Finsternis im Heidentum

Finsternis im Heidentum: Olympia in Griechenland

Finsternis im Heidentum – seine Verkommenheit

Wie schon angedeutet, blieb es nirgends bei der Verirrung des Verstandes; wie der Götzendienst aus der Sünde stammte, so erzeugte er selbst wieder neue Sünden und eine immer mehr sich steigernde gräuliche Lasterhaftigkeit. „Weil die Heiden die Erkenntnis Gottes verwarfen, überließ sie Gott dem verwerflichen Sinn, zu tun, was sich nicht geziemt: sie wurden voll jeglicher Ungerechtigkeit, Bosheit, Unzucht, Habsucht, voll Neid, Mord, Zank, Arglist, Ohrenbläser, Verleumder, schmähsüchtig, hoffärtig, prahlerisch, erfindsam im Bösen, ungehorsam gegen die Eltern, vernunftlos, lieblos, treulos, unbarmherzig.“ (Röm. 1, 28ff)

Überdies ergaben sie sich so unnatürlichen, abscheulichen Arten der Unzucht, dass ein Christ sich scheuen muss, sie auch nur zu nennen. (Röm. 1, 24ff; vgl. Eph. 5,3 u. 12) Nicht genug, dass die Abgötterei dem Laster keine Schranken entgegensetzte: sie trieb sogar dazu an. Mit einzelnen Menschen waren auch die menschlichen Leidenschaften und Laster, mit den Naturkräften auch deren Missbrauch durch die Menschen vergöttert.

Den niedrigen Begriffen von der Gottheit entsprach weiter die Meinung der Heiden, dass ihre Götter an blutigen Opfern das größte Wohlgefallen hätten und dass sie, je zahlreicher diese Opfer und je edler das Geopferte wäre, desto mehr erfreut und den Menschen geneigt gemacht würden. Darum wurden nicht bloß Hunderte und Tausende von Tieren, sondern selbst Menschen zum Opfer geschlachtet. Solche Opfer forderte namentlich der bei den kanaanitischen Völkerschaften übliche, von der Heiligen Schrift häufig gebrandmarkte Moloch-Dienst, wobei die Kinder wohl in der Regel zuerst geschlachtet, häufig aber auch lebendig dem Feuergötzen überliefert wurden.

Doch sind mehr oder weniger alle heidnischen Religionen, die der gebildetsten Kulturnationen nicht ausgenommen, von dem Gräuel der Menschenopfer befleckt. Was die Heilige Schrift den Kanaanitern (Moabiten, Ammonitern) zum Vorwurf macht, das hielt man in Babylonien, Ägypten, Karthago, Persien, aber auch in Griechenland und Rom, im alten Deutschland, in Mexiko für erlaubt und ist noch jetzt im Innern von Afrika und auf den Inseln der Südsee üblich. (1)

Mit Recht kann in diesem Punkt von einer „Generalbeicht der gefallenen Menschheit“ gesprochen werden (2), über deren Einzelheiten hier ein Schleier geworfen werden soll.

In der Offenbarungs-Religion finden sich davon weder Spuren noch Überreste. Was man als solche zu deuten sucht, beweist vielmehr den grellsten Gegensatz zum Heidentum. (3)

Diesen schrecklichen Menschen- und insbesondere Kinderopfern lag freilich auch eine große Wahrheit zu Grunde, nämlich die, dass auf der Menschheit eine schwere Schuld laste, die nur durch die vollkommene Hingabe eines Unschuldigen gesühnt werden könne. So lautete der ausdrückliche Spruch der Druiden, der heidnischen Priester in Gallien, bei Darbringung von Menschenopfern: „Wenn nicht die Befleckung unseres sündhaften Geschlechts durch das Blut eines Menschen abgewaschen wird, kann niemals der Zorn der Götter besänftigt werden.“ Aber auch diese Wahrheit wurde, wie die Verehrung der Gottheit selbst, im Dienst der menschlichen Verblendung und Leidenschaft und unter dem Einfluss des Satans auf das gräulichste verzerrt.

Wohl konnte daher der hl. Paulus sagen, dass der ganze heidnische Götzendienst nicht ein Gottesdienst, sondern ein Teufelsdienst sei: „Was die Heiden opfern, das opfern sie den Teufeln und nicht Gott.“ (1. Kor. 10,20) Denn hatten auch sehr viele Heiden nicht im Sinn, den bösen Geistern zu opfern, so dienten sie doch den Götzen der Welt und allen Lüsten und allen Lastern der Welt und damit letztlich und recht eigentlich dem Fürsten dieser Welt, dem Satan und seinen Engeln.

