Heilige Gemma Galgani Mystikerin

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

11. April

Heilige Gemma Galgani, Mystikerin – „Mit Christus mitgekreuzigt“

(12. März 1878 – 11. April 1903)

Heiliggesprochen am 2. Mai 1940

Ihr Leben war überreich an Leid und Liebe

Wenn die tief fromme Apothekersfrau Aurelia Galgani in der Stadt Lucca ihrem Kinde Gemma vom Leiden Christi erzählte, dann bettelte die Kleine immer wieder: „Mutter, erzähl mir noch mehr von Jesus!“ Und wenn Gemma bat: „Mutter, gib mir Jesus!“ – dann legte Frau Galgani ihr ein Kruzifix in die Arme, und das Kind war zufrieden. Es schien wie ein Vorspiel der Gnade zu jener Sehnsucht, die später die Heilige beten ließ: „O Jesus, mach mein Leben zu einem beständigen Opfer, vermehre meine Leiden, meine Verdemütigungen! … Ich will mit dir leiden. Nein, Jesus, ich will nicht sterben; ich will leben, um recht viel zu leiden und dich gar sehr zu lieben.“ – Nur 25 Jahre währte das Leben der heiligen Gemma Galgani in Camigliano bei Lucca, aber es war überreich an Leid und Liebe.

Mit acht Jahren verlor Gemma ihre geliebte, heiligmäßige Mutter, die ihr noch junges Leben Gott in der Meinung zum Opfer brachte, daß sie einmal alle acht Kinder, denen sie das Leben geschenkt hatte, im Himmel wiedersehen könne. Gemma wurde den „Schwestern von der heiligen Zita“ zur Erziehung anvertraut, deren Gründerin Helena Guerra, ein „Apostel der Verehrung des Heiligen Geistes“, am 26. April 1959 selig gesprochen wurde. Am Herz-Jesu-Fest des Jahres 1887, dem 17. Juni, empfing die Zehnjährige die erste heilige Kommunion, die ihr zeitlebens unvergeßlich blieb: „Ich kann nicht ausdrücken“, schrieb sie später, „was da zwischen Jesus und mir vorging. Er machte sich meiner armen Seele stark fühlbar. Ich begriff, daß die Freuden des Himmels nicht wie die der Erde sind … Ich verstand das Versprechen Jesu: Wer mich ißt, wird leben von meinem Leben“.

Bald aber kam ein Jahr, in dem sich Gemma wie von Gott getrennt und verlassen fühlte; doch je mehr der Herr sie fliehen schien, desto mehr suchte sie ihn mit der ganzen Kraft und Sehnsucht ihrer Seele und blieb treu in Gebet und in der Erfüllung all ihrer Pflichten. Großes Leid brachte ihr dann auch der Tod ihres achtzehn-jährigen Bruders Gino, der sich auf das Priestertum vorbereitet hatte, ferner die völlige Verarmung der Familie – da die Güte des Vaters durch gewissenlose Menschen missbraucht wurde – und bald darauf, im Jahre 1897, der Tod des Vaters. Unbarmherzige Gläubiger ließen, ungeachtet des Schmerzes der Waisen, die Möbel in Beschlag nehmen und holten sogar aus der Tasche Gemmas die einzigen zwei Lire, die sie dort fanden. Das damals 19-jährige Mädchen wurde von einer Tante aufgenommen. Diese konnte es aber nicht begreifen, daß Gemma ein sehr glänzendes Heiratsangebot kurzweg ausschlug, da ihre Liebe ausschließlich dem Heiland gehören sollte. Unter diesen Umständen betete Gemma zum Herr, er möge sie von dort wieder weg nehmen. Die Erhörung schien darin zu bestehen, daß Gemma schwer krank wurde und wieder nach Hause gebracht werden musste. Es war wohl die gleiche Krankheit der Tuberkulose, an der schon ihre Mutter und ihr Lieblingsbruder gestorben waren. Am meisten litt die Kranke darunter, daß sie ihren Geschwistern und Verwandten zur Last war; doch als der Herr sie einmal nach der heiligen Kommunion tadelte: „Wenn du dir selbst erstorben wärest, so würdest du dich nicht so beunruhigen“, blieb sie von da an gleichmütig gegenüber allem, was vorging.

