Der Missionsbefehl und das Taufmandat Jesu
Feierliche Offenbarung des auferstandenen Jesu auf dem Berg in Galiläa
(Mt. 28, 16-20)
Unter allen Erscheinungen des Auferstandenen in Galiläa war eine besonders feierlich und großartig. Der Herr hatte dieselbe schon am Tage seiner Auferstehung durch die frommen Frauen seinen Aposteln ankündigen lassen. Später bezeichnete er ihnen auch den Ort, den er dafür bestimmte. Danach gingen also die Elfe auf den Berg (1), wohin sie Jesus beschieden hatte. Mit ihnen kamen mehr als 500 Jünger (2). Und da sie ihn sahen, beteten sie ihn an; einige aber zweifelten. (3) Und Jesus trat hinzu und sprach zu ihnen (4): „Mir ist alle Gewalt gegeben (5) im Himmel und auf Erden; darum geht hin und lehrt alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, und lehret sie alles halten, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt.“
Diesen großen Auftrag und diese herrliche Verheißung gab der Herr seinen Aposteln bei dieser feierlichen Offenbarung seiner Auferstehung und Herrlichkeit im Angesicht der 500 Jünger. Er sagt den Aposteln: Darum – weil ich der rechtmäßige König bin und sonach das Recht habe, euch zu senden, und weil ich die Macht habe, euch zu stärken und euer Wirken gegen alle feindlichen Mächte zu schützen (6) – gehet hin und lehret die Wahrheiten des Glaubens; taufet und spendet überhaupt die heiligen Sakramente; erklärt die Gebote des Evangeliums. Darin ist alles erhalten, was Christus denen anvertraut, die er als Hirten seiner Kirche sendet – eine Gewalt, die niemand sonst ihnen geben, noch nehmen kann. Die Kirche besaß diese Gewalt unter den grausamsten Verfolgern wie unter mächtigen Beschützern; jene konnten sie ihr nicht nehmen, und von diesen hat sie dieselbe nicht empfangen. Diese Gewalt stammt eben vom Himmel; irdische und selbst die höllischen Mächte sind nicht imstande, sie der Kirche zu rauben. – Im Namen etc., d. h. in Kraft und Vollmacht sowie unter Anrufung und auf das Bekenntnis der heiligsten Dreifaltigkeit. Sie ist es, die dem Wasser die Kraft der Entsündigung und Heiligung verleiht; sie ist es auch, mit welcher der Getaufte in die innigste Lebensgemeinschaft tritt.
Hier ist den Jüngern befohlen, das heilige Sakrament der Taufe in der ganzen Welt zu spenden, und zugleich genau die Form angegeben, wie es geschehen muss. Kein Wort darf geändert werden, wenn die Taufe gültig sein soll, und ebenso notwendig ist es, daß die Worte gleichzeitig mit der Begießung mit dem Wasser gesprochen werden. Auch hier ist klar und bestimmt das Geheimnis der heiligsten Dreifaltigkeit ausgedrückt; „der Name“ bezeichnet das Wesen, das eine göttliche Wesen, das den drei Personen gemeinsam ist; daher heißt es: in dem Namen, nicht: in den Namen, d. i. in der einen Kraft und Autorität der drei Personen. „In dem Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“, aber „Wiederholung des „und“ und des Artikels auch im griechischen Text lehrt
1) Vater, Sohn und Heiligen Geist als real verschiedene Personen zu fassen, und verbietet zugleich
2) die zweite und dritte Person der ersten unterzuordnen..
Zur Ermutigung und Stärkung der Apostel und ihrer Nachfolger in dem großen Werk gibt ihnen der Herr die Verheißung: „Siehe, ich bin bei euch“ etc. Ich bleibe trotz meiner bevorstehenden Auffahrt in den Himmel bei euch mit meinem übernatürlichen Schutz und Beistand unsichtbar gegenwärtig, so daß ihr und eure Nachfolger keine Macht der Welt und Hölle zu fürchten braucht und auch meinen Auftrag stets erfüllen könnt, und daß ihr insbesondere, mit Petrus und dessen Nachfolgern vereint, in euren Aussprüchen über das, was den christlichen Glauben und die christlichen Sitten betrifft, nie werdet irren können (7). Noch mehr, ich will auch in meiner Menschheit und Gottheit persönlich im heiligsten Sakrament des Altars alle Tage unter euch weilen und darin euch sowie allen Gläubigen die reichsten Gnaden mitteilen. (8)
(1) Nach einer Überlieferung wäre es der Berg der Seligkeiten gewesen; manche denken an den Tabor. Zu der feierlichen Handlung der Einsetzung ins Apostelamt und der Aussendung in die ganze Welt bestimmte ihnen der Herr bei einer seiner Erscheinungen Zeit und Ort, damit sie sich dort versammeln und durch gebet vorbereiten könnten. Die 500 Jünger konnten als Zeugen der erhabenen Handlung zugegen sein.
