Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Ludwig
Könige von Frankreich
Ludwig VI. – Ludwig VII. – Ludwig VIII. – Ludwig IX. – Ludwig XI. – Ludwig XII. – Ludwig XIII. – Ludwig XIV. – Ludwig XV. – Ludwig XVI.
Ludwig VI. der Dicke (le Gros), Sohn Philipps I. und Bertas von Holland, * 1081 zu Paris, † 1.8.1137 ebd.; schon 1100 zur Mitregierung berufen, folgte seinem Vater 3.8.1108 auf dem Thron, wurde zu Orléans vom Erzbischof von Sens gekrönt, wogegen Erzbischof Radulf von Reims protestierte. Durch Schaffung einer fest gefügten Hausmacht sicherte Ludwig seinem Herzogtum Franzien eine Vormachtstellung inmitten der feudalen Kleinstaaterei. Paris wurde zur gewohnheitsmäßigen Residenz des französischen Königs. Unterstützt von seinem Ratgeber, dem Abt Suger v. St-Denis, schützte Ludwig Kirchen und Klöster vor lehnsherrlichen Übergriffen durch Bewaffnung der kirchlichen Unfreien, nahm ihnen gegenüber gelegentlich aber auch sehr energisch seine königlichen Rechte wahr. Er förderte die Ausbreitung der Kartäuser und Zisterzienser. Im Schisma Anaklets II. trat er auf der Synode von Etampes, dem Beispiel des hl. Bernhard folgend, auf die Seite Innozenz II.
Sein Sohn Ludwig VII. der Jüngere (le Jeune) 1137 – 80, * 1120, † 18.9.1180 zu Paris. Ludwig stand 1141 – 44 wegen der Besetzung des Erzbistums Bourges in schwerem Konflikt mit innozenz II. Die Verweigerung der Anerkennung des vom Papst zum Erzbischof erhobenen Peter de la Chatre zog sogar das Interdikt nach sich, das erst Cölestin II. wieder aufhob. Gegen den Grafen Theobald von der Champagne, der für den päpstlichen Kandidaten Partei ergriff, wütete Ludwig aufs grausamste (Blutbad von Vitry 1143). Schließlich musste er doch den mißliebigen Erzbischof anerkennen. Abt Suger und der hl. Bernhard v. Clairveaux waren seine wichtigsten Ratgeber. 1140 – 47 herrschte des ersteren Einfluss vor. Auf Betreiben des letzteren nahm Ludwig an dem völlig mißglückten 2. Kreuzzug 1147 – 49 teil. Während seiner Abwesenheit führte Suger die Regentschaft. Nur dessen Klugheit und Tatkraft erhielt dem König die Herrschaft. Ludwig führte den Wiederanschluss der großen Lehens-Fürstentümer herbei. Durch Scheidung seiner Ehe mit Eleonore, der reichen Erbtochter Wilhelms VIII. von Aquitanien (18.3.1152 auf dem Konzil zu Beaugency), und deren Wiederverheiratung mit dem Normannen-Herzog Heinrich Plantagenet, dem späteren König von England (1154), entstand der große anglo-aquitanische Staat, der durch sein Wachstum Frankreich zu erdrücken drohte. Im Süden seines Landes begründete Ludwig die Landeshoheit von Bischöfen und Äbten. Auf der Synode von Toulouse 1160 entschied er sich für Papst Alexander III. gegen Viktor IV.
Sein Enkel Ludwig VIII. der Löwe (le Lion) 1223 – 26, * 5.9.1187 zu Paris, † 8.11.1226 zu Montpensier; Sohn Philipp Augusts und Isabellas von Hennegau, entriß den Engländern Poitou, führte 1226 in Frankreich für Ketzer die Strafe des Feuertodes ein, zog auf Veranlassung Honorius III. an der Spitze einer großen Streitmacht wider die Albigenser, eroberte das zäh verteidigte Avignon, starb aber auf dem Rückmarsch unerwartet an den Folgen der Ruhr.
