Pius VIII. Traditi Humilitati (1829)

Hut, bischöflicher Krummstab, Kleidungsstücke eines Papstes

Traditi Humilitati

Über sein Programm für das Pontifikat

Papst Pius VIII. – 1829

Porträt von Papst Pius VIII. von Ferdinando Cavalleri (1794–1865)

An unsere Ehrwürdigen Brüder, Patriarchen, Primaten, Erzbischöfe und Bischöfe.

Ehrwürdige Brüder, Gruß und Apostolischer Segen.

Nach dem Brauch Unserer Vorfahren sind Wir im Begriff, Unser Pontifikat in der Laterankirche anzutreten. Dieses Amt ist Uns verliehen worden, obwohl Wir demütig und unwürdig sind. Mit Freude öffnen Wir Unser Herz für euch, ehrwürdige Brüder, die Gott Uns als Helfer bei der Leitung einer so großen Verwaltung gegeben hat. Wir freuen Uns, Euch die intimen Empfindungen Unseres Willens mitzuteilen. Wir halten es auch für nützlich, euch das mitzuteilen, was der christlichen Sache zugute kommen kann. Denn die Aufgabe Unseres Amtes besteht nicht nur darin, die Lämmer, d. h. das christliche Volk, zu weiden, zu regieren und zu leiten, sondern auch die Schafe, d. h. die Geistlichen.

2. Wir freuen uns und preisen Christus, der Hirten für die Bewahrung seiner Herde eingesetzt hat. Diese Hirten leiten ihre Herde mit großer Wachsamkeit, damit sie nicht einen von denen verlieren, die sie vom Vater empfangen haben. Denn Wir kennen gut, ehrwürdige Brüder, euren unerschütterlichen Glauben, euren Eifer für die Religion, eure Heiligkeit des Lebens und eure besondere Klugheit. Solche Mitarbeiter wie ihr machen Uns glücklich und zuversichtlich. Diese angenehme Situation ermutigt Uns, wenn Wir wegen der großen Verantwortung Unseres Amtes Angst haben, und sie erfrischt und stärkt Uns, wenn Wir uns von so vielen ernsten Sorgen überwältigt fühlen.

Wir werden euch nicht mit einer langen Predigt aufhalten, um euch daran zu erinnern, was alles erforderlich ist, um die heiligen Pflichten gut zu erfüllen, was die Kanones vorschreiben, damit niemand von der Wachsamkeit über seine Herde abweicht, und welche Aufmerksamkeit bei der Vorbereitung und Annahme von Amtsträgern gewahrt werden muss. Vielmehr rufen Wir Gott, den Erlöser, an, dass Er euch mit Seiner allgegenwärtigen Göttlichkeit beschütze und euer Tun und Streben mit glücklichem Erfolg segne.

3. Obwohl Gott Uns mit Euch trösten mag, sind Wir dennoch traurig. Das liegt an den zahllosen Irrtümern und Irrlehren, die nicht mehr heimlich und im Verborgenen, sondern offen und energisch den katholischen Glauben angreifen. Ihr wisst, wie böse Menschen durch die Philosophie (von der sie sich selbst als Lehrer bezeichnen) und durch leere, der natürlichen Vernunft entsprungene Irrtümer die Fahne der Auflehnung gegen die Religion hochgehalten haben.

In erster Linie wird der Römische Stuhl angegriffen, und die Bande der Einheit werden jeden Tag zerschnitten. Die Autorität der Kirche wird geschwächt und die Beschützer des Heiligen werden entrissen und verachtet. Die heiligen Gebote werden verachtet, die Feier der göttlichen Ämter wird lächerlich gemacht, und die Anbetung Gottes wird von den Sündern verflucht. [1] Alles, was mit Religion zu tun hat, wird auf die Fabeln alter Frauen und den Aberglauben der Priester zurückgeführt. Wahrlich, Löwen haben gebrüllt in Israel. [2] Unter Tränen sagen Wir: „Wahrlich, sie haben sich gegen den Herrn und gegen seinen Christus verschworen.“ Wahrlich, die Ungläubigen haben gesagt: „Reißt es nieder, reißt es nieder bis auf seine Grundmauern.“ [3]

4. Zu diesen Irrlehren gehört jene üble Erfindung der Sophisten unserer Zeit, die keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Glaubensbekenntnissen zulassen und meinen, das Tor des ewigen Heils stehe für alle in jeder Religion offen. Sie bezeichnen daher diejenigen, die die Religion, die sie erlernt haben, verlassen und eine andere Religion, sogar den Katholizismus, annehmen, mit dem Stigma der Leichtfertigkeit und Dummheit. Das ist gewiss eine ungeheuerliche Pietätlosigkeit, die der Wahrheit und dem Irrtum, der Tugend und dem Laster, dem Guten und dem Verwerflichen dasselbe Lob und das Prädikat des gerechten und aufrechten Menschen zuteilt.

