Selige Aemiliana von Florenz Witwe

Christus sitzt in der Mitte, Löwe und Stier zu seinen Füßen

Heiligenkalender

19. Mai

Die selige Aemiliana von Florenz

(Stillschweigen)

Die selige Aemiliana war eine Bürgerstochter zu Florenz und wurde schon mit ihrem sechszehnten Jahr zur Ehe gegeben. Durch den Umgang mit einer gottseligen verwandten ihres Mannes wurde Aemiliana außerordentlich eifrig in allem Guten. Sie kleidete sich nur insoweit hübsch, als der Gehorsam gegen ihren Mann verlangte. Um viel Almosen geben zu können, verkürzte und verengte sie manchmal Betten und Kleider und verwendete das Abgeschnittene an Arme; und bei ihren sonstigen Haushaltungs-Geschäften brachte sie zuweilen eine Teil der Nacht damit zu, um für Dürftige zu arbeiten. Bei ihren schmerzlichen Krankheiten hörte man sie nie jammern, sondern sie pries und lobte Gott dabei. Wenn irgend eines ihrer Kinder krank wurde, war sie keineswegs wie eine gewöhnliche Mutter sehr bekümmert, sondern sie sprach: „Ich will liebe, daß das Kind stirbt, wenn es Gottes Wille ist und unbefleckt in den Himmel kommt, als daß es länger lebe und dann vielleicht Gott beleidige.“

Da Aemiliana erst 22 Jahre alt war, starb ihr Ehegatte. Ihre Verwandten plagten sie lange auf verschiedene Weise, daß sie sich wieder verehelichen müsste; da sie aber im Gebet zur klaren Erkenntnis gekommen war, daß sie ferner unverehelicht Gott dienen solle, so sagte sie: „Ich habe mich Einem anverlobt, der mich niemals im Witwenstand zurücklassen wird, einen Andern werde ich nicht nehmen; ich wollte lieber einen brennenden Scheiterhaufen wählen, als noch einmal einen irdischen Ehegatten.“ Aemiliana wurde von ihrem eigenen Vater um das Vermögen betrogen, welches ihr als Witwe gebührte. Weil sie daher selbst fast nichts mehr hatte, so befriedigte sie ihr verlangen Andern zu helfen dadurch, daß sie bei vermöglichen Personen herum ging und sie um Unterstützung für die Armen ansuchte. Überhaupt führte Aemiliana im Witwenstand ein außerordentlich frommes Leben. Ihr ganzes Denken, Tun und Lassen ging nur darauf hin, Gott zu dienen. Ich will jedoch nicht ausführlich hier erzählen, wie viel sie fasten und Nachtwachen hielt, wie unaufhörlich sie betete, wie sie durch ihr Gebet Andern so manche Gnade erwarb, wie sie durch ihre Ermahnungen Manchen auf den guten Weg brachte, wie außerordentlich demütig und sanftmütig sie war – ich will hauptsächlich nur von einer Eigenschaft sprechen, wodurch sich Aemiliana auszeichnete, wovon man gerade bei Witwen und auch bei manchen Personen, die sich einbilden zu den frömmsten zu gehören, oft keine Spur, wohl aber das Gegenteil findet – diese Eigenschaft ist das Stillschweigen.

Nicht nur die 40tägige Fastenzeit hindurch, sondern auch vierzig Tage lang vor Weihnachten, desgleichen drei Tage in jeder Woche, beobachtete Aemiliana gänzliches Stillschweigen und redete mit keinem Menschen ein Wort, wenn nicht die Umstände durchaus eine Antwort notwendig machten. Jeden Samstag ging sie zum heiligen Abendmahl; da sie dann auf dem Weg zur Kirche ganz besonders vor allen Gesprächen sich hüten wollte, so bat sie ihre Begleiterin nichts mit ihr zu reden und führte folgenden Grund an: „Gott ist überall und teilt sich überall gern einem jeden Menschen mit, wenn er nur ein empfängliches Herz findet; wenn du mir daher einen Gefallen tun willst, so störe mich nicht mit Worten. Denn auch beim gehen auf dem Wege habe ich schon so vollständig meinenHerrn gefunden, wie beim Gebet auf einsamer Kammer; aber man muss still sein schon aus Ehrerbietung gegen den Herrn, welchen man empfangen will.“

