Verheißung des allerheiligsten Sakramentes (Joh. 6, 22-72)
1. Die Veranlassung zur Verheißungsrede. 2. Die Verheißungsrede: a) der Heiland als Messias und Gottmensch das Brot des Lebens für den, der glaubt; b) der Heiland in der heiligen Eucharistie das Brot des Lebens für den, der ihn genießt. 3. Das Murren des Unglaubens. 4. Das Bekenntnis des Glaubens. 5. Das „Brot des Lebens“ und der Verräter.
Als des andern Morgens das Volk, das Jesus so wunderbar gespeist hatte, sah, daß er nicht mehr da sei, bestiegen sie Schiffe, die eben von Tiberias kamen, fuhren nach Kapharnaum und suchten ihn. Sie fanden ihn in der Synagoge. Weil sie aber am vorigen Abend die Jünger ohne ihn hatten abfahren sehen, so fragten sie verwundert: „Meister, wann bist du hierher gekommen?“ Er erwiderte ihnen: „Wahrlich, wahrlich, sage ich euch, ich sucht mich nicht darum, weil ihr Wunder gesehen, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid. Bemüht euch nicht um vergängliche Speise, sondern um jene, die bleibt zum ewigen Leben, die der Menschensohn euch geben wird; denn diesen hat Gott der Vater besiegelt.“ (1)
Der Heiland als Messias und Gottmensch ist das Brot des Lebens
Da fragten sie: „Was sollen wir denn tun, dass wir die Werke Gottes wirken?“ (2) Jesus antwortete ihnen: „Das ist das Werk Gottes, daß ihr an den glaubt, den er gesandt hat.“ Und sie sprachen: „Was tust du denn für ein Zeichen, daß wir es sehen und glauben? Unsere Väter haben das Manna gegessen in der Wüste, wie geschrieben steht: Brot vom Himmel hat er ihnen zu essen gegeben.“ (3) Da sprach Jesus zu ihnen: „Wahrlich, wahrlich, sage ich euch, nicht Moses hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. (4) Denn das ist das wahre Brot, das vom Himmel herabgekommen ist und der Welt das Leben gibt.“
Da sprachen sie zu ihm: „Herr, gib uns für immer dieses Brot!“ (5) Jesus sprach zu ihnen: „Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, den wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten. Aber ich habe es euch gesagt, daß ihr mich gesehen habt und doch nicht glaubt. Alles, was mir der Vater gibt, wird zu mir kommen (6), und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen. (7)
Denn ich bin vom Himmel herabgekommen, nicht damit ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat. Das aber ist der Wille des Vaters, der mich gesandt hat, dass ich nichts von dem, was er mir gegeben, verliere, sondern es auferwecke am jüngsten Tag. Das ist nämlich der Wille meines Vaters, der mich gesandt hat, dass jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, das ewige Leben habe; und ich werde ihn auferwecken am jüngsten Tag.“
Da murrten die Juden darüber, dass er gesagt hatte: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist“, und sagten: „Ich denn dieser nicht Jesus, der Sohn Josephs, dessen Vater und Mutter wir kennen? Wie sagt denn dieser (8): Ich bin vom Himmel herabgekommen?“ Da antwortete Jesus und sprach zu ihnen (9): „Murret nicht untereinander. Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zieht; und ich werde ihn auferwecken am jüngsten Tag. Es steht geschrieben in den Propheten: ‚Und sie werden alle Lehrlinge Gottes sein.‘ (10)
Wer immer vom Vater gehört und gelernt hat, der kommt zu mir. Nicht dass den Vater jemand gesehen hätte; nur der, welcher von Gott ist, der hat den Vater gesehen. (11) Wahrlich, wahrlich, sage ich euch, wer an mich glaubt, hat das ewige Leben.“
„Ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben; dieses aber ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist, damit, wer davon isst, nicht sterbe. Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Das Brot aber, das ich geben werde, ist mein Fleisch, das ich hingeben werde für das Leben der Welt.“ (12)
Anmerkungen:
(1) d. h. überhaupt durch Wunder, und besonders durch das der Brotvermehrung, hat der Vater ihn beglaubigt (wie man eine Urkunde durch das Siegel beglaubigt) als den, der auch diese unvergängliche Speise geben kann, als den Messias. Darauf sollten sie ihr Augenmerk richten, nicht auf die körperliche Sättigung.
