Heiligenkalender
13. April
Der heilige Hermenegild Märtyrer
Der westgotische König Leovigild, ein Arianer, regierte seit 569 zu Toledo in Spanien sein Volk mit Weisheit und Kraft. Seine katholische Gemahlin Theodosia, die Schwester des hl. Leander (27. Februar) und des hl. Isidor (4. April) beschenkte ihn mit zwei Prinzen Hermenegild und Reccared, denen sie – ungeachtet ihrer arianischen Taufe – eine lebhafte Zuneigung für den katholischen Glauben einpflanzte. Allzu früh riß der Tod die edle Königin von ihren Söhnen fort und Leovigild säumte nicht, ihnen eine zweite Mutter zu geben in Goswinda, welche an Leb und Selle gleich häßlich, über alle Maßen stolz und ehrgeizig, eine rechte Stiefmutter in der schlimmsten Bedeutung des Wortes war.
Bei seinen Lebzeiten noch teilte der Vater die Herrschaft unter seine Söhne; dem älteren Hermenegild gab er die Krone von Sevilla, den jüngeren behielt er als Mitregent in Toledo. Den Hermenegild vermählte er aus politischen Gründen mit der fränkischen Königstochter Ingonda, die er, da sie eine Katholikin war, mit leichter Mühe für den Arianismus zu gewinnen hoffte. Als die Braut mit großem und glänzendem Gefolge ach Spanien zog, legte ihr der fromme Bischof Fronimius mit tiefer Rührung die schweren Pflichten der Gattin ans Herz. Goswinda, dieses verschmitze Weib, geizte lebhaft nach der traurigen Ehre, die Ingonda zum Abfall von dem allein wahren katholischen Glauben zu bewegen, heuchelte ihr innige Freundschaft und mütterliche Sorge für ihr Seelenheil, predigte ihr mit erkünstelter Begeisterung von der Wahrheit und Schönheit des Arianismus und ließ kein Mittel, ihren katholischen Glauben abzuschwächen und zu verdächtigen, unversucht. Allein Ingonda, von der Gnade Gottes erleuchtet, durchschaute diesen teuflischen Plan, suchte und fand im demütigen Gebet göttlichen beistand und Trost.
Goswinda, die Erfolglosigkeit ihrer feinen Kunst einsehend und in ihrem stolzen Ehrgeiz gekränkt, wollte nun mit Gewalt erzwingen, was sie durch Heuchelei nicht erreicht hatte, sie fügte der frommen Schwiegertochter alle erdenklichen Kränkungen zu durch Spott, Hohn, Verachtung und Misshandlung, und stürzte sie sogar einmal mit ihren eigenen Händen ins Wasser, damit sie ertrinken sollte. Allein gerade die raffinierte Grausamkeit dieses Weibes diente der göttlichen Weisheit als Mittel, beide Prinzen in die katholische Kirche zurück zu führen und durch sie den Arianismus im ganzen Reich zu vertilgen. Denn Ingonda ertrug alle diese Leiden mit solcher Geduld und Sanftmut und leuchtete am königlichen Hof in solchem Tugendglanz, daß Hermenegild seine teure Gemahlin mitleidvoll bewunderte und den katholischen Glauben hoch schätzte, der seinen Bekennern eine so erhabene Seelenstärke verleiht. Der nächste Schritt war, daß er diesen Glauben näher kennen zu lernen wünschte. Ingonda, die schon lange ihr heißes Gebet und ihre Leiden der göttlichen Barmherzigkeit für die Bekehrung ihres Gemahls aufgeopfert hatte, wußte es klug einzuleiten, daß Hermenegild mit seinem Onkel, dem hl. Leander, Bischof von Sevilla, in Berührung kam und von dessen erleuchteter Weisheit bald für die katholische Religion gewonnen war. –
Als Leovigild den Übertritt seines Sohnes zur katholischen Kirche vernahm, verwandelte sich sein Vaterherz in das eines Tigers. Sogleich erklärte er ihn des Königstitels verlustig und drohte, seines Lebens nicht zu schonen, falls er nicht wieder Arianer werde. Zur Bekräftigung seiner Drohung begann er eine wütende Verfolgung der Katholiken, verhaftete, verbannte tötete Bischöfe und Priester und zog die Kirchengüter ein. Hermenegild, im rechtlichen Bewusstsein, daß er unabhängiger Fürst sei, rüstete sich zum Widerstand. Leovigild belagerte ihn mit Heeresmacht ein ganzes Jahr in Sevilla. Hermenegild musste der Übermacht weichen und entfloh nach Cordoba unter den Schutz der Römer, welche in Spanien noch einige Festungen besaßen. Allein der blutdürstige Vater wußte die Römer zu bestechen; der Sohn konnte nur durch schnelle Flucht sich ihrem Verrat entziehen und schloß sich mit dreihundert Getreuen in das feste Städtchen Osseto ein. Leovigild eilte ihm nach, erstürmte die Stadt und verbrannte sie. Hermenegild floh in die Kirche und erwartete am Fuße des Altares das Urteil des Siegers. Leovigild wollte ihn nicht mit Gewalt aus diesem heiligen Ort heraus reißen, sondern ließ ihm durch den jüngeren Sohn die eidliche Zusage geben, daß er ihm Alles verzeihen wolle, wenn er freiwillig zu ihm komme und um Gnade bitte. Hermenegild, der Aufrichtigkeit des Vaters trauend, verließ die Kirche, warf sich zu seinen Füßen und bat um väterliche Schonung. Leovigild legte nun seine Larve ab, riß seinem Sohn allen königlichen Schmuck vom Leibe, belastete ihn mit schweren Ketten und wies ihm höhnisch einen festen Turm in Sevilla an zum Nachdenken über seine religiösen Frevel und zur Abbüßung derselben.
