Unterricht für das Herz-Jesu-Fest
Das Fest des göttlichen Herzens Jesu
Wann und wie ist das Fest entstanden?
Nachdem schon viele gottliebende Seelen das heiligste Herz Jesu in der Stille ihres verborgenen Lebens mit inniger Andacht verehrt hatten, wollte der göttliche Heiland, daß die unermeßliche Liebe seines Herzens von allen Menschen erkannt und dadurch ein neues Feuer der Liebe in den erkalteten Herzen angefacht werde. Zu dem Ende bediente Er sich einer in den Augen der Welt unangesehenen, aber vor Gott im Glanze der erhabensten Tugenden leuchtenden Klosterfrau, der ehrwürdigen Margareta Maria Alacoque, aus dem Orden Mariä Heimsuchung, zu Paray in Burgund.
Als diese reine Braut des Herrn einst, wie es ihre Gewohnheit war, während der Oktav des Fronleichnams-Festes vor dem heiligsten Altarsakrament in Andacht versunken betete, erschien ihr der göttliche Heiland, wie dies schon früher öfters geschehen war, zeigte ihr sein Liebe entflammtes Herz und sprach:
„Siehe an dieses Herz, welches die Menschen so sehr geliebt hat, daß es nichts geschont, ja, daß Es sich sogar erschöpft und verzehrt hat, seine Liebe ihnen zu bezeugen. Statt der Dankbarkeit aber empfange Ich von den Menschen nichts als Undank, durch ihre Verachtung, ihre Unehrerbietigkeit, ihre Sakrilegien und ihren Kaltsinn gegen Mich in diesem Sakrament der Liebe. Was Mir aber am schmerzlichsten fällt, ist, daß eben jene Herzen, die Mir geweiht sind, also gegen Mich verfahren. Darum verlange Ich von dir, daß der erste Freitag nach der Oktav meines Fronleichnams-Festes zu einem besonderen Fest bestimmt werde, mein Herz durch eine feierliche Abbitte zu verehren; und daß man an diesem Tage die Kommunion in dieser Absicht verrichte, die unwürdigen Mißhandlungen zu ersetzen, welche die Zeit hindurch Ihm angetan wurden, als Er auf den Altären ausgesetzt war. Ich verheiße dir, daß mein Herz sich erweitern wird, den Einfluß seiner göttlichen Liebe in reichlicher Fülle über diejenigen auszugießen, die diese Ehre Ihm erzeigen und dahin mitwirken, daß sie Ihm auch von andern erzeigt werde.“
Margaretha gehorchte, fand aber allenthalben die größten Widersprüche, ja Spott und Verfolgung selbst von Seiten ihrer Mitschwestern. Da trat endlich Jesus selbst ins Mittel, wandelte die harten Herzen der Klosterfrauen um und entflammte alle zu gleicher Liebe seines heiligsten Herzens. Bald verbreitete sich dann diese gnadenvolle Andacht aus den stillen Mauern des Klosters, wo Margaretha lebte, über die Städte und Dörfer Frankreichs; es entstanden alsbald Bruderschaften zu Ehren des heiligsten Herzens Jesu, und nachdem Papst Klemens XIII. die genaueste Untersuchung über die ganze Sache hatte anstellen lassen, befahl er, daß das Fest des heiligsten Herzens Jesu jährlich am Freitag nach der Fronleichnams-Oktav feierlich in der ganzen katholischen Kirche begangen werde.
Ist also die Andacht zum göttlichen Herzen Jesu neu?
Dem vorzüglicheren Gegenstand, nämlich, der Verehrung der Liebe und des innern Lebens Christi nach ist sie so alt als das Christentum und wurde von allen wahren Christen und Heiligen aller Zeiten geübt; das Sinnbild des leiblichen Herzens aber wurde dabei in älteren Zeiten seltener angewendet. Der Gebrauch desselben ist erst in neuerer Zeit ein allgemeiner geworden.
