Heiligenkalender
11. Dezember
Selige Ida von Nivella, Zisterzienserin
(Die heilige Hostie)
Durch die heilige Taufe wird in die Seele des Menschen die heiligmachende Gnade eingepflanzt, und diese ist es, welche in mancher Kindesseele schon sehr früh so schöne Blüten christlicher Tugenden treibt. Als Ida erst ein Kind von 6 bis 7 Jahren war, wollte sie doch nicht mit anderen Mädchen auf der Gosse spielen, weil diese manche Unarten an sich hatten; wohl aber ging sie regelmäßig in eine entfernte Kirche, obschon der Weg, besonders im Winter, so kotig war, dass das zarte Kind manchmal steckenblieb und ihm von erwachsenen Personen herausgeholfen werden musste. Wenn es Brot oder sonst etwas zu essen bei sich hatte, so entzog es dasselbe dem eigenen Mund und schenkte es lieber anderen.
Als der Vater gestorben war, wollten die Verwandten die junge Ida durch eine Heirat versorgen; diese aber war entschlossen, Gott als Jungfrau zu dienen; deshalb stieg sie heimlich zum Fenster hinaus und nahm nichts mit sich als ein Gebetbuch und das Kleid, welches sie trug.
Nicht weit von Nivella war ein Dorf, wo neben der Kirche sieben arme Jungfrauen wohnten, die ein klösterliches Leben miteinander führten; bei diesen wurde die junge Ida aufgenommen und lebte daselbst einige Jahre.
Sie war so demütig, dass sie nur ganz schlecht gekleidet sein wollte, stets mit gesenkten Augen ging und manchmal sagte, sie möchte um die Hälfte kleiner sein, damit sie recht gering aussehe. Auch bemerkte man niemals an dem Mädchen den geringsten Unwillen oder Empfindlichkeit. Wenn eine von den Schwestern im Haus krank oder sonst bedürftig war, ging jene unermüdlich umher, und bettelte in Dorf und Stadt Kleider oder Schuhe oder Nahrung, wie eben gerade eine etwas brauchte. Bei der Beichte war Ida so gewissenhaft, dass manchmal die andern Schwestern darüber lachten, wenn sie ihnen die unbedeutenden Kleinigkeiten gestand, welche sie als Sünden gebeichtet habe.
Als Ida 16 Jahre alt geworden war, fühlte sie sich getrieben, in einen eigentlichen Orden einzutreten. Sie fand Aufnahme in einem deutschen Zisterzienser-Kloster; da sie aber als Niederländerin die deutsche Sprache nicht verstand, konnte sie sich anfänglich mit den Nonnen nicht in Gespräche einlassen. Dadurch hatte sie den Vorteil, dass all` ihre Unterhaltung und Gespräch ganz allein Gott zugewandt war.
Was sie aber mit den Augen sah, betrachtete sie nicht in eitler Neugierde, sondern in allem schaute sie Gott, d. h. die Wunderbarkeit, Allmacht und Güte des Schöpfers in seinen Werken. Ihr ganzes Wesen wurde durch diesen unaufhörlichen Umgang mit Gott so lieb und selig, dass sich sowohl Klosterfrauen, als auch andere Personen schon durch ihren Anblick erfreut fühlten. Ja, wenn Ida sah, dass eine Klosterfrau sehr traurig war, setzte sie sich still zu ihr und heiterte dadurch die trübe Seele der anderen auf.
Wenn Ida an anderen einen gottesfürchtigen Wandel sah, freute sie sich von Herzen darüber und dankte Gott. Bemerkte sie hingegen, dass manche sündhaft leben, so verdammte sie dieselben nicht, sondern bedauerte sie aufrichtig und machte sich Hoffnung, dass jene noch zur Bekehrung gelangen werden. Rechtschaffenen Menschen redete sie zu, dass sie nach größerer Vollkommenheit streben möchten, den Sündern aber redete sie von Bekehrung und vom Wege des Heils. Daher nahmen viele Menschen ihre Zuflucht zu Ida, um derselben ihre Anfechtungen mitzuteilen und Rat und Trost zu holen.