Dieses dunkle Gefängnis erleuchtete Hermenegild mit wunderbarer Seelengröße. Geduldig wie ein Lamm ertrug er die unsäglichen Leiden und vermehrte dieselben noch durch freiwillige Abtötungen. Tag und Nacht betete er zu Gott um die Gnade der Beharrlichkeit im Glauben und im Leiden für die heilige Kirche. Leovigild erschöpfte alle Mittel, um teils durch Versprechungen, teils durch Misshandlungen ihn zum Abfall zu bringen. Allein Hermenegild erwiderte nur die rührende Erklärung: „Ich bekenne, o Vater und König, daß deine Güte gegen mich sehr groß gewesen ist; deswegen werde ich auch bis zum letzten Atemzug die Ehrfurcht und Liebe, die ich dir schuldig bin, nie vergessen. Aber kannst du von mir verlangen, daß ich eine vergängliche Größe meinem ewigen Seelenheil vorziehe? Nein, um diesen Preis mag ich keine Krone; eher als daß ich die Wahrheit verleugne, bin ich bereit, Alles – selbst mein Leben – hinzugeben.“
Leovigild benützte das heilige Osterfest, um das Herz des Sohnes zu gewinnen, und schickte einen arianischen Bischof zu ihm in den Kerker, mit dem Auftrag, ihm die Kommunion und mit ihr – zum letzten Mal – die Begnadigung anzubieten. Hermenegild wies mit Abscheu den pharisäischen Versucher zurück: „Sehr leicht ist der Verlust eines zeitlichen Reiches zu verschmerzen, wenn man dafür ein himmlisches und ewiges zu hoffen hat. Niemals werde ich aus der Hand eines Ketzers die heilige Kommunion empfangen und mich mit dem Schein beflecken, als ob ich mit ihm in religiöser Gemeinschaft stehe. Schäme dich, daß du in bischöflichem Gewand die heilige Kirche Gottes zu verfolgen und das arme Volk ins ewige Verderben zu führen dich erfrechst.“ Der abgewiesene Bischof ging Rache dürstend zum König und hetzte mit giftiger Klage dessen Gemüt so in Wut, daß er seinen Haß gegen die katholische Kirche im Blut des eigenen Kindes zu kühlen sich entschloss und sogleich die Henker ins Gefängnis schickte, den Sohn zu töten. Hermenegild empfing ohne alle Widerrede das väterliche Todesurteil und beugte mit freudiger Opferwilligkeit das junge Haupt, welches ein Henker mit dem Beil spaltete am Karfreitag 586. Sein hl. Leib wird in der Kirche zu Sevilla verehrt.
Das Blut des heiligen Sohnes weckte das Gewissen des gottlosen Vaters, Angst und Reue peinigten ihn bis zur Todesstunde. Auf dem Sterbebett bat Leovigild den hl. Leander, daß er den jüngeren Sohn Reccared im katholischen Glauben unterrichte; er selbst aber verharrte nach dem schrecklichen Urteil Gottes in der Ketzerei, obschon er deren Lügenhaftigkeit erkannte. Reccared und mit ihm das ganze Volk kehrte in die Mutterarme der katholischen Kirche zurück. Dies schreibt Gregor von Tours dem Märtyrertod und der Fürbitte des hl. Hermenegild zu mit den Worten: „Hätte Hermenegild sein Blut für die Wahrheit nicht vergossen, so hätte dieses Königreich die Gnade der Wahrheit nie mehr empfangen. Das aber geschah nach der Verheißung Jesu: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, so bleibt es allein; wenn es aber stirbt, so bringt es viele Frucht. (Joh. 12) Bekannt ist, daß dies am Heiland, unserem Haupt, sich erfüllt hat. Eine gleiche Wirkung sehen wir auch in seinen Gliedern. Einer aus dem westgotischen Volk starb, auf daß Viele zum Leben kamen; Ein Samenkorn fiel in die Erde und eine so reiche Seelenernte sproßte daraus hervor.“ –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 275 – S. 277