Sein Sohn Ludwig IX. der Heilige, * 25.4.1215 zu Poissy, † 25.8.1270 in Tunis; Bruder des seligen Elisabeth von Frankreich, 1234 vermählt mit Margareta von der Provence, die ihm 11 Kinder schenkte. Ludwig regierte 1226 – 36 unter der Vormundschaft und auch später noch unter dem Einfluss seiner klugen, tatkräftigen Mutter, der Hl. Blanka; er war tief religiös, ein Aszet auf dem Thron, das Muster eines christlichen Herrschers, mild, gerecht, ritterlich. Er beschränkte das Fehderecht, verbot 1260 den gerichtlichen Zweikampf, setzte an dessen Stelle den Zeugenbeweis und die kontradiktorische Verhandlung und bewirkte damit eine vollständige Umwälzung im Gerichtswesen (vgl. Bull. Et Mém. De l`Acad. Des Sciences … de Toulouse 1900, 187/203). Indem er die Berufung von den Baronalgerichten an das königliche Gericht gewährte, hob er die Macht der Krone wie das Ansehen der königlichen Gerichte. Er erließ ein Münzgesetz und eine Gewerbeordnung (Etablissemants de St Louis; der überlieferte Text ist jedoch spätere Kompilation; hrsg. v. P. Viollet, 4 Bde, Paris 1881/86; Ders., Les sources des Etabl., ebd. 1877). Dabei war Ludwig ein Freund der Geistlichen und Gelehrten (Sorbonne), besonders der Mendikanten, errichtete fromme Stiftungen (z. B. das Spital der Quinze-vingt für 300 Blinde), baute in Paris die Ste Chapelle zur Aufbewahrung von Reliquien (Dornenkrone u.a.), unterstützte die Kirche in Durchführung ihrer synodalen Beschlüsse, trat aber auch gegen kirchliche Missbräuche auf und wahrte den Bischöfen gegenüber seine königlichen Rechte. Die Absetzung Friedrichs II. zu Lyon 1245 ignorierend, vermittelte er vergebens zwischen Innozenz IV. und dem Kaiser; er verbot in seinem Land Geldsammlungen zum Krieg gegen den Kaiser, tadelte überhaupt die vielen Abgaben an die Kurie. Die ihm zugeschriebene Pragmatische Sanktion von 1269, die den gallikanischen Freiheiten zur Grundlage diente, ist jedoch eine Fälschung des 15. Jahrhunderts (Scheffer-Boichorst in MittInstÖstGesch 1887, 353ff). 1248 unternahm Ludwig einen Kreuzzug, eroberte 7.6.1250 Damiette, geriet aber 6.4.1250 bei Mansurah in Gefangenschaft, aus der er sich loskaufte (E. J. Davis, Invasion of Egypt 1249, London 1898), segelte mit dem Rest seines Heeres nach Akkon, besuchte die heiligen Orte Palästinas; der Tod seiner Mutter (1252) zwang ihn zur Rückkehr (1254). 1270 unternahm Ludwig einen neuen Kreuzzug, zunächst nach Tunis, erlag aber bald der im Heer ausgebrochenen Seuche (R. Sternfeld, Ludwigs Kreuzzug nach Tunis, 1896). Wohl kurz vor seinem Tode verfaßte er den Brief, in dem er seinem Sohn und Nachfolger Philipp (III der Kühne) weise Regierungs-Ratschläge erteilt. Seine Gebeine kamen nach Paris (zuerst in St-Denis beigesetzt), das Herz nach Monreale in Sizilien (über die sicher unechte, 1843 zu Paris gefundene Herzreliquie vgl. DictArchLit VIII 2671/74). Von Bonifaz VIII. 11.8.1297 heilig gesprochen. Fest 25. August. Patron der Barbiere und sonstiger Handwerker.