(2) Werke Gottes, d. h. wie Gott sie begehrt, damit wir diese herrliche Speise empfangen können. Jesus fordert als das Eine, das Erste und Notwendigste, an ihn und seine göttliche Sendung zu glauben.
(3) Wenn Jesus der Messias ist und sonach hoch über Moses steht, so soll er das bewahrheiten durch Verleihung eines ähnlichen, ja noch viel wunderbareren Brotes wie das Manna.
(4) Das Manna kam, obwohl es ein wunderbares Brot war und aus der Höhe niederstieg, nicht im eigentlichen Sinne vom Himmel, und nicht Moses gab es, sondern mein himmlischer Vater, der damit das wahre Himmelsbrot vorbildete, das er euch durch mich gibt.
(5) Der Samaritanerin ähnlich fassen sie die Worte Jesu sinnlich und meinen, er rede von einem leiblichen Brot, das aber herrlicher sei als selbst das Manna. Dem gegenüber bezeichnet Jesus sich selbst als dieses Brot des Lebens, das durch seine Gnade und Glorie mitteilt. Aber gerade das wollen die Juden nicht; sie wollen nicht an Jesus glauben, obwohl sie „ihn gesehen“ und Zeugen seiner Wunder gewesen sind. Daher der folgende Vorwurf Jesu.
(6) Die entscheidende Anregung zum Glauben und zur Hingabe an Jesus geht nicht vom Menschen, sondern von Gott aus. Eben darum aber ist es notwendig, dass der Mensch seiner Selbstsucht entsage, sich an Gott hingebe und sich dem Zug seiner Gnade überlasse, wenn er wahrhaft zum Glauben und zum Heil gelangen will. Gerade entgegengesetzt aber war die Seelenstimmung dieser Juden.
(7) Gerne wird Jesus die aufnehmen, die der Vater ihm zuführt, da er gerade deshalb Mensch geworden ist, um in allem den Willen des Vaters zu erfüllen, zur Erlösung und Zum Heil der Menschen.
(8) Sprache des Unglaubens; sie leugnen die Möglichkeit. „Dieser“ sagen sie mit dem Ausdruck der Verachtung.
(9) Ernste Zurechtweisung: „Urteilt nicht nach Fleisch und Blut und widersetzt euch nicht dem Zug der Gnade; sonst könnt ihr nicht mit mir in Gemeinschaft treten und nicht das ewige Leben erlangen.“
(10) D. h. es wird eine Zeit kommen, wo Gott selbst die Menschen innerlich belehren und erleuchten wird (Is. 54, 13 u.a.); diese Zeit ist jetzt da; widersetzt euch also dieser göttlichen Belehrung und diesem inneren Zug der Gnade nicht.
(11) Trotz dieser innerlichen Belehrung durch Gott ist es nicht überflüssig, zu mir zu kommen; denn nur ich, der wesensgleiche Sohn des Vaters, habe die volle wesenhafte Erkenntnis Gottes; darum gerade zieht der Vater die Seelen zu mir hin, damit sie bei mir die vollkommene Belehrung über Gott sowie die göttliche Gnade und das ewige Leben finden.
(12) Nachdem Jesus die Juden wegen ihres Murrens darüber, dass er sich das Brot des Lebens genannt, zurechtgewiesen, erklärt er nun, auf welche Weise er das Brot des Lebens für die Menschen sein werde;
er nennt sich nämlich das lebendige Brot, sofern er das ewige, göttliche Leben in sich selbst trägt, und er ist das Brot des Lebens für die Menschen, sofern er ihnen dieses göttliche Leben mitteilen will, und er will es ihnen mitteilen durch die ganz wunderbare innige Vereinigung und Lebensgemeinschaft, in die sie mit ihm treten durch den Genuss seines Fleisches und Blutes, wodurch sie gleichsam „eines Körpers und eines Blutes mit ihm“ werden, wie der hl. Cyrillus von Jerusalem († 386) sagt. (Catech. Mystag. 4, im Brevier Lect. IV. in Oct. Corp. Chr.)
