Fromme Verehrer des göttlichen Herzens Jesu in Frankreich zur Zeit der französischen Revolution
Ludwig XVI., seine Weihe und sein Gelübde an das Herz Jesu
Ludwig XVI. hatte die Regierung Frankreichs im Jahre 1774 angetreten. Schon unter seinen Vorgängern war durch Verschwendungen und Kriege die Staatsschuld ungeheuer angewachsen; andererseits aber untergruben die Jansenisten und ungläubige Gelehrte das Ansehen der Kirche und des Staates, bekämpften das Christentum wie überhaupt jeden religiösen Glauben, und weckten immer mehr die Unzufriedenheit der Untertanen gegen die königliche Regierung. So brach endlich im Jahre 1789 die Revolution los. Der König Ludwig XVI. War ein wohlwollender, menschenfreundlicher, sittenreiner Mann und gläubiger Katholik, aber dem Sturm gegenüber zu schwach und zu nachgiebig. Wiewohl mit innerem Widerstreben unterschrieb er doch viele Gesetze, welche ungerecht, kirchenfeindlich und gottlos waren. Diese Nachgiebigkeit rettete ihn nicht vor dem Untergang. Er wurde von den Revolutionären in seinem eigenen Palast in Paris wie ein Gefangener behandelt. Seine Leibwache war Gefangenwächter geworden, ohne deren Erlaubnis er nicht hingehen durfte, wo er wollte.
Aller menschlichen Hilfe beraubt, erhob der unglückliche Monarch Augen und Herz zu Gott und suchte Rettung beim Herzen des Heilandes. Es war am 10. Jänner 1790; da unternahm er mit seiner Familie und mehreren Hofdamen einen Spaziergang in der Richtung der Domkirche zu unserer lieben Frau. Mit Erlaubnis seiner Wächter trat er mit seiner Begleitung in den Dom hinein, warf sich dort vor dem Allerheiligsten nieder und weihte sich, seine Familie und sein Reich dem göttlichen herzen. Zugleich machte die ganze Familie ein Gelübde, alljährlich zu Ehren des göttlichen Herzens ein reichliches Almosen zu spenden. Auch ließ man zwei Herzen von Gold machen; das eine stellte das hochheiligste Herz Jesu, das andere das reinste Herz Mariä dar. In dieselben wurden die Namen aller bei der Weihe Beteiligten hinterlegt. Diese zwei Herzen werden noch jetzt in der Kirche zu Chartres aufbewahrt.
Diese Weihe verbesserte die Lage des Königs nicht; das Unheil des Unglaubens und der Sittenlosigkeit hatte sich zu tief in das Land eingefressen. So schritt die Revolution mit jedem Tag voran und bedrohte Herrschaft und Leben des Königs. In der äußersten Not nahm der Monarch ein zweites Mal seine Zuflucht zum göttlichen herzen Jesu. Er machte in den ersten Monaten des Jahres 1792 ein großes, viel umfassendes Gelübde, schrieb es eigenhändig auf, und übergab es dann seinem Beichtvater, P. Hebert, den Generalobern des Ordens der Eudisten.
Das Gelübde lautete also:
„O mein Gott! Du siehst alle Wunden meines Herzens und die Tiefe des Abgrundes, in welchen ich gestürzt bin. Unglück ohne Zahl umgibt mich von allen Seiten. Zu den furchtbaren Leiden, die meine Person und meine Familie bedrücken, gesellen sich zu meinem Herzleid diejenigen, die mein Königreich getroffen haben. Der Schrei so vieler Unglücklicher, die Seufzer der unterdrückten Religion dringen an mein Ohr und eine innere Stimme sagt mir, daß vielleicht deine Gerechtigkeit mir all dies Unheil zuschreibt, weil ich in den Tagen meiner Macht nicht die Frechheit des Volkes und den irreligiösen Geist, die hauptsächlichsten Ursachen all des Unheils zurück gewiesen, sondern selbst noch der siegreichen Ketzerei Waffen geliefert habe, indem ich sie durch Gesetze beängstigte, welche ihre Kräfte verdoppelten und ihr die Kühnheit, Alles zu wagen, verliehen haben.“
„O Jesus Christus, göttlicher Erlöser aus all unseren Sünden! Es ist dein anbetungswürdiges Herz, in das ich meine niedergebeugte Seele ausschütten will. Ich rufe zu meiner Hilfe das zarte Herz Mariens, meiner erhabenen Schätzerin und Mutter, und den Beistand des heiligen Ludwig, meines Patrons und erlauchtesten Ahnen.“
„O eröffne dich, anbetungswürdiges Herz, und nimm durch die reinsten Hände meiner mächtigen Mittler in Güte die ersatzleistenden Gelübde an, welch mir das Vertrauen eingibt, und die ich dir als den Ausdruck meiner innersten Gesinnung darbringe.“
„Wenn ich durch die unendliche Güte Gottes meine Freiheit, meine Krone und meine königliche Macht wieder erlangen sollte, verspreche ich feierlich:
I. So schleunig als möglich alle Gesetze zurück zu nehmen, welche mir entweder durch den Papst, durch ein Konzil oder durch vier der erleuchtetsten und tugendhaftesten Bischöfe meines Königreiches, als der Reinheit und der Lauterkeit des Glaubens, der christlichen Sittenlehre und der Rechtsgewalt der heiligen, katholischen, apostolischen, römischen Kirche zuwider laufend bezeichnet werden; vor allen Dingen die Zivilkonstitution der Geistlichen.
