Krieg der Kirchenfeinde gegen Pius IX.

Der Krieg der Kirchenfeinde gegen Papst Pius IX.

Papst Pius IX. in seiner päpstlichen Kleidung sitzend, mit der Abfassung des Syllabus die Verwerfung des Liberalismus und damit auch des Modernismus.

Papst Gregor XVI. hatte infolge der im Jahre 1830 ausgebrochenen Revolution im Einverständnis mit den europäischen Mächten und besonders mit dem edlen Kaiser Ferdinand von Österreich die Zügel der Regierung etwas straff angezogen. Alle, welche in die Empörung verwickelt waren, hatten nur die Wahl zwischen dem Kerker oder der Verbannung. Viele beklagten diese Härte. Die göttliche Vorsehung hatte nun jenen Mann aufgestellt, der allen Fürsten Europas die Fahne der wahren Freiheit voran trug. Papst Pius wollte nach dem Drang seines edlen, liebevollen Herzens eine Regierung der Milde und Versöhnung führen. Mit väterlicher Liebe bewilligte der heilige Vater viele Freiheiten, die in Rom und in allen Erdteilen mit großem Jubel begrüßt wurden. Infolge der Begnadigungen des neuen Papstes öffneten sich die Gefängnisse, kehrten die Verbannten wieder zu ihren Frauen und Kindern zurück. Die Begnadigten empfingen aus der Hand des Papstes die heilige Kommunion und benetzten seine Hände mit Tränen.

Die Revolutionspartei

Doch mehrere von ihnen blieben trotz der erhaltenen Wohltaten durch den heiligen Vater heuchlerisch und sannen auf Verrat. Sie und ihre Anhänger zufrieden zu stellen, war nicht mehr möglich. Die Völker waren durch die wiederholten Revolutionen zu sehr erregt worden. In Rom selbst bildeten sich eigene Vereine, die sich zur Aufgabe machten, die Ordnung überall zu stören und immer mehr die Herrschaft an sich zu reißen. Ja, die Revolutions-Partei verlangte sogar vom Papst selbst, ihnen zu helfen. Sie drohten, sonst ganz von der Kirche abzufallen. Der heilige Vater wies aber ein solches Verlangen mit allem Ernst zurück. Im Januar des Jahres 1848 wüteten die Aufrührer besonders gegen den päpstlichen Minister, gegen die Polizei und die Jesuiten. Ihr Haß wendete sich hauptsächlich gegen Österreich, zu dem ein Teil vom jetzigen Italien gehörte. Papst Pius ließ sich aber zu einem Krieg gegen Österreich nicht verleiten. Dafür gewährte Pius im März des Jahres 1848 die Teilnahme des Volkes an der Regierung durch zwei Kammern von Abgeordneten; die Mitglieder der einen Kammer sollten vom Volk gewählt werden, die der anderen ernannte der heilige Vater selbst. Als aber der päpstliche Minister Rossi die beiden Kammern eröffnen wollte, wurde er am 15. November des Jahres 1848 erschossen.

Der Papst sollte, nach dem Wunsch der Empörer, nur beten, segnen und verzeihen, die weltliche Regierung aber an sie abgeben. Ja, man schlug an den Kirchentüren Zettel an mit der Aufschrift: „Tod Christo! Es lebe Barabbas!“ Es kam so weit, daß der heilige Vater, um sein Leben zu retten, die Flucht ergreifen und auf die Festung Gaëta in die Verbannung gehen musste. Verkleidet verließ darum Pius am 24. November des Jahres 1848 seinen Palast, um mit Hilfe des bayrischen Gesandten Graf Spaur den Feinden zu entgehen. Im Kirchenstaat und besonders in Rom herrschte gräßliche Verwirrung. Schon im Februar des folgenden Jahres ward die weltliche Gewalt des Papstes für abgeschafft erklärt, die Kirchen wurden geplündert, die Ordensleute und Priester mißhandelt, viele ermordet.

Pius IX. verkündet das Dogma

In demselben Jahr rief der heilige Vater die Hilfe Österreichs und Frankreichs an. Aber da zeigte sich wieder die Eifersucht zwischen diesen beiden Mächten; denn Frankreich wollte allein den Ruhm haben, die päpstliche Regierung wieder herzustellen. Erst im April des Jahres 1850 konnte Papst Pius nach einer Abwesenheit von siebzehn Monaten wieder in seine Hauptstadt einziehen. Nun bemühte sich der heilige Vater bis zu seinem Tod, die Wunden wieder zu heilen, welche die Revolution dem Land geschlagen hatte. Der Unterricht für die Jugend wurde wieder eingerichtet, viele Bauten wurden wieder aufgeführt und eine kleine päpstliche Streitmacht gebildet.

Papst Pius ahnte die kommenden Dinge. Er wand der Gottesmutter einen neuen herrlichen Blumenkranz in ihre königliche Krone.

Am 8. Dezember des Jahres 1854 erklärte der heilige Vater der Welt: „Die seligste Jungfrau Maria ist vom ersten Augenblick ihrer Empfängnis an durch die göttliche Gnade durch einen ganz besonderen Vorzug des allmächtigen Gottes und durch die Verdienste Jesu Christi von jeder Makel der Erbsünde befreit geblieben.“ Zur ewigen Erinnerung an diese geoffenbarte Wahrheit wurde das Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariä zu einem der ersten Feste erhoben und in der Lauretanischen Litanei der Beisatz eingefügt: „Maria, ohne Makel der Erbsünde empfangen, bitte für uns“.

