Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Maria Theresia
Maria Theresia, röm.-deutsche Kaiserin, * 13.5.1717, † 29.11.1780 zu Wien; trat als älteste Tochter Kaisers Karls VI. († 20.10.1740) auf Grund der pragmatischen Sanktion die Regierung der österreichischen Erblande an. Ihren Gemahl (seit 1736) Herzog Franz Stephan v. Lothringen (1745 deutscher Kaiser) und nach dessen Tod 1765 Sohn Joseph (II) ernannte sie zu Mitregenten, behielt aber stets die gesamte Leitung des Staatswesens in ihrer Hand. Sie regierte mit solcher Klugheit und Energie, daß sie als Begründerin des österreichischen Einheitsstaates, als eine der bedeutendsten Herrschergestalten des Habsburger Geschlechts, ja als eine der größten Frauen auf dem Thron gilt. Ihrer Tätigkeit verdankt Österreich die Großmachtstellung und seine innere Festigkeit, die Reform der Verwaltung und Gesetzgebung, der Justiz, der Finanz-, Handels- und Volkswirtschaft, besonders auch des Schulwesens (Felbiger, Rautenstrauch, Riegger) und der Wissenschaft. Im Sinne des aufgeklärten Absolutismus betrachtete sie die Ausübung der staatlichen Oberhoheit und -aufsicht über die Kirche als Herrscherpflicht; im obersten Eigentums- und Aufsichtsrecht des Staates über kirchliche Besitzungen und Stiftungen, sowie im staatlichen Placet, das schon vor ihr in Österreich bestand, erblickte sie ein landesherrliches Recht; ihre Umgebung, wie Martini von Swieten und besonders Kaunitz, bestärkten sie hierin. Ihre tiefe persönliche Religiosität bewahrte sie hierbei vor gröberer Verletzung kirchlicher Rechte, und manche ihrer Maßnahmen wirkten günstig auf das kirchliche Leben. Sie sorgte im verein mit Erzbischof Migazzi von Wien für geistige und sittliche Hebung des Klerus, für Zucht in den Klöstern; Kirchengeschichte, Pastoral und Katechese wurden damals in den theologischen Studienplan aufgenommen. Im Einvernehmen mit Rom errichtete sie eine Anzahl neuer Diözesen. Auch in der Frage der Verminderung der Feiertage ging sie in Einigkeit mit Benedikt XIV. vor. Die sog. Dritten Orden wurden unter ihr aufgehoben, die Befugnisse ausländischer Ordensoberer eingeschränkt, desgleichen das kirchliche Asylrecht, ferner für das Ordensgut Amortisations-Bestimmungen getroffen, ein bestimmtes Alter für die Ablegung der Gelübde vom Staat vorgeschrieben u. dgl. Jedoch war die Kaiserin dem Geist der religiösen Aufklärung, wie er damals auch in Österreich eindrang, durchaus abhold; von einer Erweiterung der Toleranz gegen Andersgläubige wollte sie nichts wissen. Die Differenzen mit Joseph II. lagen gerade auf kirchenpolitischem Gebiet. Die Jesuiten verloren unter ihr zwar die Bücherzensur und die Monopolstellung im theologischen Unterricht, aber Maria Theresia schätzte den Orden und bedauerte seine Auflösung. In ihrem Privatleben war sie tadellos, von edlem Charakter, das Muster einer tugendhaften deutschen Frau und Mutter (16 Kinder). –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. VI, 1934, Sp. 910 – Sp. 911