Heiligenkalender
2. April
Der heilige Franz von Paula Ordensstifter
Zu Paula, einem Städtchen im südlichen Neapel, flehen zwei betagte, schon viele Jahre kinderlose Eheleute durch die Fürbitte Mariä und des hl. Franz von Assisi zu Gott um eine Nachkommenschaft. Die Güte des Herrn segnete sie mit einem Sohn, der an einem Auge blind auf die Welt kam. Die fromme Mutter gelobte, ihr Kind solle, wenn der Allmächtige sein Auge heile, wenigstens ein Jahr lang das Kleid des hl. Franz von Assisi tragen. Der Knabe wurde sogleich an dem kranken Auge gesund und auf den Namen Franz getauft. Bald erhielt er noch eine Schwester Brigitta, welche an einen Edelmann verheiratet, die Stamm-Mutter eines angesehenen Geschlechtes wurde. Von da an lebten die Eltern in heiliger Enthaltsamkeit.
Der kleine Franz war die Bewunderung Aller, so gottesfürchtig, abgetötet und gehorsam lebte er. Um ihr Gelübde zu erfüllen, brachten die Eltern den Sohn, als er dreizehn Jahre alt war, zu den Franziskanern in St. Marco, wo er im Gebetseifer und in der Bußstrenge den frömmsten Mönchen zum Vorbild wurde. Nach Ablauf eines Jahres machte er mit den Eltern eine Wallfahrt nach Rom und Assisi, und entschloss sich, nicht weit von Paula entfernt, am Meeresstrand in einer Felsenhöhle als Eremit zu leben; rohe Kräuter und Wasser genügten ihm zur Nahrung, der nackte Boden zu kurzer Ruhe. Bei sechs Jahre lang heiligte er diese Einsamkeit durch den einzigen, vertrauten Umgang mit Gott und seinen Heiligen.
Der süße Wohlgeruch solcher Gottseligkeit zog eine Menge Schüler an, die unter der Leitung des erst zwanzig Jahre alten Meisters nach der evangelischen Vollkommenheit streben wollten. Dieser Zudrang machte den Bau eines Klosters notwendig. Mit unerklärlicher Freigebigkeit lieferten die Bewohner von Paula die Mittel und Hilfe zu diesem Bau und nach kurzer Zeit konnte Franz mit Bewilligung des Papstes Sixtus IV. das Noviziat eröffnen. Er fügte den Gelübden der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams noch ein viertes bei, das des beständigen Fastens, d. h. der gänzlichen Entsagung nicht nur von Fleischspeisen, sondern auch von Eiern, Milch und Käse, überhaupt von Allem, was nach den alten Satzungen der Kirche in der Fastenzeit untersagt war, und wollte, daß seine Brüder sich die „Mindesten“ nannten. Dem Vorsteher eines Hauses gab er den Namen „Korrektor“ – der Zurechtweisende – damit er eingedenk bleibe, daß er nur der Diener der Übrigen sei, wie Jesus lehrte: „Wer unter euch der Größte ist, werde wie der Kleinste, und der Vorsteher werde wie der Diener.“ (Luk. 22) So wollte er den verweichlichten Christen seiner Zeit ein Beispiel von der Notwendigkeit, der Würde und dem Segen des Fastens und der Verdemütigung geben und sie dadurch aneifern, dem Geist wieder die Herrschaft über den Leib und die übermächtige Sinnlichkeit zu verschaffen. Trotz des strengsten Fastens war sein Leib gesund und kräftig, sein Angesicht rosig und jugendlich; seine Rede war sanft und milde, sein stattliches Äußere freundlich – ein Bild des Friedens und der Liebe, wovon sein Herz übervoll war.
Da dieser Orden weithin lauten Beifall fand, wurde Franz mit Bitten bestürmt, neue Häuser zu errichten. In dieser Angelegenheit wollte er nach Sizilien gehen; aber am Gestade des Meeres verweigerte ihm der Kapitän die Aufnahme in das Schiff, weil er die Fahrtaxe nicht bezahlen konnte. Franz kniete mit seinem Begleiter am Ufer zum Gebet nieder, breitete seinen Mantel auf das Wasser, band den des Begleiters als Segeltuch an seinen Stock und segelte so – schneller als das Schiff – nach Sizilien. Dieses Wunder förderte mächtig sein Vorhaben, und schon im folgenden Jahr konnte er den Bau eines neuen Klosters in Kalabrien beginnen. Eines Tages klagten ihm die Arbeiter, daß der Kalkofen, der schon vierundzwanzig Stunden brannte, einzustürzen drohe. Franz sprang in den brennenden Ofen hinein, legte die losen Steine zurecht, kam unversehrt heraus und tröstete den Heizer: „Jetzt kannst du wieder ohne Sorge Holz hineinwerfen.“
Die Hölle konnte solchen Erfolgen für Christus nicht untätig und neidlos zuschauen. König Ferdinand I. von Neapel, welcher dem Franz zürnte, weil er ihm und seinen zwei Prinzen eine derbe, aber wohlverdiente Lektion gegeben hatte, beschuldigte ihn, daß er durch eigenmächtige Errichtung von Klöstern die landesherrlichen Rechte schwer verletzt habe, und gab einem Hauptmann mit sechzig Soldaten den Befehl, den Heiligen nach Neapel zu holen. Der Hauptmann fand den Heiligen betend in der Kirche, stürzte – von Ehrfurcht durchschauert – ihm zu Füßen und bat um Verzeihung seines bösen Vorhabens. Franz beruhigte ihn, segnete einige Kerzen für die königliche Familie und sprach. „Sage ihr, daß sie, wenn sie sich nicht bessere, bald erfahren werde, wie schrecklich die Strafgerichte Gottes sind“; dann erfrischte er die Soldaten mit einem Krug Wein und zwei kleinen Broten. Sie ließen es sich wacker schmecken, doch der Wein wurde nicht weniger und die zwei Brote nicht kleiner. Auf diesen Bericht hin belästigte der König den Heiligen nicht weiter.