Was verehren wir in der Andacht zum heiligsten Herzen?
In der Andacht zum heiligsten Herzen Jesu verehren wir das Herz unseres Erlösers, des Gottmenschen Jesus Christus, welcher zur Rechten des himmlischen Vaters sitzt und im heiligsten Altarsakrament gegenwärtig ist.
Wir wird dieses Herz betrachtet?
Es wird keineswegs als von der heiligen Menschheit Christi getrennt betrachtet, noch als ein totes Herz, sondern wie es in der Tat beschaffen ist, als das lebendige Herz des verherrlichten Erlösers, welches sichtbar an sich, das unsichtbare Leben der Liebe Christi darstellt oder versinnbildet.
Was schließt die Verehrung dieses Herzens in sich?
Sie schließt in sich 1) die Verehrung des leiblichen Herzens Jesu, 2) die Verehrung alles desjenigen, dessen Sinnbild das leibliche Herz ist, und 3) die Verehrung der Person Christi, welcher das Herz angehört.
Warum verehren wir das leibliche Herz Christi schon an sich betrachtet?
Weil es ein Teil der menschlichen Natur Christi und daher wie diese, infolge der Vereinigung mit der göttlichen Natur in einer Person, anbetungswürdig ist.
Warum verehren wir von der anbetungswürdigen Menschheit Christi besonders das leibliche Herz?
Weil das leibliche Herz das natürlichste und geeignetste Sinnbild alles dessen ist, was Christus aus Liebe zu uns gedacht, gewollt, empfunden und gelitten hat, oder mit andern Worten, weil das Herz ein Sinnbild des ganzen innern Lebens Jesu ist.
Warum hat Jesus Christus die Andacht zu seinem heiligsten Herzen angeordnet?
Christus wollte in unsern Zeiten des Kaltsinns und des Unglaubens die Gläubigen durch besondere Betrachtung seiner unendlichen Liebe erwärmen und so vor dem um sich greifenden Unglauben bewahren. Da wir aber sinnlich-geistige Menschen sind, ist es uns 1) viel leichter, die unsichtbare Liebe zu betrachten und zu verehren, wenn wir uns eines sichtbaren Sinnbildes bedienen; 2) es ist daher auch leichter, durch ein Sinnbild andern die große Liebe Christi vor Augen zu halten und so dieser Andacht allgemeine Verbreitung zu verschaffen; eben deswegen werden wir 3) auch durch das sichtbare Herz leichter angeregt, dem göttlichen Heiland Abbitte und Ersatz zu leisten, wie Er es verlangt, wegen der zahllosen Unbilden, welche Er besonders im heiligsten Altarsakrament erfährt.
Welche Gnaden sind der Andacht zum heiligsten Herzen verheißen?
Nach den von der Kirche geprüften und gut geheißenen Schriften der seligen Margaretha Alacoque sind es vorzüglich folgende: 1) Der göttliche Heiland sprach zur Seligen: „Verkünde es und lasse es verkünden in der ganzen Welt: Ich werde in Ausspendung meiner Gnaden kein Maß und keine Schranken kennen für alle, welche dieselben in meinem Herzen suchen.“ 2) „Mein Erlöser“, schreibt sie, „hat mich versichert, Er empfinde ein besonderes Wohlgefallen, die innern Gefühle seines Herzens und seiner Liebe unter dem Bilde des körperlichen Herzens zu sehen, und wo immer ein solches Bild zur Verehrung ausgestellt sei, werde es alle Segnungen Gottes herabziehen.“ 3) „Der göttliche Heiland hat mir kund gegeben, jene, welche sich dem heile der Seelen widmen, werden die Gabe besitzen, auch die verhärtesten Sünder zu erweichen und mit ganz wunderbarem Erfolg zu arbeiten, wenn sie von zarter Andacht gegen das göttliche Herz glühen:“ 4)“Jene, welche in der Welt leben, werden durch diese Andacht alle Gnaden erlangen, welche sie in ihrem Stande bedürfen, nämlich: friede in den Familien, Erleichterung ihrer Arbeiten und Beschwerden, Segen des Himmels in allen Geschäften, Trost in ihrem Elend. In diesem anbetungswürdigen Herzen werden sie Zuflucht im Leben und noch mehr in der Todesstunde finden. O wie süß ist es, zu sterben, wenn man das heiligste Herz desjenigen beständig verehrt hat, der unser Richter sein wird.“
Kann und soll man diese Verheißungen für wahr halten?