Das Murren des Unglaubens
Da stritten die Juden untereinander (13) und sagten: „Wie kann uns dieser sein Fleisch zu essen geben?“ (14) Jesus aber sprach zu ihnen (15) Wahrlich, wahrlich, sage ich euch, wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen und sein Blut nicht trinken werdet, so werdet ihr das Leben nicht in euch haben. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am jüngsten Tag. (16) Denn mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise, und mein Blut ist wahrhaft ein Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich ihn ihm. (17)
Gleichwie mich der lebendige Vater gesandt hat, und ich um des Vaters willen lebe, so wird auch auch der, der mich isst, leben um meinetwillen. (18) Dies ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist, nicht wie das Manna, das eure Väter in der Wüste gegessen haben und gestorben sind; wer dieses Brot isst (19), wird leben in Ewigkeit. (20) Dieses sagte er in der Synagoge lehrend in Kapharnaum.
Auf diese Worte hin sprachen viele von seinen Jüngern: Diese Rede ist hart (21); wer kann sie hören?“ Weil aber Jesus bei sich selbst wusste, dass sie darüber murrten, sprach er zu ihnen: „Ärgert euch dieses? Wenn ihr nun den Menschensohn dahin werdet auffahren sehen, wo er zuvor war? (22) Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt nichts. (23) Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und Leben. (24) Es sind aber einige unter euch, welche nicht glauben.“
Denn Jesus wusste von Anfang an, welche jene wären, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde. Und er sprach: „Darum habe ich euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, wenn es ihm nicht gegeben ist von meinem Vater.“
Anmerkungen:
(13) Sie konnten nicht annehmen, dass ein so weiser und heiliger Lehrer vom wirklichen Genuss seines Fleisches rede, und doch ließen die Worte keinen andern Sinn zu. Sie irrten nur darin, daß sie seine Worte in grobsinnlicher Weise von seinem toten Fleisch verstanden. Darum „stritten sie“. Es mochten einige spotten; andere mochten, des Wunders der Brotvermehrung eingedenk, fragen, durch welches neue Wunder er dieses seltsame Versprechen erfüllen werde. So stritten sie untereinander.
(14) „Wie? – ein jüdisches Wort!“ sagt der hl. Cyrillus. – Wie? So fragt stets der Unglaube; so fragten auch Calvin und Zwingli und achteten so wenig als die ungläubigen Juden auf die folgenden Bekräftigungen des Heilandes. „Dieser“ ist Ausdruck der Geringschätzung.
(15) Wollte der Heiland seine Worte nur bildlich verstanden wissen, so genügte hier ein Wort, um alles Anstößige zu beseitigen. Ein bildliches Essen durch den Glauben hat nichts an sich, was den Verstand, die Sinne, das menschliche Gefühl empört. Allein, weit entfernt, eine bildliche Deutung zu geben, bekräftigt Jesus seine Worte auf das nachdrücklichste und feierlichste dadurch, dass er um die Notwendigkeit dieses Genusses hervorhebt, und zwar zuerst in einer überaus ernsten und schrecklichen Drohung: „Ihr werdet das Leben nicht in euch haben“; sodann in einer überaus gnadenreichen und rührenden Verheißung: „Der hat das ewige Leben“ etc.; endlich in der Frage an seine Apostel: „Wollt auch ihr weggehen?“
(16) Weil er Jesus, die Quelle des übernatürlichen Lebens, in sich aufnimmt, und durch diese innigste Lebensgemeinschaft mit Jesus hier auf Erden das Anrecht sowie die reichsten und wirksamsten Gnaden besitzt, um in und mit Jesus zu leben und durch alle Kämpfe und Versuchungen dieses Lebens hindurch zu jener herrlichen und ewigen Gemeinschaft mit Jesus im Himmel zu gelangen.
