Unsere Verpflichtung Jesus zu lieben

Jesus mit dem Rohr in der Hand, auf der rechten ist Judas zu sehen

Acht Betrachtungen über das Leiden Jesu Christi

Zweite Betrachtung: Unsere Verpflichtung Jesus zu lieben

Wie sehr wir verpflichtet sind, Jesus zu lieben

Leiden und Sterben Christi: Christus hängt am Kreuz, halbnackt und mit der Dornenkrone gekrönt, seine Mutter Maria und der Lieblingsjünger Johannes sitzen unter dem Kreuz, während Magdalena das Kreuz umfaßt und weint

1. Vergiß nicht der Wohltat des Bürgen, denn Er hat sich selbst für dich dahin gegeben. (Ekkli. 29,20) Die meisten Ausleger verstehen unter dem Bürgen Jesum Christum, der, da Er erkannte, daß wir unfähig wären, der göttlichen Gerechtigkeit für unsere Sünden genugzutun, geopfert wurde, weil Er selbst es wollte (Is. 53,7), und sich Gott darbot, um Ihn statt unserer zu versöhnen, um mit seinem Blut und seinem Tod unsere Schuld zu tilgen: Er hat für dich seine Seele dargegeben. Wenn auch alle Menschen ihr Leben Gott opferten, sie würden dennoch die Beleidigungen, die wir der göttlichen Majestät zugefügt haben, nicht gut machen können; nur Gott allein kann Gott wieder versöhnen; das hat Christus getan, und insofern ist Jesus Bürge eines besseren Bundes geworden. (Hebr. 7,2)

2. Der heilige Paulus sagt, daß unser göttlicher Heiland, nachdem Er für die Menschen durch sein Blut Bürge geworden und Gott versöhnt hat, es uns durch seine Verdienste möglich mache, mit Gott einen neuen Bund zu schließen, in Folge dessen, wenn der Mensch das Gesetz erfüllt, Gott ihm die Gnade und das ewige Leben erteilt. Dasselbe sagt Christus bei Einsetzung des heiligen Abendmahles: Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut (1.Kor. 11,25); wodurch Er andeutet, daß dieser Kelch, der sein enthält, gleichsam das Instrument oder die schriftliche Versicherung des Vertrages zwischen Gott und Jesus sei, in Folge dessen den Menschen, die Ihm treu blieben, die Gnade und das ewige Leben erteilt wird.
Unser Erlöser hat aus Liebe zu uns, da Er die Strafe, die wir verdient haben, auf sich genommen, der göttlichen Gerechtigkeit vollkommene Genugtuung geleistet; denn Er trägt wahrlich unsere Krankheiten, und ladet auf sich unsere Schmerzen (Is. 53,4); und das bloß aus Liebe zu uns: Er hat uns geliebt und sich für uns dahin gegeben. (Ephes. 5,2)

3. Der heilige Bernhard sagt, daß Christus sich selbst nicht habe vergeben wollen, damit Er uns verzeihen könne. (Serm. De Pass. Dom.) o ihr elenden Juden! Wie könnt ihr noch den von den Propheten verheißenen Heiland erwarten, da Er doch schon gekommen ist? Ihr habt Ihn getötet; dessen ungeachtet ist Jesus bereit, euch zu vergeben; denn Er ist gekommen zu retten, was verloren gegangen war. (Matth. 18,11) Der heilige Paulus schreibt, daß Christus, um uns von der für unsere Sünden verdienten Verdammnis zu erretten, den Fluch, den wir verdient haben, auf sich genommen, und deshalb den Tod der Verfluchten, das Kreuz, habe erdulden wollen: Christus hat uns erlöst von dem Fluch des Gesetzes, da Er für uns zum Fluch geworden ist; denn es steht geschrieben: Verflucht ist, wer am Holz hängt. (Gal. 3,13) Es würde sich sicher ein armer Bauer höchlich rühmen, wenn sein König mit dem Verlust seines Königreiches ihn aus der Sklaverei der Seeräuber, in die er gefallen, befreite; allein haben wir nicht weit mehr Ursache uns zu rühmen, da Jesus Christus durch Vergießung seines Blutes, wovon ein Tropfen mehr wert ist als tausend Welten, uns losgekauft hat: Nicht mit vergänglichem Gold und Silber, sagt der heilige Petrus, seid ihr erkauft – sondern mit dem teuren Blut Christi, als dem unschuldigen und unbefleckten Lamm. (1. Petr. 1,18 u. 19) Weshalb denn auch der heilige Paulus bemerkt, daß wir ungerecht gegen unseren Heiland handeln, wenn wir unserem eigenen, und nicht seinem Willen folgen, und wenn wir Gott etwas versagen, oder, was noch schlimmer ist, uns Freiheiten gestatten, die Ihm mißfallen; denn wir sind nicht mehr unser eigen, wir gehören Christo an, der uns um hohen Preis erkauft hat: Wisset ihr nicht, daß ihr nicht mehr euer eigen seid? Denn ihr seid um teuren Preis erkauft. (1. Petr. 1,18 u. 19)

Anmutungen und Bitten.

O mein Erlöser! Wenn ich all` mein Blut vergöße, wenn ich tausendmal mein Leben aus Liebe zu Dir aufopfere, so würde ich doch nie die Liebe vergelten, die Dich bewogen hat, dein göttliches Blut für mich zu vergießen. Gib mir die nötige Kraft, o mein Jesus! Dir die übrigen Tage meines Lebens hindurch treu zu bleiben, und fernerhin Nichts zu lieben, als Dich. O Maria, Mutter Gottes, empfiehl mich deinem Sohn! –
aus: Alphons Maria von Liguori, Das bittere Leiden und Sterben unseres Herrn Jesu Christi, Ein Gebets- und Betrachtungsbuch für die heilige Fastenzeit, 1892, S. 531 – S. 533

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