Sünden wider den Heiligen Geist

Vierzehnte Betrachtung

Die Sünden wider den Heiligen Geist

Der Heilige Geist weht wo Er will

Jesus Christus sprach zu Nikodemus: „Der Wind weht, wo er will, und du hörst seine Stimme, weißt aber nicht, woher er kommt oder wohin er geht.“ (1) Zweifelsohne ist der liebe Gott vollkommen frei bei Austeilung Seiner Gnaden; Er gibt, wem zu geben es Ihm gefällt; Er gibt mehr oder weniger, gemäß Seiner göttlichen Weisheit und Seiner unendlichen Barmherzigkeit. Die Gnade kommt keinem unbedingt zu, und nur durch den Willen und die Güte Gottes werden die Gaben des Heiligen Geistes den Menschen ausgeteilt, damit diese zu Kindern Gottes und zu geistlichen Menschen werden.
„Der Heilige Geist weht, wo Er will!“ Wenn ich dieses Wort ernstlich betrachte, so werde ich voll Dankbarkeit gegen die unendliche Güte Gottes mir gegenüber sein. Warum hat der Heilige Geist schon so lange mit so großer Gewalt in meiner Seele geweht? O unbegreifliches Geheimnis der Barmherzigkeit und der Gnade!

Der Mensch verkennt den Heiligen Geist

„Aber du weißt nicht, woher der Heilige Geist kommt, noch wohin Er geht.“ Ach, diese Unwissenheit erzeugt ein schreckliches Übel! In seinem Leichtsinn, in seiner Unüberlegtheit, in seiner Zerstreuung bemüht der Mensch sich nicht mehr, zu erfahren, woher diese Eingebung, dieses Licht, diese innere Anregung kommt; noch weniger sucht er zu erfahren, was der liebe Gott von ihm will, und welches der Zweck ist, den Er im Auge hat, welches das Gut ist, zu welchem Er ihn antreibt; er kennt nicht die Werke der Gerechtigkeit und Heiligkeit, die der Heilige Geist von ihm fordert, erkennt nicht die Größe der Verdienste, die er durch Ihn erwerben kann, nicht die Erhabenheit der Glorie, zu welcher er gelangen soll: und in dieser Unwissenheit, aus der heraus zu kommen er nicht die geringsten Anstrengungen macht, vernachlässigt er den Heiligen Geist, ist taub gegen Seine Stimme, widersteht Seiner Eingebung; er lebt, als wenn der Heilige Geist ihn nicht angehaucht hätte.

O, es gibt sehr viele Christen, mit denen es so steht. Man findet deren unter Jenen, die „Meister in Israel“ sind, wie der Heiland zu Nikodemus sagt (2). Ja, man weiß Vieles, man hat tiefe Studien gemacht, man hat ausgezeichnetes Talent: und trotzdem kennt man nicht den Heiligen Geist! – „Er weht“: man hört Ihn, aber ohne zu wissen „woher Er kommt“, d. h. ohne die unaussprechliche Güte Gottes, der die Seele heimsucht, zu schätzen; man weiß nicht, „wohin Er geht“ -: man nimmt sich nicht die Mühe, dieser Stimme zu folgen und auf das Ziel loszugehen, zu welchem Er uns hinführen will. Aus dieser sträflichen Unwissenheit nun entstehen alle Arten von Sünden wider den Heiligen Geist. (3)

Der Mensch macht sich zum Gegner des Heiligen Geistes

Gar sonderbar ist des Menschen Gewalt, wenn man ihr diesen Namen geben kann! Er versteht es nicht, den Wind aufzuhalten, noch seine Richtung zu ändern; der Wind weht, wo der liebe Gott will, und der Mensch ist ohnmächtig in Bezug auf ihn, hat keinen Einfluß auf denselben. Wenn es sich aber um den Heiligen Geist handelt, verhält es sich ganz anders. So lange der Mensch diesem sterblichen Leibe dienstbar ist, trägt er in sich selbst einen Grund des Verderbens und einen Trieb zur Auflehnung gegen den Willen Gottes; gibt er dem Gesetz der Sünde, welches in ihm ist, nach, so macht diese Macht ihn fähig, dem göttlichen Hauch des Geistes Gottes zu widerstehen.
Durch diesen schrecklichen Missbrauch seiner Freiheit, durch diesen freiwilligen Widerstand gegenüber den Einsprechungen der Gnade, macht der Mensch sich zum Gegner des Heiligen Geistes; er ist taub gegen Seine Stimme, er weist sie ab; ach, sehr oft ahnt er nicht mehr, daß der Heilige Geist etwas mit ihm will.

