P. Joseph Deharbes größere Katechismuserklärung
§ 2. Das heilige Messopfer
Die Zeremonie vom Paternoster bis zum Schluss
1. Der Hauptteil der hl. Messe, dessen Mittelpunkt die Kommunion ist, wird eingeleitet durch die laute Abbetung oder Absingung des Pater noster (Vater unser). Dieses Gebet enthält nämlich die Bitte um das tägliche Brot, unter welchem in höherem Sinne das Himmelsbrot der Eucharistie verstanden wird; desgleichen die Bitte, daß Gott uns unsere Schulden vergebe, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Durch letztere Bitte werden wir ermahnt, vor dem Genuss dieser himmlischen Speise jede feindselige Gesinnung abzulegen, um so der Früchte dieses göttlichen Liebesmahles teilhaftig zu werden. Darum wird passend das allen gemeinschaftliche Gebet zum einen Vater im Himmel dem einen göttlichen Mahl voraus geschickt. Die letzte Bitte: „sondern erlöse uns vom Übel“ erweitert der Priester, indem er still fortfahrend Gott anfleht, er wolle „uns von allen vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Übeln befreien und auf die Fürbitte der allzeit reinen Jungfrau Maria … und aller Heiligen uns gnädiglich den Frieden schenken“. Bei diesen Worten macht der Priester mit der Patene das segensvolle Zeichen des Kreuzes über sich, und nachdem er dieselbe ehrerbietigst geküßt, nimmt er damit den Leib des Herrn vom Korporale auf, betet ihn kniefällig an und bricht dann die hl. Hostie, wie Christus beim letzten Abendmahl das konsekrierte Brot gebrochen hat. Einen Teil der Hostie läßt er in den Kelch fallen, um so die Wiedervereinigung des Leibes und Blutes Jesu Christi, mithin die Auferstehung des Heilandes zu versinnbilden. –
Ganz vertieft in die Betrachtung des göttlichen Erlösers, der als Sühnopfer vor ihm auf der Patene ruht, spricht nun der Priester dreimal die Worte: „O du Lamm Gottes (Agnus Dei), das du hinweg nimmst die Sünden der Welt!“ und fügt, indem er jedesmal reumütig an die Brust klopft, die zwei ersten Male bei: „Erbarme dich unser“, das letzte Mal aber: „Gib uns den Frieden“. Um das hohe Gut des wahren Friedens, den Christus den Seinigen versprochen hat, bittet er dann noch in einem kurzen, kräftigen Gebet für die ganze Kirche. Darauf verrichtet er zwei besondere Vorbereitungs-Gebete auf die hl. Kommunion. Nachher nimmt er die hl. Hostie in die Hand und spricht in demuts- und vertrauensvoller Gesinnung wie einstens der Hauptmann von Kapharnaum: „O Herr, ich bin nicht würdig, daß du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund!“ Nachdem er diese Worte dreimal wiederholt her, kommuniziert wer und reicht den Anwesenden, die es begehren, die hl. Kommunion.
2. Nach dem Empfang der hl. Kommunion läßt sich der Priester in den Kelch und über die Finger, welche die Hostie berührt haben, Wein und Wasser gießen, um die noch daran haftenden Teilchen der heiligen Gestalten abzuspülen und zu genießen. Während dessen spricht er einige auf die hl. Kommunion bezüglichen Gebete. Alsdann geht er auf die Epistelseite, die als die linke für die weniger wichtigen Teile der hl. Messe bestimmt ist, und liest den einen oder andern Vers aus der Hl. Schrift. Es sind dies Überreste des Gesanges, der früher während der Kommunion des Volkes üblich war. Nachdem der Priester in der Mitte des Altars den Segenswunsch: „Der Herr sei mit euch!“ erneuert hat, verrichtet er wieder auf der Epistelseite die Schlussgebete, welche zumeist die Bitte enthalten, Gott möge die segensreichen Wirkungen des empfangenen hl. Sakramentes in der Seele der Empfänger bewahren und vermehren. –
Hierauf spricht er: Ite, missa est (Geht, ihr seid entlassen) oder an Fast- und Bußtagen, sowie auch an den Sonntagen der Advents- und Fastenzeit: Benedicamus Domino (Lasset uns den Herrn preisen), segnet dann die ganze Gemeinde und liest zum Abschluss des ganzen Messritus auf der Evangelienseite gewöhnlich den Anfang des Evangeliums vom hl. Johannes. Bei den Worten: „Und das Wort ist Fleisch geworden“ beugt der Priester in Anbetung des Geheimnisses der Menschwerdung das Knie. Der Grund, weshalb dieses Evangelium verlesen wird, ist nach Benedikt XIV. u. a. Darin zu suchen, daß dasselbe ein öffentliches Bekenntnis der vorzüglichsten Geheimnisse unseres Glaubens, der heiligsten Dreifaltigkeit, der Weltschöpfung und der Menschwerdung Jesu Christi ist. –
aus: P. Joseph Deharbes größere Katechismuserklärung, Ein Hilfsbuch für die Christenlehre und katechetische Predigt, 3. Band Lehre von den Gnadenmitteln, 1912, S. 190-192