Ludwig XI. 1461 – 83, * 3.7.1423 zu Bourges, † 30.8.1483 zu Plessis-lez-Tours; ältester Sohn Karls VII. und Marias von Anjou; hob die Pragmatische Sanktion von Bourges 1461 und 1467 auf und erhielt zum Dank hierfür den Titel Rex christianissimus; (allerchristlichster König). Das Pariser Parlament verweigerte jedoch beharrlich die Registrierung dieser Erlasse, und in widersprechenden Verordnungen hielt auch der König selbst an den gallikanischen Freiheiten fest. 1472 schloß er nach langen Verhandlungen mit Sixtus IV. ein Konkordat. Selbstbewußt, verschlagen grausam, begründete er durch Vernichtung der großen Feudalgewalten im Innern den Absolutismus und gewann 8 neue Provinzen. Vom Gewissen gefoltert, berief er in seiner letzten Krankheit den hl. Franz von Paula als Beistand.
Ludwig XII. 1498 – 1515, * 27.6.1462 zu Blois, † 1.1.1515 zu Paris; Urenkel Karls V., Sohn Herzog Karls von Orléans. Er stand in bestem Einvernehmen mit Papst Alexander VI. Nach Nichtigkeits-Erklärung seiner Ehe mit Johanna von Valois, der Tochter Ludwigs XI., heiratete Ludwig Karls VIII. Witwe Anna, die Erbin der Bretagne. Unter Berufung auf eigene Erbansprüche setzte er sich 1499 in Mailand fest, schloß 10.12.1508 auf Betreiben des Papstes Julius II. mit Kaiser Maximilian I. und Ferdinand von Aragón gegen das mächtige Venedig die Liga von Cambrai. Hart bedrängt und geschlagen, lieferte Venedig an Julius II. seine Eroberungen in der Romagna (Rimini, Ravenna) wieder aus. Als nun der Papst mit Venedig 24.2.1510 Frieden geschlossen hatte und sich die Vertreibung der Franzosen aus Italien zum Ziel setzte, stellte ihm Ludwig die Nationalsynode von Tours September 1510 und das Scheinkonzil von Pisa 1511 – 12 entgegen. Die Aufhebung der Pragmatischen Sanktion von Bourges wurde ausdrücklich zurück genommen. Aber nachdem Julius II. durch Berufung der 5. Lateransynode dem Pisaner Konzil die Zugkraft genommen, mittels der Hl. Liga die Franzosen aus Italien verdrängt und 3.12.1512 Frankreich mit dem Interdikt belegt hatte, lenkte Ludwig unter Leo X. ein, gab die inzwischen nach Mailand, dann nach Lyon verlegte Scheinsynode preis und erkannte das Laterankonzil (19.12.1513) an.
Ludwig XIII. 1610 – 43, * 27.9.1601 zu Fontainebleau, † 14.5.1643 zu St-Germain-en-Laye; Sohn Heinrichs IV. und der Maria von Medici, zunächst unter deren Regentschaft, 2.10.1614 für volljährig erklärt, aber immer unselbständig; vermählt mit Anna Maria von Österreich. Ludwig berief auf Drängen des Adels 1614 die Generalstände (zum letzten Mal vor der Revolution); überließ 1624 die Politik ganz seinem Kanzler, dem Kardinal Richelieu, der im Innern den Absolutismus der Krone, nach außen das Übergewicht Frankreichs zu begründen suchte, der die Aufstände der Hugenotten unterdrückte, ihre Festung La Rochelle 1628 zur Übergabe zwang, ihnen im Gnadenedikt von Nîmes 1629 zwar die kirchlichen und bürgerlichen Rechte des Edikts von Nantes bestätigte, aber die politischen Sonderrechte nahm. Im 30jährigen Krieg verband sich Ludwig (Richelieu) mit Schweden und den deutschen Protestanten zur Bekämpfung des Hauses Habsburg und in diesem des deutschen Katholizismus. Persönlich fromm, weihte er 2.10.1638 Frankreich der seligen Jungfrau Maria. Er starb unter dem Beistand des hl. Vinzenz von Paul.
