Erwägungen über das heilige Messopfer

Von der Bestimmung des Priesters: Er steht in der heiligen Messe vor dem Hochaltar

Von der heiligen Messe

Einige Erwägungen über das heilige Messopfer

Was bei der heiligen Messe unbegreiflich scheint

Durch Nichts in der Welt wird Gott mehr geehrt als durch das heilige Messopfer; wir müssen also dasselbe als das wichtigste Geschäft unseres Lebens ansehen. In diesem Geheimnis ist Alles groß, Alles wunderbar; die Macht Gottes ist da unendlich, Seine Liebe ohne Maß, und Seine Langmut steigt aufs höchste. Wir finden da Nichts, worüber wir uns nicht billig verwundern müssen; doch kann man leicht begreifen, Gott könne alle diese Wunder wirken, wenn Er sie wirken will; es läßt sich auch nicht zweifeln, Er habe sie wirken wollen. Dies aber scheint unbegreiflich und noch wunderbarer zu sein, daß ein Priester ohne Ernst, Andacht und Ehrerbietigkeit beim Altar sich einfinde, und daß Christen sich unterstehen, diesem furchtbaren Geheimnis beizuwohnen, und selbes durch ihre Uneingezogenheit, ihr unreines Herz, ihr zerstreutes Gemüt und ihre herum schweifenden Sinne zu entehren.

Man begreift, ein Mensch könne so weit in der Undankbarkeit kommen, daß er die Guttaten verachtet, welche er von einem andern Menschen empfängt; dies aber scheint ganz unbegreiflich, daß ein Mensch, der alle Tage vertraulich mit Jesu Christo umgehen kann, Ihn in seinen Händen hält und dem Volk austeilt, doch keine Hochschätzung von seiner erhabenen Würde hat; daß er gegen Jesum Christum ganz gleichgültig und lieblos ist; daß er zwar einen Glauben hat, aber doch mit vielen und großen Unvollkommenheiten sich dem Altar nähert; daß er dabei ohne Andacht und Liebe das Opfer entrichtet, und daß er sich endlich wieder eben so weg begibt, wie er hinzu gegangen ist, ohne von der Hoheit dieses heiligsten Geheimnisses im herzen gerührt worden zu sein.

Der Priester am Altar ist Mittler

Ein Priester am Altar ist der Mittler zwischen Gott und den Menschen; er handelt mit Gott im Namen der ganzen Kirche und bringt Ihm ein würdiges Dank- und Bittopfer dar für alle Gnaden, welche wir entweder schon empfangen haben, oder um welche wir noch anhalten können; dieses Opfer ist hinreichend, alle Sünden der Menschen auszulöschen, und muss Gott höchst wohlgefällig sein; und doch gibt es leider Priester, welche ein so heiliges und erhabenes Amt nich hoch schätzen, und welchen man es nur am Altar ansieht, daß sie Priester sind, wo sie durch ihr unandächtiges Betragen noch dazu den Altar und ihr heiliges Amt entehren.

Ist die Übereilung, mit welcher man das furchtbare Opfer entrichtet, nicht ein sichtbarer Beweis von schlechtem Glauben? In Gesellschaften bringt man ganze Stunden mit Vergnügen zu; aber man läßt es sich schon schwer fallen, wenn man sich bloß eine halbe Stunde mit Jesu Christo solchen Überdruss verursacht?

Welch schreckliches Urteil Gottes der Priester zu fürchten hat

Wenn wir eine desto strengere Rechenschaft ablegen müssen, je schwerere Pflichten wir auf uns genommen, und je größere Gnaden wir empfangen haben; wenn es zur Erlangung der Seligkeit nötig ist, daß unsere Tugend eben so erhaben sein muss, als heilig unser Stand und Amt ist: hat dann ein Priester nicht Ursache, die schrecklichen Urteile Gottes zu fürchten, wenn er nur eine mittelmäßige Tugend besitzt, und nach so vielen heiligen Messopfern nicht andächtigere, ja vielleicht noch unvollkommener ist, als er vor dem Priestertum war? Was wird wohl vermögend sein, einen solchen Menschen aus seiner Schlafsucht aufzuwecken, auf den der Leib und das Blut Jesu Christi, da er es in seinen eigenen Händen hielt, keinen Eindruck hat machen können?