(2) Vgl. 1. Kor. 15, 6. Doch ist es noch eine offene Frage, ob die Mt. 28, 16-20 und Mk. 16, 14-18 erzählte Erscheinung mit der 1. Kor. 15, 6 berichteten identisch ist. (Vgl. Belser, Geschichte des Leidens… des Herrn 495 u. 497)
(3) Nach so vielen Erscheinungen konnten jedenfalls die Apostel nicht mehr zweifeln, daß Jesus wahrhaft auferstanden sei; man nimmt darum an, daß diese Bemerkung sich auf einige der 500 Jünger beziehe, oder daß der hl. Matthäus, der nur diese einzige Erscheinung Jesu vor seinen Jüngern erzählt, damit nur im allgemeinen angeben wollte, daß diese nicht so augenblicklich geglaubt, sondern erst, nachdem sie sich von der Wahrheit des Wunders auf das vollständigste überzeugt hatten.
(4) Nach manchen Auslegern wären diese Worte gleichzeitig mit den im nachfolgenden von Markus und Lukas berichteten gesprochen worden, und zwar wahrscheinlich erst bei der letzten Erscheinung in Jerusalem, und Matthäus berichtete sie deshalb hier, weil er einerseits die Himmelfahrt nicht erzählen, anderseits aber seine ganze Darstellung mit diesem letzten feierlichen Auftrag Jesu ebenso großartig, wie er begonnen, schließen wollte. Er begann nämlich mit den Worten: „Buch der Abstammung Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams“, d. h. des verheißenen Messias. Sein ganzes Evangelium dient dann dem Nachweis, daß Jesus dieser Sohn Davids und Abrahams, der von den Propheten verheißene Messias ist. Hier schließt es dann mit dem Hinweis auf die glorreiche ewige Herrschaft desselben, mit dem Beginn seines herrlichen, von den Propheten so begeistert geschilderten Reiches. Das alles ist richtig; doch scheint es, daß Jesus diese Worte dort auf dem Berg in Galiläa gesprochen und diesen Auftrag bei seiner letzten Erscheinung, die Markus und Lukas berichten, mit ähnlichen Worten unmittelbar vor seiner Himmelfahrt wiederholt hat.
(5) Diese Allmacht hat Jesus a) mit seiner göttlichen Natur von Ewigkeit her vom Vater; b) er hat sie seiner Menschheit nach vom ersten Augenblick seiner Menschwerdung, wegen der Vereinigung der menschlichen mit der göttlichen Natur in der einen göttlichen Person des Sohnes Gottes; c) er hat sie aber auch erwerben, gewissermaßen seine Weltherrschaft erobern wollen durch sein erlösendes Leiden und Sterben. In diesem letzteren Sinne redet hier der Heiland von seiner Macht und Gewalt, entsprechend den Weissagungen der Propheten. Er ist durch seinen Erlösungstod das rechtmäßige Haupt, der wahre Herr und König der ganzen Menschheit, wie es die Propheten verkündet. (Vgl. besonders Ps. 2, 8; 21, 28ff; 44, 7 u. 10 u. 12ff; 71; 109; Is. 9, 6 u. 7; Dn. 2, 44; 7, 13ff. Etc.)
(6) Die Boten Christi leiten ihre Vollmachten nicht vom Gutdünken weltlicher Machthaber, sondern von ihrer Sendung durch den Sohn Gottes ab, dem sie gehorchen und auf dessen Allmacht sie vertrauen.
(7) Vgl. Mt. 16, 18; 18, 16-18; Joh. 14, 16 u. 17 u. 26; 16, 13.
(8) Joh. 6, 57; Lk. 22, 19. –
aus: Schuster u. Holzammer, Handbuch zur Biblischen Geschichte, Zweiter Band, Das Neue Testament, 1910, S. 608 – S. 610
Bildquellen
- sculpture-3408348_640: pixabay