Das Pontifikat von Sixtus IV. (1471-1484)

Der Papst trägt das Kreuz Christi, von Christus glorreich empfangen; es zeigt das Leiden der Päpste und zugleich der Kirche

Das Kreuz und der Halbmond

Papst Sixtus IV. (regierte von 1471-1484)

Nach dem Tode Pauls II. wurde der Kardinal Franz Rovere unter dem Namen Sixtus IV. auf den päpstlichen Stuhl erhoben. Geboren 1414 in der Nähe von Savona von verarmten adeligen Eltern, wurde er frühzeitig dem Orden des hl. Franziskus zur Erziehung übergeben. Er wurde Mitglied desselben und zeichnete sich in der Folge nicht minder durch ein tugendhaftes Leben als durch reiches Wissen und die Macht der Rede aus. Nachdem er verschiedene Ehrenämter seines Ordensbekleidet hatte, wurde er zum General gewählt. Sein ernstes Streben ging dahin, Zucht und Ordnung überall unter seinen Mitbrüdern zu fördern. Wegen seiner Tugenden und großen Gelehrsamkeit ernannte ihn Papst Paul (1467) zum Kardinal. Bei der Nachricht von seiner Wahl zum Papst herrschte große Freude in Rom. Man hoffte, er werde ein vortrefflicher Hirte für die Kirche und den ganzen christlichen Glauben werden. Leider haben sich diese frohen Erwartungen nicht erfüllt.

Das Pontifikat dieses Papstes erweckt im Herzen jedes treuen Katholiken sehr gemischte Gefühle. Neben herrlichen Lichtseiten, die ihm Anerkennung der Jahrhunderte sichern, zeigt sein Leben auch dunkle Schatten. Was seinen sonst so edlen Charakter bemakelte, der Grund seiner Missgriffe war und für die Kirche verhängnisvoll wurde, war seine unselige Verwandtenliebe. (siehe: Nepotismus) Wohl befand sich Sixtus in keiner beneidenswerten Lage. Er selbst bisher ein armer Mönch, war weder mit den Umtrieben der Politik noch mit der Verwaltung eines Staatswesens vertraut. Als Papst sah er sich von feindlichen Regierungen umgeben, in der Stadt ein zum Aufruhr geneigtes Volk, im Kirchenstaat eigenmächtige gewalttätige Barone, die sich von der päpstlichen Oberherrschaft unabhängig zu machen suchten. Daß er in solchen Bedrängnissen sich Helfer wählen musste, denen er sein volles Vertrauen schenken konnte, ist einleuchtend. Die begünstigten Verwandten wurden leider nicht sein, sondern er vielmehr ihr Werkzeug.

Gleich im ersten Jahr ernannte Sixtus zwei seiner Neffen zu Kardinälen. Drei andere, die weltlich blieben, brachte er mit fürstlichen Häusern in Verbindung und stattete sie mit Herrschaften auf Kosten des Kirchenstaates aus. Einer von diesen, Hieronymus Riaro, beherrschte ihn und wurde sein böser Dämon, indem er den gutmütigen Sixtus in politische Händel und Kriege stürzte, die zum großen Nachteil der Kirche ausschlugen. Dieser Mann zettelte eine Verschwörung gegen den in Florenz herrschenden Lorenzo von Medici an. Sixtus hatte Grund, gegen denselben aufzutreten, da er zum Dank für die erwiesenen Wohltaten die Aufrührer im Kirchenstaat unterstützte. Er erklärte jedoch zu wiederholten Malen, er wünsche kein Blutvergießen. Die Verschworenen kümmerten sich darum nicht, überfielen die zwei Brüder in der Domkirche während des Gottesdienstes und töteten den einen, während Lorenzo leicht verwundet, noch durch die Sakristei sich retten konnte. Das erbittere Volk ergriff die Partei des Lorenzo, tötete die Mörder und nahm furchtbare Rache an den verschworenen. In Kriege verwickelte Riaro den Papst auch mit Ferrara, dann mit Venedig und Neapel. Diese Kriege brachten dem Papst nicht bloß große materielle Nachteile, sondern sie untergruben auch sein kirchliches Ansehen, indem man die kirchlichen Strafmittel, mit denen er einschritt, verachtete. Um die leeren Kassen zu füllen, erhöhte Sixtus die Annaten, führte neue Taxen ein und errichtete käufliche Ämter. Infolge dessen rissen neue Missbräuche ein und führten zu verschiedenen Erpressungen von Seiten der Kurialen. Die alten Klagen über römische Geldausbeutung wurden dadurch noch vermehrt.

Nicht minder großen Nachteil brachte Sixtus über die Kirche, da er mehrere Kardinäle auf das Drängen der Mächtigen hin ernannte, die wohl angesehene weltliche Herren, aber nicht würdige Vertreter des heiligen Kollegiums waren. Während die heiligmäßigen Kardinäle wegstarben, traten an deren Stelle mehrere Männer, die weder der Kirche Gottes zur Ehre noch dem gläubigen Volk zur Erbauung gereichten. In seinem privaten Leben verleugnete Sixtus nie den Mönch, er lebte auch als Papst nicht bloß sittenrein, sondern auch einfach und fromm. Die Orden begünstigte er sehr, zumal die Franziskaner , so daß er deshalb oft getadelt wurde. Energisch trat er zum Schutz der Angeklagten gegen die Härte der spanischen Inquisition auf. (siehe den Beitrag: Die heilige Inquisition zur Reinhaltung des Glaubens)

