Die heilige Messe in der Urkirche

Von der Bestimmung des Priesters: Er steht in der heiligen Messe vor dem Hochaltar

Die Feier des hl. Messopfers in der alten Kirche

Nach dem Tode des Herrn kamen die Apostel regelmäßig zur Osterfeier zusammen. Sie taten, wie sie vom Herrn beauftragt worden waren: Tut dies zu meinem Andenken. Man möchte annehmen, der Herr hätte über die Art und Weise der Opferfeier nähere Anweisungen gegeben und sie insbesondere in der Zeit nach seiner Auferstehung belehrt, als er vierzig Tage lang ihnen erschien und vom Reiche Gottes redete (Apg. 1, 3). Allein die hl. Schrift enthält keinerlei Mitteilungen hierüber. Christus hat wohl beim Abendmahl die Opfergaben, die Wandlungsworte und die hl. Kommunion als die Kernpunkte der Opferfeier angeordnet und in jener feierlichen Stunde keinen Zweifel über die erhabene Bedeutung des Neuen Opfers im Neuen Bund hinterlassen, aber er hat seinen Aposteln und der vom hl. Geist geleiteten Kirche anvertraut, wie sie diese einfache Form ausgestalten und ausbauen wollten.

Ohne Zweifel feierten die hl. Apostel das hl. Opfer, wenn auch in einfacher, so doch in ein- und derselben Weise. Man kann in diesem Sinne von einer ursprünglichen Art der Opferfeier, einer Urliturgie, reden. Die hl. Schrift gibt eine Reihe von Stellen, die mehr oder weniger auf Bestandteile derselben hindeuten. Sie vermeldet Schriftlesung und Predigt in den Versammlungen der ersten Christen. In denselben wird gebetet und gesungen und das Brot gebrochen zur Erinnerung an Christi Erlösungstod und unter beiden Gestalten kommuniziert. Nirgends jedoch ist eine ausführliche Darstellung der Gottesdienstfeier der Apostel anzutreffen.

Von der eigentlichen Gottesdienstfeier zu unterscheiden, aber nicht minder wichtig für die Entwicklung der Messfeier sind jene Zusammenkünfte, welche die ersten Christen, die sich noch als Zugehörige zum Judentum fühlten und an nichts weniger als an eine Trennung von ihren Volksgenossen dachten, im Tempel und in den Synagogen hielten. Folgend dem Beispiel des Herrn gingen sie auch in die Synagogen und predigten.

Aber daneben hatten die Christen auch ihre eigenen Versammlungen, in denen sie gemäß ihrem Glauben an Christus ihrem Gott dienen konnten. Sie hielten dieselben gewöhnlich am Sonntag ab. Bei diesen ausschließlich christlichen Versammlungen behielten sie die Formen des jüdischen Synagogen-Dienstes bei, freilich mit völlig christlicher Färbung. Sie lasen aus den hl. Schriften des Alten Testamentes, aber daneben wurden auch die Bücher des Neuen Testamentes heran gezogen. Neben den Lesungen wurde gepredigt und das, was gelesen worden war, erklärt. Sie sangen Psalmen und Hymnen. Sie verrichteten alle Gebete für alle Klassen des Volkes, veranstalteten Sammlungen von Almosen für die Armen. Diese Elemente: Lesungen, Predigten, Psalmengesänge, Hymnen, Gebete, Almosen-Sammlungen waren die Bestandteile des synagogalen Gottesdienstes der Juden. Dies zusammen bildete auch das, was die Christen in ihrer gesonderten religiösen Versammlungen taten. Nach der Ausstoßung aus der Synagoge waren der Entwicklung dieser Feiern ihre eigenen Wege geebnet. Die Apostel und ihre Nachfolger sind sicher früh an die Erweiterung und Ausgestaltung der Opferfeier und an die Einsetzung von sie begleitenden Zeremonien heran gegangen. Die Erinnerung an das letzte mit dem Herrn gefeierte Abendmahl im Zusammenhang mit dem jüdischen Ostergottesdienst mag dabei Anlass zur Anlehnung an gewisse Gebräuche und zur Aufnahme gewisser Formeln gegeben haben. Der Gang in die „Zerstreuung“ führte nun die Apostel auseinander, und dieses Fernesein voneinander ist der erste Grund für die Verschiedenheit der nachmaligen Gebete und Zeremonien der Opferfeier.

Von der Messfeier in der „Zwölfapostellehre“

Vor einigen Jahrzehnten wurde eine Schrift entdeckt, die unter den Schriften der der apostolischen Zeit an die erste Stelle zu rücken ist. Ich meine die „Lehre der 12 Apostel“, wie sie sich selbst nennt. In derselben sind folgende auf das hl. Opfer bezügliche Gebete enthalten:

Kapitel 9. Über die Eucharistie

Danket also. Zuerst bezüglich des Kelches: Wir danken dir, unser Vater, für den heiligen Weinstock Davids, deines Dieners, den du uns kund getan hast durch Jesus, deinen Diener; dir sei die Ehre iN Ewigkeit! Bezüglich des gebrochenen Brotes: Wir danken dir, unser Vater, für das Leben und die Erkenntnis, die du uns kund getan hast durch Jesus, deinen Diener; dir sei Ehre in Ewigkeit! Sowie dieses gebrochene Brot zerstreut war auf den Hügeln und zusammen gebracht eins wurde, so möge auch deine Kirche von den Enden der Erde zusammen gebracht werden in dein Reich; denn dein ist die Ehre und die macht durch Jesus Christus in Ewigkeit. Niemand aber esse und trinke von eurer Eucharistie außer denen, die getauft sind auf den Namen des Herrn; denn darüber sagte der Herr: Gebt das Heilige nicht den Hunden!

Kapitel 10. Nach dem Mahle

dankt also: Wir danken dir, heiliger Vater, für deinen heiligen Namen, dem du eine Wohnung bereitet hast in unseren herzen, und für die Erkenntnis, den Glauben und die Unsterblichkeit, die du uns kund getan hast durch Jesus, deinen Diener: dir sei die Ehre in Ewigkeit! Du, allmächtiger Herrscher, hast alles geschaffen um deines Namens willen, Speise und Trank gabst du den menschen zum Genuss, damit sie die danken; uns aber spendetest du geistige Speise und Trank und ewiges Leben durch deinen Diener. Vor allem danken wir dir, daß du mächtig bist; dein sei die Ehre in Ewigkeit. Gedenke, o Herr, deiner heiligen Kirche, sie zu erlösen von Allem Übel und sie zu vollenden in deiner Liebe, und vereinige sie, von den vier Winden geheiligt, in dein reich, das du ihr bereitet hast; denn dein ist die Macht und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Es komme die Gnade und es gehe vorüber diese Welt! Hosianna dem Gott Davids! Ist jemand heilig, so trete er herzu; ist er es nicht, so tue er Buße. Maranatha. Den Propheten aber überlasset zu danken, wie sie wollen. –

Diese Gebete haben ein sehr altertümliches Aussehen und sind ohne Zweifel jüdischen (Tisch-)Gebeten nachgebildet. Die in sie eingeflochtenen Lobpreisungen und die abgerissenen Schlusssätze legen den Schluß nahe, daß sie Wechselgebete zwischen Priester und Volk sein sollen. Jedenfalls aber haben wir es hier mit Messgebeten zu tun, deren gottesdienstlicher Charakter nicht in Abrede gestellt werden kann.

aus: K. Josef Merk, Das Hl. Messopfer, Das immerwährende Opfer der katholischen Kirche, 1921, S. 31- S. 33

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