(17) Sein Fleisch bleibt in uns nur so lange, als die sakramentalen Gestalten dauern; aber wenn auch diese schwinden, so bleibt doch er selbst in uns; seine göttliche Person bleibt mit der Seele auf das innigste vereinigt und teilt ihr jenes Leben mit, das er aus dem Vater hat von Ewigkeit, und das auch seine heilige Menschheit besitzt vom ersten Augenblick der Menschwerdung an; es ist das übernatürliche Leben, durch das wir „der göttlichen Natur teilhaft“ (2. Petr. 1, 4) sind, das Leben der Gnade hienieden, das Leben der Glorie im Himmel und auch das leibliche Leben, sofern es in der einstigen Teilnahme des Leibes an diesem Leben der Glorie besteht.
Das bewirkt das heiligste Sakrament als Speise der Seele; wie nämlich die leibliche Speise durch den Genuss in die Substanz unseres leiblichen Organismus eingeht und so das leibliche Leben erhält, ähnlich verbindet sich diese Seelenspeise mit unserer Seele, um ihr geistiges Leben zu erhalten; doch mit dem Unterschied, dass dort die leibliche Speise als das Niedere in das Höhere verwandelt, zu unserem körperlichen Leben hinaufgezogen, hier aber unser geistiges Leben zu dieser Himmelsspeise emporgehoben, ihr, d. h. Christo selbst, einverleibt, gleichsam in ihn verwandelt wird.
Daher spricht nach dem hl. Augustin (Conf. Lib. 7, c. 10) der göttliche Heiland zur Seele: „Ich bin die Speise der Erwachsenen; wachse also (in der Erkenntnis und Tugend), und du wirst mich essen. Doch wirst nicht du mich in dich verwandeln, wie die Speise deines Fleisches, sondern du wirst verwandelt werden in mich.“
(18) Weil der Vater, der Lebendige und Urquell alles göttlichen Lebens und des Lebens aller Geschöpfe, mich gesandt hat in der Menschwerdung, um durch Mitteilung eines höheren, übernatürlichen Lebens die Menschen wieder mit Gott auf das innigste zu verbinden, und wie ich um des Vaters willen lebe, weil er der Lebendige ist, und ich mein göttliches Leben von Ewigkeit her und mein menschliches Leben in der Zeit vom Vater habe, – so wird auch der, der mich isst, leben um meinetwillen, weil er im Genuss meines Fleisches und Blutes genährt wird mit dem darin wohnenden göttlichen Leben.
Diese Verbindung der Seele mit Jesus in der heiligen Kommunion ist demnach so innig und lebensvoll, dass er selbst sie vergleicht mit jenem innigen, lebensvollen Verhältnis, in dem er zum Vater steht. (Vgl. auch Joh. 15, 1 u.4; 17, 21-23)
(19) Da Jesus wenigstens ebenso oft vom Genuss unter einer Gestalt, wie von dem unter beiden Gestalten redet und in beiden Fällen mit denselben Worten dessen Notwendigkeit und Nutzen hervorhebt, so weist das Konzil von Trient (Sess. XXI, c. 1 de Commun.) in Übereinstimmung mit den heiligen Vätern auf diese Stellen hin, zum Beweis dafür, daß auch der Genuss unter der einen Gestalt des Brotes zum Heile hinreiche. (Vgl. auch 1. Kor. 11, 27)
(20) Es bewahrt vor dem Tod der Sünde und vor dem ewigen Tod und ist auch für den Leib das Unterpfand einstiger glorreicher Auferstehung. Darum sagen die Väter und Lehrer der Kirche, durch das heilige Sakrament werde dem sterblichen Leib ein gewisser „Keim der Unsterblichkeit“ eingepflanzt, und der hl. Ambrosius ruft aus (Serm. 18 in Ps. 118): „Wie sollte derjenige sterben, dessen Speise das Leben ist! Tretet herzu zu ihm und sättigt euch, weil er das Brot ist; tretet herzu und trinkt, weil er die Quelle ist; tretet herzu und lasst euch erleuchten, weil er das Licht ist; tretet herzu und lasst euch befreien, denn wo der Geist des Herrn ist, da ist auch die Freiheit!“
(21) Verletzend zu hören und schwer zu glauben. Nun beginnt die Prüfung des Glaubens der Jünger. Nur diejenigen erkennt Jesus als seine Jünger an, die im lebendigen Glauben an seine Gottheit die Kraft finden, dieses große Geheimnis zu erfassen und anzunehmen; dagegen lässt er diejenigen gehen, welche nicht glauben wollen, dass er die Macht habe, wahrhaft sein Fleisch zur Speise und sein Blut zum Trank zu geben. Jener Glaube ist auch das Merkmal der wahren Kirche und ihrer wahren Kinder.
