Heiligenkalender
26. Juni
Die heiligen Brüder Johannes und Paulus Märtyrer
Die zwei leiblichen Brüder Johannes und Paulus sind eine gar liebliche Zier der katholischen Kirche und eine herrliche Leuchte für die Reichen, Vornehmen und Bevorzugten dieser Welt, wie sie den Adel ihrer Geburt durch den Glanz ihrer Tugenden bewahrheiten und die Gefahren ihrer hohen Stellung durch die Treue im Dienst Gottes ruhmvoll besiegen mögen.
Als Kaiser Konstantin seiner Tochter Konstantia, welche durch ein Wunder am Grab der hl. Agnes ihre Gesundheit erlangt und in dankbarer Liebe dafür das feierliche Gelübde der jungfräulichen Keuschheit in die Hände des gütigen Jesus abgelegt hatte, zu Rom einen glanzvollen Hofstaat einrichtete, wählte er diese zwei Brüder, die durch hohe Abkunft und feine Bildung, wie durch Religiosität und Sittenreinheit gleich berühmt waren, zur Bekleidung der angesehensten Stellen in demselben. Ihre Erhöhung ehrten sie durch eine desto tiefere Demut, durch eine desto wohlwollendere Herablassung und Freigebigkeit gegen die Armen und Kranken.
Die gottesfürchtige Gebieterin kam ihnen zu Hilfe in ihrem frommen Werk und wies ihnen große Summen an, damit sie ihre Liebe zu den Dürftigen und Leidenden um so reichlicher befriedigen könnten; ja bei ihrem Tode setzte sie diese treuesten Diener zu Erben ihres ganzen Vermögens ein, wohl wissend, daß auf diesem Wege die Armen den letzten Heller davon gewissenhaft erhalten würden.
Johannes und Paulus blieben am Hofe, unermüdlich tätig für die Ehre Gottes und die rührendste Nächstenliebe, bis der Kaiser Julian den Thron bestieg, um denselben durch seinen Beinamen „der Apostat, Abtrünnige“ zu schänden, indem er den Glauben an Christus abschwur, Heide wurde und das christliche Volk mit blutiger Tyrannei zum alten Götzendienst zwingen wollte.
Die beiden Brüder legten sogleich ihre Ämter nieder und zogen sich ins Privatleben zurück. Julian fühlte sich durch diese freiwillige Entfernung von seinem Hofe in seinem Stolz tief beleidigt und lud Johannes und Paulus dringendst ein, in seinen Dienst und in die gleichen ehrenvollen Ämter wieder zurück zu kehren. Sie erwiderten in furchtloser Aufrichtigkeit: „Deine christlichen Vorgänger haben wir hoch geehrt und ihnen mit Freuden gedient; mit dir aber, der du Christus verleugnest, wollen wir keine Gemeinschaft mehr haben.“ Des Kaisers Antwort war eine scharfe Drohung, daß er, wofern sie innerhalb zehn Tagen seinem wohl gemeinten Wunsch nicht entsprächen, ihren Trotz mit äußerster Strenge bestrafen werde. Die treuen Diener Gottes erkannten deutlich die Gefahr ihres Lebens, verteilten sogleich ihr ganzes Vermögen unter die Armen und bereiteten sich in anhaltendem Gebet und durch den Empfang der heiligen Sakramente zum Tode.
Nach zehn Tagen kam Terentian, Hauptmann der kaiserlichen Leibwache, mit einem Haufen Soldaten in das Haus der hl. Brüder, stellte ein Götzenbild auf den Tisch und befahl ihnen im Namen des Kaisers, dem Jupiter ein Rauchopfer darzubringen. Sie erklärten: „In Sachen des Staates gehorchen wir unbedingt und gerne dem Kaiser, in Sachen der Religion aber nur Gott; ewig nie werden Götzen, die nur Teufel sind, anbeten: wir anerkennen keinen Gott als den Dreieinigen, den Vater, den Sohn und den heiligen Geist.“
Terentian drohte ihnen mit dem Tode, wenn sie nicht gehorchten, und ließ, um seine Drohung zu verschärfen, vor ihren Augen in einem Winkel des Hauses eine Grube ausschaufeln, die ihr Grab sein sollte. Die heiligen Bekenner blieben standhaft, weshalb der Hauptmann sie enthauptete und ihre Leichname in die Grube verscharrte und dann öffentlich verkündete, Johannes und Paulus seien verbannt worden. Bald nach diesem Mord wurde des Terentian einziger Sohn von einem bösen Geist besessen und schrecklich geplagt. Durch Gottes Fügung verlangte der Sohn, daß man ihn in das Haus der Brüder Johannes und Paulus führe. Mit Schauder willfahrte der geängstigte Vater dieser Bitte und begleitete den Sohn dahin. Sobald sie der Grube nahten, in welcher die Heiligen lagen, wich der böse Geist wütend von ihm. Dieses Wunder öffnete dem Vater die Augen, mit vielen Tränen bereute er sein Verbrechen an diesen Heiligen und besten Wohltätern und ließ sich mit dem Sohn taufen. Beide beteten oft am Grabe ihrer heiligen Fürbitter, weshalb Julian, als er es inne wurde, sie ermorden in die gleiche Grube zu Johannes und Paulus werfen ließ.
Kurz darauf erreichte den Kaiser die furchtbare Rache Gottes. In einer Schlacht gegen die Perser durchbohrte ein Pfeil Julian`s Brust. Er war tödlich getroffen. Sterbend tauchte er die Hand in das Blut seiner Wunde, spritzte es gen Himmel und stöhnte: „Du hast gesiegt, Galiläer!“
Sein Nachfolger Kaiser Jovian beeilte sich, seine ehemaligen Freunde, die heiligen Märtyrer Johannes und Paulus nach Kräften zu ehren, und verwandelte ihr Haus in eine prächtige Kirche. Der heilige Papst Damasus I. weihte sie ein auf den Namen der heiligen Märtyrer Johannes und Paulus. Gott verherrlichte seine Diener durch viele Wunder. Die ausgezeichnete Berühmtheit dieser heiligen Brüder hat die Kirche dadurch verewigt, daß sie ihre Namen in den Kanon der heiligen Messe und in die Litanei von allen Heiligen aufgenommen hat.
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 483-484