Das Anhören von unreinen Versuchungen und abscheulichen Versündigungen erregten ihr nicht die geringste böse Anwandlung, sondern ein liebevolles Mitleid mit dem unglücklichen Sünder verzehrte jede andere Empfindung. Sie hatte gleichsam eine mütterliche Liebe zu den Sündern, so dass sie gern lange in allen Trübsalen auf Erden gelebt hätte, um lange den Bekümmerten Trost und den Sündern Beistand leisten zu können.
Wenn schlechte Menschen mit allerlei üblen Nachreden und Beschimpfungen die selige Ida gleichsam steinigten, so nahm sie dieses wie ein harmloses Lamm mit stiller Geduld auf; sie wollte sich lieber schweigend unter dem Unrecht beugen, als es mit Gegenreden zurückweisen, weil sie selbst wünschte für schlecht angesehen zu werden.
Wie der Fisch nicht ohne Wasser und der Vogel nicht ohne Luft leben kann, so konnte Ida nicht recht leben ohne Verfolgung. Sie glaubte nämlich nicht so sicher zu sein beim Wohlergehen, als zur Zeit der Widerwärtigkeit; wenn sie zuweilen nichts zu leiden hatte, ging sie deshalb in die Kirche, kniete vor dem Kruzifix nieder und klagte unter Tränen: „Warum, mein süßester Herr, schläfst du so lange, und lässt mich, deine Magd, so lange Mangel leiden an Trübsalen?“
Die Madonna mit der Hostie, 1854
In der Lebensgeschichte der seligen Ida werden nun viele Offenbarungen erzählt, welche ihr zuteil geworden sind. Ich lese diejenigen davon aus, welche das heilige Abendmahl betreffen.
Der Grund, warum die selige Ida in das Zisterzienser-Kloster ging, war hauptsächlich, weil sie dort öfter kommunizieren konnte, als es nach den damaligen Zeitverhältnissen außerhalb des Klosters sich tun ließ. Einst war Ida mit der Priorin und einigen andern Klosterfrauen auf dem Lande, um die Ernte des Klostergutes eingeheimst wurde. Hier musste sie länger als gewöhnlich der Kommunion sich enthalten; sie bekam deshalb gleichsam ein schmerzliches Heimweh, so oft sie Wandlung läuten hörte.
Da kam nun ein altes Weib zum Sterben und wurde mit den heiligen Sakramenten versehen; die Klosterfrauen wohnten der Andacht bei. Als aber der Priester die heilige Hostie der Kranken auf die Zunge legte, war jene nicht mehr imstande, sie hinabzuschlingen. Der Priester nahm bestürzt die nasse Hostie wieder aus dem Munde des sterbenden Weibes.
Was aber dem Priester Angst machte, erfreute die fromme Ida mit seliger Hoffnung; sie sprach: „Ich bitte, mein Herr, beunruhige dich nicht – gib mir den Leib des Herrn, ich bin bereit ihn zu empfangen!“ Der Priester war froh aus der Verlegenheit zu kommen und kommunizierte die gottselige Jungfrau. Diese aber wurde dabei so übermannt von einer Fülle himmlischer Liebe und Wonne, dass sie den äußerlichen Sinnen entrückt einige Zeit am Boden lag. –
Am Tage des hl. Andreas sah sie einst, da bei der Wandlung der Priester die heilige Hostie in die Höhe hielt, dass dieselbe gerade so rot leuchtete, wie die Sonne bei ihrem Aufgang; und es gingen daraus sieben Strahlen hervor, welche in ihr Herz hinein leuchteten und es mit den sieben Gaben des heiligen Geistes erfüllten. Den anderen Tag sah sie nach der Wandlung die drei göttlichen Personen in einziger Substanz wunderbar und unaussprechlich auf dem Altar beisammen, nicht die ganze Dreifaltigkeit in der Gestalt des Brotes, weil nur die zweite Person in der Gottheit Fleisch geworden, sondern nur wie die anderen Personen dem lebendigen Sakrament des Altars mitwirken.