In der Tat wird diese tödliche Idee, dass es keinen Unterschied zwischen den Religionen gibt, sogar durch das Licht der natürlichen Vernunft widerlegt. Wir können uns dessen sicher sein, weil die verschiedenen Religionen nicht oft untereinander übereinstimmen. Wenn die eine wahr ist, muss die andere falsch sein; es kann keine Gesellschaft der Finsternis mit dem Licht geben. Gegen diese erfahrenen Sophisten muss das Volk gelehrt werden, dass das Bekenntnis des katholischen Glaubens einzig und allein wahr ist, wie der Apostel verkündet: ein Herr, ein Glaube, eine Taufe. [4]

Hieronymus pflegte es so auszudrücken: Wer das Lamm außerhalb dieses Hauses isst, wird umkommen, wie die bei der Sintflut, die nicht mit Noah in der Arche waren. [5] In der Tat ist den Menschen kein anderer Name als der Name Jesu gegeben, durch den sie gerettet werden können. [6] Wer glaubt, wird gerettet; wer nicht glaubt, wird verdammt werden. [7]

5. Wir müssen uns auch vor denen hüten, die die Bibel mit neuen, den Gesetzen der Kirche widersprechenden Auslegungen veröffentlichen. Sie entstellen den Sinn geschickt durch ihre eigene Interpretation. Sie drucken die Bibeln in der Volkssprache und bieten sie unter Inkaufnahme unglaublicher Kosten sogar ungebildeten Menschen kostenlos an.

Darüber hinaus sind die Bibeln selten ohne perverse kleine Einschübe, um sicherzustellen, dass der Leser ihr tödliches Gift statt des rettenden Wassers der Erlösung in sich aufsaugt. Vor langer Zeit hat der Apostolische Stuhl vor dieser ernsten Gefahr für den Glauben gewarnt und eine Liste der Autoren dieser verderblichen Vorstellungen erstellt. Die Regeln dieses Verzeichnisses wurden vom Konzil von Trient veröffentlicht [8]; die Verordnung verlangte, dass Übersetzungen der Bibel in die Volkssprachen nicht ohne die Zustimmung des Apostolischen Stuhls erlaubt werden dürfen und dass sie mit Kommentaren der Väter veröffentlicht werden.

Die heilige Synode von Trient hatte zur Zügelung unverschämter Charaktere verfügt [9], dass niemand, der sich auf seine eigene Klugheit in Sachen des Glaubens und des Verhaltens, das die christliche Lehre betrifft, verlässt, die heilige Schrift nach seiner eigenen Meinung oder nach einer Meinung, die der der Kirche oder der Päpste widerspricht, verdrehen darf. Obwohl solche Machenschaften gegen den katholischen Glauben schon vor langer Zeit durch diese kanonischen Verbote bekämpft wurden, haben Unsere jüngsten Vorgänger besondere Anstrengungen unternommen, um diesen sich ausbreitenden Übeln Einhalt zu gebieten. [10]

Mit diesen Waffen möget auch ihr danach streben, die Schlachten des Herrn zu schlagen, die die heilige Lehre gefährden, damit diese tödliche Mit diesen Waffen möget auch ihr euch bemühen, die Kämpfe des Herrn zu kämpfen, die die heiligen Lehren gefährden, damit sich dieser tödliche Virus nicht in eurer Herde ausbreitet.

6. Wenn diese Verderbnis beseitigt ist, dann rottet die geheimen Gesellschaften von falschen Menschen aus, die sich in völligem Gegensatz zu Gott und zu den Fürsten befinden und sich ganz dem Ziel verschrieben haben, den Untergang der Kirche, die Zerstörung von Königreichen und die Unordnung in der ganzen Welt herbeizuführen. Indem sie die Schranken der wahren Religion abwerfen, bereiten sie den Weg für schändliche Verbrechen. Weil sie ihre Gesellschaften verheimlichten, erweckten sie den Verdacht, dass sie Böses im Schilde führten. Später brach diese böse Absicht aus, um die heiligen und bürgerlichen Ordnungen anzugreifen.

Daher haben die obersten Päpste, Unsere Vorgänger Clemens XII., Benedikt XIV., Pius VII. und Leo XII.[11], diese Art von Geheimgesellschaften wiederholt mit einem Anathema verurteilt. Unsere Vorgänger haben sie in apostolischen Briefen verurteilt; Wir bestätigen diese Gebote und ordnen an, dass sie genau befolgt werden. Wir werden in dieser Angelegenheit sorgfältig darauf achten, dass die Kirche und der Staat keinen Schaden durch die Machenschaften solcher Sekten erleiden. Mit eurer Hilfe nehmen Wir mit Nachdruck die Aufgabe in Angriff, die Hochburgen zu zerstören, die die verfaulte Gottlosigkeit böser Menschen errichtet.

