Heiligenkalender
13. Juni
Der heilige Antonius von Padua OFM, Kirchenlehrer
In Lissabon in Portugal 1195 von reichen Eltern geboren und sorgfältig erzogen, trat Antonius, fünfzehn Jahre alt, in das Augustinerkloster St. Vinzenz nahe bei seiner Vaterstadt. Mit dem Fleiße einer Biene verwendete er seine Kraft und Zeit, um die klösterlichen Pflichten vollkommen zu erfüllen, im Gebet und Lesung der heiligen Schrift mit Gott sich zu vereinen und durch das Studium der Kirchenväter die heilige Wissenschaft zu erlernen. Der öftere Besuch seiner Verwandten erschien ihm zeitraubend und sein Gemüt zerstreuend, weshalb er sich von den Obern eine Versetzung nach Coimbra erbat. Um diese Zeit wurden dort in der Klosterkirche die heiligen Leiber der fünf ersten Märtyrer aus dem Orden des hl. Franziskus, die vor kurzem auf ihrer Mission in Marokko getötet worden, feierlich beigesetzt. Der Anblick dieser Blutzeugen entflammte den jetzt 23jährigen Ferdinand – so war sein Taufnahme – zum Ausruf: „O könnte ich doch auch ein Opfer der Liebe, ein Märtyrer werden für Dich, o Jesu, der Du dein Blut und Leben für mich hingegeben!“
Diese Sehnsucht nach dem Martertod für Christus, den er im Orden des hl. Franziskus finden zu können hoffte, machte seine Bitten bei den Obern, in diesen Orden übertreten zu dürfen, so beharrlich und wirksam, daß sie zuletzt ungeachtet des Schmerzes, ein so teures Mitglied zu verlieren, einwilligten. Die Franziskaner gaben dem hoffnungsvollen hl. Jüngling gerne ihr ärmliches Ordenskleid und den Namen Antonius, jenes weltberühmten Einsiedlers, dessen treuer Nachfolger er werden sollte und wollte. Nachdem der junge Antonius einige Jahre im Kloster gelebt, durch Strenge in der Abtötung und Selbstverleugnung, durch Eifer im Gebet und durch die Reinheit der Tugenden die klarsten Beweise seiner echten Frömmigkeit gegeben hatte, wurde ihm auf fußfälliges Bitten erlaubt, in Afrika das Evangelium predigen zu dürfen. Voll des freudigsten Mutes schiffte er über`s Meer. Nun war die göttliche Vorsehung mit seinem Opfer zufrieden und wies ihm ein anderes Arbeitsfeld an. Eine schwere Krankheit nötigte ihn zur Rückkehr, und ein Sturm trieb sein Schiff nach Sizilien. Obwohl todschwach, schleppte er sich nach Assisi, gestützt von der feurigen Begierde, den heiligen Vater Franziskus persönlich zu sehen und an seiner Heiligkeit sich zu erbauen. Gerne gestattete ihm dieser, in Italien zu bleiben; aber kein Kloster wollte ihn aufnehmen, weil er so krank und schwach aussah, weil er seine Wissenschaft und Heiligkeit so demütig zu verbergen verstand. Nur mit Mühe fand er eine enge Zelle im Kloster zu Bologna.
Antonius lebte hier ganz der Betrachtung, so demütig und verborgen, daß man ihn für einen recht braven und frommen, aber geistesschwachen Bruder hielt. Doch bald gefiel es dem lieben Gott, die Gnadenschätze, die in dieser Seele aufgehäuft lagen, dem Volke zugänglich zu machen.
In Forli waren viele junge Franziskaner und Dominikaner versammelt, um die heiligen Weihen zu empfangen. Der Guardian von Bologna kam mit Antonius auch dahin und wünschte einmal nach dem Abendessen, daß einer dieser jungen Leute eine kurze Anrede halte. Alle entschuldigten sich, nicht vorbereitet zu sein. Da befahl er aus Scherz, daß Antonius einige Worte spreche, die der Geist Gottes ihm eingebe: Antonius gehorchte demütigen Herzens und sprach mit lieblicher, klangvoller Stimme so schöne und ergreifende Worte, daß Alle über diese wunderbare Tiefe der Wissenschaft und salbungsvolle Macht der Beredsamkeit wie bezaubert waren. Zudem sprach er so fein und gewandt italienisch, das er nie gelernt hatte, als ob es seine Muttersprache wäre. Hoch erfreut über diese glückliche Entdeckung schickte ihn Franziskus zur Ausbildung in der Theologie nach Vercelli, wo er vier Jahre dem Studium oblag, und dann mehrere Jahre als Lehrer mit Auszeichnung im Orden wirkte, bis er zum Missions-Prediger bestimmt wurde.