II. Im Laufe eines Jahres sowohl bei dem Papst, als bei den Bischöfen meines Königreiches, alle notwendigen Maßregeln zu treffen, um den kanonischen Gesetzen gemäß, ein feierliches Fest zu Ehren des heiligen Herzens Jesu einzusetzen, welches für ewige Zeiten in Frankreich am ersten Freitag nach der Fronleichnams-Oktav gefeiert werden und immer von einer allgemeinen Prozession begleitet sein soll, zur Sühne der Schmähungen und der Entweihungen, welche in unseren heiligen Tempeln während der Zeit der Wirren durch die Schismatiker, die Ketzer und die schlechten Christen begangen worden sind.
III. Selbst im Laufe von drei Monaten von dem Tage meiner Befreiung an gerechnet, in die Kirche Unserer Lieben Frau von Paris, oder in irgend welche Hauptkirche des Ortes, an dem ich mich gerade befinden werde, zu gehen, und an einem Sonn- und Festtag vor dem Hochaltar, nach dem Offertorium der heiligen Messe, in die Hände des zelebrierenden Priesters, einen feierlichen Akt der Weihe meiner Person, meiner Familie und meines Königreiches an das Herz Jesu auszusprechen, mit dem Vorhaben, allen meinen Untertanen das Beispiel der Andacht und der Verehrung zu geben, welche diesem anbetungswürdigen Herzen gebühren.“
IV. Im Laufe des Jahres nach meiner Befreiung eine Kirche zu wählen, in welcher auf meine Kosten eine Kapelle oder Altar dem göttlichen Herzen zu Ehren errichtet und ausgeschmückt werden soll zum ewigen Denkmal meiner Dankbarkeit und meines grenzenlosen Vertrauens auf die unendlichen Verdienste und die unerschöpflichen Schätze, welche in diesem Herzen verborgen sind. V. Endlich alle Jahre an dem Ort, wo ich mich befinden werde, am Fest des heiligen Herzens den Akt der Weihe zu erneuern, der im III. Artikel ausgesprochen ist, und die allgemeine Prozession mitzumachen, welche an jenem Tage nach der Messe abgehalten wird.“
„Ich kann dieses Gelöbnis heute nur im Geheimen aussprechen, will es aber, wenn es sein sollte, mit meinem Blut unterschreiben; und es wird für mich der schönste Tag meines Lebens sein, an dem ich dasselbe mit lauter Stimme im Gotteshaus werde veröffentlichen können.“
„O anbetungswürdiges Herz meines Erlösers! Möge ich meine Rechte und mich selbst vergessen, wenn ich vergessen sollte deiner Wohltaten und meiner Versprechungen, wenn ich je aufhöre dich zu lieben und auf dich zu vertrauen und bei dir Trost zu suchen.“
So gut auch der Wille des Königs, so glaubensvoll und gottvertrauend sein Herz, so nützlich diese frommen Gelübde für das Heil seiner eigenen Seele sein mochten, die Strafgerichte der vom ganzen Land schwer beleidigten Gerechtigkeit Gottes vermochten sich nicht abzuwenden. Die Revolutionäre bekamen immer mehr die Oberhand. Im August-Monat desselben Jahres 1792 wurde von ihnen die königliche Würde aufgehoben, und der König mit seiner Gemahlin, mit seiner Schwester Elisabeth und den beiden königlichen Kindern Ludwig und Maria Theresia in das Staatsgefängnis geworfen. Am 3. September veranstaltete der Gemeinderat von Paris ein furchtbares Blutbad in seiner Wut gegen alle, welche noch königlich gesinnt waren. –
aus: Franz Hattler SJ, Großes Herz-Jesu-Buch für die christliche Familie, 1897, S. 686 – S. 688