Anmutung:

Man muss es zugestehen, dieses Unglück ist schrecklich! – – Um ihm für immer zu entgehen, werde ich aufmerksam die Anweisungen betrachten, welche der Heilige Geist Selbst in Seiner übergroßen Güte mir gegeben in Betreff des Verhaltens, da die gläubige Seele ihm gegenüber zu beobachten hat.

Anmerkungen zu: Der Heilige Geist weht wo Er will

(1) Joh. 3, 8.
(2) Vgl. Joh. 3, 10.
(3) Der Ausdruck: „Sünde wider den Heiligen Geist“ gründet sich auf die Bibelstelle Matth. 12, 31-32. (Marc. 3, 28-30; Luc. 12, 10) Der göttliche Heiland hatte einen Besessenen geheilt, der in Folge seiner Besessenheit blind und stumm war. (Matth. 12, 22) Während nun die unbefangene Menge, durch dieses Wunder ergriffen, auf dem Wege war, sich Christo gläubig zuzuwenden, verschlossen sich die Pharisäer, welche die Tatsache selbst und somit auch die Wundermacht Jesu und Seine Gewalt über die Geister nicht mehr schlechthin zu leugnen vermochten, absichtlich aus Bosheit und Haß gegen diese Offenbarung der Gottheit Jesu Christi, und wider besseres Wissen erklärten sie jene Tat Gottes als ein Werk des Teufels, indem sie sprachen: „Er treibt die bösen Geister nur aus durch Beelzebub, den Obersten der Teufel.“ (V. 24) Dem gegenüber sagte der Her, daß Er durch Gottes Geist die bösen Geister austreibe, und fuhr dann fort (V. 31-32): „Jegliche Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben werden; die Lästerung des Geistes aber wird nicht vergeben werden. Und wer ein Wort spricht wider den Menschensohn, dem wird es vergeben werden; wer aber spricht wider den Heiligen Geist, dem wird es nicht vergeben werden, weder in dieser Welt, noch in der zukünftigen.“ Ein Wort „gesprochen wider den Menschensohn“ bezieht sich auf die freiwillige Niedrigkeit, die unscheinbare Knechtsgestalt, in welcher der Herr auf Erden erschien und mit den Menschen verkehrte: wer diese Niedrigkeit und Unscheinbarkeit allein ins Auge faßt, kann vielleicht veranlaßt werden, den göttlichen Heiland für einen bloßen Menschen zu halten. Da hier jedoch Mangel an rechter Erkenntnis ein Milderungsgrund ist, so kann diese Sünde verziehen werden. Die „Lästerung des Geistes“ aber besteht darin, daß man dem Licht der Wahrheit absichtlich die Augen verschließt und dem wundervollen Wirken des Heiligen Geistes im Reich Gottes, das außer uns und in uns ist, geflissentlich widerstrebt. – Diese „Lästerung des Heiligen Geistes“ ist ihrem Wesen nach nur Eine; im Einzelnen jedoch werden nach dem Vorgang des Petrus Lombardus sechs verschiedene Formen dieser Sünde unterschieden. Nämlich: 1. Vermessentlich auf Gottes Barmherzigkeit sündigen (praesumptio); 2. an der Gnade Gottes verzweifeln (desperatio); 3. der erkannten christlichen Wahrheit widerstreben (impugnatio veritatis agnitae); 4. den Nächsten um der göttlichen Gnade willen beneiden (invidia fraternae gratiae); 5. gegen heilsame Ermahnungen ein verstocktes Herz haben (obstinatio); 6. in der Unbußfertigkeit bis ans Ende verharren (impoenitentia finalis). – Da diese Sünden ihrer Natur nach den Charakter der Unbußfertigkeit und des Widerstandes gegen die Gnade des Heiligen Geistes an sich tragen, so können sie nach den Worten des Heilandes nie vergeben werden. (Cfr. Bonaventura, breviloquium III. 11) Also weil der Sünder wider den Heiligen Geist nicht erlöst werden will, nur darum kann er nicht Verzeihung finden; sobald die Bußgesinnung vorhanden ist – was aber bei solchen Seelen eben nur sehr schwer und sehr selten eintritt -, können natürlich auch diese Sünden vergeben werden. – (A. d. Ü.)

