Der Seesieg von Lepanto (1571) und der heilige Papst Pius V.
Noch keineswegs aber war die Gefahr der Türken beschworen. Mehr als hundert Jahre später drohte der Feind über den Süden und den Seeweg durch völlige Unterwerfung des Mittelmeerraumes nach Rom und damit in das Zentrum Europas zu stoßen. Und wieder war es ein heiliger und großer Marien-Verehrer, der der Gefahr mannhaft begegnete: Papst Pius V. In ihm treffen wir eine der hervorragendsten Gestalten des Papsttums, dessen Ruhm auf immer in die Blätter der Geschichte eingetragen ist. Gerade Pius V. lehrt uns, daß die Marienverehrung keineswegs eine romantische Angelegenheit, sondern eine sehr reale Sache ist, die recht aufgefaßt, an die letzten Wurzeln unseres Daseins greift. Denn als damals Europa erneut vor dem Ansturm des Islams erzitterte, hat dieser große Papst nicht nur mit Energie die äußeren Machtmittel der abendländischen Völker mobilisiert und sie zu einer ehernen Front zusammen geschweißt, nein – was noch wichtiger war -, er organisierte ähnlich wie Johannes von Capistran die seelischen Energien des Abendlandes. Insbesondere forderte er das inständige Gebet zur allerseligsten Jungfrau – ganz ähnlich wie später Pius XII. -, auf daß Maria von Gott die große Wende erflehe…
In ihm hatte ein heiligmäßiger Priester, inniger Beter und strenger Aszet den Stuhl des heiligen Petrus inne, der es bitter ernst nahm mit seinem Streben zur Vollkommenheit. Vor jedem wichtigen Staatsakt zog er sich zu inbrünstigem Gebet zurück. Dazu war er ein großer Verehrer des Hl. Sakramentes und verband mit der Strenge der Lebensauffassung eine Sittenreinheit und hohe Auffassung seines Berufes, die allgemeine Bewunderung erregte. Aus dem Dominikaner-Orden hervor gegangen, war er ein ebenso tiefer Verehrer der himmlischen Königin wie ein täglicher Beter des Rosenkranzes und unablässiger Anrufer der mächtigen Fürbitte Mariens. Er war ein Mann, der aus Fasten, Gebet und Buße unerhörte Kräfte zog. Nicht umsonst wurde er später zur Ehre der Altäre erhoben.
Die göttliche Vorsehung aber hatte ihn zur rechten Zeit an den richtigen Platz berufen. Seiner Klugheit ist es zu verdanken, daß damals die erneute Drohung des Islams klar erkannt wurde. So ward er auch zum treibenden Faktor für die Überwindung der Türken. Sogleich trat er in energische Verhandlungen mit den führenden Seemächten der damaligen Zeit, mit Spanien und Venedig, um als Gegengewicht gegen die türkische Flotte eine eigene christliche Flotte zustande zu bringen. Nach langwierigen Verhandlungen gelang es schließlich, die sog. „Liga“ der katholischen Mächte zu gründen, zu der auch der Heilige Stuhl beisteuerte. Befehlshaber der Flotte wurde der später so gefeierte Sohn des deutschen Kaisers Karl V., Don Juan d`Austria.
Das Verdienst Pius V.
Pius V. ließ es sich nicht nehmen, selbst die Flagge zu weihen, unter der die christliche Flotte auslaufen sollte. Sie trug damals als Symbol den Gekreuzigten, den Sieger von Golgotha, und neben ihm die Wappen Spaniens, Venedigs und des Papsttums. Es hatte gewaltige Anstrengungen bedurft, um die Flotte der christlichen Staaten zusammen zu bringen, denn die der Türken war mächtig und groß und hatte den Vorteil eines hohen Ruhmes, da sie sich bis dahin in allen Kämpfen als unüberwindlich erwiesen hatte…
Tag und Nacht empfahl Pius V. die christliche Flotte Gott in inständigem Gebet. Noch wird in Maria Maggiore, der größten Marienkirche zu Rom, das Bild der Muttergottes gezeigt, vor dem er in tiefer Inbrunst um ihre Fürbitte und um einen glücklichen Ausgang des Kampfes flehte. Felsenfest vertraute er dabei auf die Macht des Rosenkranzes. Er empfahl allenthalben vermehrtes Fasten, Almosen und eifriges Gebet und hielt Kardinäle und Volk in gleicher Weise zu ständigem Opfer und fortdauerndem Gebet an, dem er in leuchtendem Beispiel mit dreitägigem Fasten in der Woche und mehrstündigem Beten voran ging. Dazu ordnete er in den kritischen Tagen Tagen noch weitere außergewöhnliche Gebete in den Klöstern Roms an. Am Tage der Schlacht selbst aber, am 7. Oktober 1571, schloß er das Volk in seinen Rosenkranz-Bruderschaften zu großen Bußprozessionen zusammen und forderte es auf, sich mit ihm in einem nie gekannten Gebetssturm zur himmlischen Mittlerin zu vereinigen. Noch wußte man nichts über den Zusammenstoß der Flotten bei Lepanto an der griechischen Küste.
Der Papst aber erhielt von ihr auf übernatürliche Weise Kenntnis. Gerade an jenem Tage einen Besuch seines Schatzmeisters empfangend, unterbrach er plötzlich seine Regierungsgeschäfte, eilte zum Fenster, wo er mehrere Minuten in tiefer Bewegung verweilte, und brach, ganz verklärt, in tiefe Worte der Rührung aus. Es sei keine Zeit mehr zu Amtsgeschäften, man solle zur Kirche eilen und Gott heißen Dank für den Sieg sagen. Es war genau die Stunde des gewaltigen Triumphes zu Lepanto, als der heilige Papst in visionärem Blick den Sieg der christlichen Flotte erschaute!
… Dem Papst traten Tränen in die Augen, als man ihm die Meldung übermittelte. Zu genau wußte er, daß man das große Geschehnis, das die gesamte Christenheit von dem furchtbaren Druck der Überflutung durch den Islam befreite, nächst der Barmherzigkeit Gottes der mächtigen Fürbitte jener zu verdanken hatte, die als Fürstin des christlichen Sieges fortan auch in der Liturgie der Kirche einging. Die Schlacht wurde am 7. Oktober, dem ersten Sonntag des Oktobers, gewonnen. In jubelndem Dank verordnete Pius V., daß in Zukunft der Tag der Schlacht als ein hoher Festtag zum „Gedächtnis Unserer Lieben Frau vom Siege“ begangen werde. Papst Gregor XIII. bestimmte dann 1773, daß der Tag fortan als „Rosenkranzfest“ am ersten Sonntag im Oktober zu feiern sei. Damit wurde dieser berühmte Festtag für immer als „Maria-Sieg-Fest“ und in das liturgische Jahr der Kirche eingezeichnet. –
aus: Johannes Höcht, Maria rettet das Abendland, 1953, S. 39 – S. 42