Das Kreuz und der Halbmond
Papst Paul II. (regierte von 1464-1471)
Dieser Papst, geboren 1417 zu Venedig aus vornehmer Familie, hieß vor seiner Erwählung Pietro Barbo, war der Sohn einer Schwester Eugens IV. und hatte von seiner frommen Mutter eine sehr religiöse Erziehung genossen. Von seinem Oheim, dem Papst, ausgezeichneten Lehrern zur Ausbildung übergeben, wurde er frühzeitig zum Kardinal ernannt. Als venetianischer Edelmann war er prachtliebend und äußerst freigebig. Er erbaute in Rom den großartigen Palast, welcher der venetianische heißt. Pius IV. schenkte ihn der Republik von Venedig, daher sein Name. Als Österreich in den Besitz von Venedig kam, erhielt es auch diesen Palast, … Als Papst wahrte Paul das päpstliche Ansehen den Kardinälen gegenüber, die vor der Wahl eine Vereinbarung (Wahlkapitulation) getroffen, durch welche die Autorität des Papstes zugunsten der Kardinäle beschränkt werden sollte. Paul verwarf nach seiner Wahl diesen Vertrag, da er der von Christus dem Papst verliehenen Obergewalt zuwider lief.
Ebenso trat er energisch für die kirchliche Freiheit den weltlichen Regierungen gegenüber auf, namentlich gegen Frankreich und Venedig, welche Mächte darauf ausgingen, die Kirche ganz von sich abhängig zu machen und zu einer reinen Polizeianstalt zu erniedrigen. Mit gleichem Eifer trat er gegen die Fraticellen auf, die eine Sonderkirche bildeten und in ihren Zusammenkünften allerlei Scheußlichkeiten verübten. Von nun an verschwinden sie aus der Geschichte. Die Bemühungen Pauls, die hussitischen Überbleibsel in Böhmen zur Kirche zurück zu führen, blieben leider resultatlos, obschon die zwei Hauptgegner der kirchlichen Vereinigung, der Erzbischof Rokyzana von Prag und Georg Podiebrad, gestorben waren.
Um das religiös-sittliche Leben in der Kirche zu heben, förderte er die Reform der Klöster, beseitigte verschiedene Missbräuche an der Kurie und richtete sein Hauptaugenmerk auf die Wahl guter Bischöfe. Von ihm wird die Äußerung berichtet: „In anderen Dingen könne der Papst ein Mensch sein, bei Ernennung der Bischöfe müsse er ein Engel, bei der Wahl der Mitglieder des hl. Kollegiums ein Gott sein.“ Die Feier des Jubiläums setzte er auf das 25. Jahr, damit das christliche Leben öfters erneuert und Gottes Schutz für die Christenheit häufiger erfleht werde.
Um dem Ansturm der Türken zu begegnen, trat Paul in die Fußstapfen seiner Vorgänger, leider mit demselben traurigen Erfolg. Große Summen schickte er als Hilfsgelder, um die Streiter in Ungarn, Albanien und anderwärts zu unterstützen. Die bedeutenden Erträgnisse der Alaungruben in Tolfa, welche unter Pius II. entdeckt worden waren, wurden für den Kampf gegen die Türken verwendet. Noch mehr zu leisten hinderten ihn die Feindseligkeiten der Barone und Feudalherren im Kirchenstaat, die von den Mächten Italiens und namentlich vom treulosen König Ferrante von Neapel unterstützt wurden.
Daher konnte er den Kriegshelden Skanderbeg nicht ausgiebiger unterstützen. Dieser Soldat Jesu Christi, wie er sich nannte, war der Schrecken der Türken, ein Heer nach dem andern schlug er in verzweifelten Kämpfen und brachte die schwersten Verluste dem Sultan bei, bis er endlich nach einer Reihe der glänzendsten Heldentaten einem hitzigen Fieber 1468 erlag. Als Mohammed II. die Nachricht von seinem Tod erhielt, rief er triumphierend aus: „Die Christenheit hat ihr Schwert und ihren Schild verloren!“ Paul gab einen wahrhaft großartigen Wohltätigkeitssinn kund. Arme oder von ihren Sitzen vertriebene Bischöfe, Witwen und Waisen, sowie Kranke und Flüchtlinge aus den türkisch gewordenen Ländern wurden von ihr reichlich unterstützt. Die entthronten Fürsten fanden in Rom Zuflucht und wahrhaft fürstliche Freigebigkeit. Es wird berichtet, daß es dem gütigen Papst sehr schwer wurde, ein Gesuch abzuschlagen. Mit Kaiser Friedrich III. errichtete er in Millstatt, Kärnten (1468) ein St-Georgs-Ritter-Kloster zum Schutz gegen die Türken.
