Die sieben Rosen des Ave Maria
(Auf die sieben Wochentage eingeteilt)
Die vierte Rose des Ave
(Für den Mittwoch)
„Du bist gebenedeit unter den Weibern!“
Das Lob, welches da der Engel, o seligste Jungfrau! Dir ausspricht, wie überreiche ist es in der Wahrheit begründet!
Denn keine unter allen heiligen Frauen, sowohl des Alten, als des Neuen Bundes, vermögen wir aufzufinden, welche von Gott mit solchen Vorzügen und Gnaden gesegnet wurde, daß sie mit dir in Vergleich zu stellen wäre.
Nur du bist die Gebenedeite, die von der allgemeinen Schuld aller Adamskinder unberührt geblieben und als ein Wohlgefallen Gottes in dieser Welt erschien!
Nur du bist die Gebenedeite, welche Gott, der Allhöchste, würdig erachtete, zur Mutter Seines Eingeborenen zu erwählen!
Nur du bist die Gebenedeite, welche heilig und rein genug war, Denjenigen mit ihrem jungfräulichen Schoße zu umschließen, der die Reinheit selber und der Heilige aller Heiligen ist!
Nur du bist die Gebenedeite, die Den gebar, durch Den das ganze Weltall sein Entstehen hat!
Nur du bist die Gebenedeite, die Mutter wurde, ohne aufzuhören, Jungfrau zu sein!
Nur du bist die Gebenedeite, die mit ihrer Dürftigkeit Den bekleidete, dessen Reichtum und Herrlichkeit Himmel und Erde erfüllt!
Nur du bist die Gebenedeite, die Sohn Den nennen darf, dessen Vater der Allerhöchste ist, – die Sohn Den nennen darf, Dem Myriaden Engel mit Entzücken dienen und Welchen Himmel und Erde als ihren Herrn und Gott anbeten!
Kurz, nur du bist die Gebenedeite, die Gesegnete, die nach der Vorbestimmung Gottes, welche schon im Paradiese gegeben ward, der alten Schlange, unserm Erbfeind, den Kopf zertreten und den Fluch, welchen unsere Stammmutter Eva über die Menschheit gebracht, als eine neue Mutter, voll der Gnaden, in himmlischen Segen umgewandelt hat!
Sieh, o heilige Maria! Darum wenden wir auch die Worte, welche einst Ozias zur Heldin Judith sprach, in der wahren höheren Bedeutung auf dich an und sagen voll Ehrfurcht und Dank zu dir:
Gesegnet bist du, o Tochter! Von Gott „dem Allerhöchsten über alle Weiber!“
Gebenedeit sei der Herr, der Himmel und Erde erschaffen und dich geleitet hat, daß „du das Haupt der Obersten unserer Feinde zermalmtest!“
Der Herr hat deinen Namen also erhöht, daß dein Lob nimmer verhallen wird in „dem Munde der Menschen!“ (Judith 13, 23-25)
O heilige Maria, du Gebenedeite unter allen Weibern! Sieh, ich neige mein sündiges Haupt vor dir und bitte dich um deine mütterliche Benediktion und Segnung.
Segne mich im Namen Gottes – † des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.
Eine Rose aus dem Leben.
In einem ansehnlichen deutschen Städtchen lebte in den ersten Dezennien dieses Jahrhunderts eine fromme Witwe mit ihrem dreijährigen einzigen Kinde in stiller Zurückgezogenheit und fand ihren Trost und ihre Freude in dem Umgang mit Gott und im Dienste unserer lieben Frau. Das Bild der Hochgebenedeiten, welches in der Wand ihres Schlafgemaches eingemauert war, prangte gewöhnlich von lieblichen Kränzen umwunden und mit mancherlei Zierraten geschmückt. Vor demselben verrichtete sie täglich ihre Andacht und unterließ es nie, sich und ihr liebes Kind der holden Gnadenmutter zu empfehlen.
Eben war das Kind von einer schweren Krankheit genesen, und die Mutter freute sich, dasselbe wieder vom nahen Tode ins Leben gerufen zu sehen. Innigst gerührt fiel sie deshalb vor dem Muttergottes-Bild nieder und sprach aus ganzer Seele ihr Dankgebet. Es war Abends spät; ermüdet vom vielen Nachtwachen, legte sie sich nach verrichtetem Gebete sogleich zur Ruhe nieder und fiel bald in tiefen Schlaf. Doch, auf einmal wachte sie erschrocken auf, und o der Bestürzung! – die Brandglocke hallte schauerlich durch die Nacht; entsetzliches Jammergeschrei durchdringt die Straße; Feuer war ausgebrochen und eine ganze Reihe von Häusern, worunter auch jenes unserer Witwe, steht in lichtenFlammen. Ihr liebes Kind auf dem Arme, öffnet sie ihr Schlafgemach und sieht – ach! Jeden Ausweg durch die Flammen versperrt. Vergebens ruft sie um Hilfe; Niemand vermag sie zu retten. Von Schrecken und Verwirrung getrieben, kehrt sie zurück in ihr Schlafgemach und fällt hier vor ihrem Muttergottes-Bild nieder. „Hilf, heilige Maria, du Helferin der Christen!“ ruft sie aus, „sonst bin ich mit meinem Kinde verloren. Um der unaussprechlichen Liebe willen, die du zu deinem göttlichen Kinde getragen, laß mich nicht den Herz zerreißenden Anblick erleben, mein Kind von den Flammen verzehrt zu sehen! … Sieh, ich umfasse dich und lasse dich nicht, es sei denn, daß du mir helfest und mich rettest!“ Bei diesen Worten umklammerte sie das Bild und hielt es mit aller Kraft umfaßt. Und – öffnete so der Hartbedrängten gartenwärts einen sicheren Ausweg.
Hochgelobt sei die allerseligste Jungfrau, unsere liebevolle Beschützerin und Helferin in Gefahr und Not!
Maria, der Schützerin und Helferin der Christen.
Dieses Lied sei dir geweiht,* Helferin der Christenheit! *
Droht Gefahr und Angst auch mir, * schau` getrost ich auf zu dir!
Wie dein Sohn zu Kana dort * Auf dein süßes Mutterwort *
Einst Sein erstes Wunder tat, * Seine Macht bewiesen hat:
So ist Er noch allezeit * Zur Erhörung dir bereit *
Selbst du bittend dich Ihm dar, * Zeigt Sein Heil sich offenbar!
Spricht nicht jeder Gnadenort * Dieser Wahrheit laut das Wort? *
Weiß nicht jeder fromme Christ * Daß du uns`re Hilfe bist?
Was die Klugheit dieser Welt * Auch dagegen oft gestellt, *
O, zu Schanden ward es bald * Durch der Wahrheit Allgewalt!
D`rum sei dir dies Lied geweiht, * Helferin der Christenheit! *
Droht Gefahr und Angst auch mir, * Schau getrost ich auf zu dir! Amen.
Zur Erweiterung der Andacht verrichte man das allgemeine Gebet zu Maria. Dann kann man, wenn man noch Zeit und Neigung hat, den heiligen Rosenkranz beten nebst der Litanei.
aus: Joseph Kremer, Eucharistische Liebesblumen mit Marianischen Rosen, 1900, S. 130 – S. 134