Heiligenkalender
26. Juni
Der heilige Jüngling Pelagius Märtyrer
Der heutige Tag stellt uns nebst anderen Märtyrern auch einen Jüngling von dreizehn Jahren als Beispiel eines christlichen Heldenmutes vor Augen. Dieser ist der heilige Pelagius, zu dessen Gedächtnis viele Kirchen in Spanien erbaut sind. Zu Pelagius Zeiten stritten Christen und Sarazenen (Mauren) um die Herrschaft im Lande. Erst ein Knabe von 10 Jahren, zog er mit seinem Oheim, Bischof Hermogius, gegen die Sarazenen. Die Christen verloren die Schlacht. Viele Tausende derselben wurden getötet, viele gefangen genommen. Unter den letzteren war auch dieser Bischof, welcher von Abderrahman, dem König der Mauren, in Fesseln gelegt und zu Cordoba in einen Kerker gesperrt wurde. Der Bischof, um sich aus der Gefangenschaft zu befreien, trug dem König für seine Person eine Auswechslung an mit verschiedenen Mauren, die in seine Gewalt gekommen waren. Indessen aber wollte er seinen kleinen Neffen, den Pelagius, als Geißel zurücklassen, bis die erwähnten Mauren überliefert wären. Der König war zufrieden, ließ den Bischof frei und befahl, den Pelagius wohl zu verwahren bis zur Ankunft der versprochenen Mauren. Als sich aber die Ankunft derselben, man weiß nicht warum, verzögerte, wurde Pelagius gefesselt und in denselben Kerker, wo zuvor der Bischof war, geworfen. Noch trug Pelagius das Kleid der Taufunschuld und mit der Gnade des Himmels blieb er trotz aller Versuchungen sittsam, ehrbar und vernünftig, wollte von keinem unnützen Gelächter, von Scherzen oder kindischer Kurzweil etwas hören, sondern verkürzte sich die Zeit mit Lesen und Gebet. Durch das Lesen eines geistlichen Buches, das er immer bei sich hatte, munterte er sich auf zur Geduld; durch das Gebet rief er täglich aufs neue zu Gott um die Gnade, alles mit Geduld zu leiden. Nicht nur die Mitgefangenen, sondern auch jene, denen die Aufsicht über den Kerker anvertraut war, verwunderten sich oft über das ruhige Benehmen des unschuldigen Knaben.
Drei Jahre lang dauerte diese beschwerliche Gefangenschaft. Da geschah bei der königlichen Tafel Meldung, welch ein verständiger und angenehmer Knabe jener sei, den der Bischof als Geisel zurück gelassen habe. Der König wollte ihn sehen und gebot, ihn aus dem Gefängnis zu ihm zu führen. Sogleich wurde Pelagius gereinigt, neu gekleidet und dem König vorgestellt. Seine Schönheit nahm den König bei dem ersten Blick ganz ein. Er versprach ihm große Ehren, Reichtümer und Vergnügungen, wollte er die Lehre des Mohammed annehmen. Pelagius schwieg einige Zeit, als ob er sich auf eine Antwort bedächte; endlich sprach er: „Ich bin ein Christ; Christo dem Herrn habe ich meine Treue versprochen, und diese will ich nie brechen. Was du mir versprichst, ist alles eitel und geht schnell vorüber; was mir aber mein Gott verspricht, das ist wahr und dauert ewig. Ich vertausche das Ewige nicht mit dem Zeitlichen.“ Dem König gefiel zwar der Mut des Jünglings, aber nicht so dessen Standhaftigkeit in dem christlichen Glauben. Daher suchte er ihn mit Schmeicheleien zu gewinnen, ergriff ihn mit beiden Armen, wollte ihn küssen und auf eine ungeziemende Art liebkosen. Der heilige Knabe wollte dies nicht dulden, riß sich mit Gewalt aus den Händen des Königs los und sprach mit männlicher Freimütigkeit: „Laß mich. Beflecke meinen Mund nicht mit deinen unlauteren Lippen. Du hast keinen von den Weichlingen vor dir.“ Sobald er dieses gesagt hatte, zog er in aller Eile das ihm erste gegebene kostbare Kleid aus, und warf es dem Barbaren vor die Füße, um öffentlich zu zeigen, daß er von dem König nichts Zeitliches verlange, nichts erwarte. Der König hielt das Benehmen des Pelagius, der noch fast ein Knabe war, für Unverstand und befahl seinen Dienern, durch liebevolle Worte ihn zur Annahme des mohammedanischen Glaubens zu bewegen.
Die Diener taten alles, was ihnen möglich war; allein sie richteten nicht das mindeste aus. Pelagius erklärte wiederholt, nie die Treue gegen seinen Herrn und Heiland brechen zu wollen. Als man dies dem König hinterbrachte, veränderte sich seine Liebe in den größten Haß. Er befahl, den unschuldigen Knaben auf die Erde zu werfen, Hände und Füße so lange auseinander zu ziehen und ihn auf allerlei Art zu peinigen, bis er seinen Geist aufgeben, oder Christus verleugnen würde. Die Marter war grausam, der Knabe aber standhaft und unerschrocken. Deswegen gebot der Tyrann, man solle ihn gliedweise zerschneiden, oder in Stücke zerhauen und in den Fluss werfen. Die Henkersknechte fingen an, den unschuldigen Pelagius barbarisch und unmenschlich zu martern, als wenn sie keine Menschen, sondern wilde Tiere wären. Einer hielt ihn bei den Armen, der andere bei den Füßen. Dann schnitt ihm einer die Lippen ab, der andere die Nase, der dritte die Ohren. Die übrigen taten ein Gleiches an anderen Stellen des Leibes; sie schnitten ihm bald da, bald dort ein stück Fleisch hinweg. An den Füßen verübten sie die größte Grausamkeit; denn sie schnitten ihm eine Zehe nach der andern ab; dann rissen sie mit Zangen aus den Waden ganze Stücke Fleisch, endlich lösten sie ihm die Vorderfüße von den Schenkeln ganz ab. Hierauf untersuchten sie, wo noch irgend an dem Leibe ein Stück Fleisch zu finden sei, und rissen oder schnitten es herab.
Sechs Stunden lang dauerte das erzählte unmenschliche Verfahren. Pelagius, den Gott, ohne sich zu verbluten, durch ein Wunder so lange am Leben erhielt, beklagte sich bei einer so langen und entsetzlichen Grausamkeit mit keinem Wort, sondern rief zu Gott um Beistand und Gnade. In diesen Anrufungen beschloß er sein Leben. Denn da er um das Ende seiner Marter seine Augen und ganz entfleischten Arme gegen Himmel erhob, mit den Worten: „O Herr, errette mich von den Händen meiner Feinde!“ hieb ihm ein Henkersknecht beide Arme, und ein anderer sein Haupt ab. Auf diese Weise endigte der heilige Pelagius seine Marter und sein unschuldiges Leben im Jahre 925 am 26. Juni. Sein heiliges Haupt und die übrigen Teile des Leibes wurden auf Befehl des Königs in einen Fluss geworfen; die Christen aber nahmen sie heraus und begruben sie mit großer Ehrenbezeugung. –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 484-486