Erster Punkt

Betrübe nicht den Heiligen Geist!

Jemanden betrüben heißt sich gegen ihn so benehmen, daß man ihm Leid, Verdruss bereitet. Dieser Verdruss hat seinen Grund und Ursprung in einem wenig liebevollen, unehrerbietigen Benehmen, in Worten und Gebärden, welche Gleichgültigkeit einschließen oder zu Tage tragen, in kalter Behandlung, in Verachtung. Ich begreife leicht, wie ich die anderen betrüben kann; ich brauche nur an den Verdruss und den Ärger zu denken, den ich selbst bei tausend Gelegenheiten durch das Benehmen Anderer hatte.
Der hl. Paulus mahnt die Gläubigen, „nichts zu tun, was den Heiligen Geist betrüben könnte.“ ((1) Ohne Zweifel kann der Heilige Geist, der ja Gott ist, weder Ärger noch Traurigkeit in Sich aufkommen lassen: solche Gefühle widersprechen der göttlichen Natur. Der Weltapostel hat aber einen Ausdruck gebraucht, der uns unsere Ungerechtigkeit und Undankbarkeit gegen den Heiligen Geist zum Bewusstsein bringen soll, da wir gegen Ihn Alles tun, was Ihm Bitterkeit und Traurigkeit verursachen könnte – wenn es möglich wäre, daß ein Gott traurig würde und sich dem Trübsinn überließe.
Es ist also gewiß, daß der Mensch, so weit es in seiner Macht liegt, sich der Sünde schuldig macht, den Geist Gottes zu betrüben.

Worin besteht die Betrübnis?

Worin besteht aber diese Traurigkeit, dieses Leid, das wir dem heiligen Geist verursachen können, und das mit Sorgfalt zu meiden der Weltapostel uns so strenge anempfiehlt?
Ein Freund, der mit uns zusammen wohnt, ist betrübt über unsere Nachlässigkeit ihm gegenüber. Wenn wir nun von seinem Vermögen leben, wenn wir reich sind durch seine Freigebigkeit, und wenn wir trotzdem nie seinen Wünschen willfahren wollen: wenn wir im Gegenteil bei allen Gelegenheiten die weisheitsvollen Ratschläge, die er uns gibt, zurückweisen; wenn wir in seiner Gegenwart gerne von Dingen sprechen, die ihm mißfallen; wenn wir seine Wohltaten nur mit kalter Gleichgültigkeit bezahlen, in der wir so weit gehen, die kleinsten Aufmerksamkeiten und die geringsten Zuvorkommenheiten zu vergessen und zu vernachlässigen; wenn wir uns vor demselben Dinge erlauben, welche die Gesetze der feinen Sitte und des Anstandes uns verbieten sollten: gestehen wir es zu, dieser Freund wird über unser Betragen traurig, niedergeschlagen sein; er wird sich entschließen, uns unserer Armut zu überlassen und seine Freigebigkeit und seine Gunsterweisungen auf einen Andern zu übertragen.
Nun gibt es Seelen, welche nicht anders handeln in Rücksicht auf den Heiligen Geist. Er ist in ihre Seele gekommen; Er wohnt darin; Er gießt darin Seine Gnaden in reicher Fülle aus. In jedem Augenblick neue Erleuchtungen, fromme Bewegungen, die Er in ihrem Herzen veranlaßt: und diese undankbaren Seelen tun nichts, um den Heiligen Geist zu erfreuen, ja sie betrüben Ihn beständig! –

