Heilige Flavia Domitilla Märtyrerin

Christus sitzt in der Mitte, Löwe und Stier zu seinen Füßen

Heiligenkalender

12. Mai

Die heiligen Flavia Domitilla sowie Nereus und Achilleus Märtyrer

Nereus und Achilleus, zwei Brüder, wurden schon in ihrer Jugend von dem heiligen Apostel Petrus getauft und traten später in den Dienst bei der vornehmen Jungfrau Flavia Domitilla, einer nahen Verwandten des Kaisers Domitian. Durch ihr frommes Leben und eifriges Zureden brachten sie auch Domitilla zum christlichen Glauben; doch geschah dies still und geheim. Aurelianus, einer der adeligen und vornehmsten Jünglinge in Rom, erwählte Domitilla zu seiner Braut, und Domitilla verlobte sich mit ihm, vielleicht in der Absicht, denselben ebenfalls zum Christentum zu bekehren. Einst, da sie sich mit größter Sorgfalt schmückte, ihrem Bräutigam, der zu ihr kommen wollte, zu gefallen, fingen beide Diener an zu seufzen, und einer derselben sprach: „O Domitilla! Wenn du so großen Fleiß anwenden würdest, um deine Seele auszuschmücken, um dem himmlischen Bräutigam, der sich mit dir zu vermählen bereit ist, zu gefallen, als du anwendest, um deinen Leib zu schmücken, deinem sterblichen Bräutigam zuliebe: wie glückselig wärest du!“ Beide erklärten ihr dann, welch hohen Wert die jungfräuliche Reinigkeit vor Gott habe, die Glückseligkeit jener Seele, die Christus zum Bräutigam hat, und machten sie dann auch darauf aufmerksam, wie unendlich kostbarer die Gaben des himmlischen Bräutigams, als jene des irdischen wären.

Domitilla war anfangs unwillig über diese Vorstellung; doch hörte sie bald nachher mit Gelassenheit zu, und die Gnade Gottes wirkte so kräftig, daß Domitilla, ganz entzündet von der Liebe gegen den himmlischen Bräutigam, ausrief: „Warum habt ihr mir das nicht früher gesagt? Hätte ich gewußt, was ihr mich jetzt lehrt, so hätte ich ja keinen anderen, als den unsterblichen Bräutigam erwählt. Doch ich kann es noch tun; und ich bin bereit, es zu tun; macht nur, daß ich mich recht bald mit ihm verbinden kann.“ Die zwei frommen Kammerdiener beriefen voll Freude den heiligen Papst Clemens, welcher aber, nachdem er den Wunsch der Domitilla vernommen hatte, sie also anredete: „Meine liebe Tochter! Ich lobe deinen Vorsatz und dein Verlangen. Allein bedenkest du auch wohl, was für ein harter Kampf dir bevorsteht, wenn du das dem Aurelian gegebene Versprechen nicht halten, sondern durch Verlobung deiner jungfräulichen Reinigkeit Christus zum Bräutigam erwählen und annehmen willst? Hast du auch Mut genug? Getrauest du dir, zu erdulden, was du alles zu leiden haben wirst?“ Domitilla antwortete herzhaft: „Ich verlasse mich auf die Gnade meines himmlischen Bräutigams; auf diesen vertraue ich. Er wird mich nicht verlassen:“ Nach diesen Worten legte sie in Gegenwart des Papstes das Gelübde der ewigen Keuschheit ab und empfing aus dessen Händen den heiligen Schleier, wie es damals schon der Gebrauch war.

