Gesetzbuch der lateinischen Kirche
Die Kirche über das Abstinenz- und Fastengebot
Kanon 1246
Fest-, Fast- und Abstinenztage werden berechnet von Mitternacht zu Mitternacht.
Über die genaue Bestimmung der Mitternacht vgl. Kanon 33 § 1.
Ist einer dieser Tage aber zugleich ein Ablaßtag, so gilt für die Gewinnung von Ablässen die Bestimmung in Kan. 923.
Kanon 1250
Das Abstinenzgebot verbietet den Genuß von Fleisch und Fleischbrühe.
Bei der Bestimmung, was unter der Begriff „Fleisch“ fällt, muss der gewöhnliche Sprachgebrauch wie auch das Gewohnheitsrecht berücksichtigt werden. Weil aber der gewöhnliche Sprachgebrauch zwischen Fisch- und Fleischspeisen unterscheidet, sind durch das Abstinenzgebot Fische nicht verboten. Nach allgemeiner kirchenrechtlicher Gewohnheit werden mit den Fischen auf gleiche Stufe gestellt: Muscheln, Austern, Krebse, Schildkröten, Frösche, Schnecken. Infolge örtlicher Gewohnheiten kann auch das Fleisch von Wasservögeln erlaubt sein. Ist aber das „Fleisch“ eines Tieres verboten, so ist damit auch sein Speck, sein Blut, sowie Knochenmark, Gehirn, Herz, Leber verboten. – Dagegen sind gewisse Fleischextrakte erlaubt, die nicht mehr den Geschmack von Fleisch und Fleischbrühe haben (z.B. Gelatine, Pepsin und Peptone), nicht aber jene Suppenwürfel, die verbotene animalische Bestandteile enthalten. Auch jene Suppenwürfel, die verbotene animalische Bestandteile enthalten. Auch „Liebigs-Fleischextrakt“ ist durch das allgemeine Kirchengesetz verboten; selbstverständlich aber nicht Maggi, soweit er aus Gemüsen hergestellt ist.
Kraft päpstlichen Indultes ist in den Ländern, die schon seit 1871 zum Deutschen Reich gehörten, und in Österreich Fleischbrühe an allen Tagen mit Ausnahme des Karfreitags erlaubt. Die Überbleibsel von geschmolzenem Fett sind immer erlaubt.
Wer an einem Abstinenztage Fleisch gegessen hat, kann an diesem Tage doch noch Abstinenz halten und darf deshalb auch an diesem Tage weiterhin kein Fleisch essen.
Das Abstinenzgebot verpflichtet an sich unter schwerer Sünde. Ißt man aber nur etwa 20 Gramm Fleisch, dann sündigt man noch nicht schwer, wohl aber, wenn man das Abstinenzgebot bedeutend verletzt, z.B. wenn man mehr als 60 Gramm Fleisch ißt. Öftere kleinere Übertretungen des Abstinenzgebotes an ein und demselben Tage wachsen zu keiner schweren Sünde an, ausgenommen, jemand hätte von vorneherein beabsichtigt, eine große Menge Fleisch zu sich zu nehmen.
Durch das Abstinenzgebot sind aber nicht mehr verboten: Eier, Laktizinien und Speisewürzen, letztere auch dann nicht, wenn sie aus Tierfett bestehen.
Unter Laktizinien versteht man Milch und alles, was aus Milch bereitet wird, wie Butter, Käse.
Unter Speisewürze versteht man alles, mag es flüssig oder fest sein, das in geringer Menge angewandt wird, um die Hauptspeise wohlschmeckender zu machen. Deshalb gestatten manche Autoren nicht nur die Speisen mit Fett zuzubereiten, sondern sie erlauben auch, ausgelassenen Speck (Fett) auf das Brot zu streichen. (Noldin-Schmitt, De Praeceptis, n.677)
Kanon 1251
§ 1.
Das Fastengebot erlaubt täglich nur eine einmalige Sättigung.
Diese einmalige Sättigung darf an sich nicht über zwei Stunden ausgedehnt werden. Ohne Grund darf sie auch nicht über eine halbe Stunde unterbrochen werden. Näheres vgl. bei den Moraltheologen.
Das Fastengebot verbietet aber nicht, morgens und abends eine kleine Stärkung zu nehmen. Dabei muss man sich aber in Bezug auf Menge und Art der Speisen an die bewährten ortsüblichen Gewohnheiten halten.