Ja, denn sehr viele haben die Wahrheit dieser Verheißungen an sich selbst erfahren, und wer an der wunderbaren Kraft dieser lieblichen Andacht zweifelt, der übe sie, und er wird sich durch eigene Erfahrung davon überzeugen.
Was ist erforderlich, um dieser Verheißungen teilhaftig zu werden?
Daß du die verschiedenen Andachtsübungen zum göttlichen Herzen verrichtest, vor allem aber, daß du dich ernstlich bestrebest, dein Herz dem göttlichen Herzen Jesu ähnlich und gleichförmig zu machen und die wahre Andacht zum Herzen Jesu in kluger Weise nach Kräften zu verbreiten.
Was ist nach dem Gesagten von der Herz-Jesu-Andacht zu halten?
Daß sie nicht bloß auf die Privatoffenbarung einer von der heiligen Kirche selig gesprochenen Jungfrau (*), sondern auf das Ansehen der heiligen Kirche selbst stützt, und daß sie daher mit der katholischen Glaubenslehre in vollem Einklang steht; 2) daß sie nicht etwa eine überschwängliche, sentimentale Frömmigkeit nährt, sondern zur Förderung des katholischen Lebens und zum Fortschritt in der Tugend sehr nützlich ist. Der ehrwürdige P. Simon Gourdan nennt diese Andacht
1) die heiligste Andacht; denn durch sie verehren die Menschen in Christus die heiligsten Anmutungen und Regungen seines Herzens, durch welche Er die Kirche geheiligt, seinen himmlischen Vater verherrlicht und sich selbst den Menschen als ein vollkommenes Vorbild der höchsten Heiligkeit vorgestellt hat;
2) die älteste Andacht der heiligen Kirche, welche, von dem großen heiligen Apostel Paulus unterwiesen, zu allen Zeiten die große Guttätigkeit des göttlichen Herzens Jesu erkannt hat;
3) die bewährteste Andacht; denn die heilige Schrift ermahnt uns an allen Orten, daß wir unsere Herzen durch Änderung unseres Lebens erneuern, durch wahre Buße zerknirschen, mit dem Feuer der göttlichen Liebe entzünden und durch Ausübung aller Tugenden zieren sollen;
4) die nützlichste Andacht; denn durch sie haben wir die Quelle des Lebens und der Gnaden selbst vor Augen und können daraus unmittelbarer Weise schöpfen und dadurch in allen Tugend zunehmen, wenn wir dies göttliche Herz stets vor Augen haben, dasselbe verehren, dessen heilige Anmutungen betrachten und demselben nachzukommen, uns befleißen;
5) die Christo angenehmste Andacht; denn auf diese Weise beten wir, wie Christus von uns verlangt, Gott im Geiste und in der Wahrheit an, indem wir dadurch innerlich und im Herzen Gott dienen und demselben zu gefallen suchen.
Weil nun diese Andacht so vortrefflich ist, so kann man sie nicht genug allen für ihr Heil besorgten Seelen anraten und empfehlen… –
in: Leonhard Goffine, Ord. Praem.; Unterrichts- und Erbauungsbuch oder Katholische Handpostille, 1885, S. 351 – S. 354
(*) heilig gesprochen von Papst Benedikt XV. am 13. Mai 1920