Wie Wittekind zum christlichen Glauben kam

Wie der heidnische Herzog von Sachsen Wittekind christgläubig wurde

Jesus Christus als Christkindlein steht auf einer himmlischen Wolke, umstrahlt von einem hellen Licht; unter dem weihnachtlichen Bild stehen die Worte: Gloria in excelsis Deo

9. Albertus Krantius de rebus Saxon. Lib. 2 c. 8 beschreibt ausführlich, wie Karl der Große viele Jahre wider die heidnischen Sachsen gestritten und sie von ihrer Abgötterei zum christlichen Glauben bringen wollte. Wiewohl er sie oftmals mit seiner Kriegsmacht überwunden und zur Abschwörung ihrer Götzen gebracht hatte, dennoch wurden sie allezeit durch ihren Herzog Wittekind angereizt, wieder meineidig zu werden, und den angenommenen christlichen Glauben zu verleugnen. Da nun Kaiser Karl das zwölfte Mal mit einem mächtigen Heer zur Fastenzeit nach Sachsen zog, und das Osterfest einfiel, da befahl er seinem ganzen Heer, daß sie sich zum Empfang der heiligen Sakramente bereiten, und das heilige Osterfest mit aller Andacht im Lager begehen sollten. Zur selben Zeit kam den Herzog Wittekind eine große Begierde an, das kaiserliche Lager zu besichtigen und den christlichen Gottesdienst mit Augen zu beschauen. Deswegen legte er seine kostbare Kleidung ab und bekleidete sich, auf daß er nicht sollte erkannt werden, mit schlechten zerrissenen Kleidern, ging ohne Gefährten als Bettler in das Lager, und bat die Soldaten um Almosen.

Unterdessen forschte er vorwitzig alles aus, und nahm wahr, daß der Kaiser und seine Soldaten am heiligen Karfreitag betrübt daher gingen, strenge fasteten, eifrig beteten, am Vorabend von Ostern beichteten und am heiligen Ostertag kommunizierten. Als der Priester unter der heiligen Messe zur Wandlung gekommen war, da sah er mit leiblichen Augen, daß ein überaus schönes Kindlein in seinen Händen ruhe, bei dessen Anblick er eine niemals erkannte Süßigkeit in seinem Herzen empfand, und die übrige heilige Messe hindurch kein Auge von dem Priester abwendete. Als die Soldaten zum heiligen Abendmahl gingen, sah er mit größter Verwunderung, daß der Priester einem Jeden dasselbe schöne Kindlein darreichte, und daß dasselbe von Allen und Jedem empfangen und genossen wurde, jedoch nicht auf gleiche, sondern auf gar verschiedene Weise. Denn zu einigen eilte das liebliche Kindlein mit wunderbarer Freude, zu andern aber wollte es nicht hinein gehen, sondern wehrte sich mit Händen und Füßen, und ward doch hinein zu gehen genötigt.

Dies Alles sah der Herzog mit eigenen Augen und konnte sich über solch unerhörte Geheimnisse nicht genug verwundern. Nach vollbrachtem Gottesdienst ging er zur Kirche hinaus, setzte sich wieder unter die Bettler und erbat sich von den Hinausgehenden ein Almosen. Der Kaiser gab allen und jedem Bettler das Almosen mit eigener Hand, und als Wittekind dasselbe von ihm empfing, nahm ein Diener wahr, daß er einen krummen Finger habe, erkannte ihn daran, und sagte dem Kaiser ins Ohr: „Eure Majestät, dieser ist Wittekind, der Herzog in Sachsen, ich erkenne ihn an seinem krummen Finger.“ Der Kaiser ließ ihn zu sich in sein Zelt berufen und sprach zu ihm. „Warum gibst du dich für einen Bettler aus, da du doch der Herzog von Sachsen bist?“ Wittekind erschrak, und weil er fürchtete, er möchte als Spion gefangen werden, sprach er zum Kaiser: „Eure Majestät wolle mir dies nicht übel auslegen, denn ich habe es bloß deswegen getan, auf daß ich desto freier den Gottesdienst der Christen erforschen könnte.“ „Was hast du bei demselben gesehen?“ fragte ihn der Kaiser. Jener antwortete: „Ich habe solche Wunderdinge gesehen, dergleichen ich noch niemals gesehen, noch gehört habe, und dieselben gar nicht begreifen kann.“ Alsdann erzählte er im Alles, was er am Karfreitag, am Vorabend und am Ostertag unter der heiligen Messegesehen habe, und begehrte von dem Kaiser die Erklärung dieser Geheimnisse.

