Das Papsttum Aber die schlechten Päpste !
Das ist regelmäßig das Thema, welches die Feinde unserer Religion oder wackelige Katholiken aufs Tapet bringen, wenn die Göttlichkeit der katholischen Religion und die Pflicht, sich dem Apostolischen Stuhl aufrichtig und demütig zu unterwerfen, bewiesen und nachdrücklich betont wird.
Auch diesem Einwurf brauchen wir Katholiken nicht aus dem Weg zu gehen. Wir haben ihn nicht zu fürchten.
Die Tatsache, dass es auch sittlich nicht gute Päpste gegeben, tut der Wahrheit und der Göttlichkeit der katholischen Kirche keinen Eintrag. Warum nicht?
1) Weil wir erstens die Sünden und Fehler der Päpste nicht rechtfertigen. Wir beklagen und verurteilen diese an den Päpsten ebenso, wie wir sie überall, wo sie vorkommen, beklagen und verurteilen. Es ist uns Katholiken nie eingefallen, die unwürdigen Päpste als Heroen zu feiern, ihnen Ehrendenkmale zu errichten, zu ihrer Huldigung kirchliche oder weltliche Feste zu veranstalten, wie es die Gegner der Katholiken mit ihren mehr als fadenscheinigen Tugendhelden machen, namentlich mit den Urhebern des Abfalls von der katholischen Kirche im 16. Jahrhundert.
Ebenso wie wir verurteilt und bedauert die Kirche die Fehler und Sünden der Päpste und tun dies die Päpste selbst. Da wir mit der ganzen Kirche das unwürdige Betragen von einzelnen Nachfolgern des hl. Petrus nicht bloß nicht gutheißen, sondern verurteilen, so kann dasselbe weder der katholischen Kirche zur Last gelegt werden, noch ihr den Charakter einer Gottesstiftung nehmen.
2) Ferner ist zu bemerken, dass die Unwürdigkeit einzelner Päpste der katholischen Kirche die Eigenschaft, die wahre Kirche Christi zu sein, deshalb nicht nimmt, weil die Würde und die Erhabenheit des päpstlichen Amtes unabhängig von der Persönlichkeit des einzelnen jeweiligen Trägers dasteht, daher auch nicht von dessen Unwürdigkeit zerstört wird. Wir Katholiken huldigen dem Papst nicht seiner persönlichen Vorzüge wegen, sondern weil er Papst ist, weil er das Amt des Stellvertreters Christi bekleidet. Wie brave Kinder einen nichtswürdigen Vater, eine verkommene Mutter bedauern und beklagen, nichts desto weniger aber in ihnen die väterliche und mütterliche Autorität ehren, so bedauert und beklagt der Katholik einen sündhaften Papst, achtet aber immer noch in ihm die Autorität des Nachfolgers des hl. Petrus.
Der Papst ist Oberhirt der Kirche geworden nicht infolge seiner Heiligkeit, sondern durch die gültige, rechtmäßige Wahl, daher kann ihm auch die Sünde das Amt nicht nehmen. Übrigens sehen wir, wie Gott selbst im unwürdigen Papst das ihm übertragene Amt schützt. Derjenige, welcher am traurigsten und bemakeltsten unter den Päpsten in der Geschichte dasteht, wenn auch vieles, sehr vieles nicht wahr ist, was ihm die Gegner der Kirche zur Last legen, ist Alexander VI. (1492-1503).
Aber weder von diesem noch von einem anderen der übel angeschriebenen Päpste wurde eine unmoralische oder glaubenswidrige kirchliche Verordnung erlassen. Es zeigt sich gerade hierin so recht augenscheinlich, dass das Papsttum das Werk Gottes ist.
3) Zudem ist noch zu bemerken, dass die Zahl der fehlerhaften und anstößigen Päpste sehr klein ist im Vergleich zu der langen, herrlichen Reihe wahrhaft großer und ehrwürdiger Männer auf dem Stuhl Petri. Welch glänzende Gestalten treten uns da entgegen, Persönlichkeit, die durch die Reinheit des Lebens, durch die Gaben des Geistes und den Glanz heroischer Tugenden sich auszeichneten! Denke an die Zahl der Märtyrer-Päpste, die für Christus ihr Blut vergossen oder infolge namenloser Qualen ihren Geist aushauchten, denke an die Schar heiliger Päpste, deren Tugenden Gott durch Wunder und Zeichen verherrlichte, denke an die Menge jener Schlüsselträger und Nachfolger des heiligen Petrus, die selbst von gehässigen Gegnern als Zierden der Menschheit anerkannt werden mussten.