(22) Werdet ihr dann auch noch daran Anstoß nehmen und es für unmöglich halten? Wenn ihr diesen offenbarsten Beweis meiner Macht und Gottheit vor Augen haben und meinen Leib im Zustand der Verklärung zum Himmel auffahren sehen werdet, könnt ihr es dann auch noch für unglaublich halten, dass ich die Macht habe, euch diesen verklärten Leib auf eine wunderbare und geheimnisvolle Weise als Brot vom Himmel darzureichen? Damit trifft der Heiland den Hauptanstoß, den seine Worte gefunden, da man sie in grobsinnlicher Weise fasste und überdies an seine göttliche Allmacht nicht glaubte.
(23) Nach dem Vorausgehenden und Folgenden beziehen sich diese Worte auf die Seelenstimmung der Zuhörer und besagen, dass man zur Erfassung so großer Geheimnisse den Geist des Glaubens haben müsse, da Fleisch und Blut, d. h. die rein menschliche Erkenntnis und Sinnesweise, dies nicht zu fassen vermöge. Daher singt die Kirche: Praestet fídes suppleméntum sénsuum deféctui, „Was dem Sinne nicht wird inne, uns der wahre Glaub` bewährt.“
(24) Ihr werdet meinen wahren und wirklichen Leib als wahrhafte Speise genießen, aber nicht in der rohen, sinnlichen Weise, als ob ihr ihn geschlachtet und tot stückweise verzehren solltet; sondern meinen lebendigen, verklärten, vergeistigten Leib, unter den Gestalten von Brot und Wein geheimnisvoll verborgen, und nur den Augen des Geistes, des Glaubens erkennbar, werdet ihr genießen.
Das Bekenntnis des Glaubens
Von da an traten viele seiner Jünger zurück und wandelten nicht mehr mit ihm. Jesus sprach daher zu den Zwölfen: „Wollt auch ihr weggehen?“ (25) Da antwortete ihm Simon Petrus: „Herr, zu wem sollten wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens (26), und wir haben geglaubt und erkannt (27), dass du bist Christus, der Sohn Gottes.“ Jesus antwortete ihnen: „Habe ich nicht euch Zwölfe erwählt? Und einer von euch ist ein Teufel!“ (28) Er redete aber von Judas Iskariot, Simons Sohn; denn dieser verriet ihn hernach, da er doch einer von den Zwölfen war.
Anmerkungen
(25) Nicht wehmütige, sondern ernst prüfende Frage. Petrus, das Haupt der Apostel, antwortet wieder im Namen aller.
(26) Nicht harte, verletzende Worte, wie die Juden eben gesagt hatten.
(27) Bezüglich der göttlichen Wahrheiten ist immer das Erste und Notwendigste der Glaube; aus diesem entfaltet sich dann das rechte Erkennen; daher der Ausspruch: Credo, ut intélligam, „Ich glaube, damit ich zur Erkenntnis gelange“. Über dieses Wort des hl. Anselm vgl. Becker, Philosophisches Jahrbuch 1906, 115ff. (S. Anselm., Proslogium c. 1. – Cur Deus homo c. 2)
(28) Dies will sagen: Petrus, du hast aus dem Herzen aller Apostel gesprochen, nur aus dem Herzen des Judas nicht. Dieser glaubt nicht und verlässt auch den Heiland nicht. Er ist schon jetzt in seiner Gesinnung ein Teufel und wird mein Verräter. Schrecklicher Gegensatz; Apostel und – Teufel!