In diesem Amt leistete Antonius Unglaubliches. Das Evangelium unter dem Arm, das Kruzifix in der Hand, das Feuer der Gottesliebe im Herzen, durchwanderte er die Städte und Dörfer von Italien und dem südlichen Frankreich, predigte meistens im Freien, weil keine Kirche das herbeiströmende Volk faßte; oft lauschten dreißigtausend und mehr Zuhörer auf seine Worte, welche mit erschütternder Kraft die Herzen durchdrangen und gleichsam zur Besserung zwangen. In besonderem Grade erprobte sich die macht seiner Rede an Ezzelin, der an der Spitze der Ghibellinen im nördlichen Italien stand, mehrere Städte eroberte, und fünfzehn Jahre lang neronische Grausamkeiten verübt hatte. Mitleid mit der Seele dieses Tyrannen und den Mißhandelten beschleunigten die Reise des Heiligen nach Verona. Antonius trat furchtlos vor den Wüterich, der über den Bann dreier Päpste nur gespottet hatte, und sprach: „Wie lange willst du noch dem Himmel trotzen; meinst du, Gottes Ohr sei taub für das Rachegeschrei des Blutes der Unschuld? Das Maß deiner Gräuel ist voll bis an den Rand, der Zorn Gottes wird dich zermalmen, wenn du nicht Buße tust: höre mich, mein Wort ist Gottes Wort.“ Die Anwesenden erwarteten, Ezzelin werde die Freimütigkeit des Predigers mit dem Tode rächen; allein zum allgemeinen Staunen stieg er vom Throne herab, legte sich einen Bußgürtel um den Hals, bekannte kniend vor Antonius seine Schuld, gelobte Besserung und sprach dann zu seinen staunenden Kameraden: „Wundert euch nur nicht über mich; denn ich sah das Angesicht dieses Mannes von göttlichem Licht umstrahlt, das mich so sehr erschreckte, daß ich vor diesem grimmigen Anblick sogleich zur Hölle fahren zu müssen glaubte!“
Damals schadeten der heiligen Kirche verschiedene Ketzereien, namentlich diejenige, welche die wirkliche Gegenwart Jesu Christi im hochheiligen Altarsakrament leugnete. Ein grimmiger Lästerer dieses Geheimnisses, Bonovil, ward von Antonius des Irrtums überführt; erklärte aber, er werde erst dann glauben, wenn sein Maultier vor der Hostie niederfalle und ihr Ehrfurcht erzeige. Antonius nahm diesen Vorschlag an, der nach drei Tagen auf öffentlichem Platz ausgeführt werden sollte. Bonovil gab die ganze Zeit seinem Tier nichts zu fressen und warf ihm dann, als Antonius von einer gewaltigen Menschenmasse umgeben, mit dem hochheiligen Sakrament erschien, das wohl schmeckendste Futter vor, in der listigen Absicht, das hungrige Tier werde sich nur um das Futter, und nicht um den Antonius und die heilige Hostie kümmern. Aber das Gegenteil geschah; das Tier berührte das Futter nicht, sondern beugte die vorderen Füße und neigte den Kopf zur Erde vor der heiligen Hostie, als wolle es seinen Schöpfer anbeten. Mit unendlichem Jubel lobpriesen die Katholiken die Liebe Gottes in der heiligen Hostie, und Bonovil bekehrte sich auf der Stelle voll Beschämung, daß sein Maultier vernünftiger sei als er.
Rimini war der Hauptsitz der Ketzer. Antonius wollte ihnen die Wahrheit des Evangeliums verkünden; sie aber hielten die Ohren zu, Trauernd ging er an das Meer hinaus und rief: „Kommet ihr, Fische, höret ihr mich an, da die irrgläubigen mich nicht hören wollen!“ Sogleich hoben unzählige Fische ihre Köpfe über`s Wasser und hörten dem Heiligen zu, wie er sie aufforderte, ihren Schöpfer anzubeten, zu lobpreisen und Ihm zu danken, bis er sie mit seinem Segen wieder entließ. Durch dieses Wunder beschämt und gerührt, hörten nun auch die Ketzer den heiligen bereitwillig an, und eine große Menge bekehrte sich.
Während Antonius sich den Ehrennamen „Hammer der Ketzer“ verdiente, arbeitete er doch zugleich mit heroischem Eifer an der Selbstheiligung. Ganze Nächte betete er vor dem Tabernakel, wo das Jesuskind ihm öfters sichtbar erschien und ihn liebkoste. Kindlich verehrte er Maria und milderte seine Bußstrenge niemals, obwohl es ihm an Leiden von außen nicht fehlte. Als der erste Nachfolger des hl. Franziskus, der Ordensgeneral Elias, Wesentliches an der heiligen Regel änderte und gefährliche Missbräuche aufkommen ließ, widersetzte sich Antonius solchem Beginnen und eiferte für die Klosterzucht. Dafür wurde er von den Seinigen ein Aufrührer geschimpft, mißhandelt und zur ewigen Gefangenschaft in seiner Zelle verurteilt. Aber Papst Gregor IX. stand für den Unschuldigen ein und setzte den Elias ab.
Antonius erhielt vom Papst die Befreiung von allen Klosterämtern und die Erlaubnis, sich in das Kloster zu Padua zurückzuziehen, wo er nach wenigen Monaten am 13. Juni 1231 in die ewige Ruhe einging. An seinem Grabe geschahen so viele Wunder, daß in Deutschland der Spruch entstand:
„Wer Wunder sucht und Zeichen will,
Bei St. Antoni find`t er viel.“ –
Schon 1232 wurde er feierlich von der Kirche heilig gesprochen: Padua baute zu seiner Ehre eine prachtvolle Kirche. Bei der Übertragung der heiligen Reliquien in dieselbe fand man das Fleisch an den Gebeinen ganz verwest, aber die Zunge so frisch, als lebte er noch. Beim Anblick dieses Wunders kniete der Ordensgeneral, der hl. Bonaventura mit allem Volke nieder und frohlockte: „O du gebenedeite Zunge, die du den Herrn so oft gelobt und Andere Ihn zu loben gelehrt hast, nun wird offenbar, wie groß dein Verdienst ist bei Gott!“ – Diese heilige Zunge ist heute noch Padua`s teuerste Reliquie. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 451-453