Ein neues Ave Maria zu Ehren der Mater dolorosa
Ave Maria der sieben Schmerzen
Der hochselige Papst Pius IX. hatte eine besondere Verehrung zum bitteren Leiden und Sterben Christi und zur schmerzhaften Mutter Gottes. Aber gerade die öftere Erinnerung an den Heiland und seine schmerzhafte Mutter in ihren Leiden erschien ihm für die Sünder ein wirksamer Sporn zur Bekehrung, ein nachhaltiger Antrieb zur Reue, zur Buße und Besserung. Darum hieß er im Jahre 1847 ein neues Ave Maria zu Ehren der Mater dolorosa gut und legte einen Ablaß von 100 Tagen darauf, damit es gern und oft gebetet werde; es lautet:
Gegrüßet seist du, Maria, voll der Schmerzen, der Gekreuzigte ist mit dir, du bist bejammernswert unter den Weibern, und bejammernswert ist die Frucht deines Leibes, Jesus! Heilige Maria, Mutter des Gekreuzigten, bitte für uns, die Kreuziger deines Sohnes, um Tränen der Reue, jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.
Für den Christen kann es ja aber in der Tat nichts geben, was heilsamer für ihn wäre, als eine innige Verehrung zum leidenden Heiland und zu seiner schmerzhaften Mutter, wie sie sich da in diesem Ave Maria ausspricht: denn wenn einer angesichts eines so gewaltigen Schmerzes, wie ihn Jesus und Maria auf Golgatha erduldet, kein Mitleid fühlte, kein Mitleid mit dem leidenden Erlöser, kein Mitleid mit der lieben Gottesmutter, kein Mitleid mit seiner eigenen Seele, so müßte man auf den Gedanken kommen, derselbe trage da, wo anderen Christen ein zart fühlendes Herz im Busen schlägt, einen wahrhaftigen Kieselstein mit sich herum.
Daher ist es gewiß eine kluge Art vieler Missionare, daß sie in den Ländern der Heiden auf den Marktplätzen und an den Straßenecken ein Bild der schmerzhaften Mutter aufstellen: wenn dann die Heiden vorüber kommen und den Fronleichnam des Sohnes auf dem Schoß der Mutter sehen, die Hände und Füße von Nägeln durchbohrt, das Haupt mit Dornen gekrönt, die Seite mit der Lanze durchstochen, und auf dem blassen, schmerzvollen Angesicht der Mutter, auf jeder Wange eine große, dicke Träne, da müssen sie vom Mitleid gerührt werden und von dem Missionar sich Auskunft erbitten, was es denn um diesen Sohn auf der Mutter Schoß und um diese schmerzvolle Mutter für ein Bewandtnis habe, und müssen dann Christen werden, wenn sie hören, was der liebe Heiland für sie gelitten, und was Maria mit ihm gelitten, um ihnen allen in den Himmel zu helfen. –
aus: Philipp Hammer, Der Rosenkranz eine Fundgrube für Prediger und Katecheten, ein Erbauungsbuch für katholische Christen, Bd. 3, 1897, S. 38 – S. 39