Das Priestertum ist ohne Widerrede eine der höchsten Würden, und eine der größten Gnaden, welche Gott jemals einem Geschöpf erwiesen hat; man kann also leicht einsehen, daß dieses vortreffliche Amt vollkommene Männer fordert. Die Einsiedler zur Zeit des heiligen Chrysostomus lebten so tugendhaft, daß sie zu einer hohen Vollkommenheit gelangten, und die meisten aus ihnen hatten die Gabe Wunder zu wirken; und doch sagte dieser heilige Lehrer von ihnen, ihre Tugend sei für den Priesterstand um eben so viel noch zu niedrig, als viel der Stand eines gemeinen Menschen unter der Würde eines Königs ist. (S. Chrys. De sacerdot. 1. 6.)

Um zu so hoher Tugend zu gelangen, sind große Gnaden nötig; hat aber ein Priester nicht, so zu sagen, die Allmacht in Seiner Hand? Und ist die heilige Messe nicht ein sicheres Mittel alle Gnaden zu erlangen?

Die Gesinnungen des heiligen Pater Colombiere

Von diesen Gesinnungen war jener große Diener Gottes, der geistreiche Pater Colombiere, ganz durchdrungen; daher sagte er: „Wenn ich bete, faste, oder Almosen gebe, tue ich es mit einem gewissen Mißtrauen; ich sage zu mir selbst: vielleicht entehre ich Gott mehr durch meine bösen Absichten, und wegen der Umstände meiner Werke, als ich Ihn durch alle meine guten Werke ehre; vielleicht ist meine Buße so schlecht bestellt, daß sie meine Sünden nicht nur nicht auslöscht, sondern selbst einer neuen Buße bedarf. Aber wenn ich die heilige Messe lese oder anhöre, wenn ich das anbetungswürdige Opfer als Priester entrichte, oder demselben mit den übrigen Gläubigen beiwohne, so bin ich, o Gott! Voll Vertrauen und Mut; ich getraue mir alle Seligen des Himmels zu fragen, ob sie etwas Dir Wohlgefälligeres tun können; da erschreckt mich weder die große Zahl, noch die Schwere meiner Sünden; ich bitte Dich ganz zuversichtlich um Verzeihung derselben, und zweifle nicht, Du werdest mir sie viel vollkommener verzeihen, als ich es zu begehren wüßte. So weit sich immer meine Wünsche und Hoffnungen erstrecken, so habe ich doch kein Bedenken, Dich um Alles zu bitten, was sie sättigen und befriedigen kann. Ich bitte Dich um Ganden, um große Gnaden, und um alle Gattungen der Gnaden für mich, für meine Freunde und für meine größten Feinde; und doch kommt mir meine Bitte nicht zu groß vor, ich habe kein Mißtrauen, daß ich so große Gnaden nicht erhalten werde, sondern sehe, daß meineBitte noch gering ist in Vergleich mit dem Opfer, das ich darbringe; ja, ich meine, es möchte diesem lebendigen Opfer eine Unbild zugefügt werden, da ich unendlich weniger begehre, als es wert ist.

Ich fürchte da nichts so sehr, als daß ich nicht sicher und beständig genug Alles das erwarte, um was ich gebeten habe, und daß ich nicht sicher und beständig genug wo möglich noch größere Gnaden hoffe, als ich begehren kann. Wollte Gott! Wir erkännten den großen Wert dieses Schatzes, welchen wir in Händen gaben! O wie glücklich und tausendmal glücklich würde nicht das christliche Volk sein, wenn es diesen Vorteil recht zu benützen wüßte! Was für eine unerschöpfliche Quelle alles Guten ist nicht dieses anbetungswürdige Sakrament! Wie viele Gnaden, Gunstbezeigungen, zeitliche und geistliche Reichtümer für den Leib und die Seele, für Zeit und Ewigkeit würde man da nicht antreffen! Aber wir müssen die Wahrheit bekennen; wir tragen keine Sorge, uns dieser Gnaden zu bedienen; und würdigen uns nicht einmal die Hand nach diesem himmlischen Schatz auszustrecken, welche uns Jesus Christus hinterlassen hat.“ (Reflex. ehret. Da la messe)

Der Priester hat ein Hilfsmittel wider alle Übel

Wir haben ein Hilfsmittel wider alle Übel in unseren Händen; der Baum des Lebens, welcher uns nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Unsterblichkeit mitteilen kann, ist in unserer Gewalt: und doch werden wir von Krankheiten geplagt. Wenn du die heilige Messe anhörst, so geschieht für dich eben das, wenn du es dir zu Nutzen machen willst, was am Kalvarienberg für Jene geschehen ist, welche bei dem Tod Jesu Christi zugegen waren; würde dir die Verzeihung abgeschlagen worden sein, wenn du damals gegenwärtig gewesen wärest? Der Wirkung nach geschieht hier das Nämliche.