Da Papst Paul einige Literaten, die das Christentum verachteten, heidnischer Sittenlosigkeit huldigten und sich sogar gegen das Leben des Papstes verschworen, empfindlich strafte, so wurde er von denselben arg verleumdet. Unter diesen war der begabte, heidnisch gesinnte und boshafte Humanist Platina, der über das Leben Pauls ein wahres Pamphlet verfaßte. Darüber urteilt ein akatholischer Gelehrter: „Wie tüchtig muss der Papst gewesen sein, gegen den ein so fähiger und boshafter Gegner, wie der genannte Humanist, so wenig vorzubringen weiß.“
Mit Grund konnte man diesem Papst nur zu große Liebe zur Prachtentfaltung und zu den Verwandten (siehe Nepotismus) vorwerfen. Aber auch hierin verdient er eine billige Beurteilung. Durch die äußere Prachtentfaltung beabsichtigte er, das Ansehen der Kirche und der Religion zu heben, deren träger er war, und durch seine Verwandtenliebe hat er die Kirche nicht geschädigt, da seine Neffen ihrer Auszeichnungen würdig waren. So verdient Paul II. den ehrenden Nachruf, den ihm der Chronist von Viterbo zollte: „Papst Paul war ein gerechter, heiliger, friedfertiger Mann, in allen Teilen seines Gebietes genoß man die Wohltaten einer guten Regierung.“ Er starb plötzlich infolge eines Schlaganfalles, erst 54 Jahre alt, am 26. Juli 1471. –
aus: P. Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste III. Band, 1907, S.512 – S. 513
Er blieb als Papst prachtliebend, dabei aber sehr mildtätig gegen die Armen, ließ junge Leute auf seine Kosten studieren, beschützte die Gelehrten, verschönerte viele Kirchen Roms und baute den Palast bei St. Markus in Venedig. Schwer war die Aufgabe, welche die Zeitverhältnisse unserm Papst stellten. Die Türken drangen immer weiter vor und näherten sich bereits der Küste von Italien. Sie zu bekämpfen opferte der Papst sogleich 140000 römische Taler. Der einzige Held der damaligen Christenheit, Skanderbeg von Albanien, der dieses Geld erhielt, konnte aber von den Fürsten nur Versprechungen, aber keine Hilfe erhalten. Die Könige Europas blieben trotz der drohenden Gefahr gleichgültig; ja, der König von Neapel hatte sogar den Mut, dem Papst zu drohen, er werde sich mit den Türken verbinden. Im Jahre 1468 kam Kaiser Friedrich III. zum zweiten Mal nach Rom, teils wegen eines Gelübdes, teils wegen eines Kreuzzuges gegen die Türken. Doch geschah auch von ihm nichts; denn er war ein schwacher Regent und seiner Zeit nicht gewachsen. Mit großem Eifer trat der Papst für die Vorrechte des Heiligen Stuhles ein. Die Reinheit des katholischen Glaubens bewahrte er durch die Bestrafung mancher Irrlehrer in Deutschland und Frankreich. Die russische Kirche mit Rom wieder zu vereinigen, gelang ihm aber nicht. Papst Paul war auch ein eifriger Freund der Universitäten, der Gelehrten aller Art und beförderte besonders die Buchdruckerkunst. Er restaurierte viele Kirchen, nahm den Neubau der St. Peterskirche in Rom auf und erbaute einen großartigen Palast in der heiligen Stadt…
Papst Pius war es, der in Rom die erste Buchdruckerei eingerichtet hat. Dieser Papst ist es auch gewesen, der das Jubeljahr, welches Bonifaz VIII. Alle hundert Jahre zu feiern gebot, im Jahre 1470 auf jedes fünfundzwanzigste Jahr festsetzte, damit alle Christen wenigstens einmal im Leben der großen Gnade desselben teilhaftig würden. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 594 – S. 595