Sein Sohn Ludwig XIV. 1643 – 1715, * 5.9.1638 zu St-Germain-en-Laye, † 1.9.1715 zu Versailles; 1651 großjährig, übernahm aber erst nach dem Tod seines allmächtigen Ministers, des Kardinal Mazarin († 1661), selbst die Regierung, um sie, unterstützt von tüchtigen Staatsmännern und Feldherren, ganz im Sinne Richelieus und Mazarins weiter zu führen. Er bildete den Absolutismus der Krone vollends aus: „un roi, une loi, une foi“. Der Satz „L´Etat c`est moi“ ist zwar unverbürgt und jedenfalls 1655 vor dem Parlament noch nicht gesprochen worden, aber durchaus zutreffend für Ludwig`s Regierungs-Grundsätze. Der gallikanische Klerus mit Bossuet an der Spitze folge dem König willig; dagegen geriet dieser in Konflikt mit dem Apostolischen Stuhl (Regalienstreit, Gallikanismus, Quartierfreiheit). Ludwigs Vorgehen gegen die Jansenisten entsprang ebenso wie das gegen die Hugenotten, die er durch die Aufhebung des Edikts von Nantes 1685 und durch die berüchtigten Dragonaden gewaltsam bekehren wollte, lediglich politischen Gründen. Der noch von Mazarin geschlossene Westfälische Friede 1648 verschaffte Frankreich die von Richelieu angestrebte Vorherrschaft in Europa, die durch spätere Eroberungen befestigt, durch den spanischen Erbfolgekrieg (1701 – 14) aber wieder vernichtet wurde. In der Literatur, Kunst und Wissenschaft erlebte Frankreich unter Ludwig sein goldenes Zeitalter; französische Sprache und Hofkultur wurden tonangebend in Europa. Auch auf religiös-kirchlichem Gebiet zeigte sich trotz mannigfacher Schatten erfreuliches Leben, besonders dank der Tätigkeit der neuen Orden und Kongregationen in Caritas, Unterricht und Jugenderziehung. Eine geniale Herrschernatur, nicht unreligiös, aber von zügelloser Sinnlichkeit, Prunkliebe und Eroberungslust, hat Ludwig durch seine Kriege Frankreich entvölkert und in Schulden gestürzt, mit denen jene Finanzmisere begann, die viel zum Untergang des Ancien Régime beitrug.
Sein Urenkel Ludwig XV. 1715 – 74, * 15.2.1710 zu Versailles, † 10.5.1774 ebd.; 1723 für großjährig erklärt. 1726 – 43 führte der tüchtige Kardinal Fleury, Ludwigs Lehrer, die Staatsgeschäfte; später erlangten des Königs Maitressen Pompadour (beherrschte die Ministerien Bernis und Choiseul) und Dubarry den maßgebenden Einfluss. 1764 wurde die Gesellschaft Jesu in Frankreich aufgehoben; um so ungehinderter konnten die Enzyklopädisten ihre zersetzenden Lehren verbreiten. Die Sittenlosigkeit am Hof wirkte verwüstend auf die französische Gesellschaft.
Sein Enkel Ludwig XVI. 1774 – 92, * 23.8.1754 zu Versailles, hielt sich in der Verderbnis des Hofes rein, war guten Willens, aber ohne politische Erfahrung und Einsicht, energielos und ohne Initiative gegenüber den Parteien, unfähig, den Zusammenbruch aufzuhalten. Die Einberufung der seit 1614 nicht mehr zusammen getretenen Generalstände 1789 führte in rascher Entwicklung zur Beseitigung der feudalen Struktur des Staates und zuletzt der Monarchie. Unter dem Zwang der Verhältnisse sanktionierte Ludwig die Aufhebung der Kirchengüter und auch noch die Zivilkonstitution des Klerus und beschwor 13.9.1791 die neue Verfassung. Als er aber das ihm darin zugestandene Vetorecht bei den furchtbaren Gesetzen gegen die eidverwigernden Priester anwandte, forderten die Republikaner seine Absetzung. Ludwig wurde nach dem Tuileriensturm 10.8.1792 in den Temple gebracht, 21.9. abgesetzt, wegen Verschwörung gegen den Staat und seine Sicherheit verurteilt und 21.1.1793 guillotiniert. In allen persönlichen Schwierigkeiten hat Ludwig stets Mut und Würde gezeigt. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. IV, 1932, Sp. 692 – Sp. 697