Das letzte Gericht und ewige Scheidung

Das allgemeine Gericht: Jesus Christus, der Richter über die ganze Menschheit im jüngsten Gericht

Christi Wiederkunft: Letztes Gericht und ewige Scheidung

(Mt. 25, 31-46)

Jesus fuhr fort: „Wenn nun (1) der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommen wird, und alle Engel mit ihm, da wird er sitzen auf dem Thron seiner Herrlichkeit. Und es werden vor ihm versammelt werden (2) alle Völker der Erde, und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe scheidet von den Böcken; und die Schafe wird er zu seiner rechten stellen, die Böcke aber zur Linken.“ (3)

„Alsdann wird der König (4) denen zu seiner Rechten sagen: Kommt, ihr Gesegneten meines Vaters (5), nehmt in Besitz das Reich, das seit Grundlegung der Welt euch bereitet ist! (6) Denn ich war hungrig, und ihr habt mich gespeist; ich war durstig, und ihr habt mich getränkt; ich war ein Fremdling, und ihr habt mich beherbergt; ich war nackt, und ihr habt mich bekleidet; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen. (7) Dann werden ihm die Gerechten antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen, und dich gespeist? Oder durstig, und dich getränkt? Wann haben wir dich als Fremdling gesehen, und dich beherbergt? Oder nackt, und dich bekleidet? Oder wann haben wir ich krank gesehen, oder im Gefängnis und sind zu dir gekommen? (8) Und der König wird ihnen antworten: Wahrlich sage ich euch, so oft ihr das einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, habt ihr es mir getan.“ (9)

„Dann wird er denen zur Linken sagen: Weichet von mir, ihr Verfluchten (10), in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet worden ist. (11) Denn ich war hungrig, und ihr habt mich nicht gespeist; ich war durstig, und ihr habt mich nicht getränkt; ich war ein Fremdling, und ihr habt mich nicht beherbergt; ich war nackt, und ihr habt mich nicht besucht. Da werden ihm auch diese antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder als Fremdling oder nackt oder krank oder im Gefängnis gesehen und haben dir nicht gedient? Dann wird er ihnen antworten: Wahrlich, ich sage euch, so oft ihr das einem der geringsten meiner Brüder nicht getan habt, habt ihr es auch mir nicht getan. Und es werden diese gehen in die ewige Pein, die Gerechten aber in das ewige Leben.“ (12)

Anmerkungen:

(1) Christus hatte (Mt. 24, 31) von seiner Wiederkunft zum Weltgericht gesprochen und hiervon Veranlassung genommen, besonders durch die Gleichnisse von den Jungfrauen und den Talenten zur wachsamen und eifrigen Vorbereitung auf dieselbe zu ermahnen. Jetzt nimmt er die Schilderung des Weltgerichtes wieder auf und vollendet sie in einigen kurzen und erhabenen Zügen. Zugleich zeigt er dabei, daß sich die Wachsamkeit und treue vornehmlich in Werken der Liebe und Barmherzigkeit bewähren muss.

(2) Das Gericht wird hiernach an einem bestimmten Ort stattfinden, nach gewöhnlicher Annahme im Tal Josaphat zwischen Jerusalem und dem Ölberg, das gewissermaßen Zeuge der tiefsten Erniedrigung wie auch der Erhöhung Christi gewesen. Manche nehmen an, Jesus werde dort, auf dem Ölberg, wo er einst auf einer lichten Wolke zum Himmel aufgefahren, auch ebenso zum Gericht wiederkommen.

(3) Diese Scheidung wird durch die Engel vollzogen. Die Guten werden wegen ihrer Unschuld, Sanftmut und Geduld mit Schafen, die Bösen aus dem entgegen gesetzten Grund mit Böcken verglichen.

(4) Der Menschensohn wird König genannt als der Herr des himmlischen Reiches, in das er im Gericht die einen aufnimmt, während er die andern auf ewig davon ausschließt. (Vgl. Ps. 2, 6. 13); Dn. 7, 13. 14)

(5) Gesegnet durch die göttliche Gnade, gesegnet durch neue Gnaden für die treue Mitwirkung und gesegnet jetzt durch die Vollendung aller Gnaden in der himmlischen Herrlichkeit.

