Christkindleins Pflegevater St. Joseph

Der heilige Joseph sitzt auf einem Thron, das Jesuskind steht links und wird vom heiligen Joseph gehalten, in der Hand hält er einen Lilienzweig; vor ihnen knien rechts ein Mann in päpstlicher Kleidung und links ein Priester

Christkindleins Pflegevater St. Joseph – Beschützer der heranwachsenden Jugend

Es war im Jahr 1055 vor Christus, als zu Hebron, einer Gebirgsstadt in Palästina, David aus Bethlehem zum König von Juda gesalbt wurde. Er war der erste seines Stammes, der zum König gewählt worden war. Im Laufe der Zeiten erlosch der Glanz dieses königlichen Geschlechtes; seine Abkömmlinge gerieten in Vergessenheit und in solche Armut, daß sie ihren Lebensunterhalt sogar durch Handarbeit erwerben mussten.

Aus diesem königlichen Geschlecht stammt auch der hl. Joseph. Er war zu Bethlehem oder, wie einige meinen, zu Nazareth geboren und betrieb das Handwerk eines Zimmermanns.

So sehr aber der weltliche Glanz des Königtums bei Joseph erloschen war, so hoch war die Würde des Amtes, zu welchem Gott ihn bestimmt hatte, der Nähr- und Pflegevater des Gottmenschen Jesus Christus zu sein. Er sollte den Erlöser der Welt als Kindlein auf seinen Armen tragen, vor Herodes schützen, für seine tägliche Nahrung sorgen, kurz alles tun, was ein Vater für sein geliebtes Kind nur tun kann.

Da der hl. Joseph im Auftrag des ewigen Vaters die Erziehung des Sohnes Gottes leitete, so hatte er von demselben auch eine besondere Gnade zur Beschützung der Kindheit und der heranwachsenden Jugend erlangt. Zum Beweis dafür wollen wir ein paar Geschichten erzählen.

Bekehrung eines Kind

Vor nicht gar langer Zeit lebte in Frankreich eine brave Frau, die ihrem Töchterlein eine fromme Erziehung gab. Allein das Kind hatte einen leichtfertigen Charakter. Die Mutter war daher für seine Zukunft sehr besorgt. Da kam sie auf den Gedanken, das Mädchen unter den Schutz des hl. Joseph zu stellen und dessen Seelenheil in seine Hände zu legen. Das Mädchen wußte davon nichts. Aber es merkte nach einiger Zeit nur, daß es mit ihm etwas anders werde; es bekam ernste Gedanken, es fiel ihm oft der Tod und die Ewigkeit ein; es fing an, über seinen Seelenzustand nachzudenken, und fühlte immer mehr Abscheu vor den Unterhaltungen des Weltlebens, dagegen Freude am Guten. Es dauerte nicht lange, so konnte die Mutter zu ihm sagen: „Liebes Kind, wie kommt es denn, daß du dich so ganz verändert hast? Ich kann mir das nicht recht erklären.“ –

Das Kind fuhr fort, mit der Gnade Gottes mitzuwirken, und empfing dafür wieder neue und noch größere Gnaden. Früher durfte man ihm nicht reden vom Klosterleben, jetzt aber sehnte es sich selbst danach; es überwand alle Schwierigkeiten, die ihm gemacht wurden, brachte manches Opfer und trat endlich wirklich in einen religiösen Orden.

St. Joseph ermuntert ein Pflegekind zur Bewahrung der Unschuld

In der Stadt Lyon in Frankreich war eine katholische Anstalt zur Erziehung von Mädchen. Sie wurde von den Klosterfrauen aus dem Orden des hl. Benedikt geleitet. Kinder, welche sich auf die erste heilige Kommunion vorbereiteten, bildeten dort einen Verein untereinander, dessen Schutzpatron der hl. Joseph ist. Sie hießen ihn alle nur „den guten Vater“.

Eines Jahres war in diesem Verein ein Mädchen, Valerie mit Namen. Sie hat verstanden, welch ein kostbares Kleinod die heiligmachende Gnade sei, und welch ein glückliches Herz derjenige hat, der die Taufunschuld durch keine schwere Sünde verloren. Sie betete daher oft zum hl. Joseph, zum „guten Vater“, er möge nicht zulassen, daß sie diese Gnade je verliere. Da wurde zu Neujahr 1853 in der Familie der kleinen Valerie die Vermählung ihrer Schwester begangen, und die Kleine sollte auch dabei sein. Aber sie fürchtete, daß bei den Lustbarkeiten ihre Unschuld in Gefahr kommen und sie die heiligmachende Gnade einbüßen könnte. Sie sagte daher zum hl. Joseph: „Guter Vater, verhindere doch, daß ich nach Hause komme.“ –

Kurze Zeit hernach eilte Valerie zu ihrer Meisterin und zeigte ihr rote Flecke im Gesicht und auf den Händen. Es war ein krankhafter Ausschlag über sie gekommen. So musste sie im Kloster bleiben und zu Bett gehen, indes zu Hause die Hochzeit gefeiert wurde. Von jetzt an betete Valerie noch vertrauensvoller zum „guten Vater“ um Bewahrung der Unschuld; sie wolle lieber sterben, sagte sie zu ihm, als diese große Gnade verlieren. Es vergingen noch anderthalb Jahre, und Valerie starb in der Tat eines seligen Todes im Kleid der Unschuld.

