Heiliger Papst Gelasius I. (492-496)

Der Papst trägt das Kreuz Christi, von Christus glorreich empfangen; es zeigt das Leiden der Päpste und zugleich der Kirche

Der unerschütterliche Fels im Sturm

Der heilige Papst Gelasius I. (regierte von 492-496)

Auch Italien seufzte unter dem Schrecken der Völkerwanderung und blutete aus tausend Wunden. Noch waren die Städte in Schutt und entvölkert, noch lagen Handel und Ackerbau danieder und schon wieder brach ein neues Ungewitter über Rom herein. Der Ostgoten-König Theoderich stand am Fuße der Alpen, bereit in Italien einzubrechen und dem Odoaker die Krone vom Haupt zu reißen. Unter diesen Unruhen bestieg der Nachfolger des heiligen Felix II., der heilige Gelasius I., ein Afrikaner, aber in Rom geboren, am 1. März des Jahres 492 den päpstlichen Stuhl. Er hatte schon vor seiner Erhebung in Rom eine treffliche Wirksamkeit entfaltet und so aller Augen auf sich gezogen. Mit aller Entschiedenheit verteidigte der heilige Gelasius die Rechte des Papsttums. In ihm bekam die Kirche einen obersten Hirten, ebenso ausgezeichnet durch Klugheit und Festigkeit in seiner kirchlichen Verwaltung, als durch Erfahrung in den Gebräuchen der Kirche. Er glänzte durch reinen Lebenswandel, durch besondere Liebe zu den Armen und zum Gebet und durch seinen Eifer für die kirchliche Wissenschaft. Er schrieb selbst gelehrte Bücher von solcher Schönheit der Form und Tiefe der Gedanken, daß er dem heiligen Papst Leo würdig zur Seite gestellt werden kann; das zeigen besonders seine uns noch erhaltenen Briefe und Lehrschriften über die Gottheit und Menschheit Jesu Christi. Ebenso schrieb Papst Gelasius eine Erklärung zu dem Brief des Apostels Paulus an die Römer, dichtete Kirchengesänge, lehrte und mahnte, strafte und ordnete und gab so das Beispiel eines frommen und gelehrten, eifrigen und tüchtigen Papstes.

Der heilige Gelasius stand einem oströmischen Kaiser gegenüber, der ein Feind des wahren Glaubens war, Kaiser Anastasius, der von seiner Mutter eine ganz verkehrte Erziehung erhalten hatte. Der Papst schickte bei seiner Thronbesteigung einen Gesandten nach Konstantinopel, um den Kaiser seine Erhebung zu melden. Obwohl die oströmischen Kaiser, seit Odoaker König in Italien war, nichts mehr in Italien zu befehlen hatten, fuhren die Päpste dennoch fort, sie als ihre weltlichen Oberherren anzuerkennen. In einem Brief an den Kaiser setzte der Papst die Grenzen der weltlichen und geistlichen Macht klar und deutlich fest, indem er sagte: „Vor der Ankunft Jesu Christi konnten Königtum und Priestertum in einer Person vereinigt sein, wie die Heilige Schrift von Melchisedek erzählt. Nunmehr aber hat Gott wegen der menschlichen Schwäche die zwei Gewalten getrennt, und zwar in der Weise, daß in geistlichen Angelegenheiten der Kaiser dem Papst unterworfen ist, während in weltlichen Dingen der Papst den befehlen des Kaisers zu gehorchen hat.“

Wie benahm sich aber Kaiser Anastasius dem heiligen Gelasius gegenüber, der in so schöner Weise die rechte des oströmischen Kaisers anerkannte und achtete? Er beglückwünschte den Ostgoten-König Theoderich, welcher den König Odoaker besiegt und Italien erobert hatte und verbot seinen Gesandten mit dem Papst zu verkehren. Der Papst verzieh diese Beleidigung und schrieb auch nachher noch mit der größten Milde an den irregeleiteten Kaiser.

Großen Eifer entfaltete der heilige Statthalter Christi der weltlichen Macht gegenüber, indem er die Freiheit und Unabhängigkeit der Kirche wahrte. Auch ihm blieb die Reinerhaltung des Glaubens eine Herzens-Angelegenheit. Und hierin hatte er eine große Aufgabe zu lösen. Seine Regierungszeit fällt nämlich in die Herrschaft des Ostgotenkönigs Theoderich, der die arianischen Irrlehren als eifriger Anhänger derselben mit allen Mitteln unterstützte. Dem Patriarchen von Konstantinopel und dem oströmischen Kaiser gegenüber musste der Papst die Oberhoheit des päpstlichen Stuhles verteidigen, den Irrlehren der Manichäer und Pelagianer gegenüber die Reinerhaltung des katholischen Glaubens besorgen, den Irrlehren der Arianer gegenüber die Unabhängigkeit der katholischen Kirche bewahren, den Überbleibseln des Heidentums gegenüber die Erhaltung der christlichen Sitten mit aller Strenge verteidigen.