Dieser verwunderte sich sehr, daß Gott dem verstockten Heiden die Gnade erwiesen, daß liebe Christuskind in der heiligen Hostie mit Augen zu sehen, was er vielen Heiligen verweigert hat. Hernach erklärte ihm der Kaiser die Ursache ihrer Betrübnis am Karfreitag, wie auch ihres Fastens, Beichtens und Kommunizierens, und bewegte ihm sein Herz dermaßen, daß er dem Heidentum abschwor, den christlichen Glauben annahm und nach hinlänglichem Unterricht die heilige Taufe empfing. Er nahm auch einige Priester zu sich, durch deren Hilfe nach und nach das Herzogtum Sachsen zu Christus bekehrt wurde.

10. Aus dieser Geschichte, wodurch die Bekehrungen der heidnischen Sachsen ihren Anfang genommen, kannst du gleichsam mit Händen greifen, daß das liebe Christkind unter den Gestalten der konsekrierten Hostie gegenwärtig ist, und sich selbst nicht allein von den frommen Katholiken, sondern auch von vielen Heiden und Juden, wie du unten in mehreren Beispielen lesen wirst, in seiner natürlichen Gestalt habe sehen lassen. Diese seine unbegreiflich schöne Gestalt verbirgt zwar Christus vor unsern sündigen Augen, aber nicht vor den Augen Gottes des Vaters und des himmlischen Heeres, sondern zeigt sich ihnen in allen heiligen Messen in einer solchen übernatürlichen Schönheit, daß die heiligste Dreifaltigkeit eine unergründliche Glorie, die Mutter Gottes aber und die Engel und Heiligen eine unaussprechliche Freude und Wonne darüber empfinden. Eben dies ist, wie Christum zum seligen Alanus gesagt, der größte Teil der Glorie Gottes. Dies ist der größte Anteil der Freude der Mutter Gottes. Dies ist die größte Wonne der Heiligen Gottes.

11. Wenn die lieben Engel dies neugeborene Kindlein anschauen, so fallen sie demütig auf ihre Knie und beten es ehrerbietig an, was der heilige Paulus Hebr. 1. andeuten will, da er spricht: „Als er abermals seinen erstgeborenen Sohn in den Erdkreis einführte, sagte er: „Alle Engel Gottes sollen ihn anbeten.“ In der heiligen Christnacht hat Gott Vater seinen Erstgeborenen zum ersten Mal in die Welt eingeführt, in allen heiligen Messen aber führt er ihn wiederholt in die Welt ein, auf daß er sich auf dem Altar für uns opfere, und uns die Früchte seiner Geburt mitteile. Alsdann beten ihn die Engel an, wie die Kirche in der Präfation spricht: „Durch welchen deine Majestät loben die Engel, anbeten die Herrschaften, erzittern die Mächte; durch den die Himmel und die Kräfte der Himmel und die seligen Seraphime zu gemeinsamem Jubel sich verbinden“; welchen Gesang sie in der Christnacht gesungen haben, nämlich: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen, die eines guten Willens sind.“ Wir sollen auch zugleich, mit dem himmlischen Heere das süße Jesukind preisen, weil es zu unserm größten Heile wiederum vom Himmel kommt und die Verdienste seiner Geburt allen Messe Hörenden reichlich austeilt. –
aus: Martin von Cochem, Erklärung des heiligen Messopfers, 1875, S. 91- S. 95

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