Sträfliche Nachlässigkeit gegenüber den Wünschen des Heiligen Geistes

Die erste Ursache dieser Traurigkeit ist eine sträfliche Nachlässigkeit in Allem, was der Heilige Geist wünscht, und was Er verlangt von der Seele, in welcher Er Sich eine Wohnung gewählt hat. „Vernachlässige nicht die Gnade, die in dir ist, welche dir verliehen worden!“ (1) O, wie unheilvoll ist diese Nachlässigkeit! Der Heilige Geist ist ganz Liebe; Kälte, Geringschätzung und Gleichgültigkeit können Ihn nur betrüben. Wird Er lange diese Betrübnis ertragen? Wird Er Seine Erleuchtungen und Seine göttliche Salbung nicht Seelen anbieten, welche weniger gefühllos und darum auch dankbarer sind? –
Weil sie nicht verblieben in Meinem Bunde, darum habe Ich Mich auch nicht mehr um sie gekümmert, spricht der Herr.“ (2) Eine schreckliche Drohung! Es gibt Seelen, um die der liebe Gott Sich nicht zu kümmern scheint: haben sie diese Züchtigung nicht verdient? Leider, ja! Sie haben den Heiligen Geist überdrüssig gemacht, sie haben Ihn mit Traurigkeit gesättigt: Er hat Widerwillen bekommen gegen ihre Gesellschaft, in welcher Er nur Gleichgültigkeit (3) und Verachtung fand.

Unehrbietigkeiten gegenüber dem Heiligen Geist

Es ist aber nicht allein der Nachlässigkeit und der geringen Rücksicht gegen den Heiligen Geist zuzuschreiben, wenn Derselbe traurig wird und Widerwillen gegen eine Seele hat: ach, was findet Er, dieser göttliche Gast in einer großen Zahl von Christen? Soll ich es sagen, o mein Gott! Er findet in ihnen tausend Unehrerbietigkeiten, er hört daselbst Redensarten, die Ihn verletzen; Er stößt bei ihnen auf Hindernisse und Widersprüche ohne Zahl. Diese Worte nun, die so wenig in Einklang stehen mit der christlichen Heiligkeit, diese Unehrerbietigkeiten, diese Auflehnungen gegen den göttlichen Willen – all` dieses betrübt den Heiligen Geist und verstimmt Ihn gegen manche Seelen. Die unglücklichen Seelen! Sie laufen ihrem Verderben entgegen, und – was dabei das Schlimmste ist – sie haben nicht einmal eine Ahnung davon! –
Was bringt nun diese armen Seelen ins Verderben? Ihr Benehmen gegen den Heiligen Geist. Sie betrüben Ihn durch ihre beständige Nachlässigkeit, sie flößen Ihm Abneigung gegen sie ein und treiben Ihn schließlich fort, nachdem sie Ihn durch alle Arten von Unehrerbietigkeit verachtet haben.

Mein Wille: Dem Heiligen Geist Freude machen

Ist es möglich, daß der Mensch undankbar genug gegen den lieben Gott und feindlich genug gegen sich selbst ist, um sich so gegen den heiligen Geist zu benehmen? Ach, ich bin von Scham bedeckt für mich selbst und für meine Mitbrüder! Doch ich will nicht bei diesem ersten Gefühl stehen bleiben. Dem Heiligen Geist Freude zu machen: Das ist mein Wille, das ist mein Wunsch! Er ist in mir, ich hoffe es. So will ich Ihn denn zurückhalten durch tausend zarte Aufmerksamkeiten, durch alle Arten von Liebenswürdigkeiten, die man einem erweisen kann, von dem man die größten Güter hofft! Ja, ich will den Heiligen Geist unaufhörlich liebhaben; ich will Ihn fragen, was er will, was Er wünscht, was er liebt. Ich will Ihm Freude machen, will Seinen Wünschen entgegen kommen, ich will Alles entfernen, was Seinen unendlich reinen Blick beleidigen könnte! –
Der Heilige Geist ist mein Vater; ich weiß es durch das Zeugnis der Kirche, welche Ihn unaufhörlich anruft unter dem Titel eines „Vaters der Armen“: „Veni, Pater pauperum!“ Wenn „ein weiser Sohn die Freude seines Vaters ist“ (4), so werde ich die Freude des Heiligen Geistes sein, weil ich mich gegen Ihn mit vollkommener Weisheit benehmen werde.

