geliebten Gegenstand ganz allein besitzen will und keinen Nebenbuhler, keinen duldet, daß er Teil an ihm habe. Die Eifersucht fürchtet immer, es möchte der geliebte Gegenstand entrissen werden; in dieser Angst, in dem beständigen Verdacht macht sich die Eifersucht unglücklich traurig.
Die Eifersucht ist also eine große Unvollkommenheit, eine Leidenschaft, welche des Menschen nicht würdig ist. Nur derjenige kann eifersüchtig sein, welcher sich selbst nicht für verdienstvoll genug hält, den geliebten Gegenstand bei sich zu fesseln, nur wer immer in der Sorge ist, von einem Andern überflügelt zu werden. Das aber ist offenbar ein Merkmal der Schwäche, der Armseligkeit.
Und dennoch hat sich unser Gott einen eifersüchtigen Gott genannt, Er, der sich den Starken nennt, den Gott, neben dem kein Anderer ist, sagt, daß sein Name Eiferer sei! Gott ist ein eifernder Gott!
Wie wollen wir das verstehen? Die Eifersucht Gottes ist anderer Natur als die menschliche; sie hat die Unvollkommenheit der menschlichen nicht an sich. Was im Menschen eine Leidenschaft, eine Schwäche ist, das ist bei Gott eine Vollkommenheit, der Ausdruck der Alles beherrschenden Macht.
Gott wird eifersüchtig genannt wegen seiner großen Liebe, die Er zu den Geschöpfen trägt, vor Allem zu dem Menschen, dem Träger seines Ebenbildes. Seine große Liebe zum Menschen fordert von diesem volle, ungeteilte Gegenliebe; sie kann es nicht ertragen, daß diese Ihm verweigert werde oder zwischen Ihm und einem Geschöpfe sich teile. Weil die Liebe Gottes zu uns unendlich ist, so ist es auch seine Eifersucht, sie hat und kennt keine Grenzen. Aber was der Mensch bei der Eifersucht empfindet, Furcht, Angst, Sorge, davon weiß Gott nichts; Er ist ruhig, denn Er ist der Hochherrliche, dem kein Geschöpf den Rang abzulaufen vermag; Er ist der Erleuchtete, dessen Forderung an unsere Gegenliebe nur gerecht und billig ist.
Warum sollte Gott nicht unsere ungeteilte, ausschließliche Liebe für sich verlangen? Ist die Menschenseele nicht die Braut Gottes? „Ich verlobe Mich mit dir auf ewig“, spricht der Herr beim Propheten, „und verlobe Mich mit dir durch Gerechtigkeit und Gericht, durch Gnade und Erbarmung. Ich verlobe Mich mit dir durch Treue, und du wirst erkennen, daß Ich der Herr bin.“ (Hosea 2, 19, 20.)
Gott ist dir entgegen gekommen und du hast dein Wort Ihm gegeben, daß du sein gehören wollest ganz und gar. Hast du nicht im Angesicht der Kirche öffentlich Ihm zugeschworen, deinem himmlischen Bräutigam unverbrüchliche Treue versprochen? Die Welt mit ihrer Pracht, den Teufel mit seinen Versuchungen hast du weggewiesen, du hast Allem entsagt, was dich von deiner heiligen Liebe abbringen könnte. Gott hat es gehört, Gott hat dein Wort angenommen, Gott hat mit dir sich vermählt. Und Er hält seine Treue, denn Er ist getreu in jedem seiner Worte. Hat Er nun nicht das Recht, diese selbe Treue auch von dir zu verlangen, auch von dir zu erwarten? Siehe da seine Eifersucht!
Sie ist, wie der heilige Augustin auseinandersetzt, nichts als der beständige Wille, in dem Gott verlangt, daß du, seine Braut, die versprochen die beschworene Treue Ihm unverbrüchlich haltest. Gott will, daß du rein, daß du unschuldig Ihm dich bewahrst, daß du dich frei erhaltest von den Gelüsten dieser WeIt; hat Er nicht alles Recht dazu?
Kann Gott Rivalen, Götzen neben sich dulden?
Siehe Ihn an, den großen, den herrlichen Gott! Kann Er einen Rivalen neben sich dulden? Er, dem Keiner gleich kommt? Dein großer Gott muss, wenn Er Gott sein will, deine Liebe ganz und ungeteilt, deine Liebe ausschließlich für sich verlangen; Er muss dir gebieten und kann nicht anders, daß du Ihn lieben sollst aus deinem ganzen Gemüte, aus deiner ganzen Seele, aus allen deinen Kräften. Er ist mit diesem Gebote nur gerecht gegen sich selbst. Und du bist undankbar, du bist treulos, du bist ein Verräter, du bist ungerecht im höchsten Grade, wenn du Gott die Treue brichst, wenn du neben der göttlichen Liebe eine andere Liebe pflegst, wenn dir ein Geschöpf so viel oder mehr wert ist als dein großer, herrlicher Gott.