(6) Die Seligkeit ist ihnen bestimmt von Ewigkeit her (Eph. 1, 4), der Ort derselben ist ihnen bereitet vom Anbeginn der Schöpfung. Auch die Unglücklichen, die jetzt das Urteil der Verdammnis empfangen, sollten den Himmel besitzen; aber durch ihre eigene Schuld und Bosheit haben sie denselben verscherzt.

(7) Diese Liebeswerke, nebst dem „die Toten begraben“ (vgl. Sir. 38, 16; Tob. 12, 12), heißen in der Sprache der Kirche „Werke der leiblichen Barmherzigkeit“. Jesus nennt sie als die augenfälligsten Erweise der Nächstenliebe, die der Beweis der Liebe Gottes ist, statt aller Werke der Nächstenliebe und aller guten Werke überhaupt, die man aus Liebe zu ihm vollbringt.

(8) So werden sie nicht wirklich fragen, denn sie wissen es ja durch den Glauben; aber sie werden so ausrufen voll höchsten Erstaunens, weil sie dann sehen werden, in welch erhabener Weise und ungeahntem Maße es wahr ist, und wie unbeschreiblich groß und herrlich der Lohn dafür ist.

(9) Er hat ja diese seine Brüder so geliebt, daß er für sie Mensch geworden ist und selbst den bittersten Tod am Kreuz erlitten hat; er liebt sie, wie der Vater ihn liebt und wie er den Vater liebt, und er ist das Haupt des geheimnisvollen Leibes, von dem sie die Glieder sind; die Gerechten aber haben diese Werke auch geübt aus Liebe zu ihm, haben sie auf ihn bezogen. –

Öfters hat der Heiland schon hier auf Erden diese Wahrheit noch mehr veranschaulichen wollen; so, wenn er, von seinen Engeln umgeben, dem hl. Martinus erschien und sprach: „Martinus hat mich mit diesem Kleid bedeckt“; oder wenn er den frommen Gemahl der hl. Elisabeth statt des armen Aussätzigen, den diese pflegte, das Bild des Gekreuzigten erblicken ließ.

(10) Es fehlt der Beisatz „meines Vaters“, um anzudeuten, daß dieser schreckliche Zustand, der sie zum Gegenstand des höchsten Abscheus Gottes macht und dem höllischen Feuer überliefert, in keiner Weise von Gott herkomme, sondern der Bosheit ihres eigenen Willens entspringe.

(11) Es heißt hier nicht: „das euch bereitet ist“; denn die Hölle ist nicht für die Menschen erschaffen; aber die Menschen schaffen gewissermaßen sich selbst für die Hölle, indem sie sich zu Sklaven desjenigen machen, der der Fürst der Hölle ist, und diejenigen nachahmen, die sie bewohnen. Es heißt auch nicht: „seit Grundlegung der Welt“; denn die Sünde war früher als die Hölle, und Gott hat die Hölle erst erschaffen, als er durch den Abfall der Engel gleichsam dazu gezwungen ward.

(12) Wie der Himmel für die seligen von nie endender Dauer ist, so auch die Hölle für die Verdammten; der Ausdruck ist beide mal derselbe, und auch sonst läßt die göttliche Offenbarung hierüber nicht den mindesten Zweifel. –

Mit Verkündigung dieser ebenso furchtbaren als trostreichen Wahrheit schließt der Heiland sein öffentliches Lehramt, um sein bitteres Leiden zu beginnen und durch seinen Versöhnungstod am Kreuz den Menschen die Gnade zu erwerben, der Hölle entgehen und den Himmel erlangen zu können. Er erinnert nochmals daran, unmittelbar vor dem Urteil, das ihn dem Tod überlieferte. –
aus: Schuster u. Holzammer, Handbuch zur Biblischen Geschichte, Zweiter Band, Das Neue Testament, 1910, S. 434 – S. 436

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