Das Sechste Jahrhundert für die Päpste

Auf dem Berg steht das Kloster Monte Cassino, von Benedikt gegründet, in majestätischer Größe und wie eine Festung

Der hl. Benedikt – Werkzeug der göttlichen Vorsehung

Einen harten und rauhen Weg hatten die Päpste in diesem Jahrhundert zu machen. Zwei von ihnen erlitten im Dienst ihrer Pflicht als treue Wächter des Glaubens die bittersten Verfolgungen und werden als Märtyrer verehrt. Äußerst traurig sah es in Italien aus. Herren des Landes waren die Ostgoten. Theoderich der Große, obwohl Arianer, war den Katholiken längere Zeit günstig gesinnt und ernstlich bemüht, das Wohl seiner Untertanen zu fördern. Die eingewanderten Ostgoten waren Arianer, die untertänigen Eingeborenen aber Katholiken. Gegen den Abend seines Lebens aber befleckte Theoderich seinen Ruhm durch mehrere Akte von Grausamkeit. Unter seinen Nachfolgern wurde Italien der Schauplatz entsetzlicher Kämpfe, die mit dem Untergang des ostgotischen Königreiches und des ganzen Volkes endeten. Ganze Länderstrecken wurden entvölkert. Die Bewohner erduldeten namenloses Elend. Verwilderung, Verbrechen, Verzweiflung nahmen überhand. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts brachen dann die Langobarden in Italien ein. Sie waren gleichfalls ein germanischer Volksstamm, teils Arianer, teils Heiden. Sie eroberten Oberitalien, gründeten ein Königreich und drängten die Oströmer immer weiter zurück. Über den traurigen Zustand des Landes, das ihre Beute geworden, berichtet ein Geschichtsschreiber: „Die Kirchen wurden geplündert, die Priester ermordet, die Städte zerstört, die Einwohner umgebracht.“ Erst am Ende des Jahrhunderts wurde das Los der einheimischen Bewohner erträglicher. –

In Spanien waren die Westgoten Meister. Als Arianer stets den Katholiken feindlich gegenüber stehend, erneuerten sie die Verfolgung derselben unter König Leovigild, der sogar seinen eigenen katholisch gewordenen Sohn Hermenegild am Ostertag, 13. April 585, töten ließ. In Afrika dauerte die Katholiken-Verfolgung fort, bis das Vandalen-Volk und -Reich unter König Gelimer den Untergang fand. Ebenso wenig Tröstliches erfuhren die Päpste von Osten her. In Konstantinopel dauerte noch immer das Schisma fort, begünstigt von den Kaisern. Wenn auch mit dem Jahr 519 die Aussöhnung und Vereinigung mit Rom erfolgte, so währten doch die ruhigen Zeiten nicht lange. Während das Reich in allen Fugen krachte, das Land immer mehr verödete, die Bewohner verarmten, beschäftigten sich die Kaiser, statt ihre Regenten-Pflichten wahrzunehmen, mit religiösen Disputationen, schrieben Glaubensnormen vor und drangsalierten diejenigen, welche dieselben anzunehmen sich weigerten. Da die Kaiser die Bischofswahlen beeinflußten oder willkürlich Bischöfe ein- und absetzten, fanden sie unter diesen immer gefügige Werkzeuge für ihre Launen. Nur an den Päpsten fanden sie das größte Hindernis bei ihrer Gewissens-Tyrannei. Daher versuchten sie auch diese zu vergewaltigen und um so sicherer zu ihrem Ziel zu gelangen, gaben sie sich alle Mühe, sich in die Papstwahlen einzumischen, um ihnen nicht gefügig scheinende Kandidaten beseitigen und willfährige durchsetzen zu können. Deutlich beweist dieses Jahrhundert wieder, daß Gott es ist, der das Papsttum gegründet hat und fort und fort beschützt und durch die Päpste die Einheit des Glaubens rettet. Ohne ihre Standhaftigkeit hätten wir kaum mehr Bruchstücke vom Christentum. –