Anmutung:

O mein Gott, segne diesen Entschluss, und gib nicht zu, daß ich ihn jemals vergesse! –

Anmerkungen zu: Betrübe nicht den Heiligen Geist

(1) Vgl. 1. Tim. 4, 14.
(2) Hebr. 8, 9.
(3) Vgl. Apoc. 3, 15-16: „Ich weiß deine Werke: daß du weder kalt bist noch warm. O daß du kalt wärest oder warm: weil du aber lau bist, und weder kalt noch warm, bin Ich daran, dich auszuspeien aus Meinem Munde.“
(4) Vgl. Prov. 10, 1.

Zweiter Punkt

Widerstehet nicht dem Heiligen Geist!

Der Weltapostel hat gesagt: „Alle, welche vom Geist Gottes getrieben werden, sind Kinder Gottes.“ (1) Der hl. Johannes Chrysostomus macht bei Erklärung dieser Stellung die Bemerkung: „Der Apostel sagt nicht, Alle, welche den heiligen Geist empfangen haben, sondern Alle, welche geleitet, getrieben werden vom Heiligen Geist; Er will uns damit zu verstehen geben, daß es nicht genügt, den heiligen Geist in der Taufe empfangen zu haben, sondern daß man außerdem auch vom heiligen Geist geleitet werden und unter Seiner Leitung ein geistliches, göttliches Leben führen muss.“
Nach demselben heiligen Kirchenvater dürfen wir nicht leben nach unseren Ideen, nach unseren Neigungen und nach unserem Geschmack, sondern wir müssen dem Heiligen Geist Alles unterwerfen, Seiner Leitung Alles überlassen, unsere Seele und unseren Leib, unser ganzes Dasein, ähnlich den Passagieren auf einem Schiff, welche dem Steuermann die Sorge überlassen haben, sie in den Hafen zu führen, indem er alle Bewegungen des Schiffes leitet.
Wenn der Heilige Geist auf diese Weise der unumschränkte Herr unserer Handlungen, unseres ganzen Benehmens geworden ist, so beschränkt Er nicht unsere Freiheit, sondern Er teilt unserem Willen eine Bewegung und eine Neigung mit, welche denselben nach dem Guten hinleiten und, wenn er damit einverstanden ist, ihn hindern wird, sich vom wahren Wege zu entfernen, der unfehlbar zu Gott führt.
Eine Seele, die sich so der Leitung des Geistes Gottes überläßt, gelangt immer zu diesem glücklichen Zustand, in welchem nach Besiegung des Fleisches das Leben der Gnade Alles beherrscht und jedes unserer Werke heiligt.

Der Heilige Geist ist ein großer Lehrer

Wozu ist man nicht im Stande, wenn man in dieser Verfassung lebt? Um zu wissen, welchen Grad von Vollkommenheit eine Seele erreichen kann, wenn sie Alles der Leitung des Heiligen Geistes überläßt, so brauche ich nur auf die Apostel und alle Heiligen einen Blick zu werfen. Der Heilige Geist ist ein großer Lehrer; Er lehrt Dinge, welche nie ein Mensch lehren wird; Jeder, der Ihn hört und mit vollkommener Gelehrigkeit sich Allem unterwirft, was Er ihm eingibt, gelangt in kurzer Zeit zur höchsten Stufe der christlichen Gerechtigkeit.
Wer weiß, wo ich selbst sein würde, wer weiß wohin der Heilige Geist mich geführt hätte, wenn ich Ihm volle Freiheit gelassen hätte? –
Hat der Heilige Geist nicht volle Freiheit, mit mir zu tun, was Er will? Ganz gewiß, – wenn ich einverstanden bin; aber nicht, wenn ich mich Ihm widersetze.
Dem Heiligen Geist widerstehen! Welch` ein seltsamer Ausdruck! Welch` ein schreckliches und entsetzliches Wort! Kann man denn Gott dem Herrn widerstehen? Ja, ganz gewiß, man kann es, und der Heilige Geist Selbst hat diese Worte diktiert: „Ihr widersteht allezeit dem Heiligen Geist!“ (2)
Welchen Charakter haben diejenigen, welche dem Heiligen Geist widerstehen? Die Heilige Schrift belehrt mich hierüber: Es sind stolze, hartnäckige, unbändige Geister, harte Köpfe, unbeschnittene Herzen, d. h. fleischliche Herzen, welche die göttlichen Dinge nicht rühren; der hl. Paulus sagt, dieser Widerstand führe zur – ewigen Verdammnis! (3) „Sie widerstehen der Wahrheit“, sagt noch derselbe Apostel. (4)

