Der heilige Pankratius Märtyrer

Christus sitzt in der Mitte, Löwe und Stier zu seinen Füßen

Heiligenkalender

12. Mai

Heiliger Pankratius Märtyrer

Wie im ganzen Jahr das Leben der Natur am schönsten ist im Frühling, so ist auch im ganzen Menschenleben am schönsten die Tugend in der Jugend. Denn in der Jugend sind die Reize der Welt die mächtigsten, die Versuchungen zur Sünde die heftigsten, die Gefahren der Verführung die zahlreichsten die Kämpfe für Christus die entscheidendsten, die Siege und die Triumphe der Gnade die glorreichsten. Wie herrlich umstrahlt diese Wahrheit den Jüngling Pankratius!

Er war der einzige Sohn sehr vornehmer und reicher Eltern zu Symnadus in Phrygien. Sein Vater stand lange Jahre in hohem Ansehen beim Kaiser Diokletian, dessen Freundschaft er sich durch hervorragende Kenntnisse im Waffendienst und durch persönliche Tapferkeit verdient hatte, büßte aber seine Treue, mit der er an Jesus Christus glaubte, mit dem Märtyrertod. Pankratius, ein holdes blühendes Kind, lag noch in der Wiege, als der Vater seinen letzten Gang auf den Richtplatz antrat. Innigst besorgt um den kleinen Liebling, bat und beschwor er seinen geliebten Bruder Dionysius, daß er an Pankratius Vaterstelle vertrete und dessen Erbschaft getreulich verwalte. Dieser versprach es dem Sterbenden und hielt auch in edelster Aufrichtigkeit sein Wort. Obwohl noch Heide, liebte und pflegte er den ihm anvertrauten Neffen, als wäre er sein eigen Kind; der Knabe erfreute ihn mit seiner zärtlichen Zuneigung und Anhänglichkeit.

Nach einigen Jahren führte Dionysius seinen geistvollen Mündel nach Rom, um dort unter den besten Lehrern seine wissenschaftliche Ausbildung erzielen und in höheren Kreisen Verbindungen zu einer glänzenden Laufbahn in der Zukunft anknüpfen zu können. Sie bewohnten mit ihren Sklaven und Dienern ein prachtvolles Haus auf dem cölischen Hügel und verfolgten mit Eifer ihr beabsichtigtes Ziel. Es war gerade um diese Zeit, als die ersten Vermutungen und dunklen Gerüchte auftauchten, der Kaiser Diokletian trage sich mit dem Gedanken, das sich so mächtig ausbreitende Christentum gänzlich zu vertilgen und sich, als einer Gottheit, die Anbetung zu erzwingen.

Ganz in der Nähe des Hauses, welches Pankratius und sein Oheim bewohnten, hielt sich damals der Papst Marcellinus verborgen bei einem Christen, welcher durch sein Amt als Zimmerwärter des kaiserlichen Palastes vor jedem Verdacht gesichert schien. Sie bemerkten die vielen heimlichen Besuche von verhüllten Männern und verschleierten Frauen – auch aus den höheren Ständen, die in der Dunkelheit der Nacht schüchtern daher schlichen und sich plötzlich wie in den Boden verloren. Nach langem Forschen und Fragen entdeckten sie, daß jene Besucher Christen seien, welche bei ihrem Bischof zur Feier ihres Gottesdienstes sich versammelten. Dionysius, mit dem Christentum schon vorteilhaft bekannt, und Pankratius, der Sohn eines Märtyrers, erkundigten sich und vernahmen so viel von den erhabenen Tugenden und von der großen Liebenswürdigkeit des Papstes, daß sie erglühten von dem Wunsch, ihn kennen zu lernen.

Als sie vor das Haus des Papstes traten, fanden sie den Pförtner Eusebius und fragten ihn: „Kennst du den Vater der Christen, und weißt du, wo er wohnt? Eusebius erwiderte: „Warum fragt ihr nach ihm?“ Dionysius erklärte freundlich: „Fürchte dich nicht, wir sind keine Verräter; wir wünschen die Lehre der Christen kennen zu lernen, und wenn sie wahr ist, darin unsere Seligkeit zu finden.“ Der Pförtner las in ihren Gesichtern die Aufrichtigkeit ihrer Gesinnung und öffnete ihnen die Türe mit den Worten: „So kommt im Namen des Herrn! Gott gebe, daß ihr findet, was so Viele verachten!“
Marcellin empfing die zwei Fremden mit gewinnender Freundlichkeit und fragte mit herzlichem Wohlwollen nach ihrem Begehren. Erstaunt und gerührt von seiner Liebe sanken sie in die Knie und baten, daß er sie über Christus belehre. Der Papst hob sie auf vom Boden, setzte sich zu ihnen und fing sogleich an zu sprechen von der erhabenen Schönheit und Heiligkeit des Christentums im Gegensatz zur Verkehrtheit und Abscheulichkeit des Götzendienstes. Zwanzig Tage lang setzte er diesen Unterricht fort, den sie mit so gespanntem Eifer anhörten, daß er ihnen dann die heilige Taufe erteilen und sie zum Gottesdienst in den Katakomben zulassen konnte.