Noch mehr, diese standen sogar unmittelbar hinter den Götzen, indem sie nicht bloß dem ganzen Götzendienst ihren Geist einhauchten, sondern auch zuweilen hörbar aus den Götzen redeten, durch diese oder ihre Priester anscheinend wunderbare Aussprüche taten u. dgl.; denn aus menschlichem Betrug allein lassen sich die betreffenden Erscheinungen schlechterdings nicht alle erklären. Die heiligen Väter sind darüber einstimmig, und die Heilige Schrift, wenigstens nach der kirchlichen Übersetzung, sagt ausdrücklich: „Alle Götter der Heiden sind böse Geister.“ (Ps. 95,5; vgl. Lv. 17,7) (4)

Die Finsternis und Verkommenheit aber, in welche die Menschen im Heidentum gerieten, nachdem sie sich von Gott abgewendet, mahnt uns, vor allem die Wahrheit und die Gnade des Evangeliums hochzuschätzen und Gott zu danken, „der aus Finsternis uns in sein wunderbares Licht berufen“ (1. Petr. 2, 9), aber auch die Werke des Lichts hervorzubringen und so dieser unaussprechlichen Gnade uns immer würdig zu erhalten (2. Röm. 13,12; Eph. 5,8f; Joh. 12, 35; Mt. 21, 43).

Damit aber nicht die Gewohnheit uns stumpfsinnig und gleichgültig mache gegen dieses große Gut, so versetzen wir uns öfters, namentlich in der heiligen Adventszeit, im Geiste zurück in die Jahre und Jahrtausende, in welchen die Menschheit in so tiefer Finsternis und im Todesschatten (Is. 9,2) lebte und unter dem schrecklichen Joch der Laster und des Teufels schmachtete.

Hüten wir uns endlich sorgfältig, uns je von Gott anzuwenden, der allein die Quelle des Lichts und der Liebe und Seligkeit ist, und uns selbst, unserem Stolz und unsern Leidenschaften, oder dem Geist der Welt uns zu vertrauen. Folgen wir vielmehr unserem Erlöser, der Sonne der Gerechtigkeit, so werden wir nie in der Finsternis wandeln, sondern allzeit das Licht des Lebens haben (Mal. 4, 2; Joh. 1, 8; vgl. Joh. 8, 12). Beten wir endlich öfters für die auch noch in der Finsternis und den abscheulichen Gräueln des Heidentums schmachtenden Völker, und tragen wir durch Beteiligung am Missions- oder am Kindheit-Jesu-Verein auch werktätig dazu bei, dass ihnen das beseligende Licht des Evangeliums leuchte.

(1) Noch in der neuesten Zeit (Jan. 1909) wurde von einem grässlichen Menschenopfer berichtet, das von dem Stamm der Bagobas auf den Philippinen – wie es scheint – herkömmlicherweise auf Beschluss der Stammesältesten veranstaltet wurde.

(2) So Weiß, Apologie II, 6. Abhandlung; vgl. Schanz, KL IX 871f. und Apologie II, Register unter „Menschenopfer“; desgl. Scholz, Götzendienst, Register unter „Kinderopfer“ und „Menschenopfer“.

(3) Das Opfer Abrahams (Isaak), die Widmung der Erstgeburt, das Opfer Jephtes und ähnliche werden später besprochen. Dass der Moloch-Dienst in Israel Eingang fand, erklärt sich aus ägyptischen oder kanaanitischen Einflüssen und wird von der Heiligen Schrift als grauenhafte Verirrung, als Abfall von der wahren Religion bezeichnet. Andere „Spuren“ (wie 2. Kg. 21, 2ff.) erklären sich als Ausnahmen aus besonderen historischen Verhältnissen. P. E. Mader, Die Menschenopfer der alten Hebräer, in BSt XIV (1909) 5/6 97ff; daselbst 14ff. eine das gesamte Material zusammenfassende Übersicht über die Menschenopfer bei den benachbarten Völkern und ihr Verhältnis zum Moloch-Dienst.

(4) Der hebräische Ausdruck bedeutet meist „Nichtigkeit“; an einigen Stellen aber auch „böse Geister“ (schedim, Dt. 32,17). vgl. Scholz, Götzendienst 28f. –
aus: Schuster/Holzammer, Handbuch der Biblischen Geschichte, Bd. I, Altes Testament, 1910, S. 263 – S. 265

siehe auch den Beitrag: Heidnischer Götzendienst ist Teufelsdienst

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