Widerstand gegen den Heiligen Geist ist Quelle aller Verirrungen

Man darf nicht in etwas Anderem den Grund davon suchen, daß so viele Menschen verloren gehen, selbst von denen, welche so glücklich gewesen sind, ehedem Kinder Gottes zu sein. Sie hören die Stimme des Heiligen Geistes; der Geist Gottes weht; sie wissen es, sie hören es: aber diese Stimme ist ihnen lästig, dieser Hauch ermüdet sie; sie wollen nichts von Ihm wissen, sie widerstehen! …
Dieser Widerstand ist schrecklich; er ist der Urgrund und die Quelle aller Verirrungen.
Und ach, nicht weniger schrecklich, ja trostlos ist der Gedanke, daß viele Christen sich nie beschäftigen mit diesem Widerstand, der beständig in ihnen ist, daß sie nie daran denken, wie sie stets nach einem Ziele streben, welches dem göttlichen Hauch des Geistes Gottes entgegen gesetzt ist!
Wie steht es mit der Herrschaft des Heiligen Geistes über mich?

Hier muss ich, mehr als je, mit mit selbst mich beschäftigen. Wie steht es mit der Herrschaft des Heiligen Geistes über mich, über meine Wünsche, über meinen Willen, über mein ganzes Benehmen? Ist Er der Herr? Führt Er mich, wohin Er will? Oder findet Er vielmehr Widersetzlichkeit, welche Seine Wirkung hemmt? Habe ich jenen bitteren Vorwurf, welchen der erste Blutzeuge seinen Henkern machte: „Ihr widerstrebt allezeit dem Heiligen Geist“ nicht tausendmal verdient? Bin ich nicht einer von jenen harten und unbeugsamen Geistern, welche dem Heiligen Geist nichts zugestehen, und welche Seiner Anregung einen beständigen Widerstand entgegen setzen? Bin ich nicht eines jener „unbeschnittenen Herzen“, welche eher einen fortwährenden Kampf, einen täglichen Krieg mit dem Heiligen Geist aufnehmen, als ihre sinnlichen und verdorbenen Wünsche zu zügeln? Sicherlich ist es für alle Gläubigen von Wichtigkeit, zu wissen, ob sie im Frieden oder im offenem Krieg mit dem Heiligen Geist leben!
Man beklagt sich, niemals ruhig zu sein, nicht den Frieden zu genießen, welcher den Menschen versprochen ist, die guten Willens sind: aber man muss auch den Grund hiervon suchen. Liegt er nicht im Widerstand gegen den Heiligen Geist? „Wer hat Gott dem Herrn widerstanden“ – ruft der fromme Job aus – „und hat Frieden gehabt!“ ((5) Der Heilige Geist sagt mir durch den Mund des weisen Sirach: „Widersetze dich einem Mächtigen nicht!“ (6) Nun ist dieser Mächtige – Gott, Sein Geist. Wehe mir, wenn ich mich nicht leiten lasse von Seinen Einsprechungen! –

Anmutung:

Ja, Herr, ich will es, ich übergebe und überlasse Dir Alles; keine freiwilligen Hindernisse, keine Widersetzlichkeiten mehr: Du wirst sprechen, und ich werde gehen; Du wirst mich leiten, und ich werde mich führen lassen! Göttlicher Hauch, der vom Himmel kommt, blähe die Segel des Schiffes, das mich trägt auf dem Ozean dieser Welt, und es wird gelangen zum Hafen der glückseligen Ewigkeit! …

Anmerkungen zu: Widerstehet nicht dem Heiligen Geist

(1) Röm. 8, 14
(2) Vgl. Act. 7, 51: „Ihr Halsstarrigen und Unbeschnittenen an Herzen und Ohren! Ihr widersteht allezeit dem Heiligen Geist, wie eure Väter so auch ihr!“ (Aus der Rede des hl. Stephanus vor dem Hohen Rat.)
(3) Vgl. Röm. 13, 2: „Die sich widersetzen, ziehen sich selbst Verdammnis zu.“
(4) Vgl. 2. Tim. 3, 8: „Wie Jannes und Mambres (die ägyptischen Zauberer) dem Moses widerstanden, so widerstehen auch diese der Wahrheit, Menschen verderbten Sinnes, nicht probehaltig im Glauben.“
(5) Job 9, 4.
(6) Eccl. 4, 32.