Der schwer kranke König Ludwig XI. von Frankreich, welcher von den großen Wundern des Heiligen gehört, bat ihn, ihm zu Hilfe zu kommen, und fügte königliche Versprechen hinzu; Franz ging nicht. Dann legte Ferdinand von Neapel Fürbitte für den Kranken ein; aber Franz erwiderte: „Ich will nicht Gott versuchen und so weit reisen, um der Anhänglichkeit eines Fürsten an diese Welt und das irdische Leben zu dienen“, und – ging nicht. Endlich befahl ihm der Papst, zu dem kranken Ludwig zu gehen und – er gehorchte sogleich. Seine Reise durch Frankreich war ein nie gesehener Wunderzug: überall wies man dem demütigen Mönch außerordentliche Ehre, und er bewies allen Bittenden seine außerordentlich Heilkraft. Vom Hof in Plessis-les-Tours wurde er glänzend empfangen, der König warf sich ihm zu Füßen und – bat um Gesundheit. Franz erwiderte mit mildem Ernst: „Majestät, nicht unser, sondern Gottes Wille geschehe!“ Er musste im Palast wohnen und sollte nun diesen Fürsten, der sein Leben lang nur den irdischen Götzen gedient und seine Hände mit Raub und Mord befleckt hatte, zur aufrichtigen Lebensbesserung zu bringen suchen.
Ludwig stellte die Heiligkeit dieses armen Mönches scharf auf die Probe, besonders da der Leibarzt aus Neid den Heiligen als Heuchler verdächtigte. Zuerst schenkte er ihm sehr kostbare Geschirre für seine Klöster, Franz wies Alles zurück; dann schenkte er ihm eine schöne, goldene Statue der Mutter Gottes, wohl 100000 Fr. im Wert; Franz gab sie zurück mit den Worten: „Ich habe keine Andacht zu Gold und Silber, sondern nur zu Gottesmutter; ein Bild von Papier genügt mir.“ Nun brachte der König selbst ihm eine volle Schüssel Dukaten zum Bau eines Klosters in Neapel.Franz erwiderte: O Majestät, gib dieses Geld deinem Volk zurück, dem du es durch ungerechte Steuern abgepreßt hast; es klebt das Blut der Armen daran, und solches Almosen ist ein Gräuel vor Gott. Sogleich zerbrach er ein Goldstück in zwei Teile und vor den Augen des staunenden Königs flossen einige Tropfen Blut daraus; auch prophezeite er ihm, daß sein Tad nahe sei, und er keine Zeit zu verlieren habe. Dieses entsetzliche Wort erschütterte den Kranken, er beweinte seine Sünden, befolgte die Vorschriften des Heiligen, empfing die heiligen Sakramente und starb in seinen Armen.
Ludwigs XI. Sohn und Nachfolger, Karl VIII. und sein Enkel Ludwig XII. behielten den Heiligen bei sich, bauten ihm mehrere Ordenshäuser und schenkten ihm das vollste Zutrauen in religiösen und auch in staatlichen Angelegenheiten.
Franz harrte unermüdlich aus in selbstaufopfernder Tätigkeit, bis er, einundneunzig Jahre alt, den ewigen Lohn von dem Herrn empfing am Karfreitag den 2. April 1508. Schon nach zwölf Jahren sprach ihn Papst Leo X. heilig. Sein Leib ruhte in der Kirche zu Plessis ganz unversehrt bis 1562, wo die Calvinisten ihn aus dem Sarg heraus rissen, an einem Strick um den Hals herumschleiften; damit noch nicht befriedigt, zerspalteten sie ein großes Kruzifix, zündeten es an und verbrannten die heiligen Reliquien in diesem Feuer. Fromme Katholiken retteten mit Lebensgefahr einige heilige Gebeine. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 246 – S. 248