Die Missionare auf dem Heiligen Stuhl
Der heilige Papst Eugen I. (regierte von 655-657)
Als der tyrannische Kaiser Konstans II. den edlen Papst Martin, weil dieser sich standhaft der monotheletischen Irrlehre widersetzte, von Rom weg schleppen ließ, erklärte er zugleich den Papst für abgesetzt und trug dem römischen Klerus auf, einen andern Papst zu wählen. Wie in Konstantinopel nach Laune und und Willkür Patriarchen eingesetzt und vertrieben wurden, sollte es nun auch in Rom geschehen. Allein die Römer bewiesen mehr Widerstand gegen das Tyrannenjoch als die Griechen. Über ein Jahr lang weigerte sich der Klerus, eine neue Papstwahl vorzunehmen. Erst als die Römer befürchteten, der Tyrann könnte ihnen bei längerer Weigerung einen Irrgläubigen als Papst aufzuzwingen versuchen, schritten sie zur Vornahme einer Neuwahl. Die Stimmen fielen auf Eugenius, einen eingeborenen Römer, der von Jugend auf dem römischen Klerus angehört hatte. Auch Papst Martin gab schließlich aus seinem Exil die Zustimmung zur erfolgten Wahl. Eugenius und der römische Klerus sahen sich leider außerstande, dem armen Dulder Martin in seiner Verbannung zu helfen. Der neue Papst schickte nach seiner Erhebung Gesandte nach Konstantinopel, um günstigere Verhältnisse anzubahnen und eine Vereinigung mit der römischen Kirche zu bewirken. Leider ließen sich die Abgesandten durch ein zweideutiges Glaubens-Bekenntnisses täuschen und traten auf dieses hin mit dem ketzerischen Patriarchen in Kirchen-Gemeinschaft. Als aber die Gesandten das Schreiben des Patriarchen nach Rom brachten und dasselbe in der Kirche Maria Maggiore vorgelesen wurde, waren Papst, Klerus und Volk über dieses hinterlistige Glaubens-Bekenntnis derart entrüstet, daß der Papst sic noch vor der hl. Messe verpflichtet sah, dieses Schreiben zu verwerfen. Von der weiteren Amtsführung dieses Papstes ist uns im Einzelnen nichts bekannt. Das Papstbuch rühmt seine Sanftmut, Leutseligkeit, Herzensgüte und seinen heiligen Wandel. Die Kirche verehrt ihn unter den Heiligen. –
aus: P. Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste I. Band, 1907, S. 210-211
Die Weisheit, Klugheit und Mäßigung dieses Papstes waren ein Trost für die Kirche. Seine Güte, Frömmigkeit und Freigebigkeit gewannen ihm die Herzen der Römer. Gewiß war es ihm unmöglich, gegen den verbannten heiligen Papst das Gebot der Liebe zu erfüllen. Wie hätte sonst der, der so überaus wohltätig gegen die Armen und freigebig gegen seine Priester war, desjenigen vergessen können, der seine Standhaftigkeit im Bekenntnis des wahren Glaubens im Elend büßen mußte. Die katholische Kirche verehrt den Papst Eugenius als heiligen, was ein beweis dafür ist, daß er an dem großen Elend und den schweren Entbehrungen, die sein Vorgänger an dem Ort der Verbannung tragen mußte, keine Schuld hatte. Sogleich nach seinem Regierungsantritt schickte der heilige Papst Eugenius Gesandte nach Konstantinopel, um die von der Kirche Getrennten wieder mit Rom zu vereinigen. Doch in Konstantinopel war auch der neue Patriarch Pyrrhus, wie seine Vorgänger jeder Einigung mit Rom entgegen, und so dauerte die unglückliche Zweitracht auch unter dem neuen Papst fort. Wäre der Kaiser nicht von äußeren Feinden bedrängt gewesen, so hätte er es dem heiligen Papst Eugenius wohl ebenso gemacht, wie Papst Martin. Papst Eugenius starb am 1. Juni des Jahres 657, nachdem er die Kirche zwei Jahre, neun Monate und vierundzwanzig Tage regiert hatte.-
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 210 – S. 211