Bei Bestimmung der Menge der Speisen, die jemand morgens und abends zu sich nehmen darf, muss man auch Rücksicht nehmen auf die körperliche Konstitution, Art der Arbeit, Dauer des Fastens und kalte Gegenden. Im allgemeinen scheint man sagen zu können, jeder dürfe soviel nehmen, daß es ihm möglich ist, das Fasten ohne beträchtlichen Schaden zu halten. Deshalb glauben manche Autoren, alle jene, die nicht zwei volle Sättigungen nötig hätten, könnten und müßten fasten.
§ 2.
Es ist jetzt (im Gegensatz zu früher) erlaubt, bei derselben Mahlzeit Fisch- und Fleischspeisen zu genießen.
Ebenso darf man die Hauptmahlzeit am Mittag mit der abendlichen Stärkung vertauschen.
Aus einem gerechten Grund darf man auch Frühstück und Hauptmahlzeit miteinander vertauschen, ebenso auch Frühstück und Abendessen. (AAS XI, p. 480)
Hat jemand an einem Fasttage zweimal eine völlige Sättigung eingenommen (bewußt oder unbewußt), so ist ihm das Fasten an diesem Tage unmöglich geworden. Er darf sich daher an diesem Tage auch fernerhin satt essen.
Das Fastengebot verpflichtet an sich unter schwerer Sünde. Wer aber an einem Fasttage außerhalb der einzelnen Mahlzeiten etwa 60 Gramm Brot zu sich nimmt, der sündigt nicht schwer, wohl aber, wenn er mehr als 120 Gramm zu sich nimmt, gleich ob es auf einmal geschieht oder bei verschiedenen Gelegenheiten. (Vermeersch-Creusen, Epitome Juris Canonici III, n. 516)
Kanon 1252
§ 1.
Bloße Abstinenztage sind alle Freitage.
§ 2.
Fast- und Abstinenztage sind: der Aschermittwoch, die Freitage und Samstage in der vierzig-tägigen Fastenzeit, die Quatembertage, die Vigiltage von Weihnachten, Pfingsten, Mariä Himmelfahrt und Allerheiligen.
§ 3.
Bloße Fasttage sind die übrigen Tage in der vierzig-tägigen Fastenzeit.
§ 4.
An den Sonntagen besteht keine Pflicht zu fasten oder Abstinenz zu halten. Dasselbe gilt für die Festtage mit Ausnahme der Festtage, die in die vierzig-tägige Fastenzeit fallen.
Sind in manchen Gegenden diese Feste abgeschafft, dann muss daselbst an den Abstinenztagen, auf die ein solcher abgeschaffter Festtag fällt, nach einer Erklärung der Interpretations-Kommission von 17. Februar 1918 Abstinenz gehalten werden. (AAS X, p. 170)
Nach einer Erklärung der Interpretations-Kommission vom 24. November 1920 muss man sowohl fasten als auch Abstinenz halten, wenn das Fest des hl. Josef auf einen Freitag oder Samstag der vierzig-tägigen Fastenzeit fällt. (AAS XII, p. 576)
Außerdem werden die Vigiltage nicht mehr antizipiert.
Endlich hört am Karsamstag mittags 12 Uhr das Fast- und Abstinenzgebot auf.
Kanon 1254
§ 1.
Bezüglich der Untergebenen des Abstinenz- und Fastengebotes wird zunächst bestimmt, daß alle Getauften, die das siebente Lebensjahr vollendet haben, an den vorgeschriebenen Tagen Abstinenz halten müssen.
§ 2.
Fasten müssen alle Gläubigen von Vollendung des 21. Lebensjahres an bis zum Beginn des 60. Lebensjahres.
Weil alle Gläubigen, die das hier genannte Alter haben, fasten müssen, erstreckt sich diese Bestimmung sowohl auf Männer aus auch auf Frauen.
Als Entschuldigungs-Gründe vom Fasten- und Abstinenzgebot werden aufgeführt: moralische Unmöglichkeit, Krankheit, schwere Arbeit, Armut usw. Näheres vgl. bei den Moraltheologen.
aus: Heribert Jone O.F.M.Cap., Gesetzbuch der lateinischen Kirche, Erklärung der Kanones II. Band Heilige Zeiten, 1952, S. 478; S. 581-586