So versöhnte der Papst durch sein mildes Auftreten auch viele abgefallene morgenländische Bischöfe. Wenn es ihm nicht gelang, alle getrennten und irrenden Brüder zu gewinnen, so lag eine Hauptursache im bösen Willen des Kaisers Anastasius.

Empfänglicher für die Wahrheit zeigte sich das Abendland. Viele fremde Volksstämme hatte die große Völkerwanderung nach Italien geführt. Der Hirt auf dem Stuhle des heiligen Petrus forderte darum die Bischöfe mit allem Ernst zur Wachsamkeit auf. So war ein italienischer Bischof öffentlich als Verteidiger der Irrlehre des Pelagius aufgetreten und hatte sogar einen Priester, der ihm hierin widersprach, mit dem Bann belegt. Papst Gelasius erließ ein strenges Schreiben mit ausführlicher Belehrung an diesen und andere saumselige Bischöfe. Auch an einen anderen Bischof richtete der Papst die Aufforderung, gegen die Pelagianer einzuschreiten; da dieser Bischof die Namen derjenigen wissen wollte, die ihn wegen seiner Nachlässigkeit in Rom angezeigt hatten, erklärte ihm der Papst: „Die Namen sind gleichgültig, der Papst hat über die ganze Kirche zu wachen und muss auf die Beseitigung der Irrtümer dringen.“ Gegen die Manichäer, die sich unter die rechtgläubigen mischten und sogar in katholischen Kirchen kommunizierten, traf der Papst eine neue Anordnung. Da sie den Wein als ein Erzeugnis des bösen Feindes ansahen, enthielten sie sich bei dem Empfang der heiligen Kommunion des Kelches. Um sie zu hindern, das heilige Opfer zu entweihen, befahl Papst Gelasius: entweder das heilige Sakrament unter beiden Gestalten zu genießen oder davon ferne zu bleiben. Bis dahin hatte es nämlich den Gläubigen freigestanden, die heilige Kommunion unter der einen oder der andern Gestalt zu empfangen. Da aber diese Freiheit von Böswilligen mißbraucht wurde, um ihre Irrtümer darunter zu verbergen, bedurfte es dieser klugen Verordnung des Papstes.

Zwei Jahre vor seinem Tode hielt der Papst noch eine Versammlung, auf der er die Rangordnung der Kirchen festsetzte. Im Jahre 496 hielt er eine neue Beratung in Rom. Auf derselben wurden die Bücher der Heiligen Schrift geordnet und die unechten Teile beseitigt. Dieses war notwendig, denn es waren Bücher verbreitet worden, die man fälschlich für heilige ausgab. Ferner ließ der Papst festsetzen, von welchen heiligen Vätern die Werke und hinterlassenen Schriften geschrieben waren. Man nannte hier die Bücher des heiligen Cyprian, Gregor von Nazianz, Basilius, Athanasius, Cyrillus und mehrerer anderer berühmter Kirchenväter.

Die Geduld des Papstes musste manche schwere Probe bestehen. Infolge der Verwirrung, welche die beständigen Kriege verursachten, wollte ein kaiserlicher Beamter ein heidnisches Fest wieder einführen, nämlich: die Luperkalien. Jünglinge warfen dabei ihre Kleider weg, hüllten sich in Bocksfelle und liefen durch die Straßen der Stadt Rom. Man war töricht genug, zu glauben, daß durch die Einführung dieses Festes eine ausgebrochene Seuche abgewendet werden könnte. So schwer fiel es den Römern, dem heidnischen Aberglauben zu entsagen. Sie wandelten eben in der Weltstadt, wohin das Heidentum immer wieder Zugang fand.

Papst Gelasius gab den Römern anstatt der Luperkalien-Spiele ein Fest der Mutter Gottes, die Lichtmesse oder das Fest: Mariä Reinigung, bei dem, wie noch heute, eine Prozession mit Lichtern abgehalten wurde. Auch das Fest des heiligen Erzengels Michael wurde unter der Regierung dieses Papstes eingeführt.

Trotz seiner vielen Geschäfte, die ihm kaum Zeit zur Ruhe ließen, verfaßte Papst Gelasius noch herrliche Lieder gleich dem heiligen Ambrosius. Durch seine Gelehrsamkeit und echte Frömmigkeit verdient der Papst seinen besten und vorzüglichsten Vorgängern an die Stelle gestellt zu werden.
Auch baute Papst Gelasius der Mutter Gottes eine herrliche Kirche. Am 21. November des Jahres 496 machte der Tod dem arbeitsreichen Leben dieses Papstes ein Ende. Am gleiche Tage feiert die Kirche auch sein Fest. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 137 – S. 141

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