Der heilige Papst Vitalian (657-672)

Der Papst trägt das Kreuz Christi, von Christus glorreich empfangen; es zeigt das Leiden der Päpste und zugleich der Kirche

Die Missionare auf dem Heiligen Stuhl

Der heilige Papst Vitalian (regierte von 657-672)

Der heilige Papst Vitalian stammte aus Segni in Italien und, obwohl seine Regierung größtenteils in die Zeit des despotischen Kaisers Konstans II. fiel, der den Papst Martin so mißhandelt hatte, verstand er es durch seine vorsichtige Haltung, sich und den apostolischen Stuhl vor neuen Verfolgungen zu bewahren. Der Kaiser erwies sich sehr freundlich gegen Vitalian und ließ ihm als Geschenk einen mit Edelsteinen besetzten Evangelienkodex durch Gesandte überbringen und der ketzerische Patriarch von Konstantinopel, dem der Papst ein Schreiben mit der Darlegung des katholischen Glaubens geschickt hatte, gab sich den Anschein, als ob er mit Vitalian eines Sinnes sei. Konstans, der nach Italien gezogen war, um dem Vordringen der Langobarden Einhalt zu tun, kam selbst nach Rom, wo ihm der Papst mit dem Klerus entgegen ging und in die Stadt begleitete. Der Kaiser hinterließ dort Geschenke an die Kirchen, dafür aber raubte er eine große Anzahl Kunstschätze und schleppte sogar das eherne und vergoldete Dach des alten Pantheon weg und ließ es auf seine Schiffe bringen.

Wohin dieser Tyrann kam, hinterließ er die Spuren seiner Habsucht und Grausamkeit, so daß er die Bewohner von Sizilien zur Verzweiflung trieb, die lieber unter den Sarazenen als unter seiner Gewaltherrschaft leben wollten. Man durfte von einem solchen Wüterich auch nichts anderes erwarten. Hatte er doch seine Hände mit dem Blut seines leiblichen Bruders Theodosius befleckt. Dieser war durch sein leutseliges Betragen beim Volk ebenso beliebt als Konstans verhaßt.Um sich vor ihm sicher zu stellen, zwang ihn der argwöhnische Tyrann, in den geistlichen Stand zu treten. Doch auch jetzt noch fand er sich nicht beruhigt; in beständiger Furcht gab er den Befehl, seinen Bruder zu töten. Diese ruchlose Tat wurde an demselben Tag ausgeführt, an welchem der fromme Theodosius als Diakon ihm, dem Bruder, in der Kirche das hl. Blut gereicht hatte. Nun aber packten den Brudermörder die Furien des bösen Gewissens. Immer sah er den Bruder vor sich im Gewand eines Diakon, wie er ihn an sein Verbrechen mahnte und ihm einen Becher voll Blut mit den Worten hinhielt: „Trink, Bruder, trink!“ Nirgends fand er weder Rast noch Ruhe. Die Erinnerung an die Untat trieb ihn nach Italien, von dort nach Sizilien, wo er zuletzt von einem Bedienten im Bad erschlagen wurde 668.

Während dieser Vorgänge im oströmischen Reich und in Italien erfolgte für den Papst in England ein freudiges Ereignis. Dort hatte sich das Christentum trotz einiger Rückschläge von Seiten des Heidentums immer weiter ausgebreitet. Es herrschte aber ein Zwiespalt bezüglich einiger Fragen der kirchlichen Disziplin und namentlich der Osterfeier. Ein Teil des Landes, der von Irland aus bekehrt worden war, wollte sich nicht nach der römischen Ordnung richten. Auf einer Versammlung, die König Oswy von Northumbrien, um den Streit beizulegen, zusammen berufen hatte, trat Wilfrid für die römische Vorschrift ein, da dort der Nachfolger desjenigen regiere, zu dem der Herr gesprochen: „Du bist Petrus“. Da wandte sich Oswy an die Gegenpartei, die sich für ihre Anschauung auf den hl. Kolumba berief, mit der Frage: Ist es wahr, daß der Herr dieses zu Petrus gesagt hat? „Allerdings“, erwiderte diese. Könnt ihr beweisen, daß eurem Kolumba eine gleiche Macht gegeben ist? „Nein“, gaben die Gegner zur Antwort. Und der König fragte weiter: Stimmt ihr von beiden Seiten überein, daß dieses vor allen von Petrus gesagt worden ist, und daß ihm vom Herrn die Schlüssel des Himmelreiches übergeben sind? „Ja.“ Da schloß Oswy: Und ich sage euch, daß dieser Türhüter ist, dem ich nicht widersprechen will, vielmehr wünsche ich ihm in allem zu folgen, damit ich nicht, wenn ich zur Himmelstüre komme, dieselben verschlossen finde und der, dem die Schlüssel anvertraut sind, mir den Rücken wende. Diesen Worten gaben alle Anwesenden Beifall.

Hätten die Kaiser von Konstantinopel, hätten die späteren Herrscher von Rußland, Deutschland und England so viel christlichen Sinn und so viel gesunden Menschenverstand besessen als dieser noch halbbarbarische König von Northumbrien – wieviel Jammer wäre der Menschheit erspart geblieben!

aus: Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste, I. Band, 1907, S. 211-212

Doch es fehlte dem Hirten der Christenheit auch nicht der Trost rührender Ergebenheit, welche die Könige von England ihm erwiesen. Der Papst weihte zum Bischof für England den griechischen Mönch Theodor von Tarsus, einen Mann, ausgestattet mit großer Gelehrsamkeit und Tugend. Ferner eröffnete sich in Afrika der Liebe des heiligen Vitalian ein weites Feld. 80000 Gefangene hatten dort die Mohammedaner als Sklaven verkauft. Diese wendeten sich in ihrem Elend nach Rom und waren nicht getäuscht. Der Papst suchte mit großen Opfern ihre Lage zu verbessern und kaufte viele von ihnen los. Um dieselbe Zeit trat der Papst auch entschieden für den Bischof von Lappa auf der Insel Kreta ein. Derselbe war auf einer Versammlung von Bischöfen abgesetzt worden, und wandte sich darum ebenfalls Hilfe suchend an den Papst. Im Dezember des Jahres 667 untersuchte der Papst die Anklagen gegen diesen Bischof und erklärte ihn für unschuldig. Der Bischof kam später wieder in den Besitz seiner Diözese.

Größere Sorge bereitete dem Papst der widerspenstige Erzbischof von Ravenna, der sich mit dem Kaiser verbunden hatte. Erst der dritte Nachfolger unseres Papstes, der heilige Agathon, konnte dort die volle Ruhe wieder herstellen.

Dem heiligen Papst Vitalian gelang es, nachdem Kaiser Konstans II. Zu Syrakus ermordet worden war, den neuen Kaiser Konstantin IV. für sich zu gewinnen, indem er ihm bei der Bekämpfung eines Gegenkaisers Hilfe gewährte. Doch schritt auch der neue Kaiser im Anfang nicht gleich gegen die Irrlehren ein. Inzwischen aber starb der Papst am 27. Januar des Jahres 672.

Nun folgen sieben Päpste, welche mitsammen nur fünfzehn Jahre regierten. Warum die göttliche Vorsehung diesen raschen Wechsel eintreten ließ, können wir nicht wissen; denn geheimnisvoll und für uns unerforschlich sind die Wege Gottes.

aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 212

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