Katechismus Das Opfer des Neuen Bundes

P. Joseph Deharbes größere Katechismuserklärung

§ 2. Das heilige Messopfer

Welches ist das Opfer des Neuen Bundes ?

Das Opfer des Neuen Bundes ist das Erlösungs-Opfer Jesu Christi, der sich dem himmlischen Vater am Kreuz für uns aufgeopfert hat.

Daß Christus uns durch seinen Tod am Kreuz erlöst und mit Gott ausgesöhnt hat, haben wir beim vierten Glaubensartikel gesehen. War aber dieser Kreuzestod ein wahrer Opfer? Das haben wir jetzt näher zu betrachten.

Zu einem wahren Opfer gehört zunächst eine sichtbare Gabe, die Gott dargebracht wird. Nun, eine solche Gabe war Christus selbst, d. h. seine heiligste Menschheit. Darum nennt ihn der hl. Petrus (1. B. 1, 19) „das unbefleckte, tadellose Opferlamm“; und der hl. Paulus schreibt: „Christus hat uns geliebt und sich selbst für uns als Gabe und Opfer hingegeben, Gott zum lieblichen Wohlgeruch.“ (Eph. 5, 2) – Die Opfergabe muss sodann dargebracht werden in der wahren Opfer-Gesinnung, d. h. in der Absicht, Gott als den höchsten Herrn zu ehren und anzubeten. Auch dies war beim Kreuzestod Christi zweifellos der Fall; denn als Erlöser musste und wollte er Gott Genugtuung leisten für die Beleidigung, welche die Sünde Gott zugefügt hatte. Die Sünde aber hatte Gott die Ehre geraubt, die ihm als dem höchsten Herrn gebührte; diese Ehre musste der Erlöser Gott zurück geben, das ganze Erlösungs-Werk musste beseelt sein von der Absicht, Gott dadurch als den höchsten Herrn zu ehren und anzubeten. – Endlich muss die Opfer-Gesinnung in der Weise zum Ausdruck kommen, daß die Opfergabe ganz oder teilweise zerstört und eben diese Zerstörung Gott aufgeopfert wird, das Opferlamm muss getötet und dieser Tod auf die Ehre Gottes hingeordnet werden; darin besteht ja die Opfer-Handlung. Hier erhebt sich nun bezüglich des Kreuzes-Opfers eine Schwierigkeit. Die Opfer-Handlung muss durch den Opfer-Priester vollzogen werden; Christus aber, der Opfer-Priester, hat sich nicht selbst getötet, vielmehr haben die Henker diese blutige Handlung vollzogen. Wie ist diese Schwierigkeit zu lösen? Sehr einfach. Die eigentliche Opfer-Handlung besteht nämlich nicht sowohl in der Tötung des Opferlammes als in der Hinordnung dieser Tötung auf die Ehre Gottes. Darum wurden auch bei den alttestamentlichen Opfern die Opfertiere nicht von den Priestern, sondern von den Leviten geschlachtet, die Priester nahmen nur das Blut der geschlachteten Tiere und gossen es um den Altar. So brauchte also auch Christus als Opfer-Priester sich nicht selbst zu töten, es genügte, daß er den Tod freiwillig zuließ und ihn auf sichtbare Weise seinem himmlischen Vater aufopferte. Letzteres tat er durch die augenscheinliche Geduld und Ergebung, mit der er den martervollen Tod erlitt. – Somit ist es klar, daß der Kreuzestod Christi ein wahres und eigentliches Opfer war.

Diese Wahrheit finden wir auch in der Hl. Schrift auf die unzweideutigste Weise ausgesprochen. Im 8., 9. und 10. Kapitel des Hebräer-Briefes zeigt der hl. Paulus, wie Christus der wahre Hohepriester ist, von dem das Aaronitische Priestertum nur ein schattenhaftes Vorbild war. „Jeder Priester aber wird aufgestellt zur Darbringung von Gaben und Opfern“; also muß auch Christus ein Opfer dargebracht haben. Und dieses Opfer bestand in seinem blutigen Kreuzestod, wobei er nicht wie der Hohepriester des alten Bundes „mit dem Blut von Böcken und Stieren, sondern mit seinem eigenen Blut ein für allemal ins Heiligtum eingegangen ist und ewige Erlösung gewonnen hat…; denn ohne Blutvergießen gibt es keine Sünden-Vergebung…; und wie es dem Menschen gesetzt ist (nur) einmal zu sterben, so ist auch Christus nur einmal geopfert worden, um vieler Menschen Sünden hinweg zu nehmen.“ (siehe auch den Beitrag: Jesus Christus Hoherpriester in der Messe)

Daraus folgert der hl. Paulus dann ferner den unvergleichlichen Wert des Kreuzes-Opfers. Es ist ein Opfer, das an Wert die sämtlichen Opfer des Alten Bundes unendlich übertrifft; ein Opfer, dessen lieblicher Wohlgeruch durch alle Himmel zum Thron des Allerhöchsten empor stieg und der schuldbeladenen Menschheit den Blick der Liebe und Erbarmung seines beleidigten Vaters wieder zuzog; ein Opfer, das in sich allein die verschiedenen Arten der alttestamentlichen Opfer vereinigt, sie ersetzt und entbehrlich macht. – In der Tat ist das Kreuzes-Opfer, wie aus obigem einleuchtet, nicht bloß das allein wirksame Sühnopfer, sondern auch das vollkommenste Lob- und Dankopfer, indem Gott durch dasselbe als der höchste Herr, als der Urquell und Spender aller Güter im Angesicht des Himmels und der Erde vom Kreuz herab verkündigt wird, und zwar nicht von einem gewöhnlichen Menschen, sondern von dem Vertreter der ganzen Menschheit, ja mehr als das, von dem König und Haupt der gesamten Schöpfung, dem Gottmenschen. Desgleichen ist es unendlich vollkommenes Bittopfer, das mehr als irgend etwas anderes geeignet ist, uns alles Gute von Gott zu erlangen. Oder welche Bitten könnte Gott versagen, wenn die Stimme des Blutes seines eingeborenen Sohnes zu ihm dringt, die Stimme jenes hochheiligen Blutes, „das besser redet als das des Abel“ (Hebr. 12, 24), indem es nicht wie dieses um Rache, sondern um Gnade und Erbarmung fleht? –
aus: P. Joseph Deharbes größere Katechismuserklärung, Ein Hilfsbuch für die Christenlehre und katechetische Predigt, 3. Band Lehre von den Gnadenmitteln, 1912, S. 160 – S. 161

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