Aemiliana verabscheute überhaupt so sehr das gewöhnliche Alltags-Gerede, womit sich sonst die gewöhnliche Welt am liebsten unterhält, daß sie zuweilen mit Baumwolle ihre Ohren verstopfte. Manchmal wenn sie nicht wohl ausweichen konnte, sich mit Andern im Gespräch einzulassen, fing sie mit den Worten an: „Wir wollen von nichts Anderem als von Gott reden.“ Sie sprach selbst den Wunsch aus, eingekerkert in einem Turm, oder in einsamem Gebirge oder menschenleerer Einöde leben zu können. Da sie aber diese nicht tun konnte, so befolgte sie selbst getreulich den Rat, welchen sie einmal einer Person gab, die auch den Wunsch äußerte, als Einsiedler leben zu können. Aemiliana sprach nämlich zu ihr: „Das Haus sei dir der Wald und die Hausleute das Wild des Waldes, ertrage Alles geduldig und mit Stillschweigen; wegen des Vergangenen weine, für das Gegenwärtige sei Gott dankbar, und das Zukünftige bedenke.“

In Bezug auf vieles Reden kann man einfach sagen: Wer heilig ist, mag nicht Unnötiges reden, weil ihm nutzloses Gerede zuwider ist; und wer nicht heilig ist, soll nicht Unnötiges reden, weil ihn das reden noch mehr zerstreut, erkältet und verunreinigt. Ich kann mir durchaus nicht denken, daß eine wahrhaft christliche Seele gern viel schwätzt; und wenn ich eine fromme Person viel schwätzen höre, so kommt mir der Argwohn, ihre Frömmigkeit sei nicht lauteres Gold. Wenn es redlich Ernst ist vorwärts zu schreiten im gottseligen Leben, der hüte sich besonders vor vielem nutzlosen Gerede. Wie oft hört man die Leute sich selbst anklagen über Zerstreuung im Gebet, daß sie aber nicht Schuld daran seien, die fremden weltlichen Gedanken kämen gegen ihren Willen. Allein die schuld ist sehr oft das viele nutzlose Reden, woran sie gewöhnt sind; was sie dabei sagen und hören, die Gegenstände ihrer Gespräche bleiben in der Seele sitzen und regen sich, wenn sie beten wollen. Ich habe schon die Wahrnehmung an mir gemacht, daß ich selbst dann in der Frühe weniger zur Andacht aufgelegt bin, wenn ich nur sehr lebhaft geträumt und im Traum viel im Gespräch gewesen bin – um so mehr ist solches der fall, wenn man in Wirklichkeit vielem Gerede sich hingegeben hat. Gewöhne dich überhaupt Gesellschaften zu meiden, wo viel geschwätzt wird ohne Gott; suche mehr und mehr deine Gespräche abzukürzen; wiederhole nicht mit andern Worten, was du schon einmal gesagt hast, sondern überlege vorher was du sagen willst, und dann sprich einfach, kurz und bestimmt – und eine höchst heilsame Übung und gutes Fasten ist es, wenn du jede Woche an einem Tag wenigstens, z. B. am Freitag, nichts redest, als was unumgänglich notwendig ist – denn bedenke wohl, das Wort des Heilandes bleibt stehen: „Wahrlich, ich sage euch, die Menschen werden Rechenschaft ablegen müssen über jedes unnütze Wort, das sie reden.“

