Papst Pius XII. über die Missionskirche
Rundschreiben Papst Pius XII. vom 2. Juni 1951
Evangelii Praecones
Rundschreiben über die Förderung der katholischen Missionen, AAS XLIII (1951) 497-528
Auszüge
730 Die Künder des Evangeliums, die sich auf einem fast unermeßlichen Arbeitsfeld abmühen, damit das Wort Gottes seinen Lauf nehme und Ehre gewinne (2. Thess. 3, 1), sind der besondere Gegenstand Unsres herzlichen Gedenkens, da vor nunmehr fünfundzwanzig Jahren Unser unvergeßlicher Vorgänger Pius XI. das Rundschreiben Rerum Ecclesiae (Vgl. Pius XI., Rundschreiben Rerum Ecclesiae über die Förderung der Missionen, vom 27. Februar 1926. AAS XVIII (1926) 65-83) herausgegeben hat, worin er sehr weise Ratschläge zur stets weiteren Ausbreitung der katholischen Missionen erteilte. Und wenn Wir bedenken, welche bedeutende Fortschritte dieses heilige Unternehmen in diesem Zeitraum gemacht hat, so sind Wir von großer Freude erfüllt. Tatsächlich hat – wie Wir am 24. Juni 1944 vor den Leitern der Päpstlichen Missionswerke auszuführen Gelegenheit hatten – „die emsige Schaffensfreude der christlichen Glaubensboten sowohl in den bereits vom Licht des Evangeliums erleuchteten Ländern, als auch bei den Völkern, die es noch nicht erreicht hatte, eine Intensität und Reichweite wie vielleicht noch nie in der Geschichte der katholischen Missionen angenommen.“ (Pius XII., Ansprache Vivamente gradito an die Vorsteher der Päpstlichen Missionswerke, am 24. Ju i 1944. AAS XXXVI (1944) 209)
Heute jedoch, in diesen Zeiten voll Unruhe und Gefahren, in denen viele Völker durch entgegen gesetzte Interessen getrennt sind, scheint es Uns ganz besonders wichtig, dieses Anliegen nachdrücklich zu empfehlen, da ja die Boten des Evangeliums alle Menschen zu menschlicher und christlicher Liebe ermahnen und zu brüderlichen Beziehungen anhalten, die alle Rivalitäten und nationalen Grenzen überwinden sollen.
Darum haben Wir in der oben erwähnten Ansprache den Leitern der Missionswerke u.a. gesagt: „… Die Natur eurer Aufgabe, die durch keine nationalen Grenzen beschränkt ist, und eure gemeinsame brüderliche Arbeit lassen jenes besondere Kennzeichen der katholischen Kirche vor aller Augen hell aufstrahlen, das keine Zwietracht duldet, alle Feindseligkeiten meidet und den Spaltungen, die den Völkern Unruhen und zuweilen Elend bringen, durchaus abhold ist: Wir meinen den christlichen Glauben und die Liebe zu allen Menschen, die sich über alle feindlichen Lager, alle staatlichen Grenzen, alle Erdteile und Ozeane erhebt, die jedem einzelnen und allen insgesamt ein Ansporn ist, da Ziel anzustreben, das ihr euch gesteckt habt und das darin besteht, das Reich Gottes auf den ganzen Erdkreis auszudehnen.“ (Pius XII., Vivamente gradito an die Vorsteher der Päpstlichen Missionswerke, am 24. April 1944, AAS XXXVI (1944) 207)
733 Was Wir hier über den Fortschritt der Mission in den letzten fünfundzwanzig Jahren kurz erwähnt haben und was Wir während des Heiligen Jahres sehen konnten – als aus den fernen Gegenden, wo die Glaubensboten gewirkt hatten, eindrucksvolle Massen nach Rom strömten, um die Gnadengeschenke Gottes und Unseren Segen zu empfangen -, all das, sagen Wir, drängt Uns zur Erneuerung des sehnlichen Wunsches des Völkerapostels, als er an die Römer schrieb: … daß ich euch eine geistige Gabe mitteile zu eurer Stärkung, oder vielmehr um uns gegenseitig aufzumuntern durch unseren gemeinsamen Glauben, den euren wie den meinen. (Röm. 1, 11-12)
Und es scheint Uns, der göttliche Meister selber wiederhole uns allen die tröstlichen und mahnenden Worte: Erhebt die Augen und schaut die Felder an, sie sind schon weiß zur Ernte. (Joh. 4, 35) Da jedoch die Verkünder der christlichen Wahrheit den gegenwärtigen Anforderungen nicht gewachsen sind, ertönt gewissermaßen als Widerhall auf diese Worte die neue Aufforderung desselben göttlichen Erlösers: Die Ernte ist groß, aber die Zahl der Arbeiter ist gering. Bittet daher den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter auf sein Erntefeld sende. (Matth. 9, 37-38)
736 Jedenfalls muss man im Auge behalten, was Wir schon oben erwähnt haben, daß nämlich die noch zu leistende Arbeit gewaltige Anstrengungen und zahllose Werkleute erfordert. Bedenken wir doch, daß eine unabsehbare Menge unserer Brüder immer noch im Finstern und im Todesschatten sitzt (Ps. 106, 10), und daß ihre Zahl sich auf eine Milliarde belaufen mag. Darum ist es Uns, als dringe der unaussprechliche Seufzer des liebevollsten Herzens Jesu Christi immer noch an unser Ohr: Ich habe noch andere Schafe, die nicht zu diesem Schafstall gehören; auch sie muss ich herbei führen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirt sein. (Joh. 10, 16)
738 Das nächste Ziel der Missionen ist es, wie jedermann weiß, neuen Völkern das Licht des Evangeliums zu bringen und neue Gläubige für Christus zu gewinnen. Ihr Endziel aber, das man nie aus den Augen verlieren darf, muss darin bestehen, die Kirche fest und endgültig bei neuen Völkern zu verwurzeln und ihr dort eine eigene Hierarchie zu geben, die aus Einheimischen besteht.