Um diese Zeit gab Gott der Kirche einen Mann, der als Werkzeug dienen sollte, auf den Trümmern des verfallenden Römerreiches die christliche Welt aufzurichten und die neuen Völker für die christliche Zivilisation zu erziehen. Dieser Mann der Vorsehung ist der hl. Benedikt. Das Mönchsleben hatte sich schon viel früher im Orient entwickelt und einen großartigen Aufschwung genommen. Im Abendland erschienen die Mönche mit dem hl. Athanasius, als er in Rom Recht und Schutz beim Papst suchte. Seit dieser Zeit hatten sich auch im Weströmischen Reich klösterliche Gemeinden gebildet. Das Verlangen nach größerer Vollkommenheit, um den Gefahren des Heils zu entrinnen, trieb viele in die Einsamkeit. Dieses Verlangen wurde durch den Jammer und die Not der Zeit wirksam gefördert. Je mehr die Welt ihre Reize verliert, desto mehr fühlt der Mensch sich angetrieben, Güter zu suchen, die weder dem Wechsel der Zeit noch dem Raub unterliegen. So hatte der hl. Severin († 482) mit anderen in den Donauländern mehrere Klöster errichtet, die dort den Angriffen der Barbaren preisgegebenen Einwohner getröstet und die wilden Horden zur Milde und Schonung vermocht. Diese Ordens-Niederlassungen gingen aber in den Fluten neuer herein brechender Völkerscharen unter. Die anderen Mönchs-Niederlassungen waren durch keine einheitliche Regel gefestigt und zusammen gehalten. Nun trat Benedikt auf…

Ein Bild aus dem Inneren des Klosters Monte Cassino: die herrliche Kapelle mit den schön bemalten Säulengängen rechts und links; vorne der Hochaltar, zu dem man über eine kleine Treppe in den heiligen Raum gelangt

Um Subiaco gründete Benedikt zwölf Klöster. Von da zog er nach Monte Cassino, wo er noch einen dem Apollo geweihten Tempel und Hain fand. Den Hain hieb er aus, den Tempel weihte er als Gotteshaus dem hl. Martin und errichtete daneben ein Kloster. Als auch hier wieder zahlreiche Schüler sich unter seine Leitung stellten, verfaßte er eine Klosterregel und schrieb dieselbe seinen Genossen zur Befolgung vor. Diese Regel zeugt von so großer Weisheit, daß sie als vom heiligen Geist eingegeben oder doch unter dessen besonderer Leitung abgefaßt angesehen wird. Durch diese Regel, die jahrhundertelang das Gesetzbuch für alle Klöster des Abendlandes bildete, erwarb er sich den Namen eines Patriarchen der Mönche des Abendlandes.

Der heilige Benedikt begrüßt den Gotenkönig Totila, rechts kommt der Heilige mit seinen Mitbrüdern, links steht der Gotenkönig sowie hinter ihm seine bewaffneten Mannen, die einen Toten oder Verletzten tragen

Das Ansehen des Heiligen war so groß, daß sich selbst der arianische Gotenkönig Totila gedrängt fühlte, ihn zu sehen und seine überirdische Kenntnis auf die Probe zu stellen. Auf sein Geheiß musste sein Waffenträger mit königlichem Schmuck angetan voran schreiten, während er selbst im einfachen Gewand eines Dieners folgte. „Lege ab“, sprach Benedikt zu jenem, „mein Sohn, was nicht dein ist.“ Erschrocken warf nun Totila sich dem Heiligen zu Füßen und empfahl sich seinem Gebet. Benedikt sagte nun zum König: „Viel Übles tust du, viel Übles hast du getan. Laß doch einmal von deiner Ungerechtigkeit ab. Du wirst in Rom einziehen, übers Meer setzen, neun Jahre herrschen, im zehnten sterben!“. Wie der Heilige es voraus gesagt, so ging es genau in Erfüllung.

In den Söhnen des hl. Benedikt gab Gott der Herr den Päpsten ein treues Hilfskorps in diesem und den folgenden Jahrhunderten zur Erhaltung und Ausbreitung des Reiches Gottes auf Erden. –
aus: P. Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste 1907, S. 174 – S. 175

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