Aemiliana hatte selbst über diese, wie die Welt meint, unbedeutende Sünde keine Rechenschaft abzulegen. Sie starb in ihrem 27. Jahr, auf einen Samstag zu derselben Morgenstunde, wo sie gewöhnt war, wöchentlich das heilige Abendmahl zu empfangen. Nach ihrem Tod erschien sei einer höchst frommen Person, Namens Gisla, ermunterte sie zur Ausdauer, und offenbarte ihr, daß sie schmerzlos durch das Fegefeuer gegangen sei, wie ein unschuldiges Kind. Hingegen hatte sie schon in ihrem irdischen Leben ganz außerordentliche Gnaden-Bezeugungen Gottes, wie sie ganz unmöglich sind bei einer Person, die gewöhnt ist sich in vielem Gerede gleichsam nach Außen auszuschütten. Ich will eine dieser Gnaden, womit Gott das innerliche stille Leben der Aemiliana verschönerte, zum Schluß erzählen. Es war in ihrem herzen ein inniges verlangen Jesus zu sehen, wie er als Kind im Alter von drei oder vier Jahren gewesen war. Sie bat oft um diese Gnade, obgleich nur schüchtern, indem sie sich einer so großen Gnade nicht für würdig hielt. Aber wie der hl. Bernard sagt, die Liebe kennt keine Ordnung, so ließ Aemiliana aus heftiger Liebe nicht nach zu bitten, daß sie den Herrn sehe. Da Gott es oft selbst ist, der ein solches fromme Verlangen und Gebet dem Gottesfürchtigen in das herz legt, so ist er auch bereit es zu erfüllen. Einmal besuchte Aemiliana einen kranken Knaben, der seh heftige Schmerzen hatte, und sprach zu ihm: „Liebster Sohn, bist du auch eingedenk deines Herrn, der für dich so große Schmerzen gelitten hat?“ – Der Knabe erwiderte: „Ach, ich denke mehr an meine schmerzen, als an die des Herrn.“ – Aemiliana sagte: „Willst du mir deine Krankheit geben?“ – Der Knabe: „Wenn ich nur ihrer los wäre, und du sie ganz hättest.“ – Aemiliana: „Möge Gott dir die Krankheit lassen, wenn sie dir zum ewigen Leben gereicht; sonst aber möge er sie mir ganz geben.“ – Der Knabe: „Ich will nicht, daß du sie ganz bekommst, aber einen Teil; nimm dir den Seitenschmerz, welcher mich quält, so daß ich ihn nicht mehr fühle.“ – Aemiliana antwortete: „Es geschehe, wie du gesagt hast“; hierauf ging sie nach Haus. Auf einmal hörte der Seitenschmerz bei dem Knaben auf, wie wenn man ihn mit der Hand hinweg gehoben hätte; hingegen bekam die Heilige so heftige Seitenschmerzen, daß sie keinen Augenblick ruhen konnte. Erst den andern Tag ließ der Schmerz etwas nach, da ging sie wieder zu dem Knaben und sprach: „Willst du mir nicht auch den andern Teil deiner Schmerzen geben?“ – Dem Knaben war dieses Anerbieten ganz recht. Sie sprach wieder: „Es gesche nach deinem Wunsch.“ Als sie fortging, war der Knabe alsbald ganz gesund, während sie dessen qualvolle Krankheit bekam, welche man damals das fliegende Feuer nannte.

Da Aemiliana nun so schwer krank darnieder lag in ihrer einsamen Kammer, erblickte sie auf einmal einen wunderschönen lieblichen Knaben von etwa vier Jahren, welcher fröhlich vor ihrem Bett spielte. Aemiliana hatte eine große Freude darüber und meinte, es sei ein Engel und sprach zu ihm: „Liebstes Kind, hast du nichts zu tun als zu spielen?“ – Der Knabe antwortete höchst freundlich: „“Was willst du, daß ich sonst tue?“ -Aemiliana sprach bescheiden: „Ich möchte, daß du mir etwas Gutes von Gott redest.“ Da sprach der Knabe: „Glaubst du, es gezieme sich, daß Jemand von sich selbst gutes rede?“ – Mit diesen Worten verschwand der Knabe und Aemiliana hatte plötzlich alle Schmerzen verloren und war ganz gesund. –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 2 April bis Juni, 1872, S.238-242

siehe auch den Beitrag: Heiliger Johannes der Stillschweigende

Tags: Heilige

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