Es werden mehr als siebzig Päpste gezählt, die als Märtyrer oder Heilige auf unseren Altären öffentliche Verehrung genießen. Weit zahlreicher sind diejenigen, welche – wenn auch nicht als Heilige feierlich anerkannt, doch durch den Glanz ihrer Tugenden und den Ruhm ihrer Kenntnisse dem päpstlichen Thron zur Zierde gereichten und durch ihr Leben und ihre Taten sich bleibende Ehrendenkmale in der Geschichte setzten. Vor dieser Menge herrlicher Gestalten verschwinden die wenigen Päpste, deren Leben Flecken aufwies. Zudem fallen die Fehler der einen in die Zeit vor ihrer Erhebung zum Papsttum und wurden durch einen späteren tugendhaften Lebenswandel gesühnt.
Die Fehler der anderen, die als Päpste auch sittlich anstößig gelebt, wurden von einer feindseligen Geschichtsschreibung vielfach arg übertrieben. Während solche Ausschreitungen bei den gleichzeitigen weltlichen Fürsten kaum leise getadelt, oft kaum erwähnt wurden, fanden sie bei den Päpsten nicht bloß gerechten Tadel, sondern auch gehässige Übertreibung.
Ein alter Prediger bemerkt: „Auf einer schmutzigen Leinwand nimmt man die Flöhe nicht so leicht wahr, wie auf einer reinen und weißen.“ Dass man, um das Papsttum und die katholische Kirche zu schmähen, genötigt ist, immer wieder auf die Fehltritte der wenigen anstößigen Päpste hinzuweisen und sie noch zu übertreiben oder aber sich in böswilligen Verleumdungen zu ergehen, gereicht dem Papsttum zur Ehre. Es muss eine glänzende Leinwand sein. Und der Katholik kann sich mit den Worten des Dichters trösten:
Es liebt die Welt, das Strahlende zu schwärzen
Und das Erhab`ne in den Staub zu ziehn;
Doch fürchte nicht! Es gibt noch schöne Herzen,
Die für das Hohe, Herrliche erglühn.
Die unparteiische Geschichtsschreibung weiß von den sogenannten „Reformatoren“ des 16. Jahrhunderts schon ein ganz anderes Gemälde zu entwerfen, als selbst eine parteiische Geschichtsschreibung von den Päpsten bewerkstelligen kann; man schreibe nur einmal wahrheitsgetreu nach den Geschichtsquellen das Leben eines Luthers, Zwingli, Calvin, Theodor Beza, Bucer, Heinrich VIII, und einer Elisabeth von England etc. Da werden christliche Leser mit Entsetzen schauen, in welch unvorteilhaftem Licht diese Gestalten dastehen.
Dass dessen ungeachtet noch immer „die Schlechtigkeit der Päpste“ das Gespenst ist, welches unsere Gegner mit unverdrossenem Eifer an die Wand malen und auf welches sie wütend losschlagen, darf nicht wundernehmen. Was Luther durch sein maßloses Schmähen über den Papst anstrebte, nämlich seine Auflehnung gegen die Kirche zu rechtfertigen, seine eigenen sittlichen Defekte zu beschönigen und Parteigänger zu gewinnen, dasselbe Ziel streben die heutigen Lästerer des Papsttums an.
Doch trotz alledem bleibt die Wahrheit aufrecht, die ein gelehrter Schriftsteller in die Worte kleidet: „So wenig die Sonnenflecken die Sonne verdunkeln können, so wenig können die Fehler einzelner Päpste das strahlende Licht des Papsttums, wie es seit mehr als achtzehn Jahrhunderten über die Erde leuchtet, verdunkeln und seines himmlischen, über die ganze Welt strahlenden Glanzes berauben.“ –
aus: Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste, I. Band, 1907, S. 25 – S. 29
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