7. Wir möchten, dass ihr von einem anderen Geheimbund wisst, der vor nicht allzu langer Zeit gegründet wurde, um die jungen Leute zu verderben, die an den Gymnasien und Lyzeen unterrichtet werden. Ihr listiger Zweck ist es, böse Lehrer zu engagieren, die die Schüler auf die Pfade des Baal führen, indem sie ihnen unchristliche Lehren beibringen. Die Täter wissen genau, dass Geist und Moral der Schüler durch die Lehren der Lehrer geprägt werden.

Ihr Einfluss ist bereits so überzeugend, dass alle Furcht vor der Religion verloren gegangen ist, alle Disziplin der Moral aufgegeben wurde, die Heiligkeit der reinen Lehre angefochten wurde und die Rechte der geistlichen und der bürgerlichen Macht mit Füßen getreten wurden. Sie schämen sich auch keines schändlichen Verbrechens oder Irrtums. Wir können wahrhaftig mit Leo dem Großen sagen, dass für sie „das Gesetz eine Ausflucht ist, die Religion der Teufel und das Opfer eine Schande“ [12]. Bemüht euch, nicht nur gelehrte, sondern auch gute Männer mit der Erziehung unserer Jugend zu beauftragen.

8. Wacht auch über die Seminare mit größerem Eifer. Die Väter von Trient haben dir die Verantwortung für ihre Verwaltung übertragen. [13] Aus ihnen müssen Männer hervorgehen, die sowohl in der christlichen und kirchlichen Disziplin als auch in den Grundsätzen der gesunden Lehre gut unterwiesen sind.

Solche Männer können sich dann durch ihre Frömmigkeit und ihre Lehre auszeichnen. So wird ihr Dienst ein Zeugnis sein, auch für diejenigen, die nicht zur Kirche gehören, und sie werden in der Lage sein, diejenigen zu widerlegen, die vom Weg der Gerechtigkeit abgekommen sind. Seid bei der Auswahl der Seminaristen sehr vorsichtig, denn das Heil des Volkes hängt hauptsächlich von guten Seelsorgern ab. Nichts trägt mehr zum Verderben der Seelen bei als gottlose, schwache oder ungebildete Kleriker.

9. Die Ketzer haben überall pestilenzielle Bücher verbreitet, durch die sich die Lehren der Gottlosen wie ein Krebsgeschwür ausbreiten. [14] Um dieser tödlichsten Plage entgegenzuwirken, scheut keine Mühe. Lasst euch von den Worten Pius‘ VII. ermahnen: „Mögen sie nur die Nahrung für gesund halten, zu der die Stimme und die Autorität Petri sie gesandt hat. Mögen sie eine solche Nahrung wählen und sich davon ernähren. Mögen sie die Nahrung, von der die Stimme Petri sie abhält, als völlig schädlich und verderblich beurteilen. Mögen sie schnell davor zurückschrecken und sich niemals von ihrer Erscheinung einfangen und von ihren Verlockungen verführen lassen.“ [15]

10. Wir möchten auch, dass ihr euren Schäfchen Ehrfurcht vor der Heiligkeit der Ehe einflößt, damit sie niemals etwas tun, was der Würde dieses Sakraments abträglich ist. Sie sollen nichts tun, was dieser makellosen Verbindung unwürdig wäre, und nichts, was Zweifel an der Dauerhaftigkeit des Ehebundes wecken könnte. Dieses Ziel wird erreicht, wenn das christliche Volk richtig gelehrt wird, dass das Ehesakrament nicht so sehr dem menschlichen als vielmehr dem göttlichen Recht unterliegt und dass es zu den heiligen und nicht zu den irdischen Angelegenheiten zu zählen ist. Daher ist sie vollständig der Kirche unterstellt. Früher hatte die Ehe keinen anderen Zweck als den, Kinder in die Welt zu setzen.

Nun aber ist sie von Christus, dem Herrn, in die Würde eines Sakraments erhoben und mit himmlischen Gaben bereichert worden. Ihr Zweck ist nun nicht mehr so sehr die Zeugung von Nachkommenschaft, sondern die Erziehung von Kindern für Gott und für die Religion. Dadurch erhöht sich die Zahl der Verehrer der wahren Gottheit. Es besteht Einigkeit darüber, dass der Bund der Ehe die immerwährende und erhabene Vereinigung Christi mit seiner Kirche bedeutet; folglich ist der enge Bund von Mann und Frau ein Sakrament, das heißt ein heiliges Zeichen der unsterblichen Liebe Christi zu seiner Braut.