Dritter Punkt

Löschet den Heiligen Geist nicht aus !

Der Heilige Geist gleicht dem Feuer

Die heiligen Schriftsteller vergleichen den Heiligen Geist oft mit dem Feuer, und dieser Vergleich ist vollkommen richtig; er findet sich im Alten wie im Neuen Testament. Als der hl. Johannes der Täufer von der Taufe sprach, welche Jesus spenden sollte, gebrauchte er den Ausdruck: „Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen!“ (1) Das Feuer ist hier dem Heiligen Geist hinzugefügt, um uns über die Wirkungen zu belehren, welche der Geist Gottes in uns hervor bringt. So bemerkt der hl. Chrysostomus.
Am Pfingsttag empfingen die Apostel die Fülle der Gnaden und die Gaben des Heiligen Geistes. Man sah Ihn auf sie herab kommen unter der Gestalt feuriger Zungen.
Der hl. Paulus ermahnt in seinem zweiten Brief an Timotheus diesen geliebten Jünger, in seiner Seele das Feuer der Gnade wieder anzufachen, welches er empfangen durch die Auflegung der Hände. (2) Timotheus hatte große Verfolgungen zu leiden; sie waren geeignet, das heilige Feuer, welches in ihm war, auszulöschen: Der Apostel macht ihn darauf aufmerksam und empfiehlt ihm, es mit Mut und Liebe wieder anzufachen.
Derselbe Apostel schreibt in seinem ersten Brief an die Thessalonicher. „Löscht den Geist nicht aus!“ (3) Also einerseits ermahnt er uns, dieses göttliche Feuer wieder anzufachen, wenn wir Ursache haben, zu fürchten, daß es in uns erloschen ist; andererseits empfiehlt er uns sehr, es nicht erlöschen zu lassen.

Löscht den Geist nicht aus

Es handelt sich jetzt darum, den ganzen Gedanken des großen Apostels zu erklären. Hören wir zu dem Zweck den hl. Johannes Chrysostomus! Dieser berühmte Lehrer vergleicht das Licht, welches der Heilige Geist in unseren Seelen leuchten läßt, mit einer angezündeten Lampe. „Diese Lampe“ – sagt er – „erlischt, wenn man Wasser oder Erde auf sie wirft, wenn man sie dem Wind aussetzt, wenn man ihr den Docht entzieht, oder endlich wenn man ihr das notwendige Öl wegnimmt. Ebenso erstickt man die Kraft des Geistes Gottes, löscht man Sein Licht aus durch ein weichliches Leben, durch Kälte und Gleichgültigkeit; man erstickt dieses Licht durch grobe und sinnliche Leidenschaften, durch den Sturmwind der Versuchungen, denen man sich verwegen aussetzt; endlich durch Nachlässigkeit im beständigen Nachgießen des Öles der Gnade, welches man in die Seele einzieht, wenn man betet mit Demut und Ausdauer.“
Fügen wir noch eine Bemerkung hinzu! Wer das Feuer unterhalten will, muss ihm Nahrung geben; wenn diese Nahrung allmählich ausgeht, so wird das Feuer schwächer, und bald erlischt es ganz.
Da haben wir eine Reihe sinnlicher Bilder von dem, was man täglich bei sehr vielen Seelen sieht. Sie empfingen einst den Heiligen Geist; die göttliche Fackel leuchtete in ihrem Verstand; das vom Himmel herab gekommene Feuer fing an zu brennen in ihrem Herzen. Doch bald hörte die Lampe auf zu leuchten, das Feuer erlosch: welches war die Ursache dieses Unglücks?