Größeres hatte Sixtus geleistet und seinen Namen unsterblich gemacht durch seine Sorge für Rom und durch seine Bemühungen für die Künste und Wissenschaften. Für Rom sorgte er als ein wahrer Landesvater: er erweiterte die Straßen und Plätze, legte eine neue Brücke über den Tiber an, die noch seinen Namen trägt, sorgte für reichliches Trinkwasser, erbaute und verschönerte Kirchen (Anm.: u. a. die prachtvolle Kirche Maria del Popolo), erweiterte das große Spital von S. Spirito, nahm sich der Findlinge, der Armen, Alten und Verlassenen an wie ein Vinzenz von Paula. Er vermehrte die Vatikanische Bibliothek, warf für sie feste Bezüge aus, bestimmte für dieselbe ein eigenes Personal und machte ihre Schätze allen zugänglich. Die von Paul II. wegen ihres heidnischen Unfuges aufgehobene Akademie zur Förderung der klassischen Altertumskunde stellte er wieder her. Im Vatikan wurde die nach Sixtus genannte Kapelle errichtet, zu deren Ausschmückung die hervorragendsten Maler damaliger Zeit herbei gezogen wurden. So sehr hat Sixtus die Kunst gefördert, daß seine Regierungszeit als der Höhepunkt der Kunsttätigkeit des 15. Jahrhunderts in Rom angesehen wird.

Der erfolglose Krieg mit Venedig und die unseligen Parteikämpfe im Rom zwischen den vornehmsten Adelsfamilien untergruben die Gesundheit des schon längere Zeit kränkelnden Papstes, erstarb am Fest der hl. Klara, 12. August 1484, sanft und ruhig, nachdem er schon früher die heiligen Sterbesakramente und vier Tage vorher noch die heilige Kommunion empfangen hatte. –
aus: P. Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste III. Band, 1907, S. 514 – S. 516

Auf das vierte Regierungsjahr dieses Papstes fiel das Jubeljahr 1475. Der neue Papst traf die besten Einrichtungen, um den Pilgern Gelegenheit zu geben, ihre Andacht bei St. Peter verrichten zu können. Es kam sogar der König Ferdinand von Neapel nach Rom, um den Jubiläums-Ablass zu gewinnen. Im folgenden Jahr richteten eine Überschwemmung des Tiber und die Pest in Rom schwere Drangsal an. Um das große Elend abzuwenden, nahm der heilige Vater seine Zuflucht zur Mutter Gottes und setzte das Fest der Empfängnis Mariä ein. (siehe dazu auch den Beitrag: Sixtus IV. und die Lehre von der Immaculata) Als Papst offenbarte der ehemalige Ordensmann besondere Geistesgaben und ein großes Herrschertalent. Seine Hirtensorge erstreckte sich auch auf die niedrigsten Menschen. Die verlassenen Findelkinder und Waisenmädchen verehrten in ihm ihren gemeinsamen Vater; altersschwachen Leuten gab er Brot und Obdach. Die Wissenschaft liebte und förderte er ebenso sehr wie seine Vorgänger. Papst Sixtus war einer der gelehrtesten Männer seiner Zeit, begeistert für Wissenschaft und Kunst. Die größten Männer begünstigte und unterstützte er auf das zuvorkommendste, bereicherte die berühmte vatikanische Bibliothek mit kostbaren werken, öffnete sie zum allgemeinen Gebrauch und gab ihr die hervorragendsten Männer der Zeit zu Vorstehern. Gleich seinem Vorgänger war auch Papst Sixtus ein eifriger Förderer der neu erfundenen Buchdruckerkunst. Durch seine Begünstigung erschienen zahlreiche Druckwerke der verschiedensten Art.

Im Kampf gegen die Türken begünstigte ihn das Glück etwas mehr als seine Vorgänger. Mohammed hatte geschworen, nach Rom zu kommen und die Kirche von St. Peter in einen Stall zu verwandeln. Um ihm entgegen zu treten, suchte der Papst eine Vereinigung der Fürsten Europas ins Werk zu setzen. Die tüchtigsten und fähigsten Kardinäle eilten in alle Teile der Welt, erreichten aber so viel wie nichts. Ferdinand der Katholische dachte nur an sich selbst; Ludwig XI. von Frankreich ging selbst darauf aus, Rom zu erniedrigen und behandelte den an ihn geschickten Kardinal so übel, daß dieser bald darauf starb; der deutsche Kaiser bekämpfte mit Hilfe des Polenkönigs den Matthias Corvinus von Ungarn und Böhmen. Der unternehmende Papst war daher nur auf Italien angewiesen und erneuerte ein Bündnis zwischen Venedig und Neapel. Die beiden Städte brachten eine Flotte zusammen, zu welcher der Papst vierundzwanzig Schiffe stellte. Diese Flotte griff die Türken an und brachte ihnen großen Schaden bei; denn zur selben Zeit lag der übermütige Sultan auch im Krieg mit den Persern. Als die Mohammedaner in Italien festen Fuß fassen wollten, und im Jahr 1480 bereits die Stadt Otranto in Unteritalien erobert hatten, unterstützte der heilige Vater Neapel, schickte den Johannitern auf Rhodus Geldmittel und half dem bedrängten Matthias Corvinus. Die Christenheit war wiederum gerettet und zwar allein durch den Papst. Als die verräterischen Venetianer ihres Handels wegen mit den Türken einen schmachvollen Frieden schließen wollten, hindert dies der heilige Vater und gab alle Schätze aus seiner Kammer, selbst seine Krone hin, um den Kampf energisch fortsetzen zu können. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 596 – S. 597

Tags: Fels

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