Deharbe Katechismus Glaubenszweifel

P. Joseph Deharbes größere Katechismuserklärung

§ 1. Begriff und Gegenstand des Glaubens

3. Glaubenszweifel

Daß der Wille überhaupt einen gewissen Einfluß auf die Zustimmung des Verstandes ausübt, ist bekannt; denn leicht glaubt der Mensch, was er glauben will. Dies ist auch beim christlichen Glauben der Fall. Doch hängt der Verstand nicht einzig vom Willen ab, er ist nicht ein blindes Werkzeug desselben. Fühlt jemand einen heftigen Schmerz, so wird der Wille niemals den Verstand dazu bringen, daß er den Schmerz für eine pure Einbildung hält. Soll der Verstand einem Urteile zustimmen, so muss es ihm als wahr erscheinen. Nun aber sind manche Glaubenslehren dunkel und unbegreiflich; unser schwacher Verstand versucht, sie für unmöglich zu halten. Daß z.B. Gott einfach in der Natur und dreifach in den Personen ist, oder daß im heiligsten Altarssakramente Jesus Christus mit Fleisch und Blut gegenwärtig ist, das vermag unser Verstand nicht einzusehen. Zwar haben wir hinreichende Beweise dafür, daß Gott diese Geheimnisse geoffenbart hat, daß es somit höchst unvernünftig wäre, an deren Wahrheit zu zweifeln; aber so überzeugend auch immer diese Beweise sind, sie lassen doch dem, der nicht glauben will, noch immer Ausflüchte offen. Ist der Zweifel auch unvernünftig, so ist er doch nicht unmöglich. Damit nun der Verstand der von Gott geoffenbarten Wahrheit gläubig beistimme, kommt ihm Gott zu Hilfe und erleuchtet ihn durch das übernatürliche Glaubenslicht. Diese erleuchtende Gnade ist für den Verstand ebenso nötig zu einem übernatürlichen Glaubensakte wie die bewegende Gnade für den Willen…

Schon der hl. Augustin (hatte) gelehrt, ohne die innere Erleuchtung des Hl. Geistes würde auch ein Engel vergeblich unterrichten; und Christus selbst bestätigt diese Lehre mit den Worten (Joh. 9,45): „Wer immer von dem Vater gehört und gelernt hat, der kommt zu mir.“ In diesem Sinne sprach er auch zum hl. Petrus (Matth. 16,17): „Selig bist du Simon, Sohn des Jonas; denn nicht Fleisch und Blut hat dir das geoffenbart, sondern mein Vater, der im Himmel ist.“…

Wenn es nun heutzutage viele Menschen gibt, die nicht glauben, so liegt die Schuld nicht daran, daß ihnen die nötige Gnade mangelt;… Die Schuld liegt an den Menschen, welche der Gnade widerstehen und nicht glauben wollen. Warum aber wollen sie nicht? Meistens deswegen, weil sie sich nicht entschließen können, ihren Lebenswandel so zu ordnen, wie es der Glaube vorschreibt. Sie spotten des Glaubens, weil er ihnen zu rein, zu erhaben ist. Sie verhöhnen die frommen Gläubigen, weil sie selber nicht den Mut haben ihnen nachzuahmen… –

Einzelne sagen wohl: Ich möchte gerne glauben, aber ich kann es nicht. Diesen ist leicht zu raten, falls sie wirklich guten Willens sind: sie sollen nur demütig um die Gnade des Glaubens bitten und unterdessen bereits anfangen so zu leben, wie es der Glaube fordert; dann werden sie bald fühlen, daß auch sie glauben können. –
aus: P. Joseph Deharbes größere Katechismuserklärung, Bd. 1, 1911, S. 18 – S. 22

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