Inzwischen ward das kaiserliche Dekret zur Verfolgung der Christen angeschlagen. Furchtbar tobte der Grimm der Heiden wider die Herde Christi; gräßlich arbeiteten ihre Marterinstrumente. In liebender Besorgnis riet der Papst dem Dionysius, mit dem jungen Pankratius Rom zu verlassen und auf dem Lande sich zu verbergen. Beide dankten mit inniger Rührung, aber erklärten zugleich, daß sie die Geburtsstätte ihres Heiles nicht feige verlassen würden.
Dionysius, der von Natur ein sehr zartfühlendes Herz hatte und jetzt die Christen mit der innigsten Bruderliebe liebte, vermochte den Schmerz über ihre Verfolgungen und Martern nicht zu ertragen. Das Mitleid verwundete ihn tödlich. Sterbend ermahnte er den geliebten Pflegesohn, im heiligen Glauben treu zu verharren, Alles, Gut und Blut dafür hinzugeben, und empfahl ihn der Obsorge des hl. Sebastian.

Pankratius vollzog pünktlich das Testament seines teuren Pflegevaters. Mit vollen Händen verteilte er seine zeitlichen Güter, um die armen und leidenden Mitbrüder zu unterstützen und zu trösten. Jeden Tag entdeckte sein Eifer neue Wege und Gelegenheiten, um Großes zur Ehre Gottes und für die Wohlfahrt des Nächsten mit Worten und Werken zu tun: der heilige Sebastian hatte Mühe, die Glut seines Eifers in Schranken zu halten.
Der Glanz seiner Tugend strahlte zu hell, als daß er lange hätte verborgen bleiben können. Er wurde dem Kaiser als Christ angezeigt, weil ihn wegen seines hohen Adels Niemand gefangen nehmen durfte. Diokletian ließ ihn zu sich rufen. Pankratius eilte freudig zum Papst und bat ihn um seinen heiligen Segen auf den Weg zum Tod für Christus. Der heilige Vater sprach ihm Mut ein zum letzten Kampf um die Krone der himmlischen Glorie, spendete ihm die heilige Kommunion und drückte ihm den Segenskuss auf die Stirn.

Heitern Antlitzes trat nun Pankratius, ein schöner Jüngling von vierzehn Jahren, vor den Kaiser. Dieser Tyrann, als er die herrliche Gestalt, den würdigen Sohn seines ehemaligen Freundes, vom Kopf bis zum Fuß betrachtete, fühlte menschlich und sprach mit warmer Innigkeit: „Mein Lieber, ich höre, daß du dich von den Christen hast verführen lassen; deine Jugend entschuldigt sich; ich hoffe, du wirst die Entehrung deines Adels einsehen und zur Verehrung unserer Götter zurück kehren; du wirst deines jungen Lebens schonen, und ich werde dir meine kaiserliche Huld zuwenden; ergreife die Hand meiner Güte und zwinge mich nicht, die unerbittliche Strenge der Staatsgesetze in deinem Blut zu heiligen.“ Pankratius erwiderte mit silberheller Stimme: „Du irrst dich, Kaiser, wenn du meinst, ich sei von den Christen verführt worden; die Barmherzigkeit des allein wahren Gottes hat mich das Heil kennen gelehrt; du hast freilich nur einen Knaben von vierzehn Jahren vor dir, aber wisse, unser Herr Jesus Christus verteilt seine Gnaden nicht nach der Zahl der Jahre, sondern nach seiner Weisheit und Güte. Er gibt uns Einsicht und Mut, die Drohungen und Qualen der Kaiser ebenso wenig zu fürchten, als ein gemaltes Feuer: du verlangst, ich solle die Götter und Göttinnen anbeten, die du verehrst! Wohl dir, daß du braver bist als sie.“ Diokletian ergrimmt, daß ein Knabe seine Huld zu verschmähen und seiner Macht zu trotzen wagte, befahl, der freche Bube solle sogleich auf die Straß Aurelia hinab geführt und mit dem Schwert getötet werden.

Heilige Freude verklärte das engelgleiche Antlitz des Jünglings, als er sein Todesurteil anhörte, und eilig wie zu eine Fest, ging er mit den Henkern hinab auf den Richtplatz. Dort kniete er nieder, hob die Augen und Hände zum Himmel und betete laut: „Ich danke Dir, o Jesu, für die Gnade des heiligen Glaubens und für die Ehre, daß Du mich deinen Dienern beizählst!“ dann senkte er sein Haupt unter das Schwert des Henkers im Jahre 304.

Die fromme Witwe Octavilla besorgte seine Beerdigung in der Katakombe des Kallepodius, die dann den Namen des hl. Pankratius erhielt.
Der hl. Gregor von Tours nennt den hl. Pankratius den „Rächer der Meineide“ und erzählt, es sei Sitte in Rom, daß man diejenigen, die einen Eid abgelegt hatten, zum Grab des Heiligen führte. Wer falsch geschworen hatte, der sei entweder eines jähen Todes gestorben, oder vom bösen Geist besessen und lebenslänglich gepeinigt worden. In Rom und Italien, in Frankreich, Spanien, England und Deutschland wurden viele Kirchen erbaut auf den Namen und zu Ehren des hl. Jünglings Pankratius. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 361 – S. 363

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