Bei der heiligen Messe legt sich Jesus Christus Selbst als ein unendlich kostbares Opfer in unsere Hände, damit wir von Seinem himmlischen Vater alle Gnaden erhalten, welche wir immer wünschen können, und so kostbar sie auch sein mögen. Bei dem heiligen Messopfer ist Jesus Christus nicht allein unser Fürbitter bei Seinem himmlischen Vater, um von Ihm durch Seine Verdienste Alles, was uns notwendig und erwünscht ist, zu erflehen; sondern Er opfert auch Sein Blut und Leben zur Bezahlung der Gnaden auf, um welche wir bitten. Was wir also immer Großes begehren können, so ist es doch allzeit geringer, als das, was wir zur Erlangung desselben darbringen. Woher kommt es denn, daß sich so viele beklagen, einige wenige ihrer leiblichen Armseligkeiten, andere wegen ihrer Unvollkommenheiten und Mängel? Woher kommt es, daß unsere bösen Neigungen so gewaltig über uns herrschen? daß die bösen Gewohnheiten uns gleichsam mit Ketten gefangen halten? daß dieser von der eitlen Ehre geplagt wird? Jener den Versuchungen so oft unterliegt? Daß sich einige beständig von der Ungeduld und vom Zorn dahin reißen lassen? Und daß Andere von Schmerzen und Überdruss gleichsam ganz zu Boden gedrückt werden?

Was ist die Ursache, daß man so wenig erhält durch die heilige Messe?

Woher kommt es, daß jene Ehefrau ihren Ehemann nicht zur Sanftmut bringen, und in ihrem Haus den Frieden nicht erhalten kann? Woher kommt es, daß der Vater mit Schmerzen sehen muss, wie seine Kinder dem Verderben zulaufen? Woher kommt es, daß die Meisten sogar von denjenigen, die sich der Andacht widmen, fast ihr ganzes Leben in Unvollkommenheiten zubringen, und besonders im Dienst Gottes äußerst lau sind? Man hat ein Verlangen sich selbst zu bessern und auch Andere auf den rechten Weg zu bringen, und besonders im Dienst Gottes äußerst lau sind? Man hat ein Verlangen sich selbst zu bessern und auch Andere auf den rechten Weg zu bringen, und doch geschieht es nicht. Solche Leute scheinen mir jenen Geizhälsen gleich zu sein, welche an Allem Mangel haben, obwohl sie Gold und Silber im Überfluss besitzen.

Hast du um diese Gaben bei der heiligen Messe gebührend angehalten? Wie oft hast du sie in dieser Meinung angehört? Sollte man glauben können, Gott habe dir etwas so geringes für ein so großes Opfer versagt, und das Blut und Leben Seines Sohnes habe bei Ihm einen so geringen Wert, daß Er dir jene Gnade, jene Tugend, jenes zeitliche oder geistliche Gut, welches du für dich oder für Andere verlangst, nicht gegeben hätte, wenn es nützlich gewesen wäre, dir selbes zu gewähren? Sollte man glauben können, du habest aufrichtig eine inbrünstige Liebe zu Jesu Christo begehrt, und Jesus Christus habe dir dieselbe abgeschlagen? Ich kann dieses nicht glauben, und bin versichert, du glaubst es selbst nicht. Was ist also die Ursache, daß man so wenig erhält? Es ist keine andere, als weil man nachlässig ist in Anhörung der heiligen Messe, weil man während dieser kostbaren Zeit des Heils und der gnädigen Erbarmung seine Armseligkeiten Gott nicht mit Einfalt und Vertrauen vorstellt, und Ihn nicht mit gehörigem Eifer um die notwendigen Gnaden bittet, und weil man das anbetungswürdige Opfer nicht so darbringt, wie Jene, welche einen lebendigen Glauben an dieses große Geheimnis haben, und selbes ernstlich zu Gemüte führen. –
aus: Johannes Croiset SJ, Die Andacht zum göttlichen Herzen unseres Herrn Jesu Christi, 1836, S. 176 – S. 183

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