Geistlicher Ehebruch
Ehebruch nennt die heilige Schrift die Sünde, geistlichen Ehebruch. „Ich will mein Volk verlassen und von ihm weggehen, denn Alle sind Ehebrecher und ein Haufe von Missetätern.“ (Jerem. 9, 2) Wer in der Sünde von Gott sich wendet, der begeht nicht nur diese einzelne Sünde, mag sie einen Namen haben, welchen sie will, sondern er verletzt noch dazu den heiligen Friedensbund, in dem er mit Gott steht, wie der Ehebrecher nicht bloß gegen die Keuschheit sich versündigt, sondern auch noch gegen die eheliche Treue, zu welcher er verpflichtet ist. Wenn du sündigst, brichst du deinen Bund mit Gott und schließest einen anderen mit dem Teufel, mit deinem und Gottes Feind. „Wenn du“, sagt Origenes, „einen Zutritt in deiner Seele gestattest dem Geiste des Zornes, dem Geiste der Rachsucht, dem Geiste des Neides, dem Geiste des Stolzes, dem Geiste der Unlauterkeit, wenn du auf einen dieser Geister gehört, wenn du ein Wohlgefallen an ihnen genommen, wenn du eingestimmt, dann hast du dich entweiht, hast dich ihm preisgegeben, hast einen infamen Ehebruch begangen.“
Sollte dieser Gedanke uns nicht Abscheu vor jeder Sünde einflößen?
Auch wenn sie noch so klein erscheint, so ist sie eine Verletzung des Friedensbundes mit Gott, sie ist eine Untreue. Wir sehr müssen wir wachen, daß wir die Treue bewahren! Schaue auf zu der Eifersucht Gottes! Begreifst du sie jetzt? Gott ist eifersüchtig auf unsere Seele und auf ihren Leib, seine Ehre fordert es; aber auch seine Liebe treibt ihn dazu. Er will dich bewahren, Er will dich an seinem Herzen ruhen sehen, Er will, daß du nicht berührt werdest vom Geiste der Finsternis. Er will, daß du seiner würdig seiest. In diesem Eifer, in diesem Verlangen seiner Liebe tut Er Alles, um dich zu bewegen, daß du Ihm getreu bleibest. Er zeigt dir seine Herrlichkeiten, seine Schätze, Er schmeichelt dir, Er macht dir die Geschenke seiner Gnade, Er macht dir Verheißungen. Oft auch droht Er dir, Er umgibt dich mit den Wolken seiner Strafgerichte, nur damit du die Treue bewahrst. Er will unumschränkt herrschen in deinem Herzen, kein Geschöpf soll und darf neben Ihm darin Platz haben; Er allein will dich, Er will dich ganz und ausschließlich.
Gestatte keinem Geschöpf Zutritt zu deiner Seele!
Da weißt du nun, wie du dich verhalten musst. Ahme seine Eifersucht nach! Bewahre dich ganz allein Ihm! Gestatte keinem Geschöpfe Zutritt in deiner Seele! Die Liebe Gottes erfülle dich ganz und ausschließlich! Denke, daß auf der ganzen Welt Niemand sei als Du allein, du einsam mit deinem Gott!
Wir wollen also unserm Gott folgen, wie Er für uns eifert, wir wollen nicht gestatten, daß die Geschöpfe durch ihre Reize unsere Seele für sich einnehmen; wir wollen unsere äußeren Sinne bewachen, damit die Sünde nicht durch ihre Fenster in die Seele hinein steige. Wir müssen immer auf unserer Hut sein, ohne Unterlaß wie ein braver Soldat auf der Wacht stehen. Alles muss uns verdächtig sein. Jeder Zugang muss verschlossen werden. Wenn irgend ein Geschöpf uns versuchen will, so dürfen wir weder darauf sehen, noch es anhören, wir müssen die Dinge, welche uns in Gefahr bringen können, recht verächtlich behandeln. So hat die heilige Märtyrerin Agnes den Menschen, der um ihre Hand warb, Futter des Todes genannt. ,,Weiche von mir, du Futter des Todes“, sprach sie, „ich bin schon von einem anderen Liebhaber in Besitz genommen“. Selbst unseren Leib müssen wir für einen gefährlichen Feind ansehen. Das ist der Grund aller Abtötungen in der Kirche, des Fastens, der äußerlichen Bußwerke, das ist der Grund, warum die Seelen, welche die höheren Wege der Vollkommenheit wandeln, sogleich, wenn sie auf den Ruf Gottes hören, sogleich, wenn sie die ersten Schritte machen, mit großem, oft nur unüberlegtem Eifer ihnen sich zuwenden.
Sei eifersüchtig auf dich selbst, damit deine Liebe deinem Gott einzig und allein, ganz und ausschließlich bewahrt bleibe! –
aus: Fr. J. Holzwarth, Stunden katholischer Andacht, Dritter Band Unser Ziel und Ende, 1868, S. 104 – S. 107