St. Joseph verhindert eine gefährliche Reise

In einer Erziehungsanstalt in Frankreich, welche von den Schwestern der Liebe geleitet wurde, war ein Mädchen von 15 Jahren. Sie hatte den Plan gefaßt, die Anstalt zu verlassen und nach Paris zu gehen, wo sie, gleich so vielen andern ihres Geschlechtes, in die größten Gefahren für ihre Sittlichkeit gekommen wäre. Eine von den ehrwürdigen Schwestern bat nun ihre Meisterin, mit ihr zum hl. Joseph zu flehen, daß er doch diese Reise verhindern möge, wenn sie dem Mädchen zum Unheil gereichen sollte. „Ach“, sagte die Meisterin, „das wird nichts nützen; die Abreise ist schon bestimmt.“ Allein die Schwester drang in sie und gab ihr den Rat, mit den übrigen Zöglingen neun Tage lang für jene arme Seelen im Fegefeuer zu beten, welche besonders den hl. Joseph verehrt haben; die Schwester selber versprach dem hl. Joseph, sie wolle es in einer Monatsschrift veröffentlichen, wenn sie erhört würden.
Die neun Tage waren noch nicht zu Ende, da setzte der Großvater des Mädchens seinen Absichten Hindernisse in den Weg, und das Geld, das man für ihre Reise geschickt hatte, war, man weiß nicht wie, verloren gegangen. So musste die Reise nach Paris unterbleiben. Einige Tage nachher machte das Kind mit den anderen Zöglingen die geistlichen Übungen und war von da an mit den besten Gesinnungen beseelt.

St. Joseph als Augenarzt

Ein Herr aus Frankreich schrieb an den Herausgeber einer Monatsschrift zu Ehren des hl. Joseph folgenden Brief vom 9. August 1875:

„Eine von meinen kleinen Töchtern, ein Mädchen von acht Jahren, bekam im vorigen Jahr ein Augenleiden. Einige dagegen angewandte Mittel verschafften ihm Erleichterung. Allein das Übel trat dieses Jahr mit einer Heftigkeit auf, die uns ernste Besorgnisse einflößte. Zwei Monate hindurch waren die Augen so fest verschlossen, daß kein Mittel sie zu öffnen vermochte. Das Kind hatte zu gleicher Zeit fast allen Appetit verloren und wurde sehr mager. Man beriet zwei Ärzte; der eine sagte: ‚Versuchen wir einige Mittel‘ – gab uns aber sehr wenig Hoffnung und nur auf ferne Zeit; der andere gab keinen beruhigenderen Bescheid. Nun machte ich mit meiner Frau das Versprechen, im Falle der hl. Joseph uns helfen würde, die Erhörung in Ihrer Schrift zu veröffentlichen. Wir fingen eine neuntägige Andacht an. Ungefähr am achten Tag nahm das Kind, während man sich mit ihm unterhielt, die Binde von den Augen, und siehe da, die beiden blauen Augen standen offen und sind bis zur Stunde so glänzend, als wären sie nie krank gewesen. Als man nun die Kleine fragte, welcher der Doktoren sie geheilt habe, sagte sie immer: ‚Das ist der hl. Joseph gewesen.‘ – Liebe und Dank sei ihm für seine gütige und zarte Hilfe!“

Rettung eines Kindes vor dem nahen Tod

Im Jahr 1638 herrschte in Frankreich eine ansteckende Krankheit, die Pest. Auch die Stadt Lyon wurde davon ergriffen. Da war eine Mutter, die ein vierjähriges Knäblein hatte, Martin mit Namen. Plötzlich bekam zum größten Leidwesen der Mutter auch das Kind die Krankheit. Das arme Weib weinte an dem Bett des Knäbleins; der Vater war gefaßter, er hatte sich dem heiligsten Willen Gottes ergeben. Ein guter Freund, der auf Besuch kam, gab nun der Mutter den Rat, sie solle das Kind dem Schutz des hl. Joseph anempfehlen. „O ja“, antwortete die bekümmerte Frau, „das will ich gern tun; gerade dem hl. Joseph will ich das Kind andächtig empfehlen, denn Martin ist am Fest dieses Heiligen geboren worden.“ Zugleich kniete sie nieder und betete für ihr Kind zu ihm. Zwei Stunden darauf kam der Vater und sah nach, wie es dem Kleinen gehe; er fand ihn aber so schlecht, daß er ihn schon für rettungslos verloren hielt. Auch die Mutter meinte, es sei Martins letzte Stunde gekommen. Dennoch verloren beide das Vertrauen nicht; sie fuhren fort, den hl. Joseph anzurufen. Noch hatten sie ihr Gebet nicht vollendet, als das Kind mit einem Mal Speise verlangte und aufstehen wollte, denn es war vollkommen gesund. Die frohen und dankbaren Eltern opferten bald darauf am Altar des hl. Joseph ein kleines Gemälde, welches das wunderbare Ereignis darstellte.

Ihr Kinder sollt darum den hl. Joseph verehren, und wenn ihr für euch selbst oder für eure guten Eltern Hilfe von Gott braucht, ihn anrufen, daß er mit euch und für euch bete. Die hl. Theresia erzählt von sich, daß sie Gott nie um etwas durch die Fürbitte des hl. Joseph angerufen habe, was sie nicht erhalten hätte, und durch mehrere Jahre habe sie am Tag seines Festes jedesmal die Gnade empfangen, um die sei gebeten habe. Dann sagte sie: „Ich bitte im Namen Gottes alle, welche meinen Worten keinen Glauben schenken wollen, es mit dem hl. Joseph nur einmal zu versuchen. Sie werden dann selbst erfahren, wie überaus heilsam es ist, mit besonderer Verehrung zu diesem Heiligen seine Zuflucht zu nehmen.“ –
aus: Franz Hattler SJ, Katholischer Kindergarten oder Legende für Kinder, 1911, S. 164 – S. 167

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