Als Aurelian dieses erfahren hatte, wurde er vor Zorn wie rasend, suchte jedoch anfangs mit Liebkosen Domitilla auf andere Gedanken zu bringen. Weil er aber nichts vermochte, ließ er alle verhaften, die nach seiner Meinung an dem Vorgefallenen schuld waren. Zuerst kam die Reihe an Nereus und Achilleus. Sie wurden als Christen angeklagt, und weil sie Christus ohne Furcht bekannten, schickte man sie samt der heiligen Domitilla in die Verbannung auf die Insel Pontia (Ponza), die man mit Recht das Elend nannte, wo sie sehr viele Drangsale zu erdulden hatten. Der Konsular Memnius Rufus wollte sie durch oft wiederholte Schläge, durch peinliche Folter und angelegtes Feuer zur Anbetung der Götzen zwingen; sie aber sprachen: „Wir sind von dem heiligen Apostel Petrus getauft; deswegen können wir deinen falschen Göttern nicht opfern.“ Da nun der Richter sah, daß er bei ihnen nichts ausrichtete, befahl er, sie zu enthaupten im Jahre 98 n. Chr. Domitilla ließ er auf vielerlei Weise peinigen; weil sie aber immer standhaft bei ihrem Bekenntnis verblieb, so suchte Aurelian wieder andere Mittel. Er schickte zu ihr zwei adelige, mit ihr erzogene Jungfrauen, namens Euphrosina und Theodora, unter dem Vorwand, selbe zu bedienen; in der Tat aber sollten sei alles aufbieten, in ihr die vorige Liebe zu ihm und zu den Freuden der Welt wieder zu erwecken. Beide taten auch ihr Möglichstes. Sie erhoben den Ehestand über alles und lobten die Schönheit und Reichtümer des Aurelian. Domitilla, anstatt sich von diesen irre machen zu lassen, brachte es mit ihrem Zureden im Gegenteil so weit, daß beide sich entschlossen, den christlichen Glauben anzunehmen und durch das Gelöbnis der jungfräulichen Reinigkeit Christus den Herrn ebenfalls zu ihrem Bräutigam zu erwählen.

Als dieses dem Aurelian zu Ohren gekommen war, wußte er vor Zorn nicht mehr, was er tun sollte. Doch wollte er, ehe er zum äußersten schritt, noch einen Versuch machen. Er ließ Domitilla mit Gewalt nach Terracina bringen, in der Absicht, ihr die hochzeitliche Verbindung abnötigen zu können. Auf dessen Befehl wurde eine kostbare Mahlzeit bereitet, die vornehmsten Herren wurden dazu eingeladen, und Domitilla musste auch dabei erscheinen. Nach beendeter Mahlzeit fing Aurelian voll Freude zu tanzen an, als wenn er seine Absicht schon erreicht hätte. Domitilla begab sich unbemerkt in das Nebenzimmer und rief aus dem innersten ihres Herzens zu Gott: „Nun, o Herr! Ist es Zeit, daß du mir in der äußersten Gefahr beistehest, damit ich meine dir gelobte Treue nicht breche.“ Da die keusche Jungfrau also betete, und Aurelian sich mit Tanzen erlustigte, sank dieser auf einmal zu Boden und starb auf der Stelle. Domitilla kehrte sogleich wieder zurück zu ihren Gefährtinnen und sagte mit ihnen dem allerhöchsten, der sie so wunderbar errettet hatte, demütigsten Dank. Allein der Bruder Aurelians beschuldigte Domitilla, sie wäre durch ihre Zauberei Ursache an dem Tod seines Bruders; er begehrte deswegen von dem Kaiser die Erlaubnis, sie dafür bestrafen zu dürfen. Nachdem er dieselbe erhalten hatte, ließ er das Haus, wo die keusche Jungfrau mit ihren zwei Gefährtinnen war, mit Feuer umgeben und zu Asche verbrennen um das Jahr 96. Die Leiber der heiligen Jungfrauen fand man zwar tot auf ihren Angesichten liegend, aber ohne daß auch nur ein Härlein daran verletzt worden wäre.
Der Verehrungstag der heiligen Euphrosina und Theodora ist der 7. Mai; jener der heiligen Nereus, Achilleus und Flavia Domitilla der 12. Mai. – aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 349-351

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