Der heilige Frater Gabriel Possenti hilft Gemma

In der äußersten Not und Verlassenheit, in der auch Satan ihr Gedanken der Mutlosigkeit zuflüsterte, kam schließlich als spürbare Hilfe vom Himmel der heilige (damals noch „ehrwürdige“) Frater Gabriel Possenti (1838 bis 1862), dessen Leben Gemma vorher gelesen hatte. Mehrmals zeigte er sich ihr und nannte sie seine „Schwester“. Doch die Krankheit verschlimmerte sich immer mehr, und am 2. Februar 1899 war Gemma schon von den Ärzten aufgegeben. Aber am 27. Februar fühlt sie wieder die Gegenwart des heiligen Fraters Gabriel und vernimmt seine Frage: „Willst du gesund werden?“ – „Es ist mir gleich“, erwidert Gemma mit der Einfalt einer Seele, die sich restlos Gott übergeben und überlassen hat. Darauf der Heilige: „Du wirst gesund werden; bitte mit Glauben und Vertrauen das Herz Jesu; jeden Abend, bis zum Schluss der Novene, werde ich kommen, und wir werden zusammen beten.“ Gemma selbst erzählte später: „Die gleiche Person (nämlich der heilige Gabriel Possenti) kam an den folgenden neun Abenden, legte mir die Hand auf die Stirne, und wir beteten zusammen das Vaterunser zum Herzen Jesu… Die Novene schloss am 1. März. Ans Bette gefesselt, empfing ich die heilige Kommunion. Oh, wie selige Augenblicke verbrachte ich mit Jesus! Auch er stellte mir die Frage: Gemma, willst du gesund werden? Ich erwiderte im Herzen: Jesus, wie du willst! – Und ich war geheilt. Zwei Stunden später stand ich auf.“

In jener Gnadenstunde hatte Gemma dem Heiland liebend geklagt, daß er ihr die Eltern genommen habe und daß sie sich ganz verlassen fühle. Da hatte ihr der Herr versichert: „Ich werde mit dir sein und werde dir Vater sein; und Mutter wird dir jene sein.“ Dabei wies er sie hin auf eine kleine Statue der Schmerzensmutter, die auf einem Tischchen stand. „Nie wird der väterliche Beistand einer Seele fehlen, die sich ganz meinen Händen überläßt. So wird auch dir nichts fehlen, obgleich ich dir jeden Trost und jede Stütze auf dieser Welt genommen habe.“

„Habe Mut! Ich erwarte dich auf Kalvaria!“

So war Gemma einigermaßen gerüstet für den schweren Weg, der ihr bevor stand und der sie auf Kalvaria führen sollte. Sie litt nicht wenig darunter, daß sie nicht im Kloster der Heimsuchung bleiben konnte, wo sie hatte eintreten wollen. Noch mehr litt sie unter dem Unverstand ihrer Geschwister und Verwandten; doch sie konnte kaum ahnen, was die geheimnisvollen Worte bedeuten sollten, die der Herr sie vernehmen ließ: „Habe Mut! Ich erwarte dich auf Kalvaria! Setze meinen Absichten kein Hindernis entgegen und fürchte nichts; denn das Herz Jesu ist der Thron der Barmherzigkeit, wo die Ärmsten am meisten willkommen sind.“ – Als die Heilige erwiderte: „Jesus, ich möchte dich so sehr lieben und weiß nicht, wie es machen“, entgegnete der Herr: „Höre keinen Augenblick auf, für mich zu leiden. Das Kreuz ist der Thron der wahrhaft Liebenden; es ist in diesem Leben der Anteil der Auserwählten.“

Der Heiland ruft Gemma zur Teilnahme am Ölbergsleiden

Zunächst rief sie der Heiland zur geheimnisvollen Teilnahme an deinem Ölbergsleiden am Donnerstagabend. So war es auch am 8. Juni 1899, am Vorabend des Herz-Jesu-Festes. Doch kaum hatte Gemma die Übung der „Heiligen Stunde“ begonnen, empfand sie einen tiefen Schmerz über ihre begangenen Fehler: „Der Verstand“, so sagte sie, „erkannte nichts anderes als meine Sünden und die Beleidigung Gottes; das Gedächtnis rief sie mir alle in Erinnerung und ließ mich alle Leiden sehen, die Jesus auf sich genommen hat, um mich zu retten; der Wille ließ sie mich verabscheuen und trieb mich zum Versprechen an, alles zu leiden, um sie zu sühnen… Mein Geist war erfüllt von Gedanken des Schmerzes, der Liebe, der Furcht, der Hoffnung und Zuversicht.“ Dann schaute Gemma die himmlische Mutter vor sich und zur Seite ihren Schutzengel, der ihr auftrug, das Reuegebet zu sprechen. Darauf gab ihr die seligste Jungfrau die doppelte, tröstliche Versicherung: „Mein Kind, im Namen Jesu seien dir alle Sünden vergeben. Jesus, mein Sohn, liebt dich sehr. Er will dir eine Gnade gewähren; wirst du dich als mein Kind erweisen?“ Bei diesen Worten öffnete Maria liebevoll ihren Mantel und bedeckte sie damit. Und nun sah Gemma den leidenden Erlöser auf sich zukommen. All seine Wunden waren offen, doch diesmal trat nicht Blut daraus hervor, sondern Flammen. Und siehe da: diese Flammen berührten die Hände, die Füße und die Seite Gemmas, die zu sterben glaubte vor Schmerz und Trost zugleich; und – so meinte sie – wohl sicher wäre sie wirklich gestorben wenn die seligste Jungfrau sie nicht in ihrer Schwachheit gestärkt hätte.

