Das Kreuz und der Halbmond
Das Pontifikat von Papst Marcellus II. (regierte 1555)
Dieser Papst behielt seine früheren Namen auch nach der Wahl bei. Er stammte aus einer niedrigen Familie, Cervini, und ward 1501 in Montepulciano, einem Städtchen Mittelitaliens, geboren. Er wurde gegen den Willen der kaiserlichen Partei gewählt, da man große Hoffnungen für das Wohl der Kirche auf ihn setzte. Von Jugend auf zeichnete er sich so sehr durch sein tugendhaftes Betragen aus, daß keiner in seiner Gegenwart sich ein ungeziemendes Wort zu äußern wagte. Mit einem fleckenlosen Leben verband er seltene Geistesgaben und Kenntnisse, aufrichtige Herzensgüte und Klugheit. Von Paul III. 1539 zum Kardinal ernannt, leistete er der Kirche große Dienste, namentlich als Kardinallegat auf dem Konzil von Trient. (1)
Es war sein entschiedener Wille, nach allen Seiten einschneidende Reformen vorzunehmen. (2) Da die kirchliche Musik arg in Verfall geraten war, ging er mit der Absicht um, die Musik gänzlich aus den Kirchen zu beseitigen. Als aber Palestrina die von ihm komponierte sogenannte Missa Papae Marcelli (3) vor dem Papst zur Aufführung brachte, wurde er milder gestimmt. Ein Feind des Nepotismus, gestattete er seinen Verwandten nicht, am Hof in Rom zu erscheinen. Leider bereitete seinen Plänen, mit denen der edle Papst sich trug, wie den frohen Hoffnungen, welche die Katholiken auf ihn setzten, sein schneller Tod ein unerwartetes Ende. Er starb am 21. Tag nach seiner Wahl. (4) –
aus: P. Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste III. Band, 1907, S. 549
(1) Im Jahre 1539 wurde er Bischof von Nicastro und noch in demselben Jahr Kardinalpriester. Als Kardinal hatte Marcellus der Kirche wichtige Dienste geleistet; teils als Gesandter in Deutschland und Frankreich, teils bei der Kirchenversammlung von Trient, die er selbst leitete.
(2) Ein Feind aller Pracht führte er am päpstlichen Hof jene Einfachheit ein, die wir am Papst Hadrian IV. bewundert haben… Die katholische Religion zum höchsten Ansehen zu bringen, war ihm die wichtigste Herzensangelegenheit. „Die Verbesserung der Sitten“, sagte er zum Kardinal von Mantua, „ist das einzige Mittel, das ansehen des Heiligen Stuhles zu erhalten und zu vermehren. Man muss allen Überfluss, allen unnötigen Aufwand, die Pracht, die überflüssigen Ausgaben vermeiden, weil solches die Priester verächtlich macht.“
(3) Palestrina schuf aus Dankbarkeit ein großes Musikstück, die Marcellusmesse, die noch heute Bewunderung erregt.
(4) Zur Freude und Erbauung der Römer hielt der Papst in der heiligen Karwoche 1555 die kirchlichen Zeremonien bei St. Peter in Rom. Bei dieser Gelegenheit zog er sich aber eine Krankheit zu, an der er am 30. April desselben Jahres, noch nicht vierundfünfzig Jahre alt, starb. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 624
Palestrina – die Marcellusmesse (Missa Papae Marcelli)