Zwei Jahre später ging der Kardinal Patrizi nach Frankreich, um in Paris den kaiserlichen Prinzen zu taufen. Dem oberflächlichen Beobachter erschien die Lage der Welt ruhig und befriedigend. Allein wer tiefer sah, bemerkte, daß die Welt einem Feuer speienden Berge glich, in dessen Inneren es donnert und braust, ehe die verderbliche, glühende Asche sichtbar wird und ringsum Verheerungen anrichtet. Ebenso arbeiteten im stillen die Feinde der Kirche.

Um die ungerechten Angriffe öffentlich zurück zu weisen, unternahm Papst Pius im Mai des Jahres 1857 eine Rundreise durch seine Staaten. Der Zweck war ein doppelter. Vorerst konnte der Papst mit seinen Untertanen persönlich verkehren und sie von seiner Liebe und edlen Gesinnung überzeugen. Dann aber sollten die Feinde der päpstlichen Regierung sehen, daß Pius die Verehrung seines Volkes in vollstem Maße besitze. Am 4. Mai verließ Pius Rom und reiste nach Loreto. Hier kniete er nun als Papst an derselben Stelle, an der er vor vierzig Jahren als kranker Knabe gebetet hatte. (siehe den Beitrag: Die wunderbare Heilung von Pius IX. in Loreto) Aus allen Teilen der Welt sah der päpstliche Pilger Andächtige um sich versammelt, die alle mit ihm beten wollten. Von Loreto aus besuchte er das Grab seiner Eltern und wohnte im Hause seines Bruders. Am längsten verweilte er in Bologna. Die Reise des Papstes dauerte vier Monate; die Klagen verstummten jedoch nicht. Die Zerstörung des Kirchenstaates schritt weiter.

Napoleon III.

Es kam das Jahr 1859, das denkwürdig geworden ist durch den Krieg, welchen Napoleon ohne Ursache mit Österreich führte. Napoleon bekämpfte im Kaiser von Österreich den Papst; denn es sollte dieser Kaiser, welcher allein noch für Rom eintreten konnte, geschwächt werden. Papst Pius merkte die Gefahr und suchte zu vermitteln. Aber so gerecht und edel sein Bestreben auch war, so war es doch ohne Erfolg. Die Städte Ferrara, Bologna und Ravenna gingen dem heiligen Vater noch im gleichen Jahr, die Provinz Umbrien und die Mark Ancona im folgenden Jahr verloren. Nach dem Krieg zwischen Österreich und Kaiser Napoleon III. vermehrten sich die Gefahren für den Papst. Es erfolgte in Italien ein vollkommener Umsturz aller Ordnung. Der König von Neapel wurde seines Landes beraubt, und Viktor Emanuel, bisher König von Piemont, nannte sich vom Jahre 1861 an „König von Italien“.

Wenn die Truppen dieses „neuen Königs von Italien“ damals dem Papst die Stadt Rom nicht entrissen, so verhinderte dies nur Frankreich. Napoleon III. beschützte nämlich Rom, aber nicht aus Dankbarkeit gegen Papst Pius oder aus Verehrung für den Heiligen Stuhl, sondern aus Furcht vor seinen katholischen Untertanen, die laut die Beschützung des Vaters der Christenheit forderten. Papst Pius suchte in diesen Gefahren nicht Hilfe und Rettung bei den Menschen, sondern bei Gott und seinen Heiligen.

Pius IX. spricht japanische Märtyrer heilig

Am Pfingsttag des Jahres 1862 sprach er sechsundzwanzig Märtyrer, welche im Jahre 1594 im fernen Japan ihr Blut für Jesus vergossen hatten, heilig. Zu diesem Fest waren fast dreihundert Bischöfe und unzählige Gläubige nach Rom gekommen. Die ganze Stadt war mit Fremden angefüllt; als am Morgen des Festes die Kanonen der Engelsburg ihre eherne Stimme erhoben, glichen die Straßen, welche nach St. Peter hinauf führten, Kanälen, in denen statt Wasser- Menschenwogen dahin strömten. Das Fest verlief zur Freude des ganzen christlichen Erdkreises in schönster Ordnung. Bald aber folgte ein neuer Sturm. Wieder wurde dem Papst und dem Heiligen Stuhl der Krieg erklärt. Diesmal war es Preußen, welches dem „König von Italien“ es möglich machte, Venedig seinem Reich einzuverleiben. Preußen hatte nämlich im Jahre 1866 Österreich besiegt und dasselbe gezwungen, die Besitzungen in Italien an König Viktor Emanuel abzutreten. Jett fehlte nur noch die Stadt Rom. „Auf nach Rom“, schrieen die Feinde, „damit wir ein einiges, großes Italien bekommen, dessen Hauptstadt Rom ist“. Papst Pius erkannte die Gefahr. Wieder suchte er Trost und Hilfe dort, wo der Mensch sie immer findet, bei Gott. Am Peter- und Paul-Tag des Jahres 1867 waren es genau 1800 Jahre, daß man den Apostelfürsten Petrus ans Kreuz geheftet hatte. Diesen Tag beschloß Papst Pius zu einem großen Bettag zu machen. Die ganze Christenheit wurde zum inbrünstigen Gebet aufgefordert. Überall kamen die Gläubigen dieser Aufforderung nach. In Rom selbst versammelten sich zu diesem großen Jubiläum fünfhundert Bischöfe, fünfzehntausend Priester und über hunderttausend Gläubige aus allen Teilen der Welt. Das große Jubiläum hatte den katholischen Erdkreis wieder inniger und fester mit dem Heiligen Stuhl und mit Papst Pius verbunden. Aber noch gefiel es Gott nicht, den törichten Unternehmungen der Kirchenfeinde ein Ziel zu setzen. Die Leiden und die Prüfungen vermehrten sich. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 730 – S. 734

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