Gemma erhält die Wunden Jesu

Als sie aus der Entrückung erwachte, schmerzten und bluteten ihre Wunden. Und dies wiederholte sich dann jeden Donnerstag abends gegen acht Uhr bis um drei Uhr nachmittags des folgenden Freitags. Ähnlich wie der Herr sein Erlösungsopfer unblutig auf den Altären fortsetzt, so vermag er es auch in etwa zu erneuern in jenen, die gewillt sind, dem Gekreuzigten zu folgen bis zum Tod und zum Tod am Kreuz. Und ähnlich wie der „Menschensohn“ einstens auf Erden mit seinem Blut „getauft“ zu werden verlangte, so rief Gemma: „Mit meinem Blut möchte ich all die Orte tränken, wo Jesus geschmäht und beleidigt wird. Ich möchte alle Sünder gerettet wissen, die doch durch das Blut Jesu erlöst wurden. Gerne gäbe ich dafür jeden Tropfen meines Blutes!“ Ihr Ringen und Flehen bleibt immer demütig, weil kaum mehr etwas vom menschlich Eigensüchtigen mitschwingt, und es ist zugleich kühn, weil sie sich in lebendigem Glauben eins macht mit dem Erlöser und weiß, daß sie „durch ihn“ alles vom Vater erbitten und erlangen kann; und sie wollte (wie sie sich ausdrückte) „im Flammenbereich des Herzens Jesu sein.“

In der eigenen Familie war nun für Gemma kein Bleiben mehr, da zum Beispiel einer ihrer Brüder seine Freunde mit ins Haus brachte, damit Gemma vor ihnen wie auf Befehl in Ekstase falle. Sie wurde von ihm auch roh geschlagen, und – was für sie noch schlimmer war – er fluchte nicht selten, und darunter litt die Heilige so sehr, daß sie buchstäblich Blut schwitzte. Durch Passionistenpatres, die durch sichere Beweise von der Übernatürlichkeit der Vorgänge im Leben Gemmas überzeugt waren, fand sie aber ein Heim im Hause der wohlhabenden, man möchte sagen patriarchalischen Familie Giannini, wo ihr besonders „Tante Zäzilia“ gleichsam Mutterstelle vertrat und wo Gemma allen, besonders den elf Kindern, alles wurde. Erst einige Monate vor ihrem Tod musste sie von dort weg in ein kleines Zimmer gebracht werden, weil manche Ärzte, wenn auch zu Unrecht, ihre Krankheit für Tuberkulose hielten. Ein Priester sagte damals zu ihr: „Gemma, du hast doch keine fünf Lire in der Tasche; was wirst du tun, wenn man dich auf die Straße setzt?“ Mit ruhigem Lächeln gab die Heilige die bezeichnende Antwort: „Pater, ist Gott nicht auch auf den Straßen? Und wo Gott ist, da ist alles.“

Ärztliche Untersuchung der Stigmata

Wenn jedoch die göttliche Vorsehung wunderbar die äußeren Verhältnisse seiner Auserwählten gefügt hatte, so war diese dennoch „mitgekreuzigt mit Christus“, und zwar nicht bloß durch das Nachleiden der Passion des Erlösers, sondern auch durch mancherlei andere Leiden. Nicht das leichteste darunter war die Furcht, getäuscht zu sein und andere zu täuschen, zumal da auch ihr Beichtvater, Weihbischof Volpi von Lucca, solange sie lebte, nie mit Sicherheit für den übernatürlichen Ursprung der Erlebnisse Gemmas einzutreten wagte, im Gegensatz zum Passionisten-Pater Germano, den ihr der Herr als Seelenführer geschickt hatte. Monsignore Volpi bestand darauf, die Stigmata oder Wundmale ärztlich untersuchen zu lassen, obwohl es doch jedem Menschen mit gesunden Sinnen in der nächsten Umgebung möglich war, deren Entstehen, Bluten und Heilen festzustellen. Die Untersuchung sollte ohne Vorwissen Gemmas geschehen, doch diese musste in höherem Auftrag dem Bischof schreiben: Der Herr sei bereit, ihm, wenn er allein sei, jedes gewünschte Zeichen zu geben, nicht aber in Gegenwart eines Arztes; er solle versichert sein, daß es sich bei Gemma nicht um eine Krankheit handle. –