In einem Schreiben vom 9. August vorigen Jahres an Unseren geliebten Sohn, Kardinal Pietro Fumasoni Biondi, den Präfekten der Propaganda-Kongregation, haben Wir u. a. gesagt: „Die Kirche hat keineswegs die Absicht, die Völker zu beherrschen oder irdische Mach an sich zu reißen: ihr einziger Wunsch ist es, allen Völkern das übernatürliche Licht des Glaubens zu bringen, die Entwicklung der menschlichen und bürgerlichen Kultur sowie die Eintracht unter den Völkern zu fördern.“ (Pius XII., Schreiben Perlibenti equidem an Kard. Pietro Fumasoni Biondi vom 9. August 1950. AAS XLII (1950) 727)
… Wir selber haben, wie schon erwähnt, im Jahre 1944 beim Empfang der Vorsteher der Missionswerke erklärt: „Darum richten sich die Sendboten des Glaubens nicht auf bereits bestellten Missionsfeldern ein, als ob das ihre Wohnsitze wären; ihre Aufgabe ist es vielmehr, den ganzen Erdkreis durch die Wahrheit des Evangeliums zu erleuchten und durch die Heiligkeit der Christen zu weihen. Es ist nämlich die Sendung der Missionare, das Reich des göttlichen Erlösers, der den Tod besiegt hat und auferstanden ist, und dem alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden (vgl. Matth. 28, 18) mit immer rascherem Schritt von einem Land zum andern zu tragen bis zu der entferntesten und unbekanntesten Hütte, bis zum entferntesten und unbekanntesten Menschen.“ (Pius XII., ebd. AAS XXXVI (1944) 208)
744 Wir kommen nun zu einem Gegenstand, der nicht weniger wichtig und schwerwiegend ist: die soziale Frage und ihre Lösung im Geist der Gerechtigkeit und Liebe. Während heute die Kommunisten ihre Ideen weit und breit propagieren und das einfache Volk leicht betören, ist es Uns, als halle Christ Wort an Unser Ohr: Mich erbarmt des Volkes. (Matth. 8, 2) Die klaren Grundsätze der Kirche auf diesem Gebiet müssen daher mit Eifer, Umsicht und Energie in die Tat umgesetzt werden. Es ist eine dringliche Notwendigkeit, alle Völker vor diesen verhängnisvollen Irrtümern zu bewahren, oder falls sie davon schon angesteckt sind, sie von diesen gewaltsamen Lehren zu befreien, die den Genuß der irdischen Güter als das einzige Lebensziel des Menschen hinstellen, den Besitz und die Verwaltung aller Lebensgüter der willkürlichen Gewalt des Staates überantworten und damit die Würde der menschlichen Person derart herab setzen, daß sie nahezu vernichtet wird.
751 … Ihr wißt, ehrwürdige Brüder, daß fast die ganze Menschheit heute in zwei feindliche Lager aufgespaltet ist, für oder wider Christus, und zwar mit zunehmender Verbissenheit. Die Menschheit schwebt in großer Gefahr; das Ende davon kann nur sein: entweder das Heil Christi oder der grauenhafteste Zusammenbruch. Die Glaubensboten sind emsig und tapfer an der Arbeit, um das Reich Christi auszubreiten, aber andere Boten sind am Werk, die alles auf die Materie zurück führen und die Hoffnung auf ein ewiges Leben in der Glückseligkeit verwerfen; sie sind daran, den Menschen ein völlig unwürdiges Los zu bereiten.
aus: Anton Rohrbasser, Heilslehre der Kirche, Dokumente von Pius IX. bis Pius XII., 1953, S. 437-464
siehe auch den Beitrag zum Thema Mission: Die äußere Mission der katholischen Kirche