Heiligenkalender
3. Juli
Der heilige Irenäus Bischof und Märtyrer
Dieser Heilige verdient unsere besondere Verehrung, weil er schon in den ersten christlichen Jahrhunderten einer der gelehrtesten und wichtigsten kirchlichen Schriftsteller und ein umsichtiger Verteidiger der katholischen Glaubens-Lehren gegen die verschmitzten Irrlehrer war. Zu Smyrna in Kleinasien geboren, hatte er das Glück, den hl. Bischof Polykarp zum Lehrer zu haben, der ein Schüler des hl. Evangelisten Johannes war und somit die Offenbarung Jesu Christi aus der reinsten Quelle getrunken hatte. Irenäus bewahrte lebenslänglich die innigste Verehrung gegen seinen Meister und bekennt, daß er dessen Worte nicht auf Papier, sondern in sein Herz hinein geschrieben habe. Seine Schriften beweisen auf jedem Blatt, daß er nicht bloß eine gründliche Kenntnis der christlichen Wahrheit besaß, sondern auch in der heidnischen Götterlehre, in den philosophischen Ansichten und in den weltlichen Wissenschaften tüchtige Studien gemacht hatte. Eusebius rühmt seine Gründlichkeit, Tertullian lobt sein sein unermüdliches Forschen in allen Lehrmethoden, und der hl. Epiphanius nennt ihn einen sehr gelehrten, sehr beredten und mit allen Gaben des heiligen Geistes geschmückten Mann.
In der Mitte des zweiten Jahrhunderts leuchtete Irenäus als Priester zu Lyon in Gallien (Frankreich) unter dem hl. Bischof Photinus durch seine apostolische Tätigkeit. Sein verdientes Ansehen ehrte diese christliche Gemeinde dadurch, daß sie ihn in einer kirchlichen Angelegenheit an den Papst Eleutherius sandte und im Begleitschreiben rühmend hervorhob: „Wir haben unsern teuersten Bruder, den Priester Irenäus, auserwählt, dir diesen Brief zu überbringen und empfehlen ihn dir als einen Eiferer für Christi Testament.“
Im Jahre 177 unter Kaiser Marc Aurel wütete im Lyon eine Christenverfolgung (siehe 2. Juni), in welcher der greise Bischof Photinus die Märtyrerkrone sich erkämpfte, die göttliche Vorsehung aber den Irenäus zu dessen Nachfolger am Leben erhielt. Der fromme Hirte weidete nun seine durch das Schwert verkleinerte Herde mit treuer Sorge, tröstete mit geistlicher und leiblicher Hilfe Alle, die in der Verfolgung die Ihrigen und das Ihrige verloren hatten, und vermehrte ihre Zahl durch die Kraft seiner Predigten so sehr, daß bald fast ganz Lyon christlich war, daß seine Missionare die angrenzenden Provinzen für Christus gewannen und alle Kirchen des Landes ihn als ihr Haupt anerkannten.
Damals waltete eine heftige Meinungsverschiedenheit zwischen den Katholiken des Morgen- und des Abendlandes über die Zeit der Feier des Osterfestes. Mehrere Synoden, auch eine von Irenäus gehaltene, sprachen sich für die Praxis in der römischen oder abendländischen Kirche aus; dagegen die asiatischen Bischöfe weigerten sich, die altjüdische Zeit der Osterfeier aufzugeben mit solchem Ungestüm, daß Papst Viktor I. ihnen mit der Exkommunikation drohte. Da war es der hl. Irenäus, der mit edler Freimütigkeit den Papst schriftlich zu weiser Milde mahnte und die Einheit und Einigkeit der Kirche nur wegen Äußerlichkeiten zu gefährden, mit Erfolg warnte. Ebenso war es auch der hl. Irenäus, der mit der übernatürlichen Macht seines Glaubens und mit der gründlichen Meisterschaft seiner Gelehrsamkeit wider den Sektenstifter Valentin auf den Kampfplatz trat. Dieser stolze Philosoph vermaß sich, die Offenbarungen des Gottmenschen Jesu Christi wie die Lehre eines bloßen Menschen wissenschaftlich behandeln und in ein philosophisches System zusammen kneten zu wollen, welches von gar sinnlichen heidnischen Anschauungen durchsäuert war und sich den marktschreierischen Namen Gnosis – wissenschaftliche Erkenntnis – beilegte. Irenäus löste mit wunderbarer Geistesschärfe dieses Lügengewebe auf und zeigte sonnenklar dessen grellen Widerspruch mit der Lehre Jesu Christi und der heiligen Apostel. Zur Warnung vor dem glaubensscheuen Vernunftstolze rechtfertigte er die Weisheit Gottes, wie Er die Menschen mittelst des Glaubens von Stufe zu Stufe zu immer höherer Erkenntnis, zum Schauen aber erst im künftigen Leben der Seligkeit führe.
Er verbannte die wissenschaftliche Forschung, in der er selbst ein Meister war. Keineswegs aus dem Gebiet des katholischen Glaubens, sondern wies sie nur in die notwendigen und angemessenen Schranken zurück.
Als Irenäus schon in hohem Greisenalter stand, befahl Kaiser Severus eine strenge Verfolgung der Christen. Diese traf mit besonderer Härte die Stadt Lyon, weil sie sich weigerte, den Sieg des Severus über seine Gegenkaiser mit heidnischen Opfern zu feiern. Die Soldaten umzingelten die Stadt und mordeten mit solcher Wut, daß das Christenblut in Bächen durch die Straßen rann, was um so weniger eine Übertreibung ist, da das Schwert in einigen Stunden 19000 Menschenleben abschlachtete. Der treue Hirt war einer der ersten, der an der Spitze seiner Herde für Christus verblutete im Jahre 202 oder 203. Sein heiliger Leib blieb Lyon`s Schatz bis zum Jahre 1562, wo der Haß der Hugenotten ihn zerstörte. Man konnte nur noch die Hirnschale retten, welche jetzt in der St. Johannes-Kirche zu Lyon ehrenvoll aufbewahrt wird. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 488 – S. 489