Die heilige Blandina Märtyrerin

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

2. Juni

Die heilige Blandina steht Amphitheater an einem Holzpfeiler, die arme ausgebreitet, zu ihren Füßen liegen friedlich drei Löwen

Heilige Blandina Märtyrerin

In dem Kriege des Kaisers Marc Aurel gegen die Markomannen (174) wurde seine Armee gänzlich eingeschlossen und war in höchster Gefahr, wegen Wassermangels in der Sonnenhitze verschmachten zu müssen. Die christlichen Soldaten im kaiserlichen Heer flehten auf den Knien zu Gott um Erbarmen und Rettung. Ein wunderbarer Regen erquickte die Römer, und ein furchtbare Ungewitter schreckte die Markomannen, so daß sei eine gänzliche Niederlage erlitten. Wegen dieses wunderbaren Sieges verbot der Kaiser für einige Zeit die Verfolgung der Christen, deren Ruhm die Ausbreitung des Evangeliums förderte. Aber desto wütender wurden die Götzenpriester, weil das kaiserliche Verbot ihnen den Genuss entzog, das Blut der Märtyrer fließen zu sehen; deshalb hetzten sie den Haß und Ingrimm des Volkes durch schändliche Verleumdungen gegen die Christen. Dies gelang ihnen mit gräßlichem Erfolg zu Lyon und Vienne in Frankreich, wo der heilige Bischof Pothinus einer sehr blühenden Christengemeinde vorstand.

Die Abwesenheit des kaiserlichen Präfekten benützend, fiel der aufgehetzte Pöbel eines Tages in toller Wut über die Christen her, plünderte ihre Häuser, schleifte Männer und Frauen, Greise und Kinder durch die Gassen, ermüdete sich an den schändlichsten Misshandlungen und füllte am Abend die Gefängnisse mit Gemarterten. Nachdem der erste Sturm vorüber, schritt die Obrigkeit ein dadurch, daß sie vor dem zurückgekehrten Präfekten die Christen als die Urheber der vorgefallenen Scheußlichkeiten anklagte.

Der Präfekt, schon früher ein grimmiger Christenhasser, befahl die Gefangenen auf den Gerichtsplatz zu führen, der von zahlloser Volksmenge umstellt war, und überhäufte sie mit den ungerechtesten Vorwürfen, was die glimmende Wut des Pöbels wieder entflammte. Vettius Egapatus, ein angesehener junger Römer, unterbrach den Präfekten mit der Frage: „Was haben denn die Christen verbrochen, daß du so gegen sie wütest? Nenne ihre Vergehen, und ich werde dir beweisen, daß sie unschuldig und die treuesten Untertanen des Kaisers sind.“ Dagegen erhob der Pöbel ein wildes Lärmen, und der Präfekt fragte grimmig: „Bist du etwa auch ein Christ?“ Vettius antwortete mit einem begeisterten „Ja!“ Nun stieß der Präfekt die furchtbarsten Drohungen wider die Christen aus, und das Volk brüllte seinen Beifall zur Ausführung derselben! Plötzlich trat eine lautlose Stille ein: Einige von den gefangenen Christen, entmutigt durch diese Drohungen, traten langsam vor den Präfekten hin und – verleugneten ihren heiligen Glauben. Unbeschreiblich war die Trauer der übrigen Christen über diese Sünde ihrer Brüder. Ins Gefängnis zurückgeführt, ermunterten sie desto herzlicher einander zur Ausdauer und Standhaftigkeit. Zugleich mit den Christen ließ der Präfekt auch ihre zum Teil noch heidnischen Diener und Mägde einkerkern und foltern, um ihnen alle erwünschbaren Zeugnisse wider dieselben abzunötigen.

Unter den mit ihrem Bischof eingekerkerten Christen befand sich auch Blandina, eine junge Magd, sehr schön und lieblich von Angesicht, aber gar klein und schwächlich in ihrer Leibesgestalt und in ihren zarten Gliedern. Ihre Herrin und die übrigen Christen zitterten vor Sorge, sie werde bei der ersten Marter leiblich oder geistig unterliegen; die Heiden hatten gar keinen Zweifel, Blandina werde schon beim bloßen Anblick der Marterwerkzeuge Christus verleugnen. Deshalb wurde sie auch fast zuerst auf den Richtplatz geführt und eine Marter nach der andern angewendet. Aber da offenbarte sich die Macht der göttlichen Gnade im himmlischen Glanz. Die so schwache Magd wurde zur Heldin, litt vom frühen Morgen bis zum späten Abend alle Foltern, die ermüdeten Schergen mussten sich mehrmals ablösen; nur sie ermattete nicht. Die Zuschauer bekannten: „Wir begreifen nicht, wie sie nach all` diesen Martern noch leben kann, da jede für sich hart genug gewesen, sie zu töten.“ Blandina wiederholte den ganzen Tag auf alle Fragen nur die Worte: „Ich bin eine Christin, bei uns wird nichts Schändliches begangen.“ Zerrissen am ganzen Leib und verrenkt in allen Gliedern, wurde sie nach diesen Martern in den schmutzigsten Kerker zurückgeführt, wo sie, die Arme, die Füße und den Hals in besondere Löcher eines Folterstockes eingeschraubt, übernachten musste, in höchst peinvollem Zustand.

Am andern Tage musste sie zuschauen, wie mehrere Christen zu Tode gemartert wurden, aber ihr Mut wankte nicht. Nun band man sie mit ausgespannten Armen an einen Pfahl und hetzte hungernde Löwen wider sie; aber die Bestien zeigten sich mitleidiger als die Menschen und berührten sie nicht. An den folgenden Tagen musste sie wieder auf dem Richtplatz zuschauen, wie ihre Mitgefährten unter den gräßlichsten Leiden getötet wurden; nach jeder Marter führte man sie zu einem Götzenbild, damit sie dort opfere; aber immer blieb sie standhaft, sprach Mut zu den Gemarterten und pries glücklich die Getöteten. Am sechsten Tage endlich, nachdem der letzte Christ gefoltert und Blandina allein noch übrig war, wurde sie gegeißelt, bis sie ohnmächtig nieder sank; dann wurde sie auf einen glühenden eisernen Stuhl gesetzt, und endlich, halb verbrannt in ein Netz gewickelt, einem wilden Stier vorgeworfen, welcher sie mit den Hörnern in die Höhe schleuderte und herum schleifte. Doch die heilige Jungfrau erlag auch diesen Leiden nicht, sie äußerte nicht einmal ein Zeichen des Schmerzes. Der rat- und machtlose Richter nahm nun seine Zuflucht zum Schwert und tötete – im Jahre 177 – die Heilige, welche in der katholischen Kirche dasteht für alle Zeiten zum glorreichen Zeugnis, daß Gott gerade die, welche gering, unbeachtet und verachtet von der Welt, aber voll des guten Willens sind, durch die Fülle seiner Gnade ehrt und verherrlicht. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 422-423

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