Deshalb lehre das Volk, was in den Regeln der Kirche und in den Dekreten der Konzilien gebilligt und was verurteilt wird [16], erklärt auch die Dinge, die zum Wesen des Sakraments gehören. Dann werden sie in der Lage sein, diese Dinge zu vollbringen, und werden es nicht wagen, das zu versuchen, was die Kirche verabscheut. Darum bitten wir euch inständig wegen eurer Liebe zur Religion.

11. Ihr wisst nun, was Unseren gegenwärtigen Kummer verursacht. Es gibt auch noch andere, nicht weniger schwerwiegende Dinge, die hier aufzuzählen zu lange dauern würde, die ihr aber gut kennt. Sollen Wir Unsere Stimme zurückhalten, wenn die christliche Sache in so großer Not ist? Sollen Wir uns durch menschliche Argumente zurückhalten lassen? Sollen Wir schweigend dulden, dass das nahtlose Gewand Christi, des Erlösers, zerrissen wird, das selbst die Soldaten, die Ihn kreuzigten, nicht zu zerreißen wagten?

Lasst es Uns niemals an eifriger Seelsorge für Unsere Herde mangeln, die doch von schweren Gefahren bedroht ist. Wir wissen, dass du noch mehr tun wirst, als Wir erbitten, und dass du den Glauben durch Lehre, Rat, Arbeit und Eifer bewahren, vermehren und verteidigen wirst.

12. Mit vielen inbrünstigen Gebeten bitten Wir, dass, wenn Gott die Reue Israels wiederherstellt, die heilige Religion überall aufblühen möge. Wir bitten auch, dass das wahre Glück des Volkes ungestört bleiben möge, und dass Gott den Hirten seiner irdischen Herde stets beschützen und ernähren möge. Mögen die mächtigen Fürsten der Nationen mit ihrem großzügigen Geist Unsere Sorgen und Bemühungen unterstützen. Mögen sie mit Gottes Hilfe weiterhin energisch das Gedeihen und die Sicherheit der Kirche fördern, die von so vielen Übeln heimgesucht wird.

13. Lasst uns diese Dinge demütig von Maria, der heiligen Mutter Gottes, erbitten. Wir bekennen, dass sie allein alle Irrlehren überwunden hat, und Wir grüßen sie mit Dankbarkeit an diesem Tag, dem Jahrestag der Wiederherstellung der Stadt Rom durch Unseren Vorgänger Pius VII. nach vielen Widrigkeiten, die er erlitten hat. Diese Dinge erbitten wir von Petrus, dem Apostelfürsten, und seinem Koapostel Paulus. Diese beiden Apostel mögen mit dem Einverständnis Christi gewähren, dass Wir, fest gegründet auf dem Felsen des kirchlichen Bekenntnisses, keine störenden Umstände erleiden. Von Christus selbst erbitten Wir demütig die Gaben der Gnade, des Friedens und der Freude für dich und die dir anvertraute Herde. Als Unterpfand Unserer Zuneigung erteilen Wir liebevoll den apostolischen Segen.

Gegeben in Rom, im Petersdom, am 24. Mai 1829, dem ersten Jahr Unseres Pontifikats.

Anmerkungen:

1. Weish 1.32.
2. Jer 2,25.
3. Ps 136,7.
4. Eph 4,5.
5. Brief an Damasus, den 37. Papst.
6. Apostelgeschichte 4,12.
7. Mk 16,16.

8. Regel 4 des Index, und der Zusatz zu diesem aus dem Indexdekret vom 13. Juni 1737.
9. Sitzung 4 zum Dekret über die heiligen Bücher.
10. Verlesung u.a. der apostolischen Briefe Pius‘ VII. an die Erzbischöfe von Gnesen (1. Juni 1816) und Mohilev (3. September 1816).
11. Clemens XII, Konstitution In eminenti; Benedikt XIV, Konstitution Providas; Pius VII, Konstitution Ecclesiam a Jesu Christo; Leo XII, Konstitution Quo graviora.
12. In der Predigt 5 über das Fasten im zehnten Monat, Kap. 4.
13. Sitzung 25, Kap. 18, über die Reform.
14. 2 Tim 2,17.
15. In der Enzyklika an alle Bischöfe, die in Venedig veröffentlicht wurde.
16. Lies den römischen Katechismus für Pfarrer über die Ehe.

Quelle: papalencyclicals

Siehe auch die Beiträge über den Indifferentismus und über den Philosophismus

Bildquellen

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