Trotzdem kam der Bischof mit einem Arzt, der wirklich nichts mehr sah und darum alles für Hysterie erklärte. Statt nun darin die Verwirklichung des vorher Angekündigten zu sehen, ließen er – und nicht wenige andere – vom schnell hingeworfenen Wort des Arztes sich einnehmen. Dies war aber nur der Anfang schier unglaublicher Verleumdungen, Verfolgungen, Verdemütigungen. Dazu kamen dann die erlebten Leiden der Dornenkrönung und Geißelung Christi und die vielen Sühneleiden für die Bekehrung der Sünder, endlich auch die Anfeindungen und Plagen durch den Satan selbst. In all diesen Qualen bewahrheitetet sich aber das Versprechen des Herrn: „Fürchte nicht! Ich werde dir Leiden schicken, aber ich werde dir auch die Kraft zum Leiden geben… Zwar spürst du jetzt nichts von meiner Hilfe, aber ich helfe dir dennoch jetzt mehr als vorher. In diesen Augenblicken bist du mir viel teurer als dann, wenn du dich in Tröstungen befindest… Sei versichert, daß ich dich liebe, wenn ich dich am Kreuze festhalte!“ –

Klagen Jesu über die Welt

Immer wieder spornte der Herr ihre Großmut an durch Klagen wie diese: „Wieviel Undank und Bosheit ist in der Welt! Die Sünder fahren fort in ihrer Verstocktheit… Mein Vater will sie nicht mehr ertragen… Die feigen und schwachen Seelen geben sich keine Mühe, ihr Fleisch zu überwinden… Die betrübten Seelen geben sich der Mutlosigkeit und Verzweiflung hin… Die eifrigen Seelen werden allmählich lau… Die Diener meines Heiligtums! Ihnen ist das große Werk der Erlösung anvertraut… Auch sie kann mein Vater nicht mehr ertragen. Ich gebe ihnen ständig Licht und Kraft, und sie…! Sie, auf die ich immer mit besonderer Liebe geschaut habe, die ich immer wie meinen Augapfel behütet habe! … Meine Liebe ist vergessen, wie wenn ich nichts gelitten hätte, wie wenn ich allen unbekannt wäre!“ – Wenn dann der Heiland sie wissen ließ: „Ich brauche eine große Sühne“, so konnte sie bei ihrer großen Liebe nicht anders sagen als: „Ich bin bereit zu allem; tu mit mir, was du willst!“
Schließlich musste sie auch noch die große Sehnsucht zum Opfer bringen, in das geplante Kloster der Passionistinnen einzutreten, wie es ihr der heilige „Mitbruder“ Gabriel Possenti versprochen hatte, allerdings unter der stillschweigenden Voraussetzung: wenn die Menschen auf die Wünsche und Absichten Gottes eingehen. Erst nach dem Tode der Heiligen wurde der Plan der Klostergründung durch jene verwirklicht, die zu Lebzeiten Gemmas vergeblich darum gebeten worden waren. Doch auch dieses nicht leichte Opfer diente der großen Selbstüberwindung, die stets eine unumgängliche Voraussetzung ist für die vollkommene Vereinigung mit Gott. So hatte ja Gemma selbst einmal treffend dem Heiland gegenüber ausgesprochen: „Wenn ich nicht mehr mein sein werde, dann werde ich ganz dein sein.“

Am Karfreitag des Jahres 1903, der damals auf den 11. April fiel, mittags um ein Uhr verschied Gemma Galgani, sanft lächelnd, nachdem sie lange und viel innerlich und äußerlich gelitten hatte. Am Karsamstag wurde ihr Leib zu Grabe getragen. –

35 Jahre später wurde sie durch Papst Pius XI. selig, am 2. Mai 1940 durch Pius XII. heilig gesprochen. –
aus: Ferdinand Baumann SJ, Pius XII. erhob sie auf die Altäre, S. 21 – S. 26

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