Die Ursache des Unglücks

Zunächst die Nachlässigkeit und die Schlaffheit. Man hätte der Lampe Öl nachgießen, man hätte Holz nachlegen müssen, um das Feuer zu unterhalten: man hat nichts zu diesem Zweck getan. Die Betrachtung des Gesetzes Gottes, die vom Heiligen Geist Selbst als das Hauptmittel zur vollkommenen Erhaltung dieses göttlichen Feuers angegeben wird, wurde unterlassen; die Übung des Gebetes, die Besuchung des allerheiligsten Sakramentes, die demütige und aufrichtige Beichte – Alles wurde vernachlässigt. Und was noch beklagenswerter erscheinen muss: während man so die zur Erhaltung des himmlischen Feuers notwendigen Mittel vernachlässigte, öffnete man sein Herz allen Stürmen, man ließ hinein fallen den Regen der schlechten Gedanken, man erstickte unter einem Haufen Sand, d. h. unter der Menge der Treulosigkeiten und läßlichen Fehler, die letzten Funken dieser Lampe, welche der Heilige Geist angezündet hatte.
Eine letzte Anstrengung des Feindes zerstörte schließlich das Werk der Gnade, und – der Heilige Geist zog Sich zurück.
Geh` hin und such den Geist Gottes in jener erstaunlichen Zahl von getauften Ungläubigen, welche unsere großen Städte bevölkern; versuche, Ihn zu finden in der Seele jener Christen, deren Gesinnung ganz verweltlicht ist! Leider haben sie den Rat des großen Apostels nicht befolgt! Sie haben den Heiligen Geist in sich ausgelöscht! …

Anmutung:

O, wie furchtbar, wie schrecklich! Eine Gesellschaft, eine Familie, ein Staat oder eine Stadt, aus welcher der Heilige Geist Sich zurück gezogen hat, ist ein Bild der Hölle, ist Verwirrung, ist Verwüstung, ist der Tod! … Schaue hin auf manche Staaten! –
O, wie sehe ich diese Dinge ein nach den ernsten und heilsamen Betrachtungen, welche ich angestellt habe! Ich bin auch bereit: ich will arbeiten mit einem unermüdlichen Eifer, um in meinem Herzen die Schätze von Gnade und Heiligkeit, die ich empfangen, auch zu bewahren; ich werde mit dem hl. Paulus sprechen: „Wer wird uns scheiden von der Liebe Christi? Drangsal? Oder Angst? Oder Hunger? Oder Blöße? Oder Gefahr? Oder Verfolgung? Oder Schwert?“ (4) Nein, durch nichts will ich mich bewegen lassen, das zu vergessen, was ich dem lieben Gott schulde! Der Heilige Geist, der in mir ist, wird mich gegen alle Gefahren stark machen; eine Flut von Übeln wird nicht im Stande sein, das heilige Feuer auszulöschen, das in meiner Seele angezündet ist! –

O göttlicher Geist! Nun ist es ausgemacht: Du wirst ganz in mir sein; Du wirst sein mein Licht und meine Stärke, mein Trost und meine Hoffnung! „Wenn ich Dein vergesse – Heil`ger Geist -, möge meine Rechte der Vergessenheit verfallen!“ (5) Wenn ich je aufhöre, Dich anzuflehen, Dich um Hilfe anzurufen, Dir mein ganzes Leben anheim zu geben, so klebe zuvor die Zunge an meinem Gaumen! Die Liebe, welche Du in das Herz der Gläubigen ausgießest, ist stärker als der Tod, sie triumphiert über Alles, sie unterstützt die Seele mitten in den härtesten Kämpfen, sie befähigt dieselbe, sogar dem Himmel Gewalt anzutun! Diese Liebe wird das Glück meines Lebens sein; sie wird sein meine Glorie in der Ewigkeit! –

Anmerkungen zu: Löschet den Heiligen Geist nicht aus!

(1) Matth. 3, 11.
(2) 2. Tim. 1, 6.
(3) 1. Thess.5, 19.
(4) Röm. 8, 35.
(5) Vgl. Ps. 136, 5.

aus: F. X. Coulin, Apostol. Missionar und Ehrendomherr von Marseille, Der Heilige Geist Betrachtungen, 1881, S. 234 – S. 253

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