Die Frage der bildlichen und buchstäblichen Auslegung
Daß die Verheißung des allerheiligsten Altarssakramentes in obigem enthalten ist, war von jeher Glaube der katholischen Kirche. In der Tat, wenn Jesus vom heiligsten Sakrament reden wollte in dem Sinn, wie die katholische Kirche es versteht, so konnte er sich nicht deutlicher und nachdrücklicher erklären. Überblicken wir kurz die Gründe, weshalb die Worte Jesu unmöglich bildlich, etwa „vom Glauben an ihn und sein Leiden“, wie man behaupten wollte, verstanden werden können:
a) Jesus ändert in Vers 48-60 gänzlich seine Ausdrucksweise. Vorher hat er von einem Himmelsbrot geredet, das der Vater, und zwar schon in der Gegenwart, gibt, und hat sich selbst, so wie er vor den Juden dastand, als dieses Himmelsbrot bezeichnet und zum Glauben an seine Person und Sendung aufgefordert. Aber von Vers 48 an redet er von einem Himmelsbrot, das er selbst ist, das er aber nun näherhin als sein Fleisch und Blut bezeichnet, das man essen und trinken müsse; er bezeichnet sofort sein Fleisch als eine wahrhafte Speise, sein Blut als einen wahrhaften Trank, und redet nicht weniger als viermal vom Essen seines Fleisches, dreimal vom Essen seines Fleisches und Trinken seines Blutes.
b) Alle Anwesenden, die Juden, die Jünger, die Apostel, verstehen die Worte Jesu buchstäblich, nicht bildlich; ja sie konnten sie gar nicht bildlich verstehen; denn
c) in bildlichem Sinne heißt „das Fleisch jemandes essen“ soviel als ihn verleumden, auf den Tod verfolgen. (29)
d) Wollte Jesus bloß vom Glauben an sich und sein Leiden reden, so ist nicht abzusehen, warum er so ungewöhnliche, so missverständliche Ausdrücke gebrauchte, und noch weniger, warum er das offenbare Missverständnis, Ärgernis, Murren nicht alsbald durch eine einfache Erklärung beseitigte; aber weit entfernt davon, erklärt er den Genuss seines Fleisches und Blutes, an dem die Juden sich stießen, für notwendig zum ewigen Leben und schneidet damit jede andere als die buchstäbliche Auslegung geradezu ab.
e) Er lässt die Juden murren, lässt seine Jünger weggehen und fragt selbst seine Apostel, ob auch sie ihn verlassen wollen.
f) Die Apostel aber werden zur Annahme dieses Geheimnisses bewogen und in der Treue gegen Jesus bewahrt, nicht durch bildliche Auffassung seiner Worte, sondern durch den lebendigen Glauben an seine Gottheit und die unbedingte Überzeugung von der Wahrheit und Heilsamkeit seiner Worte.
g) In der Erfüllung dieser Verheißung, bei der Einsetzung des allerheiligsten Sakramentes, gebraucht Jesus dieselben Ausdrücke: „Esset, dieses ist mein Leib; trinket, dieses ist mein Blut.“
h) Endlich wurden in der Kirche Jesu Christi, von den Schülern der Apostel an, diese Worte Jesu nie in bildlichem, sondern stets in buchstäblichem Sinne verstanden.
Anmerkung:
(29) Jb 19, 22; Ps. 26, 2; Mich. 3, 3. Im Syrischen heißt achal karzo, das Fleisch von jemand essen, so viel als verleumden, anklagen, daher ochelkarzo geradezu der Teufel (im griechischen diábolos, Verleumder); vgl. Mt. 4, 1; Lk. 4, 2 in der syrischen Ausgabe der Heiligen Schrift. –
aus: Schuster/Holzhammer, Handbuch zur Biblischen Geschichte, Bd. 2, 1910, S. 273 – S. 280
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