In der heiligen Weihnacht saß Ida krank in ihrer Zelle. Da nun der Priester bei der ersten Messe die heilige Hostie erhob, kam es ihr vor, als sehe sie in seinen Händen ein außerordentlich schönes neu geborenes Kind. Über diesen Anblick kam sie Furcht und Zittern an; denn sie hatte nie den Wunsch gehabt, in menschlicher Gestalt den Herrn hier zu erblicken, indem sie besorgte, der Glaube an das Geheimnis des wunderbaren Sakramentes sei minder vollkommen und verdienstlich, wenn ihr das zu Gesicht komme, was sonst nur im Geist geschaut wird.
Der Herr aber kannte wohl die Stärke ihres Glaubens und wollte sie deshalb nicht lange in Unruhe lassen; er ermahnte sie innerlich, dass sie in dieser Beziehung alle Angst ablege. So blieb sie nun in ihrer Zelle sitzen, mit seliger Freude übergossen über die wunderliebliche Erscheinung.
Später, als das zweite Amt gesungen wurde, ging Ida mit den anderen Klosterfrauen in die Kirche und setzte sich in einen Winkel des Chors. Hier sah sie nun wieder in den Händen des Priesters ein Knäblein von unaussprechlicher Anmut und Holdseligkeit. Da nun die anderen kranken Schwestern zum Altar gingen, um zu kommunizieren, war Ida ein wenig erschrocken und zögerte vorzuschreiten aus Besorgnis, sie könnte doch nicht ein lebendiges Kind essen. Sie flehte deshalb mit tiefer Inbrunst zu ihrem Heiland, dass er nach seiner großen Güte diese Erscheinung von seinem heiligen Sakrament hinwegnehmen möge, damit sie ihn ungehindert empfangen und in ihr Herz aufnehmen könne.
So blieb sie nun bis zum dritten Amt, ohne das hl. Abendmahl zu empfangen; da sah sie nun einen Knaben, der schon ein wenig erwachsen war und vom Altar sich nahte, zu ihr sich neigte und mit süßer Lieblichkeit sprach: „Meine liebe Freundin! Dass ich dir sichtbar die Gestalt meiner Menschheit in der Hostie zeige, geschieht nicht aus Zweifel an deinem Glauben, sondern um meine große Liebe zu dir darzutun.“
Da antwortete Ida in stillen Gedanken: „O Teuerster! Unendlich würde mein Herz sich freuen, wenn du mir auch zeigen würdest, wie herrlich du in deiner Gottheit bist.“ Das liebliche Kind Jesus antwortete nun ihrem Gedanken: „Verlange dies nicht, meine Tochter, weil kein Sterblicher in diesem Leben meine Gottheit schauen kann; wenn ich alles neu mache und dich zu mir genommen habe, wirst du die Glorie meiner Gottheit von Angesicht zu Angesicht sehen!“
Hierauf bat Ida den geliebten Herrn, dass er ihr gestatte, ohne Hindernis seinen heiligsten Leib zu empfangen, damit nicht die Schwestern Ärgernis nehmen, wenn sie an einem so hohen Festtage nicht kommunizierte. Alsbald hörte die Erscheinung auf, und sie trat dann in allem Frieden zum Tisch des Herrn. Die Fülle der wunderbaren Süße, womit sie an diesem Tage gleichsam berauscht wurde, dauerte in ihrer Seele bis zum Tag gleichsam berauscht wurde, dauerte in ihrer Seele bis zum Tag von Mariä Lichtmess.
Man predigt, hört und liest und betrachtet viel vom Leben und Leiden, das vor 1800 Jahren unser Heiland in Palästina durchgemacht hat. Das ist gut und heilsam; zu wenig hingegen scheint mir gepredigt, geschrieben und betrachtet zu werden über den lebendig gegenwärtigen Heiland im heiligen Altarssakrament. –
Ich bin in den vierziger Jahren in Trier gewesen, wo der heilige Rock, ein Kleid, welches Christus angehabt haben soll, ausgestellt war. Mehrere hunderttausend Menschen strömten aus fernen Ländern herbei, um vor dem alten Kleid andächtig zu sein. Und in Walldürn ist eine Wallfahrt, wo ein Tüchlein verehrt wird, auf welchem Spuren gezeigt werden vom heiligen Blut, das aus einem umgestürzten Kelch darauf ergossen wurde. Alle Jahre wallfahren viele Tausende dorthin, um es zu verehren. Wir haben aber etwas ganz Sicheres und Lebendiges, was an Heiligkeit dies alles übertrifft – es ist Christus im heiligen Altarssakrament, und niemand hat weit dorthin, denn es ist aufbewahrt in dem Tabernakel einer jeden Pfarrkirche.
Gewöhne dich doch, recht vielmal dorthin still und einsam zu wallfahren; gibt es denn eine schönere Heimat für den Christen, als wenn er dort zu seinem Heiland geht und bei ihm weilt, ihn verehrt und liebt und ihm dankt und klagt, wie es gerade im Herzen liegt? Wer mag denn hoffen, einmal zu Christus in den Himmel aufgenommen zu werden, der nicht gern zu Christus in die Kirche geht? Niemand kommt in den Himmel, dem nicht Christus noch lieber ist, als selbst der Himmel. Ja, du könntest noch mehr tun, als oft das heilige Altarssakrament besuchen.
Es haben sich schon in mehreren Orten zu Ehren der 33 Jahre, welche der Heiland auf Erden zugebracht hat, 33 Personen miteinander vereinigt, dass jede, eine nach der andern, an einem Tag eine Viertelstunde lang in der Kirche betet vor Christus im heiligsten Sakrament, der meistens so einsam im Tabernakel auf eine Christenseele wartet. Auf diese Art kommt jede Person einmal im Monat an die Reihe. Die letzten drei Tage beten zwei Personen am gleichen Tag. Wenn du es in einem Ort zu Stande bringst und dich mit 33 anderen dazu vereinigst, so ist dies ein schönes Werk.
Ich will jetzt nur noch das Ende der seligen Ida erzählen. Sie war schon mehrere Monate lang krank und ihre leibliche Schwester Hersendis redete mit ihr geistliche Gespräche. Auf einmal rief die Kranke: „Höre, Schwester, die heilige Dreifaltigkeit donnert, dass sie auf die Erde herabsteige!“ Was sollen die Worte bedeuten? Der heiligen Dreifaltigkeit Donner ist der menschgewordene Sohn, der, wie die alten Propheten verkündigten, aus den Wolken gekommen ist, wie der Blitz durch Wunder leuchtete und gleich dem Donner mit der Wahrheit die Seelen erschütterte, und der nach dem Willen des Vaters unter Mitwirkung des hl. Geistes durch sein Leiden und Tod der Welt das Leben gebracht hat.
Als ihre letzte Stunde herangekommen war, bat sie, dass man noch das allerheiligste Altarssakrament bringe, damit sie durch dessen Anblick Stärke und Trost bekomme. Ein Priester brachte dasselbe aus der Kirche und hielt es ihr zur Anbetung vor; dann wurde die heilige Seele erlöst von den Banden des Leibes und ging nun vollends dorthin, wo ihr Geist und Herz von Jugend auf gewohnt hatte. –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 4, Oktober bis Dezember, 1872, S. 325 – S. 331
siehe auch den Beitrag: Wie Wittekind den christlichen Glauben kam
Bildquellen
- Ingres_-_La